Lachsangeln Vancouver Island, BC

Guten Morgen und Petri zu den ersten 2022er Fischen. Es ist schön von dir zu lesen, Dankeschön dafür 🎣🤘🍻
 
Ja, aber der Lachs läuft sehr zäh und wir dürfen nur 1 Lachs ohne Fettflosse pro Tag und Person entnehmen.
 
Kommt Ihr noch klar mit dieser Reglementierung?
Ökonomisch war Angeln ja noch nie, aber langsam wird einem ja die letze Freude genommen, auch mal was selbst gefangenes zu genießen.
 
Das wird wohl auch unsere Entnahmebeschraenkung sein - zumindest fuer die erste Sommerhaelfte. Wir werden auch hier immer mehr beschraenkt ohne an den Ursachen des Lachsrueckganges was zu machen. Wie ist denn eigentlich die Quote in Ostsee fuer markierte und unmarkierte Lachse? Ist es denn ueberhaupt realistisch auf einen markierten Lachs pro Angeltag zu hoffen?
 
50/50 ist doch wenigstens eine brauchbare Quote. Da hat man wenigstens auch mal die Chance was mit nach Hause nehmen zu koennen. Im Winter und Fruehjahr haben wir hier bestimmt 75-80% markierte Lachse vor Victoria/Sooke. Das sind die Fresslachse aus den Brutstationen der USA. Washington's und Oregon's Lachse ziehen meist hier vorbei auf ihrer Reise zum Erwachsenwerden. Und die US Brutstationen markieren ALLE ausgesetzten Lachse mit der Entfernung der Fettflossen. Dagegen markieren die kanadischen Brutstationen nur hoechstens 10%. Zum groessten Teil ne Geldfrage. Ab Juni werden die markierten Lachse dann weniger und die wilden, unmarkierten dominieren. Wenn man hier im Juli/Aug eine Entnahmebeschraenkung auf nur markierte Lachse haette, wuerde man tagelang angeln ohne was mitnehmen zu koennen.
 
Tja,
Lachsen aus deutschen Brautstationen, auch die deutschen Lachse von Anglerverbänden darf nicht die Fettflosse entfernt werden.

Das verbietet das deutsche Tierschutzgesetz.

Ich darf als meine eigenen, selbst bezahlten Lachse niemals entnehmen.........

Zum Glück sind die anderen Ostseestaaten nicht so 😎🎣🤘
 
4.6. 2022; Sooke

Meine Mutter war zu Besuch aus Deutschland hier und wollte auch mal eine Boetchenfahrt mitmachen. Dafuer musste allerdings das Wasser glatt sein und die Angelei etwas angepasst werden. Aber ein paar Stuendchen sind es dann doch geworden am vorherigen Samstag. Wir starteted am spaeteren Morgen in Sunny Shores und setzten gleich noch die Krabbenfalle aus und fuhren dann bei kuehlem aber windlosem Wetter bis zum Otter Point. Der Motor freute sich auch mal wieder summen zu koennen. Ein paar andere Boote waren schon unterwegs aber der verregnete, windige und kuehle Fruehling dieses Jahr hat viele Angler noch abgehalten. Auch die komplizierten Fischereiregeln wieder dieses Jahr haben einige Angler abgetoernt.

Ich setzte eine Blinker- und eine Squidkoederrute an den Downriggern ein und dann schipperten wir gemuetlich die Kueste gegen West. Das Meer war total ruhig und wir hatten sogar das Glueck das die Sonne hier und da mal durchkam. Das Angeln begann aber aeusserst zaehe. Ich glaube es dauerte fast 2 Stunden bis wir vor dem Muir Creek den ersten Anfasser hatten. Der hatte es aber in sich. Ich hatte Mutter erklaert, wie sich ein Biss bemerkbar macht und ploetzlich warnte sie mich und fuchtelte Richtung der Steuerbordrute. Ich drehte mich um und sah die Rute gerade noch ausloesen und dann schwer nach unten wippen. Aha, das war nichts Kleines! Ich sprang hin und hieb an. Etwas Schweres blieb haengen. Und ging dann langsam aber stetig auf Distanz. Ich konnte nichts weiter machen als die Rolle abbremsen und den Motor etwas herunterdrehen. Mutter war auch ganz aufgeregt und fragte ob sie irgendwas machen sollte. “Nee, bleib ruhig, hab’ alles unter Kontrolle”, entgegnete ich. Es war nur ein anderes Boot in der ungefaehren Naehe und daher hatte ich allen Raum der Welt fuer den Drill. Als der Fisch mal stehenblieb, fuehlte ich schwere Kopfstoesse. Das war ein Brocken! Oder ich war es nicht mehr gewoehnt wie sich ein Grosslachs anfuehlt. Jetzt ging er wieder ab…. und ploetzlich war der Kontakt weg! Arrrrrggg, das war aber aergerlich! Mutter war auch enttaeuscht. Wenigstens gesehen haetten wir ihn mal gerne.

Nun ja, vielleicht fing ja eine Beisszeit an. Ich drehte grosse Kreise um die Bissstelle. Nach 20 Minuten ruckte die Blinkerrute los und ich hatte sie gleich in der Hand. Anschlag sass; der fuehlte sich etwas kleiner an, aber wir waren dennoch freudig gespannt. Ich brachte ihn stetig Richtung Boot und bald musste er an der Oberflaeche auftauchen – ein Ruck und die Rute wurde schlaff. Waaaas? Das gibt’s doch nicht! Mutter schuettelte nur den Kopf – vielleicht war ihr Sohn ja doch nicht so ein toller Angler wie er immer vorgibt? Jetzt ging es aber um die Ehre! Ich schaerfte den Haken und liess den Blinker wieder zu selben Tiefe. Der naechste Biss kam 10 Minuten spaeter und diesmal musste es klappen! Der Lachs kam sofort zur Oberflaeche geschossen und sprang trotz des Flashers einen Meter aus dem Wasser. Wow! Er war nicht gross aber brauchbar. Und ich wollte meiner Mutter doch gerne einen Lachs mit ins Rueckreisegepaeck mitgeben. Der Fisch wollte es uns aber nicht leicht machen und kam jezt auf das Boot zugeschossen. Ich kurbelte wie ein Berserker und drehte den Motor etwas auf um aufzuschliessen. Trotzdem wurde die Schnur kurz schlapp und es fuehlte sich an als ob ich auch diesen Lachs verloren haette. Ich wollte gerade losfluchen und aufhoeren zu kurbeln als der Widerstand ploetzlich wieder da war. Schwein gehabt! Jetzt sausste er hierhin und dahin und machte allerlei Manoever um das Boot herum. Ich hiess Mutter den Kescher nehmen und den Fisch einsacken wenn ich ihn dicht am Boot hatte. Der Downrigger mit Clips und Oesen war aber noch draussen und als sie mit dem Kescher zulangen wollte, blieb das Netz an einem Downriggerclip haengen. Der Fisch floh unter das Boot und Mutter versuchte eifrig das Netz freizukriegen.

