10.6.2018; Victoria
Nach der Ankuedigung der Angelbeschraenkungen fuer 2018, vom Fischereiministerium in Ottawa festgelegt, setzt nun bei uns allen langsam Ernuechterung ein. Wiedereinmal ist die Sportfischerei unfair ins Fadenkreuz des politischen Aktionismus geraten und fuer den schlechten Zustand der nordpazifischen Lachsbestaende und fuer die unterernaehrten lachsfressenden Orcas bestraft worden. Zwei Drittel der hiessigen Juan de Fuca Strait sind fuer die Angelei komplett geschlossen worden und an vielen Strecken der Kueste bis hoch nach Alaska darf nur noch 1 Chinook behalten werden. Der Skeena und Fraser River bleiben zumindest die erste Haelfte der Saison fuer Lachsangelei komplett geschlossen und auch in den Muendungsgebieten beider Fluesse darf nicht mehr geangelt werden. Unsere Lobbygruppen haben lange vergeblich versucht darzulegen, dass die Angelei ein solch kleiner Einfluss auf die Bestaende hat, dass ohne Massnahmen an den wirklichen Ursachen fuer die Lachseinbrueche, keine Verbesserung erwartet werden kann. Bis jetzt traf man in Ottawa auf verschlossene Ohren. Die Angelei zu beschraenken geht schnell, kostet erstmal nichts und sieht in der Oeffentlichkeit nach was aus. Das fuer eine insgesamt unbedeutende prozentuale Einsparung eine ganze Lebenskultur und nationale Tradition an den Rand des Untergangs gebracht wird, von vielen Jobs und Einkommen vor allem in kleinen Kuestenkommunen ganz abgesehen, ohne Aussicht auf Besserung, ist eine Tragoedie. Ich habe kuerzlich einem Fischereiministeriums Gesandten noch eine andere Botschaft mit nach Ottawa gegeben, etwas was ihn scheinbar sehr ueberrascht hatte, naemlich, dass die meisten Lachsbestandsaufbau- oder stuetzprojekte, die meisten Flussrehabilitationsprojekte und viele Gewaesserreinigungsprojekte ohne Angler einfach nicht stattfinden wuerden, ohne deren endlosen Freiwilligenstunden oder finanzielle Unterstuetzung. Und was fuer eine Motivation ist das fuer diese fleissigen Angler weiter Schweiss und Aufwand in diese Fisch-und gewaesserprojekte reinzustecken wenn sie die ersten sind die dann wieder ungerechtfertigt ueber die Klinge springen muessen und ihr Hobby nicht mehr ausueben koennen!
Nun, ganz verzichten muessen wir hier vor Victoria noch nicht; noch koennen wir zwei markierte Chinooks pro Tag behalten und ab August dann auch unmarkierte. Fuer mich ist die Hauptsache, dass ich ueberhaupt noch Angeln gehen kann, ich muss nicht unbedingt immer was mit nach Hause nehmen. Meine Catch & Release Methoden sind gut und ermoeglichen zu allermeist eine schonende Entlassung der gehakten Lachse. Es ist aber gut die Moeglichkeit zu haben einen tief gehakten Lachs oder kiemengehakten Lachs mitnehmen zu koennen wenn dessen Ueberlebenschancen gering waeren. Noch haben hier die Anti-Catch&Release Aktivisten keine grosse Zustimmung aber noch ist die Gepflogenheit der Meeresangler in BC hauptsaechlich fuer den Kochtopf zu angeln auch sehr ausgepraegt und Catch&Release hauptsaechlich was fuer Flussangler. Aber auch das kann sich aendern!
Ich war einige Male mit meinen Soehnen an den lokalen Seen zum Forellenangeln. Mit ordentlichen Erfolgen zumeist. Schoene Regenbogner und auch Kehlschnittforellen bis so um die 40 cm. Die Jungs haben auch paar schoene Schwarzbarsche auf die Schuppen gelegt.
Das vorherige Wochenende hatte ich dann mit Carl mal einen Abstecher ins Meer vor Port Renfrew, dem Beginn der offenen Westkueste, zum Lachsangeln gemacht. Er will dort naechstes Wochenende an einem Lachsderby teilnehmen und wollte schon mal kundschaften. Wir fanden aber nur sehr magere Ausbeute vor Ort. Wir fingen vielleicht ein Dutzend untermassige Lachse, aber nichts zum Vorzeigen. Die Boote von den Offshorebaenken kamen wenigstens mit ein paar halbstarken Lachsen und ein paar kleineren Heilbutten zurueck. Aber heiss auf’s Derby machte dieses Resultat nicht. Es ist eines der magersten Lachsjahre im Pazifik vorausgesagt worden fuer 2018 und diese Prognose scheint sich zu bestaetigen. Es wird ueberall sehr schlecht gefangen.
