Diskussionen über Rollen werden hier immer heiß geführt. Das Beste ist gerade gut genug, selbst ein hoher Preis, 500 oder 600€, wird anstandslos akzeptiert. Und kostet eine Rolle weniger, z.B. unter 200€, dann spürt man bei einigen schon gleichsam das Naserümpfen und die Vorbehalte zwischen den Zeilen. Und wehe die Rolle kommt aus China. Dann muss sie per Definitionem schlecht sein.
Dennoch werden hier im Forum preiswerte Rollen gerne nachgefragt. Das hat sicher auch damit zu tun, dass Norwegenangeln und Norwegenurlaub an sich schon ein recht teures Vergnügen sind - und die Lohntüten sind in den letzten Jahren auch nicht voller geworden, sondern leiden eher unter Schwindsucht. Aber das ist sicher nicht der einzige Grund. Es gibt durchaus jede Menge Angler, die nicht so hoffnungslos tackle verliebt sind wie ich, und die die ganz vernüftige Frage stellen, was ist notwendig und was ist überzogen.
Das ist sicher auch eine Frage der Anforderungen. Jemand der am Wasser wohnt und regelmäßig zum Angeln rausfährt, hat sicher andere Anforderungen an Qualität, als derjenige, der selbst als Vielangler das Gerät nur maximal 6 Wochen pro Jahr im Urlaub nutzt.
Beide wollen das Gerät vielleicht 20 Jahre nutzen, aber der eine angelt z.B. 200 Tage im Jahr, der andere eben nur rund 40 Tage. Und sicher sind die Belastungen einer Rolle in Norwegen im Durchschnitt wahrscheinlich geringer als in südlichen Gefilden.
Auf Grund der Diskussionen hier interessierte mich deshalb die Frage, was man denn nun von den viel gescholtenen Chinarollen halten kann. Wirklich unbrauchbar oder vielleicht doch durchaus zuverlässig und langlebig genug, um auch den viel angelnden Urlaubsangler doch 20 Jahre lang zu begleiten. Darüberhinaus geht es natürlich auch um die Frage, ob sie für die Norwegenangelei - für die sie ja nicht unbedingt gemacht wurden - die richtige Funktionalität liefern und mit welchem Komfort man durchschnittlich rechnen darf.
Herausgepickt habe ich mir zwei hier nicht unbekannte Rollen, die Omoto VS10 und die Tigon Speedjigging 6.0, die mir Meister Tackleking netterweise zur Verfügung gestellt hat. Die silberne ist die Omoto und die andere die Tigon:
Beide Rollen erinnern vom Äußeren sehr stark an die Avetrollen und das ist sicher kein Zufall, sondern gewollt. Avet hat zu Recht einen guten Ruf. Beide Rollen sind recht klein, also eher für's leichtere bis mittlere Angelarten gedacht und entsprechen der Größe nach der Avet SX:
Omoto VS10
==========
Gewicht ohne Schnur 491g, gemessen
Übersetzung 5.2:1
Gehäusedurchmesser 61mm
Spulendurchmesser 46mm, nutzbar also 42mm
Spulenbreite 35mm
Hebelarm der Kurbel 70mm
Schnureinzug 69cm/Umdrehung
Gesamtübersetzung 1.56
Schnurfassung 470m einer realen 0.3mm Schnur (30lbs), errechnet
Tigon Speedjigging 6.0
======================
Gewicht ohne Schnur 380g, gemessen
Übersetzung 6.1:1
Gehäusedurchmesser 61mm
Spulendurchmesser 46mm, nutzbar also 42mm
Spulenbreite 43mm
Hebelarm der Kurbel 70mm
Schnureinzug 80cm/Umdrehung
Gesamtübersetzung 1.83
Schnurfassung 590m einer realen 0.3mm Schnur (30lbs)
Beide Rollen sind keine sehr schnellen Rollen, was man am Schnureinzug erkennt. Die Tigon ist die schnellere, aber schnelle Stationärrollen beispielsweise haben 1m und teilweise mehr. Die Avet SX Eingang hat 70cm. Beide Rollen sind für maximal den mittleren Köderbereich ausgelegt, was man an der Gesamtübersetzung erkennt. Die Gesamtübersetzung besagt, mit welchem Faktor man das Ködergewicht multiplizieren muss, um die Handkraft zu erhalten, die man aufbringen muss, um den Köder nach oben zu kurbeln. Gehen wir von einer Handkraft von 900g aus, die man noch einigermaßen bequem und für lange Zeit kurbeln kann, dann entspricht das bei der Omoto einem Ködergewicht von 580g, bei der Tigon von 490g und bei der SX 570g. Darüberhinaus kann man bei einer kleineren Gesamtübersetzung auch mehr Druck über die Kurbel auf den Fisch im Drill ausüben.