Was nun? Ich griff nach dem Gaff und war entschlossen den Lachs beim naechsten Landungsversuch zu gaffen. Aber da hatte Mutter den Kescher wieder startklar und ich konnte ihn ueber den Buegel schliddern. Geschafft! Na also! Wir klatschen uns ab und freuten uns ueber die schoene Beute. Auch wenn der Fisch nur so knapp 7 Pfund war – den hatten wir uns verdient!

Aber vielleicht kam ja noch mehr? Nur noch zum Angucken – viel mehr Platz war nicht im Reisegepaeck. Und tatsaechlich packte noch ein Lachs am Blinker zu und der schien wieder einen Nummer groesser zu sein, aber bevor wir uns auch nur grossartig darueber freuen konnten, kam der Haken wieder los. Irgendwie bissen die Kerle heute nur spitz! Schade. Wir waren nun schon fast wieder zum Otter Point zurueck und ich liess den Blinker nochmal bis zum sandigen Grund. Kurz darauf machte sich ein leichtes Rueckeln an der Rutespitze bemerkbar. Ich schlug einfach mal an und etwas blieb haengen, es fuehlte sich nicht gross an und so drueckte ich Mutter die Rute in die Hand. Sie war ganz verbluefft aber kurbelte dann eifrig den Fisch heran. Ich dachte an einen kleinen Shaker Lachs aber zu meinem Erstaunen hing ein kleiner Dorsch (Pacific Cod) dran. Zu klein zum Mitnehmen aber Mutter hatte einen Fisch gefangen und auch noch einen den sie gut von zu Hause her kennt!

Wir stellten dann bald das Trolling ein und ich wollte noch ein bisschen Grundfisch jagen. Vielleicht eine Scholle? Ich suchte nach einem sandigen Uferstreifen aber fand nur kiesige Straende. Mein Buttloeffel holperte ueber den griffigen Untergrund und ich hatte kein so gutes Gefuehl dabei. Ploetzlich wurde es aber schwer und irgendetwas musste am Haken haengen – kaempfte aber nicht. Kraut? Nee, eine richtig grosse Krabbe! Wow! Das gibt’s auch nicht haeufig am Haken. Ich wollte sie schnell ins Boot wuppen aber leider hing sie nicht am Haken sondern hatte sich nur festgekrallt. Sie liess augenblicklich los und taumelte in die Tiefe bevor ich irgendetwas machen konnte. Schade! Wenn mal bloss die Falle nicht leer blieb – wir hofften fest auf Krabbendinner heute!

Um Secretary Island herum pilkte ich noch etwas und ein paar Greenlings und ein paar kleine Felsenbarsche und ein Baby-Ling kamen kurz hoch. Einen der groesseren Greenlinge nahmen wir noch mit. Dann war es Zeit fuer die Heimfahrt. Gespannt zogen wir noch die Krabbenfalle ein – jawoll, da war eine ganze Ladung drin. Wir nahmen die 3 groessten und maennlichen und liessen den Rest wieder frei. Dinner war gerettet. Es war ein schoener Ausflug mit meiner Mutter. Eine sehr seltene Gelegenheit mit ihr Zeit auf einem Boot zu verbringen. Und die Beute konnte sich doch sehen lassen. An meiner Bissverwertungsquote muss ich aber noch arbeiten!

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Wieder ein toller Bericht, echt spannende Fischerei bei Dir.
Schön, dass ihr gemeinsam so einen Abgeltag hattet.
Gruß Uwe
 
10.6. 2022; Bamfield – Tag 1

Letztes Wochenende war nun also die erste Angeltour in 2022. Dabei war diese Tour nach Bamfield im Barkley Sound, an der Westkueste Vancouver Islands, gar nicht langfristig geplant gewesen wie sonst alle unsere Angeltouren. Jerrod, unser alter Angelfreund, der jetzt 2h noerdlich von Victoria wohnt, hatte neue Freunde gemacht und einer davon besass ein Wasserfronthaus mitten im Angelmekka Bamfield. Einst ueber AirBnB zu vermieten, gab es jetzt diese Unterkunft nur noch fuer Freunde und Familie; und Jerrod bekam es fuer letztes Wochenende. So lud er, Carl und seinen Sohn Max und mich mit Ricardo, zu sich selber und seinem Sohn Demario ein. 3 Papas mit ihren 3 Soehnen! Max war 12 und hatte eigentlich mit Angeln nichts am Hut. Aber Carl wollte es mal wieder versuchen und vielleicht sprang ja ein Funke ueber! Demario war 14 und interessiert am Angeln, aber anfaellig fuer Seekrankheit. Von einem gewissen Grad an Autismus betroffen, fielen ihm auch viele Dinge nicht so einfach wie anderen Jugendlichen in seinem Alter. Aber er ist ein total lieber Kerl der begeisterungsfaehig ist und auf den man sich voll verlassen kann.

Mein Boot war noch in der Werkstatt zur Durchsicht und so mussten wir fuer uns 6 Carls klapprige Jalopy neben Jerrods fein modifiziertem Boot mitnehmen. Jerrod hatte seinem 30 Jahre alten 6m Malibu Kajuetboot den anfaelligen Inbordmotor entnommen, einen Schwimmpod hinten anfertigen lassen und 2 nagelneue Suzukis drangehaengt. Was fuer ein Unterschied in Bezug auf Platz im Boot, Power und Verlaesslichkeit! Wir trafen uns Freitag frueh morgens in Nanaimo am Highway und fuhren dann zusammen unsere beiden vollgepackten Gespanne nach Port Alberni. Von dort ging es dann nur noch zu Wasser weiter – 1h Bootsfahrt, den Port Alberni Fjord hinaus zum Barkley Sound, an dessen Suedufer das kleine Angelnest Bamfield liegt. Nur ueber eine rauhe Schotterpist oder per Boot oder Wasserflugzeug zu erreichen, hat sich ein besonderer Charm in Bamfield erhalten; einer der sich sehr von dem der von Touristenmassen durchstroemten noerdlicheren Orten wie Tofino unterscheidet. In Bamfield ist alles auf’s Angeln ausgelegt.

Unsere Unterkunft war ein tolles Westkuesten-Stilhaus aus den 40ger oder 50ger Jahren, teils noch orginal, teils modernisiert. Mit eigenem Dock fuer 4-5 Boote, direkt am Boardwalk der das “Downtown-Ufer” in Bamfield miteinander vernetzt und verbindet. Das Haus war mit Eismaschine, Tiefkuehltruhe, grossem Schlachttisch am Dock und einem Vakuumverpacker perfekt fuer Angler ausgestattet. 3 Schlafzimmer mit 6 – notfalls bis 9 Betten, grosses Wohnzimmer und voll ausgestattete Kueche und Bad. Dazu eine tolle Rundumveranda mit Blick auf den Hafenfjord und Grill. Feine Sache, das wird nicht das letzte Mal unser Ferienheim sein!

