Moin Hitra-Fans,
wir sind nun schon seit über einer Woche wieder zu Hause, aber die unglaublichen Eindrücke unserer ersten Norwegen Tour haben wir immer noch nicht richtig verarbeitet. Es hatte nun wirklich alles gepasst und es war wie eine Reise in unsere kühnsten Anglerträume. Aber von vorne:
Die Anreise war zunächst nicht ohne. Ich fahre im Jahr ca. 70.000 km und lange Strecken machen mir nichts aus. Aber der Weg aus dem Bergischen über Hirthhals, Lavrik, Oslo über die E3 in Richtung Hitra mit wenig Schlaf ist schon anstregend. Die Anreise mit der Schnellfähre kann ich nicht empfehlen, da gibt es angenehmere Möglichkeiten. Die Strecke durch Norwegen hat die Strapazen aber schnell vergessen lassen. Bei schönstem Wetter genossen wir die tollen Ausblicke über die Seen, Berge und Lachsflüsse. Gleich 4 Elche konnten wir entdecken...
Gegen 14:00 Uhr kamen wir nach rund 31 Stunden Anreise im Angelamfi an. Die Begrüßung durch den Camp-Manager (Michael) war sehr freundlich und er fand die richtigen Worte um unsere erschöpften Gemüter auf Trab zu bringen. Der Gedanke erst einmal ein Nickerchen zu machen wurde prompt verworfen und die erste Testausfahrt wurde geplant. Wir waren in Haus Nr. 14 einquartiert und hatten zwei 70 PS Aluboote gemietet, beides bot für 6 Mann ausreichend Platz. Die Boote lagen unmittelbar am Haus, jeder lässt dort seine Angelausrüstung einfach auf dem Boot. Es gibt also nur das Picknick und den Fang zu be- bzw. entladen - ca. 50 Schritte aus meiner Koje bist aufs Boot. Das ist sehr komfortabel, stiftet einen allerdings dazu an pausenlos zu angeln. Der Blick vom Balkon auf den Fjord und die Bootsflotte ist sagenhaft. In den Camphafen läuft immer gerade ein Boot ein oder aus - wir hatte reichlich Spaß dabei die anderen Truppen zu beobachten. Die einen schleppten zu zweit angestrengt Ihre Fischkisten ins Schlachthaus, die anderen überschlugen sich bei dem Anblick fast um wieder rauszufahren.
Das Camp ist auch sonst klasse ausgestattet: Der Schlachtraum ist hervorragend 5 Truppen können gleichzeitig Ihren Fang versorgen. Alles aus Edelstahl, ordentlich Wasserdruck, viel Licht, große Filitierbretter, Gummischürzen für alle und Reinigungsutensilien. Direkt hinter dem Schlachtraum gibt es einen sauberen Packraum, dort haben wir dann alles vakuumiert und ausgezeichnet. Hinter dem Packraum wiederum hat jeder seien Verschlag mit einer großen Kühltruhe. Da hat sich wirklich jemand Gedanken gemacht, kein 0-8-15 Architekt, der Kerl muss Angler gewesen sein.
Zur Angelei selbst: Die Vielfalt die wir gefangen haben war überwältigend - ich meine es waren 17 Verschiedene Arten. Am stärksten vertreten waren zu unserer Zeit Pollaks, Seelachse und Seehechte. Wir haben uns in den ersten Tagen noch nicht so weit weg "getraut" und zunächst die näher gelegenen Insel und Felsstrukturen befischt. Dort gab es in sehr flachem Wasser (5-10m) Pollack ohne Ende. Dies hatten wir uns bei den Tschechischen Campnachbarn (50 Mann) abgeschaut. Diese hatten sich ausschließlich auf Pollak eingeschossen. Einer der Tschechen war Profiangler von eine Sänger Marke - er hat uns tolle Tipps gegeben und dann noch reich mit Ködern beschenkt! Unglaublich! Falls du das hier lesen solltest, nochmals tausend Dank!
Nach dem wir reichlich Pollaks gefangen hatten und der Wind sich bei angenehmen 3-4 m/s eingependelt hat, haben wir dann die Spots im offenen Meer unter die Lupe genommen. In unseren Fischkiste landetet in den folgenden Tagen stets eine bunte Mischung. Schöne Dorsche, große Lumbs (bis 7 kg), kleine Lengs, große Rotbarsche (ca. 10 Stück alle auf Gummimakk!) selbst einen kleinen Heilbutt haben wir erwischt.