Waehrend der letzten Woche war mal mein alter nun verrentneter Arbeitskollege Larry mit seinem Boot vor Victoria auf den Oak Bay Flats unterwegs gewesen. Er und sein Freund konnten 4 Chinooks von 8 bis 12 Pfund am Morgen einsacken. Das war mal ein ordentliches Resultat und gab Hoffnung. So liebaeugelte ich mit einem Wochenendtrip vor meine Haustuer. Oak Bay ist nur paar Minuten vor meiner Haustuer, ich koennte fast hin laufen. Allerdings gibt’s an dem Kuestenabschnitt keine brauchbare Slipanlage und so muss ich erst durch die halbe Stadt durch um dann die ganze Kueste wieder zurueckzuschippern um dann hier vor der Tuere mit dem Boot zu angeln. Samstag war es noch zu windig aber fuer Sonntagmorgen ergab sich ein Windfenster. Ich war noch unschluessig ob vielleicht doch East Sooke aber dann siegte die Bequehmlichkeit. Um 4:00 Uhr aus den Federn und um 4:45 Uhr war ich an der Rampe. Es war etwas windig aber der Wellengang nicht zu toll. Mit halber Kraft war ich dann 5:15 Uhr an der Stelle und liess 2 Blinker in die Tiefe; einen glow-gruenen Coho Killer direkt am Grund und einen Nootka Blinker in etwas mehr als halber Tiefe.
Das Echolot war sofort voll mit Futterfisch. Wow, hier war Leben im Wasser! Auch grosse Sicheln waren hier und da vorhanden. Heute musste doch was gehen! Ich hatte tatsaechlich die ganze Bucht fuer mich alleine – normalerweise waren hier immer 10 bis 20 Boote. Aber es war ja auch verdammt frueh, gerade ging die Sonne auf. Ich starrte wie gebannt auf immer neue Fischschwaerme, manche halb suspendiert, viele ueber Grund. Wahrscheinlich waren die tiefen Sandaalschwaerme waehrend die hoeheren Heringe waren. In der Ferne sah ich wie die Moewen auf einer basketballfeldgrossen Flaeche tobten und ins Wasser sturzflogen – dort musste ein Kleinfischschwarm von etwas an die Oberflaeche getrieben worden sein – ein typischer Heringsball. Ich schleppte mal in die generelle Richtung.
Den Coho Killer hielt ich immer direkt am Grund; das gab mir staendig zu tun denn ich fuhr schraeg ueber die Tiefenkontouren. Da! Es riss kurz am Coho Killer und die Schnur loeste aus. Ich sprang hin und riss die Rute raus und kurbelte rasend um Kontakt zu kriegen. Fuer eine Sekunde dachte ich fuehlte Widerstand aber es konnte auch der Flasher gewesen sein. Es war nichts mehr dran. Mist! Aber ein Zeichen, dass Lachse da waren und Lust hatten! Schnell setzte ich die Rute wieder am Rigger ein und liess sie wieder zum Grund hinab. Ich setzte mich gerade hin und wollte am Echolot herumzoomen als die selbe Rute wieder ausloeste und anzog. Diesmal brauchte ich nicht nach Widerstand suchen, etwas Schweres zog schon unaufhaltsam ab als ich die Rute aufnahm. Der war gut!
Es war wirklich ein Genuss zu drillen! Ich hatte kein Boot weit und breit auf das ich aufpassen musste, kein Ufer im 1 km Radius, ich musste also ueberhaupt nicht darauf achten wohin ich langsam weitertuckerte oder wohin ich abtrieb. Ich sah auch keine Robben oder Seeloewen die mich veranlassen mussten, den Drill zu forcieren. Ich hatte alle Zeit und allen Platz um den Drill zu geniessen! Der Lachs war erst etwas faul und stand nur stur in der Tiefe. Nach und nach hievte ich ihn in hoehere Gefilde und jetzt wurde er auch sportlicher. Jetzt riss er ein paar Mal ein gutes Stueck Schnur von der Rolle. Ich jubilierte innerlich; man vergisst wie stark solche groesseren Lachse sind! Dann hatte ich ihn neben dem Boot. Ein schicker Silberling etwa 13 Pfund. Hoffentlich markiert, dachte ich.