Sowohl Schnureinzug wie Gesamtübersetzung sind also durchaus vernünftig und angemessen für den Verwendungszweck. Man könnte das meiner Meinung nach noch etwas optimieren, indem man die Länge des Hebels des Kurbelarms statt 70mm zu 75mm wählt. das sorgt für eine sinkende Gesamtübersetzung und damit für ein Mehr an Kraftentfaltung ohne das der Schnureinzug oder die Kurbelergonomie darunter leiden würde. Aber sehr bedeutend ist das alles letztlich nicht.
Wenn man davon ausgeht, dass man mit beiden Rollen wohl praktisch nie tiefer als 150m angeln wird, dann haben beide Rollen für norwegische Verhältnisse eher eine unnötig große Schnurfassung. Mehr als 30lbs draufzupacken ist unsinnig und man hat noch die Option 20lbs, die auch ausreichend ist, wenn man seine Knoten entsprechend verlustarm gestalten kann oder gleich spleißt. Wesentlich besser hätte mir da eine 25mm breite Spule gefallen, die 350m 30lbs oder rund 450m 20lbs Schnur fassen würde und auch bei 150m noch genug Reserven für Schnurbogen und ausgedehnte Fluchten hat. Aber der Komfort bei der Schnurverlegung würde bedeutend steigen. Und das ist um so wichtiger, je schneller man mit der Rolle einkurbelt.
Die Rollen machen von außen beide den Eindruck von sorgfältiger Verarbeitung. Riefen vom Fräsen oder Drehen erkennt man gerade eben nur, wenn man die Rollen schräg gegen das Licht hält. Die Omoto scheint in dieser Beziehung leicht besser. Alle Kanten sind abgerundet, auch hier bei der Omoto etwas sorgfältiger, aber letztlich alles marginal. Einzig der Kurbelgriff der Tigon verdient Kritik. Der ist im Gegensatz zu ähnlichen Griffen an den Löchern doch zu scharfkantig ausgefallen.
Der Kurbelgriff der Omoto liegt sehr gut in der Hand. Noch besser wäre, wenn der Anstellwinkel größer wäre. Allerdings ist das wohl rechtlich problematisch, weil darauf die Firma Tiburon ein Patent eingetragen hat. Was mich verwundert, das sowas überhaupt möglich ist, bei solch einer Trivialität. Über den langen Kurbelgriff der Omoto kann die Handkraft deutlich besser auf die Rolle gebracht werden. Dafür läßt sich die Rolle mit dem runden Griff der Tigon schneller Kurbeln. Was man vorzieht, ist also abhängig davon, welche Anwendung im Vordergrund steht bzw. wie die persönlichen Vorlieben ausfallen..
Der spannendere Teil, nämlich wie es innen aussieht, demnächst in diesem Kino.
Gruß Dieter
Dennoch werden hier im Forum preiswerte Rollen gerne nachgefragt. Das hat sicher auch damit zu tun, dass Norwegenangeln und Norwegenurlaub an sich schon ein recht teures Vergnügen sind - und die Lohntüten sind in den letzten Jahren auch nicht voller geworden, sondern leiden eher unter Schwindsucht. Aber das ist sicher nicht der einzige Grund. Es gibt durchaus jede Menge Angler, die nicht so hoffnungslos tackle verliebt sind wie ich, und die die ganz vernüftige Frage stellen, was ist notwendig und was ist überzogen.
Das ist sicher auch eine Frage der Anforderungen. Jemand der am Wasser wohnt und regelmäßig zum Angeln rausfährt, hat sicher andere Anforderungen an Qualität, als derjenige, der selbst als Vielangler das Gerät nur maximal 6 Wochen pro Jahr im Urlaub nutzt.
Beide wollen das Gerät vielleicht 20 Jahre nutzen, aber der eine angelt z.B. 200 Tage im Jahr, der andere eben nur rund 40 Tage. Und sicher sind die Belastungen einer Rolle in Norwegen im Durchschnitt wahrscheinlich geringer als in südlichen Gefilden.
Auf Grund der Diskussionen hier interessierte mich deshalb die Frage, was man denn nun von den viel gescholtenen Chinarollen halten kann. Wirklich unbrauchbar oder vielleicht doch durchaus zuverlässig und langlebig genug, um auch den viel angelnden Urlaubsangler doch 20 Jahre lang zu begleiten. Darüberhinaus geht es natürlich auch um die Frage, ob sie für die Norwegenangelei - für die sie ja nicht unbedingt gemacht wurden - die richtige Funktionalität liefern und mit welchem Komfort man durchschnittlich rechnen darf.
