28.12.2013; Sooke
Mein Gott, es erscheint mir wie Jahre her das ich das letzte Mal angeln war und hier was zu berichten hatte! Der Herbst verflog im Nebel aller beruflichen sowie familiaeren Verpflichtungen – leider ohne eine Gelegenheit zu eruebrigen die dieses Jahr verspaeteten Lachse im Fluss zu jagen oder die fetten Forellen in den lokalen Seen zu ueberlisten. Auch die erhofften Trips auf Lachs und Stoer am unteren Fraser River mit meinem Freund Glenn fielen diesen Herbst aus da er eine Firma uebernommen hat und daher zeitlich Land unter hatte.
Die kurze Festtagspause, die dieses Jahr auch erstaunlicherweise fuer die Eishockeysaison galt, schien also meine letzte Moeglichkeit dieses Jahr zu sein, das Boot nochmal zu wassern und vielleicht ein paar schuppige Silberlinge auf den Tisch zu legen. Den Gedanken nochmal erfolgreich auf Heilbutt zu gehen, hatte ich schon fast gaenzlich abgelegt – jedoch hatten ein Bekannter doch letzte Woche beim Winter Springfischen zwei kleinere Butte vom Grund gekratzt. Passiert immermal wieder – also ganz ausgeschlossen war ein letzter 2013 Butt nicht!
Weihnachten verging wie im Fluge und leider war es mir unmoeglich schon am 26.12. mal auf’s Wasser zu entwischen. Der 27.12 war dann leider etwas windig, obwohl die wenigen, die sich in die Wellen warfen ordentlich entlohnt wurden mit schoenen Winterlachsen. Die guten Berichte kamen von der ganzen Suedinsel – Victoria bis Sooke waren besonders Hot! Vor Victoria hatte sich wieder ein paar schlaue Robben auf Lachsdiebstahl bei Anglern eingestellt. Angeblich wurden bis zu 50% der gehakten Lachse von den Robben geschnappt. Daher entschied ich mich nach Sooke zu fahren als die Bedingungen am 28.12. perfekt schienen.
Mein Sohn Ricardo war sofort mit an Bord – auch er schien das Angeln vermisst zu haben. Ausserdem war er mein erprobter Chinook-Good-Luck-Charm. Ich warf probehalber mal die Motoren vorher an und musste feststellen, das alles erstmal wieder warmlaufen musste. Gluecklicherweise hatte ich Benzinstabilisierer in die Tanks gefuellt und so waren die Ventile und Duesen frei. Samstag morgen gegen 10 Uhr kamen wir dann an einer halb verwaisten Bootsrampe in Sooke an. Ich hatte geglaubt es waere mehr los auf Grund der guten Meldungen. Aber der Wind am Vortag hatte wohl viele abgeschreckt. Ich musste mich beim slippen richtig konzentrieren um nichts zu vergessen – war ich doch etwas rostig geworden mit der Routine. Ging aber alles glatt.
Bei bedeckten Himmel aber null Wind verliessen wir den Hafen und stoppten zuerst bei einer gaengigen Krabbenstelle an der wir die Falle auslegten. Dann liess ich den Motor mal wieder richtig drehen und im Nu waren wir vor der Hafeneinfahrt vor den Sooke Bluffs. Es waren etwa 5 – 6 andere Boote ueber die paar Kilometer Kueste bis zum Otter Point verstreut. Manche schienen recht tief zu schleppen weil weiter draussen; die meisten hielten sich allerdings an die uebliche Strecke mit etwa 40 m Wassertiefe.
Wie schon mehrfach in anderen Berichten erwaehnt, jagen die Wintersprings dicht ueber Grund ihre Hauptbeute: Sandaale sowie die um diese Jahreszeit tiefstehenden Heringe. Dementsprechend war hart-am-Grund Schleppen angesagt. Ich montierte einen UV Squirt (schlanker Hootchie – imitiert klasse Sandaale)- mit einem Miniknicklicht eingebaut und eine Koederfischmontage an die beiden Ruten. Ricardo wollte zwar zu gerne seine “Magic-Tiefe” 101 Fuss fischen, da wir aber ueber mindestens 120 Fuss tiefen Wasser schleppen wollten und dicht am Grund die Fische vermuteten, redete ich ihm diese Flause heute aus.