Aber jetzt begann der schwierigste Teil; solo keschern. Ich musste aufpassen, dass der Lachs nicht auf die andere Bootsseite schwamm wo noch meine zweite Rute am Rigger hing. Da half mir mein hinteres zweites Steuerrad mit dem ich mir das Boot in der Endphase des Drills in Position drehen konnte. Ausserdem erwiess sich nun auch meine neueste Bootsmodifizierung, die um den Hals gehaengte Fernsteuerung zur Schleppmotordrehzahl, als sehr hilfreich. Als der Lachs das erste Mal kurz Breitseite neben dem Boot zeigte, stellte ich den Motor auf Lehrlauf, und schob den langstieligen Kescher Richtung Fisch um gleichzeitig mit der Rute nach hinten zu ziehen. Der Lachs schlidderte in den Kescher als gebe es nichts einfacheres in der Welt. Jawollllll! Juhu, ein wunderschoener markierter (abgeschnittene Fettflosse, zeigt Lachs aus kuenstlicher Brutstation an) Lachs kam an Bord! Das war ja wie im So-Muss-Man-Es-Machen-Film.
Begeistert versorgte ich den Fisch und machten dann wieder das Geraet klar. Ich wechselte noch den anderen Blinker fuer einen andere glow-gruen Blinker aehnlicher Groesse und schleppte dann wieder zur Fangstelle zurueck. Ich war waehrend des Drills etwas ins tiefe Wasser abgetrieben und es dauerte etwas bis ich wieder in der generellen Gegend war. Wieder tauchte viel Futterfisch am Echolot auf. Ich zog einmal hin und wieder zurueck ueber die Fangstelle. Aber nichts. Ich zog die Bahn etwas weiter und kam in etwas flacheres Wasser – so um die 35m tief. Meine tiefe Coho Killerrute ruckelte jetzt ueber Grund und ich zog den Rigger etwas hoch und dreht mich kurz weg. Als ich wieder hinsah, konnte ich noch sehen wie die Rute ausloeste und wild nach hinten zog. Wow!
Schnell die vollgespannte Rute aufnehmen und schon ging die Post ab! Die Rolle sang los! Als der Fisch nach 10 Sekunden stehenblieb, ruckte ich nochmal kurz an. Daraufhin zog der Fisch wieder ab und ploetzlich ein Ruck und weg. Neeeeiiinnn! Ich kurbelte wie besessen um vielleicht doch noch wieder Kontakt herzustellen – nichts, der war weg. Vielleicht hatte er nur knapp gehangen und mein nachtraeglicher Anschlag hatte die gehakte Haut zerrissen. Aber dann waere er wohl sowieso irgendwann im Drill verlorengegangen. Beim Trolling hat man nun mal keine Kontrolle ueber die Hakenposition, man muss nehmen wie man es kriegt. Ich setze immer lieber einen Anschlag um einen losen Haken voll einzutreiben auch auf das Risiko hin mal den einen oder anderen damit herauszureissen was dann meiner Meinung nach sowieso passieren wuerde.
Naja, man kann nicht alle kriegen. Aber das war ein starker Fisch gewesen. Und wieder am Coho Killer! Ich setzte nun den anderen Blinker auch tiefer, wenn auch nicht ganz auf Grund. 2 Koeder am Grund zu managen wenn man solo schleppt, ist viel Arbeit. Ich zog jetzt bewusste einige Schleifen in flachere Gefilde. Wieder kam ich an Stellen an denen der Schirm von Echolot fast ueber die gesamten 40 m Wassertiefe voll Futterfisch war. Wahnsinn! Mittlerweile waren nun ein paar anderen Boote vor Ort und einige pilkten um diese Futterbaelle herum. Es bildeten sich wieder Moewenwolken wo die Kleinfischschaerme nach oben kamen.
Nach einer ereignislosen halben Stunde machte ich gerade einen recht scharfen Bogen bei der die innere tiefe Coho Killerrute ueber Grund ruckelte. Ich wollte gerade den Rigger wieder etwas hochholen als das Rucken etwas zu unruhig wurde fuer Grundkontakt. Ich nahm die Rute auf und ruckte mal auf Verdacht an. Die Schnur kam aus dem Clip raus und sofort spuerte ich Gegenkontakt. Und nun ging die Rute in die Knie! Der zog ab wie ein D-Zug! Wow! Ich konnte fuer vielleicht 30 Sekunden gar nichts machen. Das war wieder ein guter Fisch! Hoffentlich hielt alles. Waehrend der Fisch noch abzog holte ich den Downrigger hoch und machte den Kescher klar und legte ihn griffbereit. Aber soweit war der Fisch noch lange nicht. Es muss ein Jahr hergewesen sein, seitdem ein Fisch so ein Spektakel an meiner Rute gemacht hatte. Dieser Fisch hier war ein Vollathlet! Kaum hatte ich ein paar Meter zurueckerkaempft, rums riss er die Schnur wieder ab. Ich hatte gluecklicherweise wieder allen Platz der Welt, die anderen Boote waren eine gutes Stueck weg.