Einmal angekommen, packten wir nur schnell unsere Sachen ins Haus und teilten uns dann zum Fischen auf die beiden Boote auf. Ich liess Ricardo bei Carl und Max und ging selber zu Jerrod und Demario auf’s Boot. Wir wollten Lachse jagen. Jerrod hatte schon seine Guide-Kumpels nach Informationen ausgequetscht und die Instruktionen waren: “nur um die Ecke herum, dicht am Grund, Squidimitate oder schlanke, kleine Blinker”. Graham, ein weiterer Victorianer, der mit Sohn und Freund zufaellig auch in Bamfield zum Angeln hier war, versuchte auf dem offenen Pazifik zu den ersten Offshorebaenken zu kommen – ueber Funk liess er uns wissen, dass das keinen Zweck hatte heute – hohe Duenung und Windwellen obendrauf; einfach zu rauh fuer Kleinboote. Nun gut, Benzinsparen ist auch keine schlechte Idee dieser Tage!



So fuhren wir nur 5 Minuten aus dem Bamfield Hafenfjord hinaus und schleppten fortan das linke Suedufer entlang. Jerrod montierte ein Plastiksquid mit Flasher, ich versuchte es mit einem schlanken 7cm Blinker. Jerrod hielt uns an der 40m Tiefenlinie und wir fischten praktisch am Grund. Es dauerte nicht lange und Jerrod hatte den ersten Anfasser. Ein kleiner Chinook um die 5 Pfund. Eigentlich hatten wir auf Grosslachs gehofft und so wollten wir unser Entnahmelimit nicht mit Kleinlachs belegen – so blieb diese Groessenklasse gleich im Wasser. Wir hatten nun regelmaessig, so alle 10 Minuten so einen kleineren Chinook oder die noch kleinere Shakergruppe am Haken. Es waren auch eine Menge Guideboote um uns herum weil es auch ihnen unmoeglich war heute offshore zu fischen. Wir sahen die Guides Chinooks weit unter 10 Pfund keschern. Das sagte uns, dass wohl nicht viel Groesseres zu haben war.

Jerrod hatte wohl den besseren Koeder gewaehlt, denn er hatte 3 Mal mehr Bisse als ich. Bald hatte er einen ziemlich sportlichen Fisch am Band und vielleicht wurde das unser erster Keeper. Ich raeumte gleich meine Rute ein und beide Downrigger, Demario steuerte inzwischen das Boot. Der Fisch schien schwer zu sein, kaempfte aber nicht wirklich, nahm kaum Schnur. Komisch. Als der Fisch dann das erste Mal paar Meter hinter dem Boot auftauchte, waren wir erst etwas enttaeuscht, aber wussten bald was los war; er hatte einen der zwei Einzelhaken am Kiemendeckel haengen und kam daher mit einem bloeden Winkel heran. Der Fisch drehte grosse Piroutten neben und hinter dem Boot – es dauerte einige Minuten bis wir den Fisch endlich im Boot hatten. Ein etwa 10 Pfuender, der ging mit!

Ein Boot neben uns bekam auch einen Biss an dieser Stellen und so fokusierten wir unsere Bemuehungen die naechsten 1-2 Stunden an diesem Kuestenanbschnitt. Ich wechselte inzwischen auch zu einem Squidimitat und fing ein paar Kleinlachse. Demario hatte auch ein paar Shaker am Band. Es fehlte an Qualitaet. Nach einer Weile wechselte ich wieder zum Blinker zurueck und liess zum Grund. Ich hatte gerade den Hebel am Downrigger losgelassen als die Rute herumruckelte und dann gleich ausloeste – das koennte etwas Besseres sein. Ich nahm die Rute auf, kurbelte auf Spannung und hieb an. Jawoll, da war Gewicht am anderen Ende. Ich erwartete jetzt eine lange Flucht, aber die kam nicht. Der Fisch sass einfach stur und schwer in der Tiefe und ich zog ihn langsam mit der reduzierten Schleppgeschwindigkeit. Vielleicht ein Butt? Grundnah genug angelten wir ja. Ich began zu pumpen und der Widersacher kam langsam aber sicher heran.

Wir starrten gebannt ins Wasser um den ersten Blick zuf den Fisch zu erhaschen. Bis auf ein paar widerwillige Kopfstoesse hatte ich nichts gemerkt. Nur schwer. Da, ein silberner Umriss tauchte 3-4m unter dem Boot auf – es war ein Lachs aber er verhielt sich sehr merkwuerdig. Er hatte wohl noch gar nicht gemerkt, dass er gehakt war. Und jetzt war er ganz guen und frisch an kurzer Leine am Boot; nicht ideal! Ich zog ihn hoch. Ich konnte den Blinker gar nicht sehen – er musste ihn voll inhaliert haben. Jerrod wartete mit dem Kescher aber hatte nun ploetzlich Angst wegen des noch heruashaengenden Downriggers und fummelte daran herum um ihn aus dem Weg zu rotieren. Das war aber der Moment wo er den Fisch haette keschern sollen – der Lachs stand ein oder zwei Sekunden still unter der Oberflaeche neben dem Boot. Als Jerrod dann endlich hinlangte, ging der Lachs schon wieder auf Tauchstation und jetzt richtig! Jetzt wurde er wach und tobte gerade hinunter und dann unter dem Boot durch. Ich steckte die Rute tief ins Wasser und fuehrte die Schnur hinter den Aussenbordern vorbei.

Dann hatte ich ihn augenblicklich wieder in Oberflaechennaehe aber auf der anderen Seite und bis Jerrod mit dem Kescher da ankam, war der Fisch wieder unter und gleich auch hinter dem Boot. Er schlug Schaum und waelzte sich, sprang halb und sausste dann wieder tief runter so das meine Rolle nur so kreischte. Wow, was fuer eine Kraft! Und dann ein haesslicher Ruck und der Widerstand war weg. Sch….! Wir schauten uns alle enttaeuscht an. Als ich einholte, sahen wir das der Blinker weg war. Weil der Fisch den Blinker so tief geschluckt hatte, rieb sich das Vorfach an den scharfen Zaehnen durch. Sehr aergerlich. Der hatte mindestens 15 Pfund gehabt, meinten Jerrod und ich eintraechtlich. Wir angelten noch eine Weile weiter und fingen noch ein paar kleinere. Jerrod haette fast noch einen etwa 7 Pfuender mitgenommen aber dann doch Gnade walten lassen. Da musste doch noch was Groesseres kommen.

