30.6.2021; Nootka Sound – Tag 3
Alec war um Mitternacht zu uns gestossen. Ich war schon tief am schlafen und hatte von seiner Ankunft nichts mehr mitgekriegt. Nach Deutschlands mickrigem Abgang bei der EM hatte ich mich schnell verkruemelt. Die Wecker holten uns 5:30 Uhr aus den Federn. Die Windvorhersage war nicht schlecht – auch wenn es nicht windstill warden sollte. Frueh war es moistens am besten; ab Mittag musste man immer mit einer Brise aus Westen von Japan her rechnen. Bald waren wir wieder unterwegs und fuhren durch die weitverzweigte Fjordwelt. Eine herrliche Welt – nur von einigen Lachsfarmen gestoert. Aber die sollen wohl auch bald einpacken muessen.
Vor dem Leuchturm war es schon etwas schaukelig aber machbar. Wieder hatten wir unsere beiden gaengigen Koeder montiert und eingesetzt. Ich drehte eine Rund ganz agressiv im Flachen am Strand entlang. Hier war viel Futter zu finden; das Wasser “kochte” stellenweise vor kleinen Fischchen. Aber grosse Jaeger schienen hier nicht unterwegs zu sein. Und dann kam eine Schwimmkrautzone von der Flut hereingetrieben und wir mussten im Minutentakt die Schnuere reinigen. Ging nicht mehr zu angeln hier, und so fuhr ich uns weiter hinaus. Schade eigentlich, bei so viel Futter war es doch nur eine Frage der Zeit bis die Raeuber auftauchten.
Alexander war schon wieder am Schlafen unter Deck. Alec und Ricardo wechselten sich an den Rute ab die hin und wieder mal durch Kleinlachse in Bewegung kamen. Ploetzlich schnappte die Squidrute zurueck … eine Sekunde waren wir nicht sicher ob es nur die Schnur aus dem Clip herausgezogen hatte, durch Kraut oder Quallen vielleicht, aber dann spannte sich die Schnur schnell und riss die Rutenspitze ins Wasser. Oha, das war ein richtiger Fisch! Endlich!
Ricardo war an der Reihe und begann einen aufregenden Drill. Waehrend der Lachs eine Menge Schnur von der Rolle riss, raeumten Alec und ich die 2. Rute und die Downrigger aus dem Weg. Ricardo gewann mal etwas Schnur aber sofort verlor er auch wieder eine Menge. Der Fisch war richtig widerspenstig und der Wellengang machte den Drill noch komplizierter. Ich half mit dem Schleppmotor immer mal nach um die Schnur straff zu halten wenn der Lachs auf’s Boot zugeschossen kam. Nach einer Weile sahen wir die Schwanzflosse hinter dem Flasher auftauchen. Nicht schlecht! Kein Riese aber wahrscheinlich der groesste Lachs bisher. Wir hatten ja wieder die Mones Cup Trophaee zu vergeben fuer den schwersten Fisch am Ende des Trips. Das koennte die Fuehrung sein fuer Ricardo (die Fische von den Tagen zuvor zaehlten nicht weil ja Alec noch nicht dabei gewesen war). Immer wieder buechste der Lachs kurz hinter oder neben dem Boot aus und Ricardo musste schnell reagieren. Aber dann fuehrte er den Lachs souveraen in den Kescher. Na also, geht doch! Der war schon knapp 15 Pfund.
