25.7.-27.7. 2014; Sooke
Am Samstag den 26.7. war also wieder mein grossen Angelderby. Knapp 300 Teilnehmer aus Ingenieurbueros, Behoerden und Industriefirmen freuten sich wieder auf eine grosse Show. Als Benefitsveranstaltung natuerlich alles nur mit Freiwilligen in der Freizeit organisiert und damit viel Arbeit und zuallerletzt auch immer Stress und Panik, aber irgendwie kommt dann immer alles super zusammen und wenn man dann wie wir dieses Jahr $18500 an wichtige Lachsprojekte auf Vancouver Island austeilen kann und dabei die zufriedenen und froehlichen Gesichter der Teilnehmer sieht, dann war es wieder mal die ganze Arbeit wert gewesen.
Einen Tag vorher nehme ich immer ein oder zwei Freunde mit zum Testfischen. Schliesslich will man ja wissen wo es sich lohnt am Derbytag! Es gibt grundsaetzlich zwei Optionen vor Sooke: entweder dreht man vor der Hafeneinfahrt nach Osten, um dann gleich bei Secretary Island, der Trap Shack oder Beachy Head zu angeln, oder man zieht nach Westen um an den etwas entfernteren Stellen wie Otter Point, Muir Creek oder Sheringham Point zu angeln. Bei starker morgendlicher Ebbe, wie an diesen Tagen, angle ich gerne bei der Trap Shack; eine natuerliche grosse Kehrstroemung bei Ebbe in der sich oft die Chinooks aufhalten und fressen bis die naechste Flut sie weiter ihrem Zielfluss naeher bringt. Also brach ich mit meinem alten Freund und Kollegen Ron sehr zeitig am 25.7. auf und lief gleich erstmal die Trap Shack Gegend an. Wir schleppten dort ca. 5 Stunden ohne nennenswerten Erfolg. Das war ja nicht gerade ermutigend aber eine klare Antwort auf meine Frage: “Wo fahre ich morgen zum Derby hin?”.
Zurueck in der Marina sah ich einige Guideboote mit ordentlich Fisch von westwaerts zurueckkommen. Die Sache war also klar; morgen geht’s nach Westen! Auf der abendlichen Pre-Party zum Derby in der Marina verstaendigte ich mich noch mit meinen Freunden Carl und Dave und Jerrod; auch die wollten am naechsten Tag nach West.
4:00 Uhr frueh ‘raus aus den Federn und meine Crew eingesammelt: Christoph aus Berlin und Rick aus meinem Buero. Als wir die Marina per Boot verliessen, empfing uns unheimlich dichter Nebel im Halbdunkeln. Ich konnte durch die Windschutzscheiben fast nichts erkennen und fuhr eigentlich nur nach Instrumenten waehrend Christoph ueber das Dach weg angestrengt nach Hindernissen im Wasser vor uns Ausschau hielt. Mehr als 15 km/h traute ich mich gar nicht zu fahren. Ich wusste, dass Carl und Jerrod kurz hinter mir waren, aber sehen konnte man sie nicht. Vor der Hafeneinfahrt verursachte die Ebbstroemung regelrechte Whirlpools und als ich vielleicht 5 Sekunden mal nicht auf den Kartenplotter schaute, rief Christoph aufgeregt “Baeume voraus!”. Schwupp, hatten mich die Stroemungen mal eben 90 Grad vom Kurs abgelenkt und wir steuerten voll auf die Kueste zu. Huch, das war knapp!
Dann hoerte Christoph ein Brummen von hinten und schon kam ein Boot zuegig 10 m neben uns vorbeigedonnert. Ich konnte gerade noch erkennen, dass das Carl in seinem Trophy war. Er hatte uns ueberhaupt nicht wahrgenommen! Das war noch knapper! Ich schuettelte nur den Kopf ueber so viel Unvernunft aber konnte mich selber auch nicht dazu ueberreden, wieder umzukehren und vielleicht 2 Stunden zu warten bis der Nebel sich verzog. Ich funkte Jerrod an und er fluchte noch weil irgendjemand ihn fast ueber den Haufen gefahren hatte – ich erklaerte ihm, dass das unser Buddy Carl gewesen war. Tja, tja. Langsam aber halbwegs sicher tuckerten wir durch das Milchglas bis zum Otter Point. Gott sei Dank war dort wenigstens so gegen 50 m Sicht und es wurde minuetlich besser.
Wir setzten 3 Ruten ein und zogen unsere Runden dicht am Ufer oder mal weiter raus. Nichts. Gar nichts! In der Hoffnung die Fische weiter westlich zu finden, schleppten wir weiter vor Muir Creek wo ich Dave mit seiner Crew fischen sah. Auch dort tote Hose; nur ein Guide rief uns zu, dass er einen mittleren Chinook schon eingetuetet hatte. Nach einigen Runden auf und ab inklusive Versuche die Fische dicht unter der Oberflaeche oder dicht am Grund aufzukratzen, entschloss ich mich eine etwas weitere Runde ueber tieferem Wasser zu fahren. Irgendwo mussten doch Fische sein. Carl fischte ganz weit west bei Sheringham Point und meldete ueber Funk auch nur Grabesstille.