Nun ja, es kam – aber in der Form groesserer Wellen. Als die Ebbe entgegen des Westwindes stroemte, bauten sich die Wellen im Sound auf. Es wurde richtig ungemuetlich und Demario wurde seekrank. Armer Kerl, dachte ich, ich weiss wie miserabel sich das anfuehlt. Wir brachen danach ab. Als wir gerade losfuhren, ueberhoerten wir einen Funkspruch von 2 Booten die gerade eine Baerenmutter mit Baby am Strand beobachteten. Ich fragte Demario ob er sich das gerne mal ansehen wollte und er war begeistert und vergass sogar seinen Zustand fuer einen Moment. Bald machten wir aus welcher Strand gemeint war und Jerrod fuhr uns dicht unter Land. Da waren die beiden Teddybaeren; Mutter wuehlte nach Futter suchend unter Steinen und Baumstaemmen am Kiesstrand waehrend das kleine Fellknaeuel ueberall herumtollte. Es konnte nur ein paar Wochen alt sein. Wir schauten den beiden eine ganze Weile zu und Mamabaer aeugte hin und wieder mal warnend herueber. Carl brachte die Jalopy auch noch hierher um Max das Duo zu zeigen. Aber dann liessen wir die beiden in Ruhe und fuhren zum Haus zurueck. Als wir an den Bamfield Haeusern vorbeischipperten, zeigte Demario ploetzlich auf: am Ufer zwischen den Haeusern tummelte sich ein grosser Schwarzbaer am Ufer entlang. Bestimmt der Papa der kleinen Familie. Mitten im Ort! Also ja kein Essen oder Muell draussen lassen!

Jerrod war der Einzige der was zu filetieren hatte. Die Jalopy Crew hatte auch nichts ueber 5 oder 6 Pfund gefangen und alles wieder freigelassen. Hm, das wuerde wohl schwieriger als gedacht. Wir waren uns auch einig, dass wir eine Menge Fehlbisse verbucht hatten und einige Fische von aussen gehakt waren. Ein Zeichen, dass die Lachse nicht richtig bissen und nur mit den Koedern spielten.

Abends liefen wir den Bordwalk die 10 Minuten bis zum Government Dock und versuchten Squids zu pilken. Wir hatten uns dafuer extra die Squidpilker in Glow-Farben gekauft. Angeblich waren in der vergangenen Woche eine Menge Squids direkt im Hafen und man konnte sie unter den Docklaternen im Dunkeln gut fangen. Frische, selbstgefangen Kalamari – das waere doch mal was! Leider schien kein Squid mehr im Hafenfjord zu sein – Graham und seine Crew versuchten es vom Boot aus und bekamen auch nichts. Schade. Dann war Abendbrotzeit!

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11.6. 2022; Bamfield – Tag 2

Auch wenn der erste Abend nicht gar zu lang wurde denn wir waren alle ziemlich erschoepft, kamen einige von uns nichts so zeitig wie geplant aus der Koje. Jerrod, der von seiner Arbeit fruehes Aufstehen gewohnt war, gab irgendwann um 6:00 Uhr auf und fuhr mit Demario alleine raus. Die Japopy war nicht vor 7:30 Uhr einsatzfaehig. So waren wir heute morgen zu viert auf der Jalopy waehrend das andere Boot nur 2 Angler hatte. Max schien aber nicht allzu grosse Ambitionen zum Morgenangeln zu haben und verschwand sofort in der Bootskoje. So bedienten Ricardo und ich die beiden Schleppruten auf der Jalopy.

Jerrod fischte wie schon am Tag zuvor nur um die Ecke herum. Carl hatte einen Tipp zu den aeusseren Schaeren erhalten. Und dort dampften wir nun hin. Je weiter wir dem offenen Meer entgegen kamen, desto rauer wurde es. Die Passage die Carl im Auge hatte stellte sich als unbefischbar bei diesem Wind raus – dort herrschten Bedingungen wie in einer Waschmaschine. So drehte Carl ab und fuhr uns in den Windschatten der ersten Inselgruppe. Es war zwar auch hier nicht ruhig aber fischbar; besonders als wir mit den Wellen schleppten. Ricardo hatte einen Squidkoeder und ich einen kleinen Blinker. Es war hier nur so 20-30m tief. Da ruckte das erste Mal Ricardo’s Rute los. Er brachte einen Shaker zum Boot und hakte ihn ab. Wir schauten uns nach Max um – normalerweise wechselt man sich beim Schleppangeln ab – aber dem ging es nicht so toll und er winkte ab. So setzte Ricardo seine Rute wieder ein. Keine 5 Minuten spaeter riss es einmal hart an seiner Rute und sie schnappte sofort zurueck – der Downriggerclip hatte direkt ausgeloest. Das musste was Besseres sein!

Er hatte sofort ein ordentliches Gegengewicht und verlor gleich ein paar Meter Schnur. Dann kam der Fisch auf das Boot zu geschossen und Ricardo legte sich in die Kurbel. Gut abgefangen. Dann zog er wieder erbarmungslos ab – ich holte jetzt meine Rute ein um keinen Schnursalat bei der Landung zu riskieren. Aber soweit waren wir noch nicht. Man sah die Rutenspitze wild rucken – das war ein Zeichen fuer heftiges Kopfschuetteln unter Wasser und fuehrt oft zum Fischverlust – ich dachte es gerade und mit einem Fluch begleitet kurbelte Ricardo ploetzlich wie ein Verrueckter - aber der Widerstand war weg. Mist! Wie schon meiner gestern!

Max hing mit dem Gesicht ueber der Reling und war zum Auswurf bereit. Der Arme! Carl schleppte uns weiter hinter die Inseln in ruhigere Gefilde. Eine Runde zur Bisstelle zurueck traute er sich nicht im Anbetracht Max’s Zustandes. Ricardo und ich fingen noch eine Handvoll kleiner Chinooks die wieder schwimmen durften. Dann loeste meine Rute ploetzlich aus und ich war sofort dabei. “Jawoll! Das ist was Groesseres!”, meinte ich. Carl drehte den Motor etwas zurueck als er wahrnahm wie der Fisch abzog. Da steckte Anschub dahinter, alle Achtung. Als der Moment kam, wo der Fisch stoppte, gab ich Gas um die Spannung zu halten, aber es gab einen Ruck und ich fuehlte nichts mehr. Die Wut kroch in mir hoch. Schon der 3. Grosslachs, den wir verloren – 2 bei mir alleine! Was sind den das fuer Sch…fische!

Carl lachte vor sich hin, Ricardo verstand mich und schuettelte auch nur den Kopf. Ich ueberliess meinen Platz Carl und steuerte das Boot eine Weile um abzukuehlen – eigentlich um mich im Boot etwas aufzuwaermen. Ich drehte diesmal eine grosse Schleife um die Bisstelle aber es passierte nichts mehr. Max hatte sich zwar nicht uebergeben, bettelte aber am Hause abgesetzt zu werden. So packten wir erstmal ein und fuhren zurueck nach Bamfield. Jerrod hatte 2 kleinere Chinooks so zwischen 6 und 8 Pfund behalten und wir sahen ihm gerade noch zu wie er den 2. einsackte. Er kam dann auch mit zum Haus – kurze Mittagspause.

