16.9.2017, Port Renfrew
Letzten Abend Freitag ueberredete mich Carl am Samstag mit ihm und seinem kleinen 7 jaehrigen Sohn Max auf einen Angelausflug nach Port Renfrew zu begleiten. Nun, richtig viel Ueberzeugungsarbeit musste er nicht leisten, besonders nachdem er mir versichern konnte, dass Wind und Wellen keine Rolle spielen wuerden und es ruhig auf dem offenen Pazifik werden sollte. Die grossen San Juan River Cohos vor der Flussmuendung sollten das Ziel der Reise sein und weil wir beide in der Vergangenheit mit diesen bis zu 10 kg schweren Silberbarren schon Angelsternstunden erlebt hatten, wollte er diese Gelegenheit nutzen, um seinen Sohn Max an die Angelei heranzufuehren. Kinder zum Angeln zu bringen und diese tolle Leidenschaft in ihnen zu wecken, ist sowieso eine meiner Lieblingsbeschaeftigungen.
Wir verabredeten uns um 5:00 Uhr morgens bei Carl und machten uns zu dritt von dort auf den zweistuendigen Weg an den Suedwestzipfel von Vancouver Island. Wir hatten Carls Jalopy im Schlepptau. Mit Carls neuem Pickup verlief die Fahrt glatt und super bequehm. An der Marina angekommen, liessen wir das Boot ins Wasser und schipperten die Renfrew Bucht hinaus. Wir kamen an der San Juan River Muendung vorbei und dort standen schon einige Uferangler und pfluegten das Wasser mit Blinkern und Fliegen. Wir gesellten uns zu einer Anzahl Trollingboote vor der Buchtmuedung in den offenen Pazifik. Ein leichter Wellengang schaukelte das Boot etwas aber das sollte sich nach dem Gezeitenwechsel ganz legen. Gott sei Dank keine grosse Duenung – das vertraegt mein Magen nicht gut!
Wir setzten 3 Ruten an 3 Downriggern ein und drehten erst ufernah ein paar Runden und als nichts passierte, zogen wir gerade raus auf’s offene Meer. Irgendwo mussten doch die wartenden Cohoschwaerme sein! Der Fluss war noch zu niedrig und zu warm fuer einen Lachsaufstieg und so sollten sich die Cohos vor der Muendung tummeln. Davon merkten wir allerdings nichts. Auch das Funkgeraet liess nicht gerade vermuten, dass andere Angler viel fingen. Wir hakten ein paar winzige Cohobabies und schliesslich hatte ich einen fast schon brauchbaren um die 4 Pfund aber dafuer waren wir doch nicht so weit hierhergekommen. Max hatte es sich vor Langeweile unter Deck bequehm gemacht und spielte auf Carls Handy Spiele. So war das aber nicht geplant! Ich wechselte ein paar Male meinen Koeder, wir versuchten alle gaengigen und ungewoehnlichen Tiefen – nichts ausser dem Kleinkram. Wir drehten dann etwas parallel zur Kueste entlang und kamen an eine Gruppen aktiver Buckelwale. Das mussten 4 oder 5 Wale gewesen sein die an einer Stelle frassen und spielten. Es war eine tolle Show denn die Wale sprangen mehrfach und waelzten sich an der Oberflaeche oder schwammen in Formation. Wir hielten einen gesunden Abstand denn die “Humpies” sind etwas tollpatschig und haben schon manches Boot beschaedigt als sie zu nahe herankamen.
Wir sahen auch den Grund ihrer Aktivitaet – eine Futterschwarm in etwa 30 m Tiefe – da musste es doch auch Lachse geben, die sich dieses Buffet nicht entgehenlassen wuerden. Wir drehten einige Runden um diese Gegend und ploetzlich rappelte es auch an meiner flachen Rute mit pinkem Apex. Der war etwas besser und ich brachte einen ca. 6 pfuendigen Coho ans Boot. Carl sackte ihn mit dem Kescher ein – wer weiss wie viel Chancen wir noch bekommen wuerden. Wir hatten noch einen guten Biss den Carl allerdings nicht verwerten konnte. Max hatte mal eine Weile den Walen zugeschaut war dann aber wieder in der Kajuete verschwunden. Jetzt klagte er, dass ihm uebel sei – klar bei dem Geschuckel unter Deck vor einem kleinen Bildschirm zu sitzen… haette mir auch gereicht! Was nun? Schon abbrechen und die ganze Strecke schon wieder nach Hause fahren?