Als wir etwa ueber 100 m tiefem Wasser waren, ruckte ploetzlich die Mittelrute los. Christoph spang hinzu und war am Fisch. Ich fragte “Gross? Klein?”, “Weiss nicht!” meinte er. Vorsichtshalber riet ich Rick die rechte Rute einzuholen um Platz zur Landung zu schaffen. Waehrend Rick einholte, rief er ploetzlich “Fish on!”. Beim Einholen zugeschnappt! Kurze Zeit spaeter explodierte das Wasser hinter dem Boot und wir sahen einen ordentlichen Coho an Christoph’s Schnur verrueckt spielen. Das wird wohl ein unmarkierter sein, bemerkte ich, da die Quote im Moment so bei 5:1 lag. So hatte ich statt Kescher die Loesezange parat und als ich das Vorfach ergriff und den Fisch eine Sekunde ruhig betrachtete – keine Fettflosse! Das ist ein Keeper! Kescher, schnell, ach Rick hatte ja mit seinem Fisch zu tun – nichts ging schnell genug aber wir hatten Glueck, der Haken sass gut und der Fisch kam in’s Boot!
Na also! Christoph war schon mal in der Wertung. Knapp 6 Pfund. Was hatte denn nun Rick am Haken? Ein bisschen kleiner sah das aus –wahrscheinlich ein kleinerer unmarkierter Coho. Ein kurzer Blick neben dem Boot und: Ein Pink! Ha, auch ein Keeper! Diesen schwuppte ich gleich am Vorfach ins Boot. Wenigstens keine Schneider mehr! Dave und Carl hatten noch gar nichts! Jerrod beantwortet keinen Funkspruch mehr. Was auch immer das heissen mochte.
Wir fingen kurze Zeit spaeter noch einen Coho der nun tatsaechlich unmarkiert war und wieder schwimmen durfte. Aber von Chinooks oder weiteren Cohos oder Pinks war keine Spur. Ich fuhr uns noch zu einer anderen Stelle an der ich schon oft Winter Springs vom Sand-Kiesboden heraufgeschleppt hatte. Ging an dem Tag auch nicht. So wollten wir wenigstens noch ein paar Felsenbarsche pilken um vielleicht mit etwas Glueck in der Bodenfischkategorie zu punkten. Rick und Christoph fingen auch eine Menge Fisch allerdings waren es entweder untermassige Lings oder nur kleinere Felsenbarsche. Wir nahmen 2 von knapp 2 Pfund mit. Ein Greenling, den wir wieder freiliessen holte sich ein Adler ca. 5 m hinter dem Boot. Coole Show! Dann war es Zeit zum Einkehren.
Ich half mit bei der Wiegestation und sah zuerst viele meiner Angelfreunde und Kollegen, die mit mir westwaerts geangelt hatten, zurueckkommen. Kaum einer hatte was vorzuweisen. Dave and Carl waren komplett leer ausgegangen. Jerrod hatte einen Chinook von 12 oder 13 Pfund aufgetrieben und selbst die Top Guides hatten nur 1 oder 2 Lachse fuer Ihre Crew. Doch dann kamen auf einmal Teams mit vollen Kuehlkisten. Wow, die Ranglistenfuehrer wechselten sich nun im Minutentakt ab 19.8 Pfund, 22.5 Pfund, 23, 24, 26, 27, 28.6!!! Der Gewinner! Ein ehemaliger Nachbar von mir hatte bei Beachy Head diesen Prachtfisch gefunden. Der Faenger auf seinem Boot – das erste Mal Lachsangeln und sein erster Lachs ueberhaupt! Roland, der ex-Englaender brachte sein Team mit 6 (!!!) Chinooks zur Wiegestation. Und ein anderer Skipper hatte sein Team zu 8 Grosslachsen geschippert! Unglaublich. Und wo hatten alle die geangelt – ostwaerts zwischen Trap Shack und Beachy Head. Dort wo gestern selbst mit Dynamit nichts zu machen gewesen waere! Unfassbar!
Die Party lief dann gut ab, Essen klasse, Live-Band klasse, die Derby Gewinner freuten sich ueber tolle Preise und selbst die Nichtfaenger und alle anderen Teilnehmer brachten irgendeinen kleineren Preis mit nach Hause. Die Vertreter der Lachsprojekte bekamen ihre Cheques ueberreicht und freuten sich sehr ueber die noetige Unterstuetzung. Bei Freibier und Geselligkeit liessen wir den Nachmittag ausklingen. Nur mein Fishing-Ego war etwas angeschlagen. Zwar hatten wir noch gar nicht mal so schlecht abgeschnitten – es waren etwa 70 Lachse eingewogen worden (ca. 100 gefangen) aber 75% der Boote hatten eine sehr magere Ausbeute waehrend 25% richtig zugeschlagen hatten. Die groessten Bodenfische waren uebrigens auch nicht von schlechten Eltern. Ein Boot hatte 2 Lings von 17 und 16 Pfund und einen Yelloweye Rockfish (Verwandter vom Rotbarsch) von ueber 10 Pfund an Bord. Einer hatte einen kleinen Heilbutt beim Lachsschleppen erwischt.
Am naechsten Tag war ausschlafen und