Lachsangeln Vancouver Island, BC

Vielen Dank für den Bericht 👍👏 👏
 
Danke für die Teilnahme an eurem Urlaub, Grandios geschrieben und tolle Fotos.

Danke dafür.
Gruß Uwe
 
3.9, und 4.9. 2022; Sooke

Hoechste Zeit mal wieder zu berichten sonst falle ich zu weit zurueck und kann mich nicht mehr erinnern! Hatte einfach keine Zeit und Muse zum Schreiben gefunden – dabei gab’s ein paar schoene Fischerlebnisse. Bin aber auch 2 Wochenenden mit meiner Frau Bootscamping in die Gulf Islands gefahren. Das laeuft dann zwar ohne Angelruten ab, war aber trotzdem ein schoenes Wassererlebnis mit schoenen Straenden in versteckten kleinen Buchten, verrueckt ausgewaschenen Felsklippen in der Brandung, Delfin- und Otterbegegnungen, schicke Boote in den Marinas und eine tolle Hippiebustour zum Hummingbird-Pub auf Galiano Island. Und bei bestem Sommerwetter!

Fuer den 3. September hatte ich 2 Angelderbytickets gekauft. Das veranstaltet die South Vancouver Island Anglers Coalition; ein Benefits-Derby um Lachsbestandstuetzmassnahmen in Sooke zu finanzieren. Ich haette denen sowieso wie jedes Jahr ein paar Scheine gespendet aber ich dachte dann warum nicht fuer das Geld ein paar Tickets zu kaufen und mitzumachen und vielleicht sogar noch was zu gewinnen? Da meine Soehne beide noch in Deutschland waren, lud ich meinen quasi-Adoptivangelsohn Alec ein. Er war sofort Feuer und Flamme. Super wetteifernd dieser jungen Mann! Wir uebernachteten gleich an der Sunny Shores Marina in Sooke – er im SUV und ich im Boot – um uns das Gedraenge an den Bootsrampen am fruehen Morgen zu sparen.

Leider wurde es ein sehr windiger und welliger Tag. Aber wir kaempften uns zu den heissen Stellen bei Otter Point und Muir Creek durch und gesellten uns zur Armada die mit oder ohne Derbyticket noch die letzte Chinookwelle vor dem Saisonende abfangen wollte. Es kamen aber leider kaum neue Lachse durch und wir hoerten von allen Richtungen das Gleiche ueber Funk: Totenstille, nur Kleinlachs. Auch wir konnten trotz aller Anstrengung und dem gesamten Koederarsenal im Einsatz keinen vernuenftigen Lachs landen. So standen auch wir mit leeren Haenden bei der Wiegestelle und Gewinnerzeremonie da – wie so viele andere auch. Aber ein paar Angler hatten ein paar gute Lachse hier und da gefunden und ueberlistet. So war der Sieger wenigstens noch ein ordentlicher Lachs von ueber 20 Pfund. Nach 3 oder 4 Lachsen in den hohen Teens wurde es dann aber schon peinlich klein. War die Saison schon so frueh zuende oder hatten wir nur eine Aufstiegsluecke erwischt? Wir sollten es bald erfahren!

Alec hatte 2 auslaendische Studenten bei sich zu Hause einquartiert; einer aus Italien und einer aus Mexiko. Beide wuerden gerne mal mit zum Angeln auf’s Boot mitkommen, meinte er schon die vorherige Woche. Und so hatten wir ausgemacht die beiden am Tag nach dem Derby mitzunehmen. So liess ich MaxWaldi nach dem Derby noch eine Nacht in der Marina und am Sonntag den 4.9. fuhren wir nochmal mit den beiden Frischlingen raus. Der Tag sollte wesentlich windstiller werden als der Tag zuvor. Erst am Nachmittag war aufkommender Wind angesagt. Ich hatte mir einen Plan gemacht; erst die Krabbenfalle raus im Sooke Fjord vor der Marina. Dann zum Lachsangeln direkt vor der Fjordmuendung und von da aus nach Walen Ausschau halten denn die beiden haetten liebend gerne mal einen Wal in der natuerlichen Umgebung gesehen. Und dann ab Mittag koennte man mal auf Heilbutt probieren denn die Gezeiten passten dann ganz gut. Nur das ich eigentlich nie vor Sooke auf Heilbutt geangelt habe und keinerlei Erfahrung mit wann und wo dort habe. Aber versuchen koennte man es ja mal – geben tut es die dort, soviel war klar.

