8.9.2019; Sooke
Wahrscheinlich meine letzte Chance auf einen Gross-Chinook dieses Jahr, da ich mich in ein paar Tagen fuer 2 Wochen Richtung Vaterland aufmache. Bei meiner Rueckkehr werden die Chinooks im Fluss ihr letztes Geschaeft verrichten. Also packte ich mir gestern nochmal meinen Grossen ein und fuhr frueh morgens nach Sooke. Es sollte den Vormittag ueber windstill sein und fluten. Gute Bedingungen fuer einen Trip zum Otter Point und weiter westlich zum Muir Creek. Nachts kuehlt sich die tagueber noch ueber 20 Grad warme Luft ab und dadurch ensteht in dieser Jahreszeit haeufig dichter Morgennebel, bis die Mittagssonne durch den Nebel durchbrennt. Im dichten Nebel bis zum Otter Point fahren war kein Vergnuegen zumal ich vor kurzem bei einer Boetchentour mit der Familie eine Bekanntschaft mit einem grossen Baumstamm im Wasser gemacht hatte – war super gluecklich ausgegangen und nichts was ich wiederholen moechte!
Wir hatten aber Glueck und der Nebel hing hauptsaechlich auf der amerikanischen Seite der Juan de Fuca Strasse. So hatten wir eine ruhige und schoene Fahrt zum Otter Point. Dort waren um 7:30 Uhr schon einige Boote unterwegs – ich hatte auch den letzten Anhaengerparkplatz an der Bootsrampe gekriegt. Erstaunlich wie viele Leute noch unterwegs waren trotz Ferienende. Aber die Fangberichte waren noch recht gut, wenn auch nicht mehr so spektakulaer wie im August. Aber jetzt war Gross-Lachszeit – groesser als jetzt werden die Chinooks nicht mehr da sie unmittelbar vor der Laichzeit stehen. Ein guter Regenguss und die sind alle weg im Fluss!
Ich fuhr an der eifrigen Flotte direkt am Otter Point vorbei. Wir beobachteten die Boote im Vorbeifahren und konnten keinerlei Action sehen. So setzten wir in der westlichen Bucht hinter dem Otter Point unsere Ruten ein. Hier mussten die Lachse vorbeikommen wenn sie auch am Otter Point vorbeischwimmen wollten. Hier hatte ich im August mit Alec und Sohn Alex auch gute Fische gefangen. Ich setzte meine Rute flach auf 13 m und Ricardo ging etwas tiefer. Ich drehte ein paar Runden ueber die sandige Stelle und Ricardo experimentierte mit der Tiefe. Nichts. Nichtmal ein Kleiner.
Bald nahm ich Richtung auf die Muir Creek Strecke auf. Dort hatte die Muir Creek Muendung ein flaches, sandiges Plateau aufgeschwemmt und davor gab es eine ziemlich abrupte Scharkante. Da zogen die Lachse gerne Richtung Otter Point. Einfach zu befischen, man schleppt einfach an der Scharkante entlang. Die Strecke ist etwa 5 km lang. Allerdings, vom Uebergang Otter Point zum Muir Creek muss man hoellisch auf Berufskrabbenfallen aufpassen. Die legen hier gerne ihre Strecken und manchmal sieht man die Bojen sehr schwer oder sehr spaet. Ich fuhr dicht an der Aussenseite so einer Krabbenstrecke entlang, Ricardo war fuer ein Nickerchen unter Deck gegangen, Ploetzlich sah ich die flache Rute zurueckschnappen – nanu? Aber dann zog die Schnur straff und die Post ging ab.