Von dem Erfolg angespornt zogen wir weite Kreise um die Fangstelle. Aber jetzt kam wieder nur Kleinlachs. Nach einiger Zeit schlug ich ploetzlich vor einzupacken und die 10km bis zum Bajo Reef zu fahren. Da wollten wir schon immermal hin aber die letzten Jahre war es immer zu rauh dafuer gewesen. Heute traute ich es mir zu. Keine Einwaende. Alex schlief noch. Und so donnerte ich gegen die Wellen hinaus. Im Nachhinein eine dumme Entscheidung. Ich haette mir denken koennen, dass sich am Reef die Wellen noch hoeher tuermen wuerden wenn der Suedwestwind das Wasser vom Tiefen auf das teilweise nur paar Meter tiefe Riff schob. Nach 30 Minuten kamen wir an und es war eine Waschmachine im Schleudergang; 3-5 m Duenung und noch 1m Windwellen von kreuz und quer. Alex und mir wurde es auch balb uebel und wir konnten gar nicht angeln. Ricardo und Alec versuchten es zumindest aber es schien selbst den Fischen zu rauh zu sein. So packten wir bald, den Schwanz zwischen die Beine geklemmt, ein und surften mit den Wellen zurueck zur Kueste. Ein Seeotter sah uns verbluefft an als ob er sagen wollte: “Was macht ihr Verrueckten denn hier draussen!?”.
Zurueck am Fjordeingang stiegen wir zum Pilken um. Natuerlich steuerte ich unseren neuen Hot Spot an. In der Gegend war auch schon ein anderes Boot am Pilken, aber nichht genau an unserem Berg. Gut so! Alex war jetzt auch mit dabei. Die Pilker wurden wieder mit einem Fischfetzen garniert. Ricardo benutzte einen neuen Koeder der wie ein kleiner Oktopus aussah. Dann ging es los. Und es dauerte nicht lange bis Alec einen harten Biss vermeldete. Er meinte es waere Zeit mal wieder einen Butt zu fangen da es etwa 5 Jahre her war seit seinem Letzten. Zu seinem Leidwesen stieg dieser Fisch bald wieder aus. Alex brachte wieder eine schoene Scholle, die ich gerne mitnahm. Dann jauchzte Alec wieder auf als seine Rute brutal nach unten gerissen wurde. Das musste ein Butt sein. Wir feuerten ihn an und tatsaechlich brachte er bald einen vielleicht 12 pfuendigen Butt herauf. Ich liess Alex dieses Mal an der Harpune ueben um den Fisch aussen am Boot schlachten zu koennen. Ging alles glatt und Alec hatte mal wieder einen Butt gefangen!
Wir waren inzwischen ins Tiefe abgetrieben und so setzte ich das Boot wieder um. Kurz nach Bodenkontakt meldete Alex einen Biss und schweren Fisch. Noch ein Butt? Aber der Fisch zeigte nicht die wilden Hammerschlaege eines Buttes; ich vermutete einen Rochen… und sollte Recht behalten. Da war ja eine regelrechte Plattfischparade da unten! Ein paar verpasste Bisse liessen und noch hoffen, dass mindestend noch ein hungriger Grossfisch da unten lauerte. Bei einer erneuten Drift ging dann Ricardo’s Rute in die Knie und er war am Fisch. Ich sah die Rutenspitze paar Mal kraeftig wippen und der Fisch nahm auch Schnur. Das musste wieder ein Butt sein. Alex stand schon mit der Harpune bereit da vermeldete Alec einen Biss und “Fish on”. Gibt’s ja gar nicht! Aber eins nach dem anderen!
Ricardo pumpte seinen Fisch hoch – jawoll, ein guter vielleicht 20 Pfuender – Alex hatte das Harpunieren nun auch drauf. Waehrend ich den Butt versorgte und vertaeute, gab uns Alec einen Update: er hatte wieder einen Rochen. Verrueckt. Als alles versorgt und der Rochen wieder abgehakt war setzte ich erneut um. Diese Drift blieb ohne Biss. Jetzt war der Berg wohl leergefischt? Ich schlug vor noch zwei Lingstellen zu probieren. Alle nickten zufrieden. An einer der aeusseren Inseln gab es einen fast senkrechte Felskante mit einer felsigen Sohle in ca. 40m Tiefe. Textbook Ling Cod Stelle. Hier hatten wir vor einem Jahr schon einige zaehnestarrende Monster hochgeholt und einige auch wieder freigelassen. Es muesste also was gehen. Es war aber auch eine pilkerfressende Stelle wenn man nicht voll konzentriert dabei war. Alex liess seinen Pilker eine Sekunde zu lange am Boden liegen und hing fest. Waehrend ich mich damit beschaeftigte rief Alec ploetzlich “auch Haenger, oder? Nee, Fisch!” Etwas sehr kraeftiges zog ihm fast die Rute aus der Hand und er fummelte schnell die Bremse etwas lockerer.