Kurze Zeit spaeter liefen Jerrod, Ricardo und ich wieder aus zum weiteren Lachsangeln. Carl hatte den Juengeren ein bisschen Pilken versprochen – immer die interessantere Angelmethode fuer Jungangler. Wir schleppten die Kueste um die Ecke den ganzen Nachmittag hoch und runter und hatten nur ein paar Shaker fuer die ganze Muehe. Auch die Guides, den wir begegneten, hatten nichts oder fast nichts an Bord. Graham, der andere Victorianer hatte wohl mehr Glueck heute beim Lingcod pilken. Vielleicht waere das die bessere Variante gewesen!? Jedenfalls schien auf der Jalopy mehr los zu sein. Die fingen jede Menge Grundfisch und Max sogar einen 8 pfuendigen Chinook auf Pilker. Als wir zurueck waren, stand er stolz am Schlachtisch und filetierte den Lachs sehr fein unter der Anleitung seines Vaters. Schau mal einer an, dass interessiert ihn mehr als das Angeln selber!

Nach dem Abendbrot putzte Jerrod sein Boot und Demario half ihm dabei. Ich schaute mal mit einem Bier vorbei und Jerrod zeigte ploetzlich zur Kanadaflagge vor dem Nachbarhaus – fast windstill. Er meinte es waere eine Schande so einen Abend an Land zu verbringen – es blieb ja noch bis 21:30 Uhr hell. Ich sagte ich waere bereit und schwupps sprang ich an Bord und wir legten ab ohne den Anderen Bescheid zu sagen. Ups…

Wieder nur um die Ecke herum; dort schleppten vielleicht noch 4 andere Boote inclusive Graham. Er hatte auch noch keinen ordentlichen Lachs heute gefangen. Demario war nun schon ein Experte am Geraet und so musste Jerrod nur steuern. Er fuhr die 40m Kontour entlang und wir fischten beide weisse Squids am Grund. Dann versuchte Demario mal um die 35 m und bekam sofort einen Biss. Kein Winzling aber auch kein Riese. Unter 10 Pfund aber Demario war richtig stolz darauf. Kaum hatte er seinen Koeder wieder bei 35m Tiefe platziert, wieder ein Biss. Der schien vielleicht noch eine Ecke groesser aber Demario verlor ihn. Waehrend er sein Geraet neu einsetzte, holte ich meinen Koeder auf 33m hoch. Ich setzte mich gerade hin als Demario und Jerrod gleichzeitig aufriefen und herumfuchtelten. Ich drehte mich um und sah meine Rute ausloesen und dann auf Tauchstation zu gehen. Oha, ein Guter!

Als ich die Rute in der Hand hielt, hieb ich nochmal kraeftig an und das wurde gleich mit einem rasenden Zug quittiert. Die Rolle sang nur so. “Bitte, bitte… bleib’ dran dieses Mal!” dachte ich nur. Ich war richtig nervoes, als gelte es ein Preisderby zu gewinnen. Der Lachs nahm eine Menge Schnur – aber das war gut so, so tobte er sich in der Ferne und Tiefe aus; es waren keine stoerende Boote in der Naehe, wir waren nicht direkt am Ufer und hatten alle Zeit der Welt. Wenn nur der Haken festhing! Nach 2 langen Fluchten gewann ich nun langsam Schnur zurueck. 20m hinter dem Boot begann der Fisch zu bocken und den Kopf zu schuetteln. “Nein, nicht das!” Graham sah unseren Kampf und kam vorbei um uns anzufeuern und ein paar Fotos zu schiessen. Ich setzte jetzt alles auf eine Karte und zog den Fisch hart ans Boot. Jerrod war mit dem Kescher bereit aber nochmal buechste der Fisch aus und schwamm halb unter das Boot und auf der anderen Seite wieder heraus. Ich fuehrte die Schnur hinten um die Motoren herum und zog den Fisch auf anderen Bootsseite wieder zur Oberflaeche. Jerrod langte zu und sackte ihn ein. Ein dreistimmiger Siegesruf erhallte und Graham und seine Crew jaulten zurueck. Feiner Fisch. Knapp 20 Pfund schaetzten wir. Endlich! Es ging also doch! Der Haken sass ganz knapp im Maulrand. Die Kerle frassen einfach nicht richtig!

Aber vielleicht ging noch mehr? Ich ging jetzt ans Steuer – ich war fertig fuer heute Abend. Jerrod und Demario machten ihre Ruten klar. 10 Minuten spaeter zog Demario’s Rute ab und auch er war an einem guten Fisch. Der zog auch gleich Leine und Demario hatte Probleme zwischen dem Rolleloslassen und dann wieder Kurbeln. Da wurde seine Behinderung deutlich und Jerrod musste ihm helfen die Rute zu halten. Es war ein wildes Durcheinander da hinten im Boot – aber es blieb friedlich und Jerrod blieb unendlich geduldig mit seinem Sohn. Demario schwankte zwischen freudig aufjauchzen und schmerzhaft aufjaulen wenn ihm mal wieder die Rollenkurbel auf die Finger pruegelte. Irgendwann ging der Fisch verloren, leider. Ich haette es Demario so gegoennt. Aber er hatte mal gefuehlt wie sich ein richtiger Fisch anfuehlt und er war nun heiss auf den naechsten Drill! Nach diesem Biss war der Spuk aber auf einmal vorbei. Kein Biss mehr. Auch bei Graham tat sich nichts mehr. War der Lachsschwarm einfach weitergezogen und weg oder hielten die Lachse nun ploetzlich ihr Maul geschlossen? Keine Ahnung. Lachse sind eben unergruendliche Geschoepfe.

Als wir nun so die letzten Minuten des Tageslichtes vor den Klippen der Hafeneinfahrt entlangtuckerten, machte uns Demario auf etwas aufmerksam. Ein weiteres Boot schaukelte dicht vor dem Ufer an den Klippen und es schienen ein Mann und eine Frau darauf zu pilken. Der Mann stand mit einer total gebogenen Rute auf der einen Seite. Demario meinte er haette gerade einen kraeftigen Anschlag gesetzt und seit dem war die Rute krumm – und ich meine richtig krumm! Jerrod meinte vielleicht ein Haenger? Offensichtlich pilkten die beiden dort auf Lingcod oder Felsenbarsch. Aber so viel Widerstand? Jerrod fuhr etwas dichter ran. Wir sahen die Rute kraeftig wippen. Das war Fisch und kein Haenger! Ein grosser Chinook? Wir schleppten 10 oder 15 Minuten weiter in der Gegend und behielten das Boot im Auge. Es schien jetzt als ob die beiden einen Landungsversuch auf der anderen Bootsseite unternahmen aber wir sahen die Frau den Kescher wieder wegstecken und den Mann wild herumfuchteln.” Da muss wohl was schief gegangen sein”, dachten wir laut. Was das wohl war? Aber der Fisch war wohl noch dran denn der Mann ging wieder in Drillstellung. Etwas spaeter sahen wir wieder Aktivitaeten auf der anderen Bootsseite und diesmal hoerte man laute Freudenschreie.