Oja, der hatte was auf den Rippen. Als ich die Rute in der Hand hatte, riss der Fisch gleich mal gut 50 m von der Rolle. “Sollte ich Ricardo wecken oder alles alleine machen?” Aber ich sah die letzte Krabbenboje nur so 20 m neben dem Boot und ich hatte noch die zweite Rute draussen, besser mit Hilfe, dachte ich und rief Ricardo. Er kam heraus und orientierte sich erstmal wo und was los war. Der Fisch raste gerade ein zweites Mal los als ich Ricardo die Rute in die Hand drueckte: “Hier, ein Tyee, vermassel es nicht!”. Wir grinsten uns an. Ricardo war den halben Sommer in Deutschland gewesen und hatte dieses Jahr noch keinen grossen Chinook gedrillt. Er freute sich ueber meine Grosszuegigkeit. Ich fing an das Deck abzuraeumen und alles klar zur Landung zu machen, als Ricardo zu kurbeln anfing. “Noch da?” fragte ich, jupp, meinte er. Doch dann wurde ich misstrauisch, das ging zu einfach. “Wirklich?”, fragte ich wieder. Diesmal zuckte er unsicher mit den Schultern und kurbelte noch schneller. Dann sahen wir den Flasher auftauchen – er rotierte – ein sicheres Zeichen, dass kein Gewicht mehr hinten dranhing. Mist, weg! “Warum hast Du ihn den wegschwimmen lassen?” oder “Du hast ihn abgeschuettelt!”, oder “Bist Du sicher, Du hast Schnur eingekurbelt, und nicht raus?”. Er musste sich schon was anhoeren, der arme Junge! Schade, der hatte sich gut angefuehlt. Als ich neu bekoedern wollte, stellte ich fest, dass eine Drillingsflunke aufgebogen war. Hm, vielleicht hatte ich ihn zu hart rangenommen waehrend der ersten Fluchten. Naja, das muss man ja nicht gleich offen zugeben!
Ricardo verschwand bald wieder in der Koje und ich drehte ein paar weitere Schleifen in der naeheren Umgebung. Die tiefe Rute hatte ich mittlerweile eine zeitlang auf 50 m runtergelassen da ich ein paar tiefe Signale auf dem Echolot gesehen hatte. Dann brachte ich sie aber wieder hoch. Waehrend der Downriggermotor das Geschirr schnell hochzerrte, loeste die Rute ploetzlich aus. “Wie jetzt? Nur herausgespungen?”, dachte ich fuer eine Sekunde, nahm aber vorsichtshalber die Rute in die Hand und Fuehlung auf. Die Schnur spannte sich und zog an. Ich schlug an und verspuerte schweren Widerstand. “Da schau mal einer an, was fuer ein seltsamer Biss!”. Wieder rief ich Ricardo und drueckte ihm die Rute in die Hand. Er zoegerte eine Sekunde aber ich bestand und er akzeptierte laechelnd. Ein heisser Tanz begann! Der Fisch riss ordentlich Schnur von der Rolle und ich drehte den Motor auf um uns von der Krabbenfallenboje weg zu kriegen. Dann kam der Fisch auf’s Boot zu und Ricardo hing sich in die Rollenkurbel. Dann ging der Fisch wieder auf Distanz – und wie! Ich wurde schon besorgt um Ricardo’s Schnurkapazitaet und ausserdem hatten uns ein paar andere Boote mit krummer Rute gesichtet, wollten teilhaben und kamen naeher.
Ich drehte das Boot und fuhr ein Stueck hinterher was Ricardo wieder wie verrueckt kurbeln liess. Es ging noch einige Minuten hin und her und Ricardo hatte einen Riesenspass an so einem Gegner. Ist eben doch was anderes als eine Forelle an der Fliegenrute. Solche Kraftpakete! Dann endlich kam der Fisch in Bootsnaehe und er war jetzt auch kaputt. Er sausste nochmal kreuz und quer hinter dem Boot aber dann sackte ich ihn im Kescher ein. Etwa 19 Pfund, der ging mit nach Hause! Wir klatschten uns ab und freuten uns gemeinsam ueber den schoenen Fang. Zwar wieder kein Tyee aber ein toller Kampf. Natuerlich blieben wir noch in der Gegend, konnten aber keinen Abnehmer mehr finden. Ich fuhr dann weiter am Muir Creek vorbei. Dort erwischten wir einen kleineren unmarkierten Coho und einen Mini-Chinook. Aber sonst war es ruhig. Dann kam der Nebel ueber uns herein und es wurde merklich kuehler und ich musste mich vor anderen Booten vorsehen.