Alec war Tourguide fuer die beiden und erklaerte all die Dinge die es zu sehen gab. Das fing an mit den Robben die faul auf den Wellenbrechern an der Marina lagen. Dann wie die Krabbenfalle funktionierte. Als wir dann vor dem Sooke Fjord auf die Juan de Fuca Strasse kamen, weisste er sie in die Kuenste des Trollingangelns ein. Waehrend wir nun 2 Ruten auf unterschiedlichen Tiefen auf Coho und vielleicht einen spaeten Chinook fischten, kam eine Delfingruppe in Sicht und spielte oder jagte in Bootsnaehe. Die beiden Neulinge erfreuten sich sehr an diesem Anblick. Dann ruckelte auch schon eine der Ruten los, und bald auch die zweite und Alec und ich hatten alle Haende voll zu tun die Jungs im Drill zu coachen und die zu kleinen oder unmarkierten Lachse abzuhaken. Bis jetzt noch keine Keeper. Aber es sah fischig aus hier, dachte ich, Delfine, Voegel, hier und da Futterfischsignale auf dem Echolot…

Da rappelte ploetzlich die Blinkerrute los und Alec hieb an und gab die Rute an Stefano. Der drillte nun unter Alec’s Aufsicht einen feisten Coho zum Boot. Edgar und ich beobachteten das aber ich wurde ploetzlich aus dem Beobachterstatus herausgerissen als ich die Koederfischrute ohne Vorwarnung nach hinten ziehen sah. Ich sprang auf, schnappte mir die Rute hieb an und fuehlte kraeftigen Widerstand – und der Fisch zog auch gleich ab! Oha, ein gewichtiger Fisch! Ich drueckte dem verbluefften Edgar die Rute in die Hand und riet ihm die Finger, so lange der Lachs rannte, erst einmal von der Rolle wegzuhalten. Der Fisch stoppte mal kurz und zog dann wieder an und Edgar wusste nicht so richtig wann er die Rolle bedienen sollte und bekam ein paar Mal die Kurbeln auf die Finger gepruegelt. Aua! Aber bald kam er in den Give-and-Take Rhytmus. Ploetzlich durchbrach etwas die Oberflaeche, vielleicht so 20m hinter dem Boot. Whooaaa! Ein grosser Lachs kaptapultierte sich voll aus dem Wasser und ueberschlug sich in der Luft. Wow! Und das trotz Flasher! Entweder war das ein rekordverdaechtiger Coho, die ja fuer Akrobatik bekannt sind, oder ein guter Chinook der voll durchgeknallt war. Und nochmal kam er voll aus dem Wasser gesprungen! Jetzt hatte es auch Edgar gesehen und yahoote auf dazu.

Mir war etwas bange ob der Schonhaken solche Kapriolen lange mitmachen wuerde, aber bis jetzt ging alles gut. Alec und Stefano bekamen das Spektakel natuerlich mit und beeilten sich ihren Cohodrill schnell zu beenden. Ihr Fisch stellte sich wieder als ein ordentlicher wilder Coho heraus, der am Boot schnell abgehakt wurde. Dann wurde das Deck schnell zum Grosskampf prepariert. Als Edgar’s Lachs in Bootsnaehe kam und doch noch einige Finten auf Lager hatte, coachte und unterstuetzte Alec den Faenger in allen Belangen. Wir sahen bald einen schoenen Chinook hinter und neben dem Boot kreuzen. Hoffentlich konnten wir ihn landen! Edgar machte das mittlerweile sehr gut und liess den Fisch immer wieder Schnur wenn er kurz vor dem Kescher nochmal auswich. Ich machte den Kescherstiel ganz lang und als der Lachs mal wieder faul Richtung Boot kam, half Alec Edgar hart anzuziehen und zog Edgar mit zurueck zur anderen Bootsseite so dass der Fisch an der Oberflaeche zum Boot gezerrt kam und ich Platz hatte zuzulangen. Versenkt! Ich sackte den Lachs ein und hob ihn unter lauten Jubel ins Boot. Das dabei der Kescher zerbrach war erstmal nur eine Randnotiz.