Wir packten gerade unser Geraet ein und so fuhr Jerrod am anderen Boot dicht vorbei. Ich rief fragend herueber und der Mann hievte strahlend einen grossen Butt hoch. Fantastisch! Und nur an einem kleinen Pilker im flachen Klippenwasser. Wer haette das gedacht? Spaeter bekam Jerrod ein Foto zugesendet – er kennt den Lodgemanager wo das erfolgreiche Angelpaerchen uebernachtete. Ungefaehr 60 Pfund. Petri Heil!

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Vielen Dank für den tollen Bericht und die schönen Bilder.
 
12.6. 2022; Bamfield – Tag 3

Unser 3. Tag ist schnell erzaehlt weil es nur noch ein kurzer Morgen war. Um 11:00 Uhr wollten wir aus unserem Haus raus sein und dann die Rueckfahrt durch den Port Alberni Canal (Fjord) antreten in welchem es um Mittag herum oft zu starken Foenwinden und dadurch zu ungemuetlichem Wellengang kam. Ricardo und ich gingen nochmal mit auf die Jalopy denn Carl hatte Max nochmal ein bisschen Pilken versprochen. Auch mir machte diese Angelei viel Spass. Jerrod war nochmal auf Lachs aus.

Carl fuhr uns an ein paar nahe felsige Untiefen und dort fingen wir eine Menge Grundfische. Ricardo und ich hatten 2 -3 bessere Schollen die man haette mitnehmen koennen aber sonst gab es nur kleinere Lingcods und Felsenbarsche. Einer meiner Lings hatte fast das Mass von 60 cm – aber eben nur fast. Es war kurzweilig und brachte einige gute Lacher. Wie immer war mein Grosser mal wieder fuer absurde Faenge gut. Er brachte einmal ein “Ding” vom Meeresgrund das ich sofort als “Otterhoden” erkannte. Max lachte sich kaputt und Ricardo und ich hatten unseren Spass damit. Die letzten 500m zum Haus zurueck packten wir nochmal die Schleppruten aus und Carl hatte doch tatsaechlich noch einen guten Biss. Und der Fisch musste ordentlich Gewicht haben!

Ich drosselte etwas den Motor und fuhr sogar langsam auf den Fisch zu da Carl kaum Schnur gewinnen konnte. Richtig Schnur nahm der Fisch aber nicht – nur sauschwer. Was war denn das? Waehrend wir schon still auf eine Buttueberraschung hofften, durchbrach der Fisch dann bald die Oberflaeche und wir konnten erkennen was Sache war: er hatte einen mittleren Lachs irgendwie an der Seite gehakt. Kein Wunder das das schwer ging! Wie schon erwaehnt, stellten wir mal wieder fest, dass die Lachse nur mit den Koeder spielten und dann oft komisch gehakt wurden. Der Haken hielt aber und Carl fing so noch einen Letztesekundenfisch den Max dann wieder schoen filetierte. Dann ging es heimwaerts durch den schon wieder augewuehlten Fjord zurueck nach Port Alberni. Barkley Sound, Vancouver Island, ist immer fuer ein Abenteuer gut!

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26.7. 2022; Malcolm Island, Tag 1

Die 3. Angeltour dieses Jahr stand letzte Woche an – unser jaehrlicher Trip nach Malcolm Island, ca. 6h noerdlich von Victoria, an der nordoestlichen Seite von Vancouver Island gelegen. Seit vielen Jahren machen Dave und ich diesen Trip und normalerweise haben wir einen meiner Jungs dabei. Dieses Jahr war ein bisschen anders da beide meiner Soehne so langsam ihrer eigenen Wege gehen und zufaelligerweise beide diesen Sommer in Deutschland verweilten. So war es nur Dave und ich – wie ein altes Angelehepaar. Wir hatten noch ueberlegt einen anderen Angelfreund dazu einzuladen aber hatten davon letztendlich abgesehen. Malcolm Island ist schon etwas Besonderes und nichts fuer jedermann. Diese Insel wurde vor ueber hundert Jahren von einer finnischen Siedergruppe besiedelt, die die einheimischen Indianer verdraengt hatten. Wahrscheinlich eine der vielen seltsamen religoesen Sekten die ihre Eigenheiten und Kulte fuer sich und weg von jeglicher institutionellen Bevormundung ausleben wollten. Jahrzehntelang blieben diese Siedler fuer sich abgeschieden und lebten von Fischfang, Bootsbau und Forstwirtschaft. Bis heute wollen die Malcolmer nicht wirklich viel mit der Aussenwelt zu tun haben; es gibt kaum touristische Infrastructur; kein Hotel oder Motel, nur einen kleineren Wildnis-Campingplatz. Kein Restaurant oder Pub und die einzige Marina in Sointula (800 Pop.) bietet Fremden nicht so ohne Weiteres Liegeplaetze an. Es gibt keine grossen Stores oder Shoppingplaetze und keinerlei Touristenattraktionen. Die Leute sind sehr alternativ-hippy-maessig angehaucht. Wirklich ein seltsamer Platz!

Aber die Natur ringsherum ist ueberwaeltigend schoen! Das 360 Grad Bergpanorama; auf der oestlichen Seite zum gewaltigen Kuestengebirge auf dem Festland hin und nach Westen das alpine Gebiet auf Vancouver Island. Dann umgeben von der Queen Charlotte Strait – wohl eines der produktivsten Binnenmeere an der Pazifikkueste. Es liegt geschuetzt hinter Vancouver Island und somit ohne Duenung, aber durch die Meeresengen trotzdem dicht verbunden mit dem offenen Pazifik, so dass die volle Artenfuelle des Pazifiks hier hereinkommt. Die wilden Gezeitenstroemungen durch die angrenzenden Meeresengen verlangsamen sich in dem grossen Becken der Queen Charlotte Strait und dadurch sammelt und setzt sich da allerlei Futter ab in diesem riesigen Sammelbecken. Schaltet man den Bootsmotor aus, vergeht keine Minute in der man nicht in irgendeiner, und oft aus mehreren Richtungen, das Schnaufen und Prusten von einer Vielfalt an Meeressaeugern hoert. Wenn das Meer ruhig ist, sieht man ueberall Walfontaenen aufsteigen und frueher oder spaeter kommt man an Orcas, Buckelwalen, Definen, Seelowen, Robben und Seeottern vorbei – ohne wirklich danach zu suchen.

