AW: Jigging Master Multirolle im harten Praxistest
Moin,
eigentlich tue ich mich schwer damit, das Thema "Übersetzung bei Multirollen" in Hinblick auf die von einigen wenigen im Forum zu niedrig übersetzt empfundenen JM.
Ich könnte einfach schreiben, dass sie auch aus meiner Sicht völlig ausreichend ist und aus die Maus. Das reicht mir aber nicht und ich hole jetzt ein wenig weit aus; ich werde historisch.
Als meine Angelfreunde und ich Ende der Achtiger Jahre beim lesen der damals noch deutschsprachigen Ausgabe der dänischen Fiskeavisen auf einen Artikel über das gerade für Sportfischer neuerschlossene "Gelbe Riff" stießen, war für uns klar, da müssen wir hin.
Es war lausig kalt und arg windig, als wir Ende April das erste Mal den Boden von Hanstholm betraten. Wir hatten eine 14-Stunden-Tour auf der Thailand gebucht und übernachteten im Seemannsheim. Die Thailand war das einzige Schiff, dass diese Fahrten überhaupt anbot; das Seemannsheim beherberte noch überwiegend richtige Seeleute.
Morgens um zwei war wecken und um drei ging es dann zusammen mit fünf weiteren Sportfischern aus Dk endlich auf See. Im Gegensatz zu heutigen Touristen-Ausfahrten mit Kleinstschiffen ging es tatsächlich zum Gelben Riff. Die Thailand war dem Seegang aufgrund ihrer Bauweise wirklich gewachsen. Obwohl die Fahrt zum Riff mindestens fünf Stunden geht, gelang es uns nicht unter Deck zur Ruhe zu kommen. Wie denn auch. 1. war der Seegang einfach zu groß (Stärke 5) und 2. waren wir doch viel zu aufgeregt. Hatten wir doch alle die dort möglichen 40 und 50 Pfündigen Dorsche, Lengs pp. im Hinterkopf.
Und nach gut fünf Stunden waren wir endlich angekommen. Der Kapitän sprach von einem 150 Meter tief liegenden Wrack. Wir standen alle auf der Windschattenseite und ließen unsere 500 und 600 gramm schweren Bergmannpilker nach unten sausen. Nach kurzer Zeit saßen die Hälfte der Pilker fest, die anderen - zu denen ich glücklicherweise auch gehörte - hatten einen "mörderharten" Einstieg. Anfangs dachte auch ich an einen Hänger, doch als da unten etwas versuchte, meinen Pilker los zu werden wusste ich bescheid. Am Ende des Hols lagen drei 45 pfündige Dorsche und ein gut 2 Meter langer leng auf den Planken.
Das Wrack wurde dann noch einmal angefahren und die Ausbeute war ähnlich. Nachdem der Kapitän noch drei weitere Wracks mit gleichem Erfolg angefahren hatte musste die Ausfahrt aufgrund der mittlerweile aufgekommenen größeren Windsärke abgebrochen werden. Die Rückfahrt war die Hölle. Trotz der Kürze hatten alle Sportfischer drei bis vier Großdorsche bis zu 50 Pfund gefangen. Die Dorsche waren eher lang und dünn, grün-grau gefärbt und hässlich. Sie hatten nichts mit den hübsch gezeichneten Ostseeleoparden gemeinsam. Zum Glück wurden wir die großen Fische in der Fischhalle am Hafen gegen relativ schmales Geld wieder los, was heute nicht mehr möglich ist. Aber was will man da auch loswerden. Die Anzahl der wirklichen Großdorsche ist doch gen Null. Die vielen kleinen "Boote" fahren doch nie und nimmer zum wirklichen Gelben Riff. Es müssten ja Rennboote sein, da überwiegend nach zwei Stunden Ausfahrt schon das erste Mal getutet wird. Leider fährt die Thailand aufgrund vieler Mängel nicht mehr. Die Verhältnisse waren in den letzten Jahren wirklich nicht mehr hinnehmbar. Schade, denn der Kapitän konnte auf See den Fisch förmlich riechen. Ich habe auch später auf anderen Schiffen, wie z.B. der Trille, nie besser gefangen. So und nun zu unserem damaligen Gerät:
Penn 320 GTI - damals noch mit DAM-Aufkleber. Die niedrige Übersetzung von 1:4 war nie ein Thema. Warum auch. Selbst 700-Gramm-Pilker konnten bei "Leerfahrten" -die allerdings nicht so häufig vorkamen - mühelos hochgekurbelt werden. Ganz zu schweigen von den Fischen. Die Übersetzung war ideal. Die Pilker wurden doch nur einfach heruntergelassen und ein wenig über Grund gehalten. Von Speedpilken war nie die Rede. Die Montage eines Beifängers war ein zu großes Risiko. Der Einstieg von zwei großen Fischen hätte mit Schnur oder Rutenbruch geendet. Mein Freund fischte mit einer Penn 209. War die einzige Linkshand-Multi mit Schnurführung auf dem Markt. Übersetzung: 1:3. Er hat vielleicht bei Leerfahrten etwas länger gebraucht, sich aber nie den berühmten "Wolf gekurbelt" und trotzen nicht weniger Großfisch als die anderen damit gefangen.
Darberhinaus fischten wir mit geflochtenen Schnüren der ersten Generation. Die 32er Stärke der Hemmingway von Lippmann war dermaßen breit, dass der Widerstand im Wasser locker der einer 60er Mono entsprach.
Von unseren 50 lbs Silstar Rollerring-Knüppeln möchte erst gar nicht sprechen.
Ich hätte es zu der Zeit für ein Wunder gehalten, mit einer JM fischen zu dürfen. Wäre die ideale Rolle für den norwegischen Graben gewesen. Später habe ich mir unter anderem eine Shimano Calcutta 7000 mit 1:4,7 Übersetzung zugelegt. Was soll ich sagen: Die Rolle sah zwar besser aus, einen übersetzungsmäßigen Unterschied zur heißgeliebten GTI 320 habe ich aber nie feststellen können.
Fazit aus allem: Die Ansprüche an heutiges Gerät sind oftmals viel zu hoch. Gefangen wird doch eh nicht mehr viel. Oder warum haben wir so viel Zeit, um uns über Übersetzungen und Co leidenschaftlich zu unterhalten. Die großen Dorsche werden nicht mehr am Riff gefangen. Mittlerweile überschlagen sich die Fangmeldungen von den Gewässern rund um Rügen. Selbst in der Wismarer Bucht werde Dorsche um die 25 Pfund gefangen.
So, ich habe nun fertig. Musste einfach mal raus. Leute, reißt euch hier im Forum bitte nicht gegenseitig verbal die Köpfe ab - geht einfach mehr fischen !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!