Die Jungs jubelten und staunten, und als ich ihn abgeschlagen hatte, betatschten sie den schoenen Fisch bewundernd. Bis wir dann noch eine ganze Serie Fotos gemacht hatten und dieses und jenes erklaert hatten, waren wir schon weit von der Fangstelle abgetrieben. Der blitzblanke Chinook war nicht ganz 20 Pfund und haette uns gestern im Derby einen der hoeheren Plaetze beschert. Wo war der gestern gewesen!? Ich versuchte uns gegen die Flutstroemung wieder zur Fangstelle zurueckzuschleppen, aber merkte bald, dass das eine ganze Weile dauern wuerde. So wog ich schon ab das Geschirr einzuholen und mit dem grossen Motor schnell zurueckzufahren. Da bemerkte ich wie ein grosses Walbeobachterboot vielleicht einen Kilometer von uns entfernt auf seinem Weg nach Westen ploetzlich stehenblieb. Ich suchte die Gegend um das Boot mit dem Fernglas ab und nach paar Minuten konnte ich doch tatsaechlich einen Walbuckel unweit des Bootes ausmachen. Ich fragte meine Crew ob sie vielleicht lieber kurz eine Angelpause machen wollten und zum Buckelwalbeobachten weiter rausfahren wollten. Unbedingt, war die einstimmige Antwort.

So duesten wir die kurze Strecke dahin und liessen uns nahe des Walbootes treiben. Dann kam der Buckelwal ploetzlich wieder an die Oberflaeche und die Jungs bekamen einen tolle Show. Nach vielleicht einer halben Stunde war er dann fuer laenger abgetaucht und ich beschloss mit Alec einfach von hier zurueck zur Kueste zurueckzuschleppen. Wir fingen noch den einen oder anderen wilden Coho und ein paar Shaker und der Wal tauchte dann bald wieder links und rechts von uns auf – er schien uns in flachere Wasser zu folgen. Das haette man ja nicht besser planen koennen fuer einen Touristentrip!

Es war jetzt Zeit fuer den Stroemungsumschwung von Flut auf Ebbe und waehrend das auch eine heisse Angelzeit auf Lachs war, schlug ich vor es mal auf Heilbutt zu versuchen. An so einem Tag wo alles zu klappen schien, musste man es darauf ankommen lassen. Die Jungs waren einverstanden. Der Kescher war eh im Eimer und so wuerde der naechste Grosslachs, wenn er denn noch kaeme, sowieso eine Herausforderung. Ich fand auf der Karte eine schicke Untiefe – vielleicht 20 Minuten weg von hier. So duesten wir dahin und warfen den Anker. Leider rutschten wir in ein bisschen tieferes Wasser ab als ich vorhatte – es war schon 120m tief als wir endlich haengenblieben.

Alec stimmte die Gaeste schon auf Dornhaie ein, welche eigentlich immer beim Buttangeln vor Ort waren. Nur bei 120m Angeltiefe versprach es kein grosser Spass zu werden, sich um diese Plagegeister zu kuemmern. Aber unsere beiden Gaeste hatten Spass daran einige dieser Haie nach oben zu kurbeln und dort zu beschauen. Alec zeigte ihnen den Stachel und deren scharfe Kauleiste. Leider zeigte kein Butt Interesse an unseren Koedern. Der Wind legt nun auch merklich zu aber ich wollte noch etwas ausharren. Auf einmal rief Alec auf und zeigte mit gestrecktem Arm neben das Boot. Wir drehten uns alle gleichzeitig um … und hatten den Mund offen. Eine 2m hohe Flosse ragte nur ein paar Meter neben dem Boot aus dem Wasser: Orcas! Ein Pod von vielleicht 5 oder 6 kam direkt auf das Boot zu und drehte erst kurz davor seitlich ab. Sie schnauften beim Einatmen und wir konnten ihre weissen Flanken und Baeuche sehen. Der Bulle hatte ein beeindruckendes Schwert auf dem Ruecken. Die Jungs waren total aus dem Haeuschen. So eine Show kriegt man selbst hier nicht oft geboten! Mittlerweile darf man als Freizeitbootsfuehrer nicht mehr aktiv auf Orcas zufahren, um sie nicht zu stoeren. So sieht man sie meist nur noch aus der Entfernung. Aber wenn die Kerle von selber so dicht an das Boot kamen…? Toll!