Mittwochabends stand dann endlich unsere eigentlich für den ersten Tag geplante Guidingtour auf dem Programm. Der Plan war auf große Seelachse zu angeln und so fuhren wir eine schöne Kante von ca. 200 m auf 160m an. Dort angekommen sausten unsere Pilker / Makk Kombis nach unten. Was eine geile Angelei - so schnell einkurbeln wie die bereits brennenden Arme noch können. Dann irgendwo im Mittelwasser - baaaam. Heftiger Einschlag der einen mit der Stirn manchmal gefährlich nah an die Reling zieht. Die Bremse der Slammer kreischt und rennt los. Wie gesagt - einfach ein Traum. Die gefangenen Seelachse lagen in der Regel so bei 5-6 kg. Die richtig großen konnten wir nicht finden - aber ganz ehrlich, mir taten die Knochen so weh. Ich weiß nicht ob einen 12 kg Fisch überhaupt rausbekommen hätte. Nachdem wir uns mit Seelachsen gut eingedeckt haben sind wir in ein bisschen flacher gefahren (120-100m). Dort gab standen die kleineren Vertreter der Gattung - sogenannte Zappler. Diese hackt man mit einem Solopilker und lässt sie ein paar Meter unter dem Schwarm ihrem Namen alle Ehre machen. Was dann passiert ist nur brutal. Große Dorsche (der größte 14,7 kg) schnappen sich den Happen im unteren Mittelwasser und liefern unglaubliche Fights. Michael unser Guide beschrieb uns das Ganze noch und konnte es eindrucksvoll "live" demonstrieren. Sein Grinsen beim Aufheulen der Bremse währte bei der ersten Flucht bestimmt 5 Minuten. Auch für Ihn kein alltägliches Ereignis. Nach dieser tollen Demonstration konnten wir es ihm gleich tun, fingen Dorsche bis knapp 10 kg. An sein Wasserschwein mit 14,7 kam aber keiner von uns ran. Um 2 Uhr Nachts ging‘s "endlich" Richtung Camp. Alle fahren fix und foxi - doch der größte Spaß lag noch vor uns. Bis 5 Uhr morgens standen wir im Filitierraum.
Der nächste Tag war ähnlich wir der vorangegangene - nicht ganz so erfolgreich aber nahe dran.
Die Krönung war aber der letzte Angeltag - unsere körperliche Kondition gab kein richtig aktives angeln mehr her. Wir "mussten" also mit Naturködern angeln und haben dabei durch Zufall eine unglaubliche Seehechtstelle in ca. 130 m Tiefe ausgemacht. Die Drift war perfekt und wir trieben immer genau längst einer Kante. Diese kuriosen Kämpfer bieten alles, nach dem Anbiss zunächst nasser Sack doch dann scheinen sie zu merken das etwas nicht stimmt und drehen richtig auf. Die Fische lagen alle zwischen 7-9 kg und bissen auf die Seelachshäute vom Vortag. Wohl auch eher unkonventionell aber sehr effektiv. Da wir noch unser großes Abschlussessen (4 kg Rinderfilet) zubereiten wollten und schon einmal klar Schiff machen wollten übermannte uns irgendwann die Vernunft das Angeln einzustellen.
Wir haben viele tolle Fische gefangen, aber auch ganz viele, teils brachiale Bisse versemmelt oder nach kurzem oder langem Drill verloren. Wir sind uns einig, dass wir noch einige offene Rechnungen begleichen müssen. Zu erwähnen ist auch noch der vielfache Kontakt mit Schweinswalen die interessiert unsere Boote inspizierten und sogar die Beobachtung eines Wals. Außerdem fliegen überall Adler (vermutlich Fischadler?!) herum.
Der Wehmut bei der Abreise wog schwer, doch auch die Rückfahrt war noch Teil unseres Urlaubs. Auf der Fähre dieses Mal von Oslo nach Kristiansand haben wir ein unglaubliches Büffet genossen. Danach gab es noch einige Bierchen mit anderen Gleichgesinnten die ähnliche Geschichten zu erzählen hatten. Nach einigen Stunden Schlaf in der Kajüte (die heiß war wie ein Brutraum) ging es dann nach Hause.
Hitra, Angelamfi - bis bald!
Markus