Carl schlug vor ins Flache vor die Kelpbetten zu fahren und ein wenig zu pilken. Das muesste doch Max ein bisschen Spass machen. Da sollte es doch ein paar Felsenbarsche und vielleicht kleinere Lings geben. Max war einverstanden. Wir suchten uns eine kleine Bucht mit ueppigem Unterseewald heraus und drifteten gaaaaanz langsam in Wurfweite zu den Pflanzen am Ufer entlang. Das Wasser war hier knapp 20 m tief und man konnte hin und wieder durch die Polbrille den Grund sehen.
Sobald wir die Koeder in Grundnaehe hatten, sprang etwas dran. Es war eine fantastische Angelei. Ein paar ordentliche schwarze Felsenbarsche, hin und wieder ein Kelpgreenling und auch mal ein Mini-Ling. Ich hatte gar keine Pilker bei mir und musste mir bei Carl einen ausleihen. Er fand einen 60g Schwarz-weiss Pilker mit rostigem Drilling in seiner Kiste. Schon beim ersten Barsch brach eine Flunke des Drillings ab. Eine weitere bog sich wenig spaeter voll auf. Ich spielte Angelwettkampf mit Max – wer die meisten Fische hochbringen konnte und so war es mir recht, dass ich viele Fische wieder verlor waehrend Max einen nach dem anderen hochbrachte. Er jubilierte, den beruehmten deutschen Angler in Grund und Boden angeln zu koennen und wir Alten hatten unseren Heidenspass daran. Carl gaffte nur die fettesten Barsche heraus, die er gerne seiner Mutter mitnehmen wollte. Ich wollte gar nichts weiter als den Coho fuer mich mitnehmen.
Wir drifteten ein paar Meter weiter und Max wurden endlich die Arme schwer von der kraeftigen Rute und den vielen Drills. Carl uebernahm fuer Max. Ploetzlich war Carls Rute richtig krumm! Aha, vielleicht ein besserer Ling? Der Fisch machte gerade Anstalten Schnur zu nehmen als der Widerstand weg war. Ich musste mich allerdings in diesem Moment auf mich selber konzentrieren denn auch meine Rute wurde ploetzlich brutal nach unten gerissen. Oha! Schwere Kopfstoesse liessen einen guten Fisch erahnen. Allerdings nahm der Fisch keine Schnur und ich pumpte ihn ein paar Meter hoch. Wir schauten gespannt in das klare Wasser und ploetzlich tauchte ein grosser Lachs auf. Gibt’s doch nicht! Da hatte sich ein grosser Chinook den Pilker geschnappt! Carl wurde ganz aufgeregt und ich dachte mit Grausen an den einzelnen rostigen Haken der vom einstigen Drilling noch uebrig war. Das kann nicht gutgehen. Ich zog den Fisch heftig nach oben und der Fisch schuettelte nur wie wild den Kopf um den Haken loszuwerden aber er hatte wohl noch gar nicht richtig begriffen was los war denn er hatte noch gar keinen grossen Spurt hingelegt, wie sonst ueblich. Auch gut so denn wir waren dicht an dem Pflanzenguertel und wenn er dort hineinsaust war eh alles vorbei.
Ich brachte den Lachs an die Oberflaeche aber in dem Augenblick als Carl mit dem Kescher zulangen wollte, erschrak der Fisch und raste ein Stueck davon. Das war’s dachte ich, jetzt bricht gleich der letzte Haken ab oder reisst zumindest aus. Aber nein, der Fisch stoppte nach paar Metern – auch weil ich richtig Gegendruck machte – und ich bekam ihn wieder gedreht und pumpte nun auf Teufel komm raus – entweder er kommt jetzt in den Kescher oder er flieht nochmal und verabschiedet sich dabei fuer immer! Wild schuettelnd brachte ich den Lachs bis neben das Boot und Carl versuchte ihn mit dem Kescher zu fangen – aber er wand sich nochmal heraus – oje, ich konnte gar nicht mehr hinsehen, aber Carl fasste nochmal nach und jetzt war er sicher! Ein dreistimmiger Siegerjubel ertoente als Carl den Brocken ueber die Reling hievte! Wir waren aus dem Haeuschen und Max tanzte mit ueber’s Deck! So eine Ueberraschung! Reichlich 17 Pfund, einfach mal so in 15 m flachem Wasser mit einem Pilker! Wer haette das gedacht! Dann war sicher Carls heftiger Biss davor auch einer von der Sorte gewesen und eine Gruppe Chinooks hing hier herum.