Dann wurde es uns zu schaukelig und wir packten ein. Auf dem Rueckweg zogen wir noch die Krabbenfalle ein und hatten doch tatsaechlich zwei Keeper, genug fuer die beiden Neulinge fuer ein feines Westcoast Dinner. Man muss schon sagen, so ein Glueck wie die beiden auf ihrer ersten Angeltour auf dem Pazifik hatten, das war schon erstaunlich. Sie hatten eine Menge Geschichten zu berichten und schoene Fotos zur Erinnerung. Dazu noch feinste pazifische Cuisine.

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Wo und wann kann man so einen Trip buchen? :a020: Ganz toller Bericht!
 
17.9. 2022; Sooke

Kein Wind, keine anderen Verbindlichkeiten – also angeln gehen, was sonst! Die Cohos waren voll im Ansturm vor Sooke und so zog es mich wieder dahin. Sollte ein Solotrip werden.

Nach der erfrischenden Fahrt den gesamten Sooke Fjord entlang, stoppte ich nahe an der Fjordmuendung an den Sooke Bluffs. Das ist eine ganz unscheinbare Stelle, die aber am Ende der Flut aus irgendwelchen Gruenden oft Futterfisch und damit Lachs anzog. Es war ein sacht abfallender sandiger Abschnitt mit 30-50m Tiefe; keinerlei Struktur. Die Flut muss da wohl Kehrstroemungen erzeugen welche Futter konzentriert. So jedenfalls meine Theorie.

Bei Sonnenschein, 23 Grad und null Wind machte ich 2 Ruten klar. Ich wollte heute mal eine Anglerweisheit widerlegen und wollte sehr langsam auf Cohos schleppen. Die gaengige Weisheit lautete, dass man auf Cohos extra-schnell schleppen muss. Aber ich hatte schon etliche Cohos beim gemuetlichen Schleppen auf Chinook gefangen und wusste so, dass es da zumindest eine Menge Ausnahmen geben muss. Ein Kumpel von mir, Rick, war an diesem Tag auch auf Coho unterwegs und ich wusste, dass er etwas weiter draussen angeln wuerde. Rick wuerde flott schleppen – wie es sich eben auf Coho gehoert. Mal sehen wer am Ende besser abschnitt!

Ich suchte mir 2 Koeder die langsam gut liefen – da war einmal ein kleiner knal-oranger Apex und dann ein kleines Gummi-Glitzer Shrimpimitat. Die sollten bestens ins Coho Koederschema (Krill, Shrimp, Kleinfisch) reinpassen. Der Apex ging auf 15m Tiefe und der Gummi auf 25m. Und dann schleppte ich schoen laaaaangsam im Zickzack durch die Gegend. Ich sah zwei andere Boote in der Naehe; und am Horizont bei Secretary Island vielleicht 50 oder mehr Boote. Dort war auch Rick unterwegs. Es dauerte nicht lange und die tiefe Rute ruckte los – ein mittlerer Coho, unmarkiert. Wurde gleich wieder abgehakt. Dann eine Weile nichts. Ich drehte eine Schleife ins flacherer Wasser und fand eine Futterwolke am Echolot. Hier musste doch was sein. Bei der naechsten harten Linkskurve zog wieder die Rute mit dem Gummishrimp ab. Auf der Kurveninnenseite. Das war ein praechtiger wilder Coho – um die 10 Pfund. Durfte wieder schwimmen. Gleich drehte ich wieder Richtung der Futterwolke und wieder produzierte das Shrimpimitat einen Biss. Der Fisch schuettelte aber schon nach paar Sekunden den Haken ab. Aber es schien, dass die Cohos tiefer standen.

