AW: Rollenwartung = Garantieverlust?
Schade das dass Thema so schnell wieder eingeschlafen ist. Hätte mir auch von dem ein oder anderen Händler mal nen Kommentar gewünscht wie er das sieht bzw. in der Praxis handhabt
Ich kann gerne ein paar Worte dazu sagen - falls das gewünscht ist. Aber dann bitte nicht versuchen das unbedingt falsch aufzufassen, oder Fehler zu suchen :]
Grundsätzlich ist unbedingt zu unterscheiden ob wir hier von Gewährleistung sprechen, oder tatsächlich (wie es in der Überschrift steht) von Garantie.
1) Garantie
Sprechen wir von Garantie, dann sprechen wir von einer
freiwilligen Leistung des Herstellers. Da dies eine nicht gesetzliche freiwillige "Bonusleistung" ist, kann der Hersteller hier selber die Bedingungen aufstellen. Wenn er schreibt die Rolle wird nur dann kostenfrei repariert wenn du vorher einen Rosenkranz betest, dann ist das eben so. (Natürlich überspitzt dargestellt). Soll heißen - wenn die Garantiebedingung eine ungeöffnete Rolle ist, dann ist das auch so. Punkt.
An der Durchsetzung der Garantie ist der Händler nur bedingt beteiligt. Grundsätzlich ist es in der Aufgabe des Kunden, das Produkt zum Hersteller zu befördern und den Garantieanspruch gelten zu machen. Je nach Hersteller wird sicherlich der Händler dabei behilflich sein - einen "Rechtsanspruch auf Beihilfe" gibt es aber nicht.
Aus Händlersicht ist die Sache relativ klar. Ich geb dir praktische Beispiele: Shimano Österreich ist in der Regel relativ kulant was Garantieleistungen betrifft. Kommt zu mir ein Kunde in den Laden mit einer defekten Biomaster die nicht allzu alt ist, dann schicke ich die ein (sofern die nicht vorort repariert werden kann). Shimano macht eine (meistens) kostenfreie Reparatur und schickt die Rolle an mich zurück. Und dabei ist es nebensächlich ob die Rolle bei mir gekauft worden ist, oder bei einem anderen Händler in DE/AT. Ob ich jetzt das Porto von mir zu Shimano dem Kunden verrechne, oder selber schlucke, das ist situationsabhängig.
Anders sähe es zb aus wenn eine Studio Oceanmark Rolle bei mir gekauft worden ist und ein "Garantiefall" eintreten würde. Dann würden auf den Kunden erhebliche Kosten zukommen (Portokosten nach und von Japan, ev. sogar Reperaturkosten trotz Garantie). Daran könnte ich als Händler auch nichts ändern. Die sind zu zahlen, entweder wenn der Kunde die Rolle direkt nach Japan sendet, oder wenn ich das in seinem Namen
freiwillig mache.
Ich könnte zwar hier nun großzügige Kulanz zeigen und sämtliche Kosten in diesem Zusammenhang übernehmen. Würde ich das tun, und wäre ich wirtschaftlich nicht dämlich, dann müsste ich dieser Kostenrisiko allerdings von vornherein in den Verkaufpreis einpreisen. Soll heißen, ich rechne zb in der Kalkulation dieses Risiko mit ein (zb durch einen 20% Aufschlag auf den eigentlich kalkulierten Preis), mit der Konsequenz dann Kulanz zeigen zu können. Tue ich das nicht, dann werde ich auch nicht kulant sein können, ohne nach 5 Jahren insolvent zu sein.
2) Gewährleistung
Das ist eine komplett andere Geschichte. Gewährleistung soll den Endkunden davor schützen (
und zwar nur davor!!!) bereits defekte Ware zu kaufen. Hat eine Rolle z.B. einen Haar-Riss und geht nach dem ersten Drill kaputt muss diese vom HÄNDLER(!!) im Rahmen der Gewährleistung auf eigene Kosten getauscht werden. Ob der Händler das Geld vom HERSTELLER auch retour kommt ist vom Hersteller abhängig. Bei einem internationalem Sortiment in der Regel nicht bzw nur bedingt. Bei Balzer, WFT, Daiwa & Co schon.
Wie soll man nun wissen, ob dieser Mangel tatächlich schon beim Kaufzeitpunkt bestanden hat (zb der erwähnte Haar-Riss), oder ob dieser erst beim Kunden passiert ist (runtergefallen). Das Gesetz hat hierfür diese magische Grenze des "halben Jahres" geschaffen. Soll heißen - alles was in den ersten 6 Monaten nach Kauf defekt wird, wird so behandelt als wäre es bereits defekt verkauft worden. Sollte der Händler damit nicht einverstanden sein (er ist zb überzeugt dass der Mangel vom Kunden verursacht worden ist), bliebe ihm nur der Rechtsweg, in dem er das Gegenteil beweisen müsste.
Nach den 6 Monaten gilt die Beweislastumkehr, ab da müsste der Kunde beweisen dass das Produkt schon vor dem Kauf defekt war. Was natürlich praktisch unmöglich ist (und wenn dann nur durch aufwändige und teure Gutachten).
Wie der Händler das nun nach den 6 Monaten handhabt entscheidet jeder Händler selber. Bei "kulanten Großhändlern" kann das Produkt im Rahmen der Garantie eingereicht werden (siehe das Beispiel bei Shimano unter Garantie). Anderenfalls müsste der Händler das aus seiner Tasche bezahlen, womit wir wieder beim einpreisen wären. Verkaufe ich zb eine Rolle von der ich weiß der Hersteller ist nicht bereit mir bei Problemen zu helfen, und ich weiß jede 3. wird innerhalb 1 Jahres defekt, dann müsste ich 33% auf den Endpreis aufschlagen. Außer mir sind verärgerte Kunden egal, und ich will der billigste sein, dann gibts eben keine Kulanz.
Ich bin jetzt sicher etwas abgedriftet, aber es sollte reichen um eine Sicht von der "anderen Seite des Tresens" zu vermitteln.
schöne Grüße,
Marcel