Und natuerlich lieben auch die Fische diese angeschwemmte Futtervielfalt! Alle 5 pazifischen Lachsarten schwimmen durch die Strait an beiden Seiten von Malcolm Island vorbei, auf dem Weg zu ihren Heimatfluessen nah und fern im Sueden. Heilbutte sind zahlreich vorhanden und an den Felsriffen allerlei Lingcods und Felsenbarscharten. Hier hat man die volle Palette des offenen Pazifik ohne die rauen Offshore-Bedingungen. Viele Paddler, Segler und Booter kosten das aus. Angler zieht es auch hierher aber die ungastlichen Bedingungen auf Malcolm Island halten die Zahl der Angler um Malcolm Island begrenzt. Einige kommen von Port McNeill oder Telegraph Cove von Vancouver Island aber bis zur noerdlichen Seite von Malcolm ist das schon eine gute Stunde Fahrt und bei heutigen Spritpreisen fuer viele Abschrenkung genug. Dave und ich sind darueber nicht boese denn der begrenzte Anglerverkehr ist sicherlich schoen fuer die paar die die Moeglichkeit haben auf Malcolm Island zu gastieren. Daves Frau wuchs auf Malcolm Island auf und dadurch hatte Dave Beziehungen zur lokalen Szene. Wir wohnten wie schon seit Jahren in einer kleinen Suite bei einem aelteren Paar – Frank und Donna – die diese Suite ein paar Mal im Jahr vermieteten. Am liebsten nur an Leute die sie kennen. Die beiden kuemmerten sich wie immer ruehrend um uns. Frank hatte fuer Angler wie uns eine funktionale Schlachtbank in seinem Garten gebaut. Ausserdem hatten sie grosse Gefrierkapazitaeten und Vaccumverpackgeraete. Fuer einen Liegeplatz an der Government Wharf sorgte Frank auch – die 6 oder 7 vorhandenen Kleinbootsliegeplaetze waren restlos mit einheimischen Booten belegt – das ganze Jahr. Fremde haben hier keine Chance in Mitchell Bay ueber Nacht am Dock zu bleiben. Aber Frank zieht jedes Mal wenn wir kommen sein Boot heraus oder vertaeut es an seinem Nachbars Boot und macht so fuer unser Boot Platz. Nur mit dieser Art Arrangements mit Einheimischen kann man hier auf Malcolm Island Urlaub machen. Eine einzige Ausnahme gibt es fuer Angler – Malcolm Island hat eine Fishing Lodge – die fruehere Sunds Lodge – jetzt Sointula Lodge genannt. Ueber diese bin ich ueberhaupt erst vor 12 Jahren das erste Mal hierhergekommen. Ein feines Konzept mit vollem Verwoehnprogramm hatte die alte Sunds Lodge mir damals geboten. Ich weiss nicht genau ob das neue Management unter neuem Namen etwas gross veraendert hat, aber wer das Geld fuer so einen Trip hatte, bekam viel Fisch und Komfort fuer sein Geld geboten und eine fast schon einmalige Gelegenheit diese Gegend hier zu befischen.

Unser erster Tag war praktisch nur die Anreise. Wir liessen das Boot in Alder Bay auf Vancouver Island ins Meer und waehrend Dave mit dem Truck auf die Faehre ging, schipperte ich das Boot nach Mitchell Bay. Das Wasser war spiegelglatt und da Dave etwa 2h bis zur Unterkunft brauchen wuerde, konnte ich mir mit der Ueberfahrt Zeit lassen. Am besten geht das mit Ruten im Wasser. Als ich die Haelfte der Strecke hinter mir hatte, setzte ich eine Blinker und eine Shrimprute an den beiden Downriggern ein und schleppte praktisch bis vor den Dock in Mitchell Bay. Es dauerte nicht lange und die erste Rute wippte wild los! Klasse! Ein feister unmarkierter Coho kam ans Boot. Hier durfte man 1 unmarkierten und 1 markierten Coho pro Tag behalten. Aber ich beschloss heute noch kein Schlachtfest anzufangen. Und als ob die Fische das gehoert haetten, stuerzten sie sich nun regelmaessig auf die Koeder. Ich fing noch einen Coho und einen Pink und verlor noch ein paar in den Drills. Was fuer ein Spass. Die Bisse kamen noch haeufiger je dichter ich zum Dock in Mitchell Bay kam. Es sprangen auch etliche Lachse voll aus dem Wasser in der Bucht. Hier musste ja was los sein im Wasser – die Bucht wimmelte nur so von Pinks (Buckellachsen) und Cohos.

Dave erwartete mich schon und dann bezogen wir erstmal unser Quartier. Bis wir uns eingerichtet hatten und mit unseren Vermietern noch ausfuerhrlich gequatscht hatten, war es schon zu dunkel geworden fuer eine Nachtausfahrt. Dafuer wuchs die Vorfreude auf morgen! Es sollte windstill werden und Frank erzaehlte von grossen Mengen an Pinks und Cohos. Wir hofften aber auch auf ein paar grosse Chinooks!

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28.7. 2022; Malcolm Island, Tag 2

Der erste richtige Angeltag wurde mit Ungeduld erwartet. Man wird eben doch immer wieder zum Kind wenn es um’s Angeln geht. Wir rauschten 5:00 Uhr aus den Betten und fruehstueckten noch im Halbdunkeln. Sobald es sicher war loszufahren, legten wir vom Dock ab. Das Meer war spiegelglatt und kein Nebel behinderte die schnelle Fahrt. Nur auf riesige Teppiche von Treibgut mussten wir aufpassen – an den Gezeitenlinien wo sich die Stroemungen brachen, dort sammelte sich allerlei inklusive Baumstaemme und Holzstuecke die vor allem einem Glasfiberboot gefaehrlich werden konnten.

Wir wollten zum sagenumwobenen Black Bluff, einer meiner Happy Places, wo wir schon Sternstunden erlebt hatten. Eine Bucht mit vorgelagertem Kelpguertel die oft gute Lachsrudel beherbergte. Und keine Falte auf dem Wasser. Auch kein anderes Boot in Sicht. Traumhaft. Wir bereiteten unsere Koederfischsystem vor und setzten sie auf unsere bevorzugten Tiefen ein und dann steuerte uns Dave das erste Mal dicht an der Krautkante vorbei. Nichts. Schade, das roch doch foermlich nach Fisch! Wir zogen noch ein paar Runden mal flacher und mal tiefer durch die Bucht. Bald experimentierte ich mit dem Koeder direkt auf dem Grund. Irgendwo mussten die Kerle doch stecken! Das Echolot zeigte uns hin und wieder mal verheissungsvolle Signale aber die wollten einfach nicht zupacken.