Ricardo holte seine Schnur vorsichtshalber schnell rein damit der nicht den beiden in die Quere kam. Alex versuchte immer noch seinen Pilker loszureissen und ich konnte nicht viel helfen weil ich nicht ueber Alec’s Fisch fahren wollte. Der zog naemlich immer noch mit seinem Nootka-Monster hin und her. Dann ploetzlich ein: “Ahhhhhhhh” von Alec – sein Fisch war ploetzlich weg. Mist. Den haette ich gerne mal gesehen. Alex Pilker kam aber leider auch nicht mehr an’s Sonnenlicht. Ich beschloss noch mal eine andere, weniger gefaehrliche Stelle anzufahren. Hier war es 70 m tief und wir erwarteten Lings und Red Snapper, welche jetzt geschuetzt und wieder freigelassen werden mussten. Und tatsaechlich brachten Alec und Ricardo beide je einen halbwuechsigen Snapper hoch. Diese grell-orangenen Barsche, einem Rotbarsch sehr aehnlich, sehen immer wieder cool aus. Leider bekommt ihnen der Druckunterschied nicht sehr gut. Ich kurbelte beide mit dem Release-Geschirr wieder runter um deren Barotrauma rueckgaengig zu machen. Das sie nicht wieder an der Oberflaeche auftauchten, nahm ich mal als gutes Zeichen, dass dieses Freilasskonzept funktioniert hat.
Dann stoehnte ploetzlich Alec auf: “Haenger!”. Keine 3 Sekunden konnten wir einen harten Schlag in der vollgespannten Pilkrute bemerken und der “Boden” fing ploetzlich an sich zu bewegen. Aha! Jetzt ging ein Tanz los! Der Fisch ging auf einen unaufhaltbare Fluch und Alec hielt mit aller Kraft an der Rute fest. Dann stoppte der Fisch und Alec schien ein paar Meter zu gewinnen. Dann riss es die Rutenspitze tief ins Wasser und der Fisch dueste wieder ab. Er riss immer wieder eine Menge Schnur ab gerade wenn Alec dachte er haette sich beruhigt und gibt auf. Es war ein Drill an der Belastungsgrenze des Geraetes. Ich hatte im Winter eine neue Penn-Battle Stationaerrolle gekauft und die funktionierte wirklich fein unter diesen extremen Umstaenden. Nach vielleicht 10 Minuten hatte Alec seinen Gegner oben – es konnte dem Drillverhalten nach eigentlich nur ein Butt sein. Eine herrliche 40 Pfund Platte tauchte auf und Gott sei Dank hatten wir nun schon eine Menge Buttlandungserfahrung. Bald hatte ich den Fisch getoetet, ausgeblutet und brachte ihn dann vertaeut ins Boot. Was fuer ein Grundfischtag! Ich musste nun schon rechnen, wieviel Butte wir pro Lizenz eigentlich noch mitnehmen durften. Es stellte sich heraus, wir hatten noch Platz fuer einen Butt bis 90 cm. Wow.
Hochzufrieden fuhren wir zum Schlachtfest zurueck. Waehrend ich mich um die Fischversorgung kuemmerte, duesten die Jungs wieder zum abendlichen Conuma-Angeln. Und wieder fingen sie ein paar wunderschoene Flussforellen. Ausserdem kam in der Daemmerung eine Herde Hirsche an den Fluss. Das muss die Jungs auch beeindruckt haben.