AW: Wie wichtig ist die Optik?
Finde die Diskussion sehr interessant, optische Aspekte bei einer Rute spielen bei mir schon eine
wichtige Rolle, aus der Praxis assoziere ich eine gewisse Optik mit einer gewissen Qualität.
Die erste Erfahrung mit bunten japanischen Ruten hatte ich als es in Europa nur einheitsgraue
Ruten gab, mit Korkgriff waren sie dann high-end, dahinter steckte kein Design;) die unlackierten
Blanks haben halt solche Farbe. Die Japaner haben versucht durch tuning auch die Rollen an die
Farben der Ruten anzupassen, der Hammer war eine giftgrüne Fisherman Rute gepaart mit
einer silber-grünen Saltiga, I´ze Factory bot damals die komplette Farbpalette, die beim Eloxieren
möglich ist an.
Die praktischen Erfahrungen mit solchen Ruten fanden zwar im Warmwasser statt und lassen sich
nicht 1:1 mit den Herausforderungen in Norwegen vergleichen, dennoch immer mehr Angler erkannten
auch hier im Forum zumindest die Vorteile eines japanischen Blanks.
Inzwischen gibt es sehr viele Nachahmer auch bei Rollen, mit dieser Assoziation bin ich also scheinbar
nicht alleine, was man aber sogut wie nie an solchen Ruten findet ist eine mehrfarbige und lange
Diamantzierwicklung, denn sie würde bei vielen dieser Ruten die Herstellungskosten glatt verdoppeln.
Es geht aber auch anders quasi durch die inneren Werte das Äußere schön finden, bestes Beispiel
die Carpenter Ruten von der Stange schwarz in schwarz dennoch ein perfektes Erscheinungsbild.
TL
Natürlich haben ein in seiner Ursprungsfarbe verarbeiteter Blank sowie Kork etwas mit ''Design'' zu tun.
Es gibt eine ganz einfache und puristische Philosophie. Zeige die Dinge so wie sie sind und lasse alles weg, was keine Funktion hat.
Das, was die Japaner seit Jahren veranstalten im Bereich optisches Tuning, ist für mich eher ein kulturelles Phänomen. Meine Kultur ist es nicht. Ich liebe Funktion und pure Materialität. Der gerade bei den Japsen überbordende Zwang zur Dekoration erinnert mich eher an das, was ich als Angriff auf meine Geschmacksnerven im Kontext der Essener Tuning Messe wahrnehme. Verschlimmbesserung ist da noch ein charmanter Ausdruck.
Für mich ist es eher so, dass ich hohe Qualität, Materialität und Funktionalität als ''schön'' wahrnehme. Dh jede Form des Bling Bling schmälert - da überflüssig- diese Wahrnehmung.
Im Übrigen: Dekoration ist für mich eher verdächtig. Sie dient der Ablenkung und soll mich auf einer irrationalen Ebene zum Kauf verführen.
An weitaus erster Stelle wird die Qualität eine Rute durch den Blank bestimmt. An zweiter Stelle geht es um das Thema Ringe. Danach wird die Luft schon ziemlich dünn.
Welchen Sinn macht es, eine auf der Basis ein 50 Eur Blanks mit allen Leckereien und Dekorationen ausgestattete Rute aufzubauen? Der Sinn liegt im Spaß und in der Freude, die man an so etwas hat. Funktional ist und bleibt das Ergebnis ein Durchschnittsprodukt.
Zuletzt: Gerade als ein Freund kostspieliger und hoffentlich hochwertiger Produkte lege ich Wert auf Zeitlosigkeit und Zurückhaltung. Ich will über Jahre Spaß an einer Sache haben und nicht schon nach Ablauf der ersten Saison den Zwang verspüren, auf den nächsten Trend aufspringen zu müssen, damit ich ''in'' bin.
Angeln hat für mich weder mit Mode, noch mit Lifestyle zu tun.
Ich denke, man tut gut daran, zur Kenntnis zu nehmen, dass Deko und Bling Bling an erster Stelle dazu dienen, den Konsumenten in möglichst kurzen Takten in einen ''Muss ich haben'' Kaufrausch zu versetzen.
Im Zweifel ist der Konsument ein Wellenreiter, der die Trends absurft, die andere setzen.
Was ich viel wichtiger finde, ist, dass Leute, die sich mit Rutenbau beschäftigen, Spaß daran haben und sich etwas schaffen, das individuell und für sie (und nicht für andere) schön ist. Außerdem werden sie sich auf Dauer mit technischen Aspekten beschäftigen, die ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge verschaffen.
Ähnliches habe ich im Bereich Möbeldesign, Möbelbau erlebt.
Design, Dekoration und Geschmack haben nur sehr beschränkt etwas miteinander zu tun. Hier geht es um Dekoration und Geschmack. In diesem Kontext möge jeder das tun, was ihm gefällt. Über Geschmack kann man nicht diskutieren. Er ist, wie er ist.