Herausgepickt habe ich mir zwei hier nicht unbekannte Rollen, die Omoto VS10 und die Tigon Speedjigging 6.0, die mir Meister Tackleking netterweise zur Verfügung gestellt hat. Die silberne ist die Omoto und die andere die Tigon:
Beide Rollen erinnern vom Äußeren sehr stark an die Avetrollen und das ist sicher kein Zufall, sondern gewollt. Avet hat zu Recht einen guten Ruf. Beide Rollen sind recht klein, also eher für's leichtere bis mittlere Angelarten gedacht und entsprechen der Größe nach der Avet SX:
Omoto VS10
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Gewicht ohne Schnur 491g, gemessen
Übersetzung 5.2:1
Gehäusedurchmesser 61mm
Spulendurchmesser 46mm, nutzbar also 42mm
Spulenbreite 35mm
Hebelarm der Kurbel 70mm
Schnureinzug 69cm/Umdrehung
Gesamtübersetzung 1.56
Schnurfassung 470m einer realen 0.3mm Schnur (30lbs), errechnet
Tigon Speedjigging 6.0
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Gewicht ohne Schnur 380g, gemessen
Übersetzung 6.1:1
Gehäusedurchmesser 61mm
Spulendurchmesser 46mm, nutzbar also 42mm
Spulenbreite 43mm
Hebelarm der Kurbel 70mm
Schnureinzug 80cm/Umdrehung
Gesamtübersetzung 1.83
Schnurfassung 590m einer realen 0.3mm Schnur (30lbs)
Beide Rollen sind keine sehr schnellen Rollen, was man am Schnureinzug erkennt. Die Tigon ist die schnellere, aber schnelle Stationärrollen beispielsweise haben 1m und teilweise mehr. Die Avet SX Eingang hat 70cm. Beide Rollen sind für maximal den mittleren Köderbereich ausgelegt, was man an der Gesamtübersetzung erkennt. Die Gesamtübersetzung besagt, mit welchem Faktor man das Ködergewicht multiplizieren muss, um die Handkraft zu erhalten, die man aufbringen muss, um den Köder nach oben zu kurbeln. Gehen wir von einer Handkraft von 900g aus, die man noch einigermaßen bequem und für lange Zeit kurbeln kann, dann entspricht das bei der Omoto einem Ködergewicht von 580g, bei der Tigon von 490g und bei der SX 570g. Darüberhinaus kann man bei einer kleineren Gesamtübersetzung auch mehr Druck über die Kurbel auf den Fisch im Drill ausüben.
Sowohl Schnureinzug wie Gesamtübersetzung sind also durchaus vernünftig und angemessen für den Verwendungszweck. Man könnte das meiner Meinung nach noch etwas optimieren, indem man die Länge des Hebels des Kurbelarms statt 70mm zu 75mm wählt. das sorgt für eine sinkende Gesamtübersetzung und damit für ein Mehr an Kraftentfaltung ohne das der Schnureinzug oder die Kurbelergonomie darunter leiden würde. Aber sehr bedeutend ist das alles letztlich nicht.
Wenn man davon ausgeht, dass man mit beiden Rollen wohl praktisch nie tiefer als 150m angeln wird, dann haben beide Rollen für norwegische Verhältnisse eher eine unnötig große Schnurfassung. Mehr als 30lbs draufzupacken ist unsinnig und man hat noch die Option 20lbs, die auch ausreichend ist, wenn man seine Knoten entsprechend verlustarm gestalten kann oder gleich spleißt. Wesentlich besser hätte mir da eine 25mm breite Spule gefallen, die 350m 30lbs oder rund 450m 20lbs Schnur fassen würde und auch bei 150m noch genug Reserven für Schnurbogen und ausgedehnte Fluchten hat. Aber der Komfort bei der Schnurverlegung würde bedeutend steigen. Und das ist um so wichtiger, je schneller man mit der Rolle einkurbelt.
Die Rollen machen von außen beide den Eindruck von sorgfältiger Verarbeitung. Riefen vom Fräsen oder Drehen erkennt man gerade eben nur, wenn man die Rollen schräg gegen das Licht hält. Die Omoto scheint in dieser Beziehung leicht besser. Alle Kanten sind abgerundet, auch hier bei der Omoto etwas sorgfältiger, aber letztlich alles marginal. Einzig der Kurbelgriff der Tigon verdient Kritik. Der ist im Gegensatz zu ähnlichen Griffen an den Löchern doch zu scharfkantig ausgefallen.
Der Kurbelgriff der Omoto liegt sehr gut in der Hand. Noch besser wäre, wenn der Anstellwinkel größer wäre. Allerdings ist das wohl rechtlich problematisch, weil darauf die Firma Tiburon ein Patent eingetragen hat. Was mich verwundert, das sowas überhaupt möglich ist, bei solch einer Trivialität. Über den langen Kurbelgriff der Omoto kann die Handkraft deutlich besser auf die Rolle gebracht werden. Dafür läßt sich die Rolle mit dem runden Griff der Tigon schneller Kurbeln. Was man vorzieht, ist also abhängig davon, welche Anwendung im Vordergrund steht bzw. wie die persönlichen Vorlieben ausfallen..
Der spannendere Teil, nämlich wie es innen aussieht, demnächst in diesem Kino.
Gruß Dieter
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