Obwohl etwas riskant wenn Solo-Fischen, stellte ich nun die Apexrute auch so auf 20m Tiefe ein und drehte weiter meine Kreise. Jetzt brach Chaos aus auf MaxWaldi! Erst riss es hart an der Apexrute und als ich den Schleppmotor in Standgas gestellt hatte um den Fisch bequehm zu drillen, zog nun auch die andere Rute hart an: Doppelbiss! Ich loeste die Bremse der zweiten Rute etwas und liess den Lachs an der Leine toben. Auch der erste war ein guter Kaempfer und rauschte paar Mal an der Oberflaeche kreuz und quer hinter dem Boot. Nur nicht die Schnuere ueberkreuzen! Ein anderes Boot sah wohl das Spektakel und schleppte dicht vorbei und der Captn winkte mir lachend zu. Der Spass war mir wohl anzusehen! Dann hatte ich den Ersten am Boot und hielt ihn am Vorfach fest um die Fettflosse sehen zu koennen. In dem Moment als ich die Fettflosse eindeutig erkennen konnte, hebelte sich der Kerl auch schon vom Schonhaken frei. Gut so. Dann sprang ich schnell zur zweiten Rute rueber und nahm Fuehlung auf – jupp, der war auch noch dran. Er hatte sich mittlerweile schon muede getobt und kam ziemlich willig an’s Boot. Ein klasse Fisch – bestimmt knapp 10 Pfund. Aber wieder unmarkiert und damit Freilasskandidat.

Und jetzt ging das so weiter. Ich hatte noch 2 oder 3 Doppelbisse und noch viele Einzelbisse. Alles auf einer Flaeche von vielleicht 300x300m. Und oft kam der Biss auf der Kurveninnenseite wo der Koeder noch langsamer lief. Der Apex war ein wahrer Cohoverfuehrer. Er fing am Ende bestimmt 75% der Fische. Ich hatte noch das Glueck 2 markierte zu erwischen auch wenn diese mit die Kleinsten des Tages waren. Ich musste mindestens 20 oder 25 Cohos ans Boot gebracht haben. Wirklich eine weltklasse Angelei und dann noch bei solchem tollen Altweibersommerwetter! Der groesste des Tages blieb der 10 Pfuender gleich am Anfang. Alle Cohos waren noch silberblank.

Zurueck an der Marina filetierte ich meinen Fang. Rick kam eine halbe Stunde spaeter hinzu und jetzt war ich mal gespannt: er hatte einen kleineren Chinook und einen markierten Coho. Und ausserdem noch 2 unmarkierte Cohos freigelassen aber sonst keinen berauschenden Tag gehabt, meinte er, obwohl er locker die 5fache Distanz zurueckgelegt hatte. Als ich von meinen ermuedeten Armen erzaehlte, war er verbluefft. Auch wenn das kein ernstzunehmendes wissenschaftliches Experiment war, gaben die Ergebnisse aber doch ein paar Schluesse her: Cohos beissen auch sehr gut auf langsam gefuehrte Koeder; eine Stelle mit Futter und Cohodichte zu finden ist das A und O. Haette Rick an meiner Stelle im Eiltempo auch gut gefangen – wahrscheinlich ja. Haette er viel besser gefangen als ich im Schneckentempo – bezweifele ich, ging gar nicht. Werde ich das jetzt grossartig bekanntgeben und ausposaunen? Noee! Ihr duerft das aber wissen.

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Mal wieder ein toller Bericht und deine neuen Erfahrungen bestätigt.
Leider komme ich zur Zeit nicht zum Angeln. Meine Frau braucht meine Unterstützung nach ihrer Hand-OP.
 
19.9. 2022; Sooke

Weil es so viel Spass war, wollte ich den mit meinen Jungs teilen. Ricardo war sofort bereit und auch Alec liess sich nicht lange betteln. Wir wiederholten praktisch die Taktik von vor 2 Tagen – nur der Wind spielte diesmal nicht lange mit. Wir fingen 2 oder 3 mittlere Cohos an meiner Geheimstelle vor den Bluffs aber dann bauten sich ungemuetliche Wellen auf. Der Wind kam entgegen der Flutstroemung was immer fuer unschoene Angelverhaeltnisse sorgt. So packten wir kurz ein und fuhren in den Windschatten von Secretary Island. Da fanden wir eine Strecke von vielleicht 300m direkt vor der Insel wo das Wasser ziemlich ruhig war und wir anstaendig fischen konnten. Frage war nur ob da auch Cohos waren.