Nachdem uns Dave einmal fast auf das Riff neben dem Krautguertel gefahren hatte, fuhren wir etwas weiter draussen bei 40m Wassertiefe entlang. Ich hatte meinen Koeder in 27m angeboten und ploetzlich ruckte es hart und loeste die Rute auch gleich aus. Wie von der Tarantel gestochen stuerzte ich zur Rute, riss sie aus dem Halter und ruckte an. Etwas Schweres war zu spueren. Aber noch passierte nichts. Ich hing mich rein und kurbelte den Gegner ein paar Meter heran. Dann musste der Fisch wohl aufgewacht sein denn ploetzlich zog sich die Rute lang und langsam zog es Schnur von der Rolle – immer schneller bis die Rolle nur so saussten. Na also, ein richtiger Fisch! Dave raeumte schnell das Deck und seine Rute weg. Nach der ersten Flucht bekam ich eine Menge Schnur zurueck aber wir bekamen den Fisch noch nicht zu sehen bevor er zum zweiten Mal ansetzte. Diese Flucht war aber schon etwas kuerzer und als er stehenblieb, konnte ich Druck machen und den Fisch drehen und Richtung Boot zerren. Dann sahen wir einen breiten Ruecken noch tief hinter dem Boot auftauchen – immer wieder einer meiner Lieblingsmomente beim Lachsangeln.

Aber der Kampf war noch nicht vorbei! Ein paar Mal sausste der Fisch noch in die Tiefe und einmal musste ich die Schnur hinter und unter den Motoren durchfischen um dem Fisch auf die andere Bootsseite zu bringen. Dave stand ungeduldig mit dem Kescher bereit. Fast waere der Lachs beim ersten Kescherversuch nochmal aus dem Netz herausgekommen aber Dave fasste nach und hievte den Fisch endlich ins Boot. Klasse! Ein schoener Anfang. Der war bestimmt 20 Pfund schwer. Das Black Bluff hatte mal wieder zugeschlagen! Schnell wurde der Fisch versorgt und verpackt und bald schleppten wir weiter. Dave hatte nun natuerlich auch auf das Purple Haze Kombo gewechselt! Wir wunderten uns das hier am Black Bluff scheinbar keine der Pinks oder Cohos da waren. Hier konnte man heute morgen “unbelaestigt” auf grosse Chinooks angeln. Wir hatten das noch nicht fertig diskutiert da rappelte meine Rute wild los. Noch bevor ich die Rute richtig in der Hand hatte sprang ein mittlerer Lachs 30m hinter dem Boot.

Ja, das war mein Fisch! Der wollte sich wohl seinen Widersacher erstmal genauer ansehen! Es war zwar kein langwieriger Drill wie mit einem grossen Chinook aber dieser Coho verkaufte sein Leben teuer. Er sprang paar Male und sausste im Affenzahn hin und her. Aber bald hatte ich ihn am Boot. Der hatte gut 6-7 Pfund. War aber ein Unmarkierter von welchen jeder von uns nur einen pro Tag und insgesamt 2 pro Trip mitnehmen durften. Der hier hatte den Drilling recht tief im Maul und so beschloss ich ihn mitzunehmen. Viel groessere Cohos erwarteten wir Ende Juli nicht zu fangen.

Zehn Minuten spaeter das gleiche Spiel nochmal – wieder an meiner Rute. Und der Coho war sogar schon knapp 8 Pfund und ging auch mit – diesmal auf Daves Lizenz denn er schien ja heute keine Fische fangen zu koennen; so zog ich ihn halt auf. Der Trost wenigstens einen Fisch fuer sich in der Box zu haben schien etwas zu wirken aber er war schon etwas angefressen, dass er noch keinen Biss gehabt hatte waehrend ich die Fischkiste fuellte. Er fischte jetzt exakt meine Tiefe waehrend er ueber der Fangstelle kreiste.

Um nicht 2 Ruten auf der gleichen Tiefe zu fischen, ging ich weiter runter bis auf 35m – kurz ueber Grund. Ich goennte mir erstmal ein Brot und kaute gerade gemuetlich und genoss die Gegend als ich ein bekanntes Geraeusch hoerte – meine Rollenknarre! Ein Blick zurueck zur Rute und die war horizontal zurueckgerissen und gab schwer Schnur frei. “Mein Gott, man kann ja nichtmal Luftholen!”, meinte ich lachend in Richtung des deprimierten Daves. Diesmal war wieder was Groesseres dran und der Fisch zog ordentlich ab. Dann wurde die Schnur flacher und der Fisch sprang – er sprang tatsaechlich trotz Flasher 3 oder 4 Mal komplett und mindestens einen Meter aus dem Wasser heraus so dass es da draussen auf dem stillen Wasser nur so toste. Das war kein typisches Chinookverhalten und ich johlte vor Freude dazu. Das hat mal wirklich selten, dass so ein groesserer Chinook akrobatisch wird. Nach einigem beherzten Hin und Her brachte ich den Brocken zum Boot und Dave sackte ihn ein. Der hatte vielleicht 15-16 Pfund auf den Rippen. Auch nicht schlecht!

Dave schuettelte nur den Kopf und machte still und besiegt sein Geraet wieder fertig. Ich erinnerte ihn, dass das oft so war auf unseren Trips, dass einer an einem Tag heiss lief und dann am naechsten Tag der Andere. Mit 2 Chinook und 2 Cohos waren wir beide ausgereizt mit diesen beiden Arten. Ich hatte mein und Daves Limit alleine gefangen! Das Black Bluff war wiedermal gut zu mir gewesen! Aber jetzt blieben die Bisse aus obwohl wir es noch ca. 2h versuchten. Dann packten wir ein und fuhren zum Lizard Point und der Slide Stelle. Wir schleppten da eine Weile weiter umgeben von einer Menge anderer Boote. Waehrend Dave nun den einen oder anderen Pink und Coho hakte, versuchte ich es direkt auf dem Grund auf Heilbutt. Aber auch da fanden die Pinks und Coho noch meinen Koederfisch. Hier auf dieser Inselseite standen diese Schwarmlachse dick und dicht. Dave nahm noch 2 oder 3 fette Pinks mit. Da in einem geraden Jahr kein Buckellachsaufstieg im grossen Fraser River stattfand, mussten diese Pinks ins Knight Inlet ziehen. Das musste ein sehr gutes Pinkjahr fuer dieses Inlet sein und die Pinks waren dick und fett und zeugten von guten Aufwuchsbedingungen. Spaeter erzaehlte mir Frank, dass die Anti-Fischfarmaktivisten schon jubelten und behaupteten, dass der letztjaehrige Bann von Netzgehegen-Lachsfarmen in dieser Gegend der Grund des fantastischen Pinkaufkommens waere. Waehrend ich persoenlich den Fischfarmbann auch begruesse, kann ich mir aber kaum vorstellen, dass diese letztjaehrige Massnahme schon so schnell so gravierenden Erfolg gehabt haben soll. Aber wer weiss – ich freue mich jedenfalls ueber jeden gute Nachricht dieser Tage!

Um etwa 15:00 Uhr packten wir ein – ich hochzufrieden, Dave etwas nachdenklich ob seiner suboptimalen Vorstellung.

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