Die Koederfischmontage liess ich genau auf 40 m hinab was durch den Stroemungsdruck den Koeder auf etwa 2-3 m ueber Grund hielt. Den Squirtkoeder und das dazugehoerige Downriggerblei liess ich regelmaessig auf Grund auftitschen. Die dadurch aufwirbelnden Wolken wuerden hoffentlich die neugierigen und hungrigen Lachse anlocken. Es passierte eine Weile gar nichts. Aber ich genoss das Gefuehl wieder auf dem Wasser zu sein, die Ruhe und Entspanntheit gepaart mit der Vorfreude auf Dinge die da hoffentlich bald kommen wuerden. Auch war ich erleichtert, dass Boot und Geschirr die viel zu lange Angelpause scheinbar unbeschadet ueberstanden hatten.
Da ruckelte ploetzlich die Rute mit dem modifizierten Plastikkoeder los. Ich fuehlte Widerstand und gleich stand auch schon Ricardo mit erwartungsfrohen Augen auf mich gerichtet da. “Ok, ok, Du kannst den Spass haben!” meinte ich laechelnd und uebergab die Rute. Es konnte nichts Grosses sein denn er kurbelte unbeeindruckt den Fisch heran. Ein ca. 1- 2 kg Winter Spring tauchte neben dem Boot auf. Ich uebernahm die Rute und Ricardo hebelte profimaessig den Schonhaken aus dem Kiefer. Wie ein Silberblitz schoss der Lachs in die Tiefe zurueck. Naja, ein Anfang aber stark steigerungswuerdig!
Ricardo liess wieder ein und ich drehte eine weite Schleife ueber die Stelle. Vielleicht war ja auch eine Gruppe groessere Lachse dabei. Die Berichte der vergangenen Tage hatten von Fischen bis ueber 10 Pfund gesprochen. Geruechte von ein paar bis 15 Pfund kursierten auch. Da, schon wieder ruckte es ungeduldig an der Plastikkoederrute und sie loeste aus. Wieder ein Kleinlachs. Darauf ging es Schlag auf Schlag und auch die Koederfischrute bekam Arbeit. Wir hatten 2 Doubleheader – jedoch alle nur so zwischen 40 – 60 cm (2-5 Pfund). Solange die leicht zu loesen waren, wollten wir diese Kinder wieder zurueckschicken. Da muss doch noch was besseres gehen!
Ich verliess die productive Kleinlachszone und schleppte die kurze Strecke bis zum Sooke Trailerpark. Dort zog eine tiefe Rinne (ca. 40 m tief) bis dicht unter Ufer. Und alles sandig, schlammig – perfekt fuer Sandaale und Shrimps etc. Schon beim ersten Pass loesste die Koederfischrute aus und verneigt sich ordentlich. Das muss was Groesseres sein! Ricardo, wer sonst!, drillte den durchaus sturen Fisch perfekt und brachte ihn nach paar Minuten in Sichtweite. Im Winter ist das Wasser klarer und wir konnten den Lachs schon von weiten sehen. Das war ein Keeper, das war sicher. Er machte noch paar Kapriolen neben dem Boot aber der Drilling plus Angsthaken hatten den Burschen fest verhaftet und ich kescherte ihn sicher! Abgeklatscht, gecheert und ein kurzer Schnappschuss mit der Kamera und weiter im Progamm! Da muessen doch noch mehr sein da unten! Wenigstens noch einen!
Am Ende der tiefen Rinne drehte ich um und kam in flachere Zonen was die Plastikkoederrute ueber Grund holpern liess. “Wenn jetzt bloss kein Felsbrocken da unten liegt…” dachte ich und sah die Rute ploetzlich ausloessen. Ich sprang hinzu und nahm Fuehlung auf. Aha, da ist was ‘dran…. Im selben Augenblick wurde ich schon von einem vehementen Zug an der Schnur ueberrascht. Ha, ein Guter! Die Rolle kreischte kurz auf –und schon wieder sah ich in die verlangenden Augen meines Sohnes! Das hat man nun davon wenn man es den Kindern gerecht machen will!
Der Fisch machte ordentlich Betrieb und ich zog vorsichtshalber die andere Rute auch ein. Schiff klar zur Landung! Waehrend ich mit dem Kescher wartete und das Hin und Her freudig beobachtete, ermahnte ich Ricardo, dass dieser Koeder nur einen Einzelhaken hat und es darauf ankommt, die Schnur jeden Augenblick straff zu lassen. Das haette ich wohl nicht sagen sollen denn keine 10 Sekunden danach schnappte die Rute zurueck und der Fisch war weg. Nun ja, man kann nicht jeden kriegen beruhigte ich meinen Sohn, der sich sichtlich ueber den Verlust aergerte.