Diese Frage wurde am Ende unserer ersten Passage beantwortet als die Rute mit dem Shrimpimitat hart nach hinten gerissen wurde. Ricardo brachten einen ordentlichen, vielleicht 8 pfuendigen, Coho zum Boot. Unmarkiert. Ueberhaupt sollte uns an diesem Tag nicht ein einziger markierter Coho an den Haken gehen. Mit schoener Regelmaessigkeit hatten wir so alle 15-20 Minuten einen Biss und konnten auch viele der Bisse verwerten. Auch ich durfte mal einen schoenen fetten Coho landen und wieder freilassen. Schon gegen dem Ende unseres Trips hakte Alec dann den groessten des Tages – ein wuchtiger, sicher ueber 10 pfuendiger, Silberbrocken – ein Maennchen mit schon ausgepraegtem Laichhaken. Leider flutschte er aus der Hand bevor wir ein gutes Foto machen konnten. Ah well…. Insgesamt landeten wir vielleicht 13 oder 14 Cohos, alle unmarkiert, alle zwischen 5 und reichlich 10 Pfund. Unter den Umstaenden war das ein vorzeigbares Ergebnis und bestaetigte einen guten Cohoaufstieg dieses Jahr.

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1.10. 2022; Sooke

Am 1. Oktober werden immer die Cohoentnahmeregeln relaxt. Da es dieses Jahr augenscheinlich einen guten Cohobestand gab, waren die Angler in Sued-BC hoffnungsvoll das das auch dieses Jahr wieder geschehen wuerde. Die Ankuendigung kam nur 2 Tage vorher und bedeutete fuer uns vor Victoria und Sooke, dass man nun 4 Cohos insgesamt pro Tag behalten konnte, von denen einer ein unmarkierter sein durfte. Weiter westlich, bei Port Renfrew, durften nun 2 von 4 unmarkiert sein. Oft muss man sich durch dutzende Unmarkierte durchangeln bis man mal einen geclippten Lachs fand. Letzten Samstag lud ich meinen Freund Dave mit zu mir auf’s Boot ein. Er mochte auch das Cohofischen.

Wieder fingen wir unsere Tour an der Sunny Shores Marina in Sooke an und legten unsere Ruten bald vor den Sooke Bluffs aus. Weiter draussen waren schon etliche Boote auf Coho unterwegs aber hier in Ufernaehe kaum einer. Aber auch die Cohos machten sich rar hier und bis auf ein paar Shaker schien hier nichts zu jagen. So zogen wir langsam weiter raus. Dave bekam nun einen Biss und schien einen Coho ans Boot zu bringen. Ich erkannte dann neben dem Boot das es aber ein kleiner aber massiger Chinook war. Dave war es gleich – der ging mit!

Wir drehten noch ein paar Schleifen in der Naehe der Bissstelle und Dave fing tatsaechlich noch einen mittelpraechtigen und vorallem markierten Coho. Na also! Dann wurde die Stelle aber kalt. Jerrod rief uns ueber Funk an und berichtete von guten Faengen vor Secretary Island. So packten wir ein und dampften gegen die mittleren Wellen vor die Insel. Und dort fanden wir die Schwaerme. Wir fischten manchmal 20 oder sogar 30 Minuten ohne Biss und dann brach ploetzlich Chaos aus - mit Doppelbissen und weiteren Bissen als man gerade den Koeder wieder auf Tiefe gebracht hatte. So hatten wir eine Stunde spaeter neben dem Chinook noch weitere 5 Cohos im Boot – und alle markiert! Das war uns beiden noch nicht passiert! Oft liegt die Markierungsquote bei 10%, heute bei 100%! Wir konnten nun nur noch 2 zusaetzliche Lachse behalten und wollten uns nun auf Qualitaet beschraenken.

Aber uns wollten einfach keine richtig Grossen an den Haken gehen. Dabei hatten alle Angler die letzten Tage und Wochen immer wieder 10-15 pfuendige unmarkierte Cohos zurueckgesetzt. Wo waren die denn heute? Dave und ich liessen ein paar in der 6-8 Pfundklasse frei in der Hoffnung auf was Zweistelliges. Nach einem Koederwechsel rappelte es bei Dave dann endlich richtig am Geschirr und endlich konnte er mal, nach langem harten Drill, einen richtigen Brocken ans Boot bringen. Leider kostete die Landung ihm die Rutenspitze aber sonst war an diesem 10 Pfuender alles perfekt. Ob es jetzt der Koeder oder einfach mal Glueck gewesen war, sei mal dahingestellt. Ich packte dann auch noch einen guten Coho dazu und dann machten wir Schluss. Alle bis auf den groessten Coho waren markiert – das ist eine absolute Seltenheit!