Ich tuckerte uns zum Otter Point zurueck und noch bevor wir dort ankamen uebersah ich eine Krabbenboje und dann war es geschehen und die eine Bootsseite hing ploetzlich fest. Mit vereinten Kraeften und Herummanoevrieren bekamen wir alles Geraet schliesslich wieder zurueck. Das haette teuer werden koennen. Ich wollte noch eine Stelle vor der Sooke Fjordmuendung ausprobieren und da wir gerade alles Geraet im Boot hatten, nutzten wir die Gelegenheit und dampften vorsichtig zurueck. Gluecklicherweise lichtete sich der Nebel je weiter oestlich wir kamen und an der Stelle angekommen, schien schon wieder die Sonne. Es war einiges Leben hier, ein Schwarm Delfine trieb sich umher und jagte, viele Wasservoegel sassen auf dem Wasser. Das sah gut aus. Wir liessen die Koederfische wieder ein und jetzt ging es Schlag auf Schlag: ein fetter unmarkierter Coho – bestimmt 8-9 Pfund, freigelassen. Minuten spaeter, wieder ein heftiger Biss flach – ein etwas kleinerer Coho, wieder unmarkiert und weggeschwommen. Ich strippte die Schnur aus so dass der Flasher und Koederfisch etwa 7m hinter dem Boot trieben und wollte gerade die Schnur in den Downriggerclip einhaengen da riss es mir fast die Schnur aus der Hand – und ein grosser Schwall entstand hinter dem Flasher! Da wollte sich ein Coho den Koeder doch direkt schon am Boot und an der Oberflaeche schnappen!
Wieder neu angekoedert liess ich das Geschirr auf 10 m runter und ich sass noch nicht im Sitz als die Rute wieder losruckte. Der Fisch tanzte schon paar Mal in der Luft bis ich ihn ueberhaupt in der Naehe des Bootes hatte – typisch Coho! Wildes Schuetteln und Drehen um die eigen Achse. Der Fisch war schliesslich so in das Vorfach eingewickelt, dass ihm wohl die Luft ausging. Gluecklicherweise war dieser verrueckte Coho ein markierter und wir konnten ihn mitnehmen. Bis ich ihn aus der Schnur ausgewickelt hatte und die Haken vom Maul und ausserhalb entfernt hatte, war naemlich nicht mehr viel Leben in dem Fisch.
Ricardo fing auch noch ein Coho, der etwas kleiner war. Uns lief nun aber die Zeit davon und ich wollte lieber noch eine Chance auf einen Tyee mit unseren letzten 3 Koederfischen als die hier an die Cohos zu verfuettern, soviel Spass das auch war. So schleppte ich uns mit der Flut bis vor die Sooke Fjordmuendung – hier mussten die Sooke River Chinooks vorbei wenn sie bei Flut den Fluss mal austesten wollten. Und so klein der Sooke River auch war, es gingen immer wieder einige richtige Brocken bis ueber 40 Pfund diesen Fluss hoch. Vielleicht hatte ja einer dieser Riesen Lust auf einen Snack heute. Ich schleppte den einen Koederfisch dicht am Grund und tatsaechlich riss es ploetzlich an der tiefen Rute und Ricardo schlug an. Die Rute verbog sich ordentlich und er meinte der haette Schultern. Na fein, dieses Mal uebergab er die Rute mir und ich kriegt hoffentlich meinen Tyee!
Der Fisch ruckte kraeftig dagegen und zog auch mal widerwillig ein paar Meter Schnur ab, aber ich war mir schnell klar darueber, dass das kein Tyee werden wuerde. Ich genoss den Drill trotzdem und der Fisch machte Dampf. Nach paar Minuten brachte ich einen vielleicht 10-11 pfuendigen Chinook ans Boot. Der durfte gleich wieder schwimmen. Den letzten Koederfisch schleppten wir noch ein paar Minuten bis zum Possession Point und dann war Schluss. Eine feine Chinooksaison ging zu Ende. Zwar war mein groesster dieses Jahr mit 22 Pfund kein richtiger Riese und noch lange kein Tyee aber wir hatten viele in den Teens und die hatten richtig Spass gemacht. Im Oktober duerfte dann noch eine Cohotour anstehen bis wir dann nach den ersten ergiebigen Regenfaellen die Fluesse beangeln wuerden.