Wir versuchten es noch zweimal die Rinne hoch und runter aber irgendwie war jetzt Schluss. Ein Mini-Ling Cod durft noch mal kurz Tageslicht schnuppern aber die Lachse waren wie verflogen. Ich sah 2 Boote weiter draussen schleppen und fand das einen Versuch wert. Als wir in Sichtweite des anderen Bootes waren, konnte ich sie durch den Zoom meiner Kamera gerade bei der Landung eines halbstarken Lachses beobachten. Also muss was gehen hier draussen. Wow, ich liess die Plastikkoederrute auf ueber 60 m hinab bevor ich Grundkontakt spuerte. Die andere liess ich auf ca. 45 m Tiefe. Und die Koederfischrute zuckte ploetzlich los. Ricardo kam herangeschossen und wollte sich revangieren. Leider stellte sich dieser Gegner als unterklassig heraus und wurde schnell wieder erloest.
Wir waren noch mit dem Einsetzen der Rute beschaeftigt als ich die andere Rute ausloesen und sich verneigen sah. “Fish On”, rief ich Ricardo zu der zuerst mich entgeistert anschaute als ob ich ihn veralbern wollte. Ich nickte zur anderen Rute hin und nun begriff er. Der Fisch hatte inzwischen schon ein paar Meter Schnur abgezogen und Ricardo hatte Muehe die vollgespannte Rute dem Rutenhalter zu entnehmen. “Schon ausgeloest!” ermahnte ich ihn um zu verhindern, dass er durch Rucken den Haken vielleicht ausriss. Alles schon gehabt!
Auch der Lachs kaempfte anstaendig um sein Leben und Ricardo war angenehm ueberrascht, wie sportlich diese doch nur mittelmaessig grossen Fische waren. Die Wintersprings – Fresslachse – stehen gut im Futter und sind durch ihre dauernden Raubzuege ueber den weiten Plateaus gut trainiert!
Der Lachs war mittlerweile schon in Sichtweite und schlug wild um sich kurz hinter dem Boot. Er war sicher knapp 10 Pfund und fett wie ein Football! Ich stand mit dem Kescher bereit und gab Kommando den Fisch jetzt mit einem Schwung Richtung Kescher zu schliddern. Ricardo holte aus und fing an hart zu ziehen. Der Fisch kam auf den Kescher zu aber Ricardo ging der Hebelarmraum aus und musste kurz nachkurbeln um wieder die Rute anheben zu koennen. Diesen Moment des Stillstandes nutzte der Fisch aus und bekam den Kopf wieder gedreht und zog 20 cm vor dem Kescherrand wieder ab. Nur einen Augenblick spaeter flog uns der Flasher und Koeder entgegen. Weg! So ein Mist! So knapp! Behutsam, Ricardo’s ehrgeiziges Temperament beruecksichtigend, erklaerte ich ihm, dass das Landungsmanoever ein einziger und ununterbrochener Schwung bis in den Kescher sein muss. Da darf es keine Pause oder Verzoegerung geben wenn es auf den Kescher hinzugeht.
Kurz darauf wurde Red Hot ueber Funk gerufen und mein Freund Larry stellte sich vor. Er kam vom Otter Point auf uns zu und hatte uns schon von weitem erkannt. Auch er hatte einen Keeper im Boot und sonst nur eine Menge kleine. Auch er fischte mit seinem Sohn der von Toronto zu Besuch zu Hause war. Er beschloss es vor dem Trailerpark zu versuchen, waehrend wir noch eine halbe Stunde im Tiefen Richtung Hafen zurueckschleppen wollten.
Ich wechselte den Koederfisch gegen einen 10 cm Glow Blinker aus und fing auch promt einen vielleicht 50 cm Winterspring damit. Vor den Sooke Bluffs angekommen und nur noch wenige Minuten bis zum geplanten Schlusspfiff sah ich ploetzlich 3 Delphine hinter dem Boot auftauchen. Ich zeigte Ricardo in die Richtung wo sie wieder auftauchen muessten. Da prustete es ploetzlich vor unserem Boot und auch da waren 2 Delphine. Als wir uns weiter umschauten sahen wir in allen Richtungen Flossen und Bugwellen auftauchen. Wir waren mitten in einem Riesenpod von Harbour Porpoises. Wir schaetzten 50 oder 60 auf etliche kleinere Trupps verteilt - die wohl jagten. Ich kramte die Kamera hervor aber wer schon mal versucht hat mit einer normalen Kamera Wale oder Delphine zu fotografieren, der weiss wie schwierig das ist. Die Kerle sind so schnell und nie weiss man wo sie wieder auftauchen. Ich schoss ein paar Videos und erwischte auch ein paar coole Sequenzen, die ich allerdings mal zusammenschneiden muss. Ich werde das spaeter mal nachreichen wenn es sich lohnt.