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Ich finde es unheimlich stark, daß die Kanadische Umwelt Behörde so stringente Auflagen erlässt. Wenn es in der EU so wäre würden wir heute noch in der Ostsee gut Dorsch fangen.
 
Ich finde es unheimlich stark, daß die Kanadische Umwelt Behörde so stringente Auflagen erlässt. Wenn es in der EU so wäre würden wir heute noch in der Ostsee gut Dorsch fangen.
Das war bei denen auch ein Lernprozeß ,der aus Schaden entstanden ist .
Die Dorschbestände sind quasi nicht mehr vorhanden und erholen sich wahrscheinlich auch nicht wieder .Zumindest hat ein glaub 10 jähriges Fangverbot nichts gebracht .
 
Toller Erfolg und wunderschöne Filets. Warum lasst ihr die Schwanzflosse dran? Zum Aufhängen beim Räuchern?

Gruß Uwe
 
Toller Erfolg und wunderschöne Filets. Warum lasst ihr die Schwanzflosse dran? Zum Aufhängen beim Räuchern?

Gruß Uwe
Nein, das ist zum Identifizieren des Fangs durch Fischereiaufseher. Da wir hier vielfaeltige Entnahmeregeln wie unterschiedliche Fangmengenbeschraenkungen fuer verschiedene Lachsarten, Laengenmasse und ausserdem noch Markierungsregeln haben, verlangt das Fischereiministerium das man den Fang identifizierbar vom Wasser nach Hause transportiert. Dafuer laesst man am besten die Schwanzflosse dran, anhand derer man immer sicher die Art bestimmen kann. Ausserdem sollte man die Hautstelle mit der Fettflosse oder der Narbe der entfernten Fettflosse intakt halten.
Erst an seinem regestrierten Wohnsitz kann man den Fang beliebig zerteilen und anhaeufen. Waehrend des Transits gelten alle Tages und Besitzbeschraenkungen. Das kann auf mehrtaegigen Angeltrips manchmal ganz schoen kompliziert und aufwendig werden. Die Aufseher sind hier manchmal per Boot unterwegs und checken schon auf dem Wasser aber haeufiger lauern sie an den Marinas oder sogar auf den bekannten Zufahrtsstrassen. Wie genau die Aufseher das nehmen oder wie dumm sich einige bei dem Versuch der Identifizierung des Fangs stellen, kommt dann immer wieder individuell auf die Person des Aufsehers an oder wie pampig vielleicht der Auserwaehlte auftritt.
Ich mache mir manchmal nicht diese Muehe mit Schwanzdranlassen usw aber da es in den letzten Wochen wohl einige Kontrollen und auch Strafen gegeben hat, wollten wir an dem Tag kein Risiko eingehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das war bei denen auch ein Lernprozeß ,der aus Schaden entstanden ist .
Die Dorschbestände sind quasi nicht mehr vorhanden und erholen sich wahrscheinlich auch nicht wieder .Zumindest hat ein glaub 10 jähriges Fangverbot nichts gebracht .
Genau. Vor genau 30 Jahre wurde die kommerzielle Fischerei auf den atlantischen Dorsch an der kanadische Ostkueste eingestellt weil die Bestaende nach jahrhundertelanger Ueberfischung total zusammengebrochen waren. Googelt mal "atlantic cod, great banks" - da werdet Ihr von einer der groessten Fischereitragoedien lernen. Diese Dorschbestaende waren wohl eine der groessten Proteinresourcen der ganze Welt. Aber eine immer intensivere industriale Befischung brachte ihr ultimativ das Ende. Dabei muss man sagen, dass da nicht nur die Kanadier fischten: ganz Europa und halb Asien sandten ihre Flotten zu den Grand Banks vor Newfoundland in kanadischen Hoheitsgewaessern. Schon in den 70ger und besonders 80ger Jahren warnten die Biologen, dass das Oekosystem zusammenbrechen wuerde unter der immer staerkeren Befischung der Dorschbestaende. Die immer effektiveren Fischereimethoden kaschierten jahrelang die einbrechenden Bestaende - die Wissenschaftler sahen das, aber die Fischer und Fischereilobby deutete immer wieder auf die