Nachdem der Fisch versorgt war, pilkten wir eifrig weiter. Max fing wieder ein paar Barsche und ich montierte nun endlich einen frischen Drilling an meinen Pilker, immer noch kopfschuettelnd, dass der Grosse an der alten, rostigen Einzelflunke noch so lange haengengeblieben war. Manchmal muss man einfach Glueck haben! Carl uebernahm dann wieder fuer Max und ploetzlich war Carls Rute wieder stark durchgekruemmt. Mal sehen was das war! Ein ordentliches Tauziehen zwischen Carl und seinem noch unbekannten Gegner begann – ich lehnte mich tief ueber die Bordwand und konnte ganz tief unten einen marmorierten Schatten herumhuschen sehen. Aha, ein guter Ling Cod! Carl gewann nun Schnur zurueck und pumpte das Biest nach oben. Herrlich wie diese Fische im klaren Wasser auftauchten und all ihre Flossen zeigten. Elegante Tiere, diese Fische.
Dann war es aber auch vorbei mit der Romantik; Carl beschloss, dass er diesen Ling behalten wollte. Ich langte mit dem Gaff zu als er oben ankam und schleppte ihn ins Boot. Ein gruener, um die 10 Pfund! Mit der Fleischfarbe hat es eine Bewandtnis; wohl eine Genmutation, aus unerfindlichen Gruenden haben einige Ling Cods gruenliches Fleisch, fast schon gift-gruen schillernd. Die Faerbung geht beim Garen sofort weg so dass man absolut weisses Fleisch auf dem Teller hat. Findet man nicht oft aber doch hin und wieder mal entlang der gesamten Kueste. Verrueckt anzusehen!
Dann hatte ich mal einen heftigeren Biss aber der Fisch sprang mir nach paar Sekunden pumpen vom Haken ab. Da, Carl meldete “Fish On” auf der anderen Bootsseite. Der schien auch besser zu sein. Ich schaute gespannt zu und sah wieder einen Ling Cod nach oben kommen. Der war ganz rot-braun marmoriert, auch massig aber etwas kleiner als der Letzte. Und da tauchte ploetzlich noch ein Ling auf, etwa gleich gross wie der gehakte! Wollte der etwa den Gehakten attakieren? Es kommt oft vor, dass ein grosser Ling einen Fisch am Haken angreift und auch verschluckt; meistens kleinere Felsenbarsche oder auch kleinere Kaliber der gleichen Art. Aber der hier war ja gleich gross!? Carl hoerte auf einzuholen und wir beobachteten gespannt was passieren wuerde. So etwa 3 m unter der Oberflaeche holte der Nachlaeufer auf und stuerzte sich auf den Pilker der noch halb aus dem Maul des Gehakten heraushing. Unglaublich! Immer wieder schnappte der Gierian zu und wollte dem anderen den Pilker klauen. Carl rief Max hinzu und wir lachten uns kaputt im Anbetracht dieses Schauspiels. Endlich hatte der Angreifer genug und verschwand in der Tiefe. Carl holte den anderen herauf und liess ihn wieder frei.
Wer haette gedacht, dass das Pilken so ein Spass werden wuerde und auch so erfolgreich sein wuerde? Aber die Stelle hatte noch ein Spektakel fuer uns bereit. Als wir so langsam am Pflanzenguertel entlangdrifteten, spaehte ich schon mal voraus und sah ploetzlich in etwa 50 m Entfernung eine Unruhe an der Oberflaeche. Ploetzlich sprangen etliche Fische aus dem Wasser heraus – das Wasser kochte regelrecht auf einer kleinen Flaeche. Raubende Fische! Aber was fuer welche? Carl warf den Motor an und zog uns vorsichtig naeher heran. Ich warf meinen Pilker in die Naehe des wandernden Tumultes und bekam sofort Bisse. Es waren wieder schwarze Felsenbarsch die sich hier ueber flachstehende Kleinfische hermachten. Es sah teilweise aus wie in einer Fischfarm bei Fuetterung. Ich sah die Burschen jetzt auch unter dem Boot entlanghuschen – hier jagten hunderte! Wir fingen nun einen nach dem anderen und es waren auch richtig stattliche Exemplare bis ueber 4 Pfund dabei. Max angelte bis er nicht mehr konnte. Carl filmte nur noch und versorgt den einen oder anderen, den er noch mitnehmen wollte. Dann machten wir Schluss.
Wir hatten 9 schoene Felsenbarsche, einen Ling Cod, einen grossen Chinook und einen mittleren Coho in der Box. Mehr kann man sich fast nicht wuenschen und fast alles am Pilker im flachen Wasser. War anders als geplant gewesen, aber ein fantastischer Angelspass gewesen! Ich hoffe Max hat so was wie eine Initialzuendung erlebt!