Es was jedenfalls eine sehr beeindruckende Delphinshow die wir eine halbe Stunde geboten bekamen. Mehrfach tauchten die Burschen unter dem Boot durch oder durchbrachen die Oberflaeche direkt neben dem Boot. Gerade sagte ich Ricardo, das dieses Theater sicher dem Angelerfolg nicht zutraeglich waere obwohl Delphine nicht direkte Lachsjaeger sind. Aber so ein Wirbel muss doch einfach alle Fische verjagen. Da loeste ploetzlich die Plastikkoederrute aus und verneigte sich tief. Ricardo hatte sie im Nu in der Hand und musste sie auch gut festhalten! Was jetzt geschah, darauf wartet und hofft jeder Angler, nimmt dafuer Kaelte, Regen, Wind, Aerger mit der Frau und sonst noch was in Kauf – es ist es einfach wert. Der Fisch zog ab wie ein D-Zug. Ricardo konnte nichts machen als staunend die Schnur beim Verschwinden beobachten. Und wieviel Schnur verschwand! Ich moechte wetten, dass es volle 2 Minuten Vollgas waren bis der Fisch zum ersten Mal stehen blieb und Ricardo eine Moeglichkeit gab die Rollenkurbel zu beruehren.
Das wiederrum hat er schmerzlich bereut, denn im selbem Augenblick zog der FIsch wieder im Affentempo ab und die Rollenkurbeln schlugen hart auf Ricardos Finger und Hand! Wir beide jaulten vor Aufregung, Schmerz und Freude auf! So muss dass sein! Man vergisst nach einiger Zeit wie stark so ein Lachs ein kann! Ich hatte mittlerweise die zweite Rute eingeholt und den Motor verlangsamt. Ricardo wollt Abloesung und ich tat ihm gerne den Gefallen. Ich spuerte das wonnige Schlagen der Kopfstoesse und das sture Zurueckziehen wenn man mal Druck machte. Das musste ein Prachtfisch sein! Mein groesster Winterlachs war so um die 15 Pfund. Der musste in der selben Liga spielen. Mindestens! Langsam gewann ich Schnur zurueck. Ein treibender Baumstamm machte die Situation noch etwas brenzlich aber mit Ricardos Steuerhilfe konnten wir erfolgreich davon wegnavigieren. Dann sahen wir den Burschen das erste Mal noch tief und hinter dem Boot. Herrlich wie so ein Lachs unter Wasser aussieht. EIn toller Fisch. Ich wollte jetzt Ricardo die Rute wiedergeben um selber das kritische Keschermanoever zu taetigen aber Ricardo bestand darauf, dass er selbst kescherte. Nun gut!
Der Lachs war jetzt ausgedrillt und als er die Oberflaeche durchbrach, zog ich hart an und surfte ihn auf Ricardo zu. Ich sah in zustossen und dann brauste das Wasser hinter seinem Koerper auf. Ich konnte nicht sehen wie es ausgegangen war und fragt etwas aengstlich “haste ihn?”. “Ja” antwortete er, aber er waere zu schwer zum Hereinheben. Ich legte die Rute weg und half ihm.
Da lag er; ein praechtiger Winterspring, 13 Pfund und gut im Futter! Einer meiner besseren Winterlachse und einer der besten Kaempfer! Wir klatschten uns ab und freuten uns ueber die tolle Beute. Das war’s fuer uns. Besser kann’s eh nicht werden. Ausserdem war es hoechste Zeit. Wir kurvten noch bei Larry vorbei, der seit unserer Unterhaltung nichts mehr hatte und Ricardo praesentierte stolz unseren Grossen! Auch von Larry und Sohn wurden wir begueckwuenscht!
Gluecklich ueber einen fantastischen Angeltag fuhren wir zurueck, zogen die Krabbenfalle ein in der leider nur eine groessere Felsenkrabbe war (liessen wir wieder frei – mit einer anfangen lohnt sich nicht). Man sollte einfach viel haeufiger angeln gehen – es ist einfach zu schoen!
Einen guten Rutsch Euch allen und einen guten Start in ein hoffentlich fischreiches neues Jahr!