steigenden Ertraege. Letztendlich war die Industrielobby war zu stark, zu viel Geld stand auf dem Spiel und Politiker wurden mit drohendem Arbeitsplatzverlust erpresst. Als das Fischereiministerium 1992 dann endlich die Reissleine zog und die Grand Banks sperrten, kam es zu Fischerrevolten in den Haefen und die kanadische Kuestenwache schoss Warnschuesse gegen spanische Fischer die sich dem Fangverbot widersetzen wollten. Damals hiess es die Grand Banks wuerden nur fuer 2-4 Jahre gesperrt bis sich die Dorschbestaende wieder erholt haetten. In Wirklichkeit war der Genpool der Bestaende so stark geschrumpft, dass eine grossflaechige und schnelle Erholung unmoeglich war. Die Dorschfischerei ist heute, exakt 30 Jahre spaeter, immer noch geschlossen und die Bestaende haben sich nie mehr erholt. Es gibt wohl hier und da ein paar bessere lokale Dorschecken die eine kleine Angelfischerei erlauben aber insgesamt ist der Dorsch praktisch verschwunden. Sind Arten einmal weg auf laengere Zeit, ruecken andere Spezien in die freie Oekoniche und besetzen die dann fuer immer. Da haben dann wiederaufstrebende Bestaende der urspruengliche Soezie auch keine Chance die dann wieder zu verdraengen. Das gleiche mit dem Lachs in Deutschland - die waren 100 Jahre weg und die Niche im Oekosystem ist dicht gefuellt mit anderen Arten. Da helfen auch wieder verbesserte Flusslebensraeume und abgeschaffte Fischereien nichts mehr - ihren eigenen komplizierten Lebenszyklus plus andere Arten zu verdraengen, ist zuviel verlangt vom Lachs. Leider merkt der Mensch erst immer hinterher was er angestellt hat und will die Zeit zurueckdrehen um wiedergutzumachen. Leider laesst sich Evolution meistens nicht wieder auf dem selben Weg zurueckdrehen. Was weg ist, ist meist weg. Und da sind die Kanadier genauso bloed - oder sagen wir menschlich? - wie ueberall in der Welt. Auch hier wird der Gesellschaft erst jetzt langsam klar wieviel an Lachsbestaenden schon verschwunden ist und wie stark sich das auf das so lang vertraute Westkuestenoekosystem auswirken wird. Pazifische Lachse werden an der Westkueste auf absehbare Zeit so selten werden wie Lachse jetzt in Deutschland. Wer Lachse hier nochmal erleben will, sollte nicht zu lange warten. Oder sich schon mal nach Fluegen zum arktischen Meer umsehen - das wird die neue und letzte Heimat der Lachse werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
@cohosalmon Danke für deine umfassenden Erklärungen. Ich sehe es auch so. Zu meiner Jugend gab es soviele aufsteigende Glasaale, dass man meinte ein Teppich liege vor dem Wehr. Unter jedem holen Stein befand sich ein Aal oder ein Edelkrebs. .... Lang ist es her.
Aber etwas Hoffnung gibt es auch für die Lippe, Wiedereinbürgerung der Quappe aus Nachzuchten des hiesigen Stammes, aufsteigende Meerforellen und auch vereinzelt Lachs. bessere Durchgängigkeit des Flusses und Renaturierung ....

Gruß Uwe
 
@cohosalmon Danke für deine umfassenden Erklärungen. Ich sehe es auch so. Zu meiner Jugend gab es soviele aufsteigende Glasaale, dass man meinte ein Teppich liege vor dem Wehr. Unter jedem holen Stein befand sich ein Aal oder ein Edelkrebs. .... Lang ist es her.
Aber etwas Hoffnung gibt es auch für die Lippe, Wiedereinbürgerung der Quappe aus Nachzuchten des hiesigen Stammes, aufsteigende Meerforellen und auch vereinzelt Lachs. bessere Durchgängigkeit des Flusses und Renaturierung ....

Gruß Uwe
Ja, man muss rechtzeitig ran, bevor es zu spaet ist, dann kann man noch viel retten. Ich hoffe sehr, dass es fuer die Aale noch nicht zu spaet ist - was fuer ein cooler Fisch!
 
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