Dann kam der Fisch auf’s Boot zugeschwommen und ich kurbelte wie ein Berserker bis mir das Handgelenk schmerzte. Ich drueckte wieder auf meine Fernbedienung um den Hals und drehte damit den Motor auf um mir beim Druckhalten zu helfen waehrend der Fisch mit 30 km/h auf mich zukam. Er war jetzt flach und musste schon nahe am Boot sein. Ich fuehlte immer noch keinen richtigen Gegendruck und bangte ob der Fisch noch dran war. Aber die Schnur ging kurz hinter dem Boot noch steil ins Wasser – ein loser Flasher wuerde schon weit hinter dem Boot an der Oberflaeche herumplantschen. Da, jetzt bog sich die Rute wieder voll durch – Gott sei Dank! Nun musste ich den Fisch unter dem Boot vorholen und er hatte den Hang immer zu der unbequehmen Seite mit der anderen Rute im Wasser zu ziehen. Oha, der wird nicht so einfach. Aber noch kam er ueberhaupt nicht in Keschernaehe. Etliche Male riss er ploetzlich wieder aus und zog mal eben 20-40 m Schnur ab. Aber er kam nicht mehr tief. Es war jetzt nur noch eine Frage der Geduld meinerseits. Einmal hatte ich ihn genau hinter den beiden Motoren und ich stellte auf Lehrlauf und griff nach dem Kescher. Ich sah, dass der Blinker nur knapp vorne im Kiefer hing. Den sollte ich besser nicht zu hart rannehmen!
Um den Kescher zu greifen, liess ich die Rolle los. Als ich den Kescher ueber das Heck schob, drehte der Fisch wieder ab und riss aus. Es riss mir fast die Rute aus der Hand und ich musste den Kescher wieder weglegen. Der Fisch schoss nun wieder unter das Boot und hing unter den Motoren. Nicht gut! Hau ab dort! Ich steckte die Rutenspitze ins Wasser und zog hart an und er kam. Aber wieder auf die falsche Seite und verdammt nahe an die ausliegende Schnur der anderen Rute. Bloss nicht! Ich hob an. Jetzt lag er fuer einen Augemblick ruhig ca. 2 m hinter dem Boot. Ich griff nach dem Kescher und schob ihn raus. Ich konnte aber den Fisch nicht komplett erfassen, er war zu weit weg! Ich fasste die Schnur ueber dem Flasher und zog hart an. Der Lachs schlidderte ueber den Kescherbuegel aber mit nur einer Hand an so einem langen Stiel konnte ich ihn nicht augenblicklich eintueten und jetzt wachte der Fisch auf und fing an sich zu waelzen. Nicht gut, gar nicht gut…. ich liess die Schnur fahren und griff mit zwei Haenden zum Kescher und konnte gerade noch das Netz anheben bevor sich der Lachs wieder ueber den Buegel herauswaelzen konnte. Geschaaaaafffft! Ich fuehrte den nun tobenden Lachs im Kescher zur Seite des Bootes und schaute nach der Fettflosse. Keine da, praechtig! Fantastisch! So konnte ich endlich mal wieder eine ordentlich Portion Lachs mit nach Hause bringen und den Raeucherofen klar machen.
Gute 14 Pfund brachte der zweite Bursche auf die Waage. Fast Zwillinge. Damit war ich fertig, hatte mein Tageslimit an Chinook. Andere Lachsarten hatten wir noch nicht vor Ort. Es war erst 8:00 Uhr! Viele Boote kamen jetzt erst raus und ich war fertig! Ich schleppte noch ein Stueck Richtung Hafen und packte dann ein. Das Fruehaufstehen hatte sich auf alle Faelle gelohnt, ein toller Morgen mit sehr schoenen Fischen und ein lebendiges Meer. Es ist noch nicht alles verloren hier. Noch bin ich optimistisch, dass die guten Lachsjahre wiederkommen werden, auch wenn es viel dafuer zu tun gibt! Aber ich moechte, dass auch meine Enkel nochmal solche Morgenerlebnisse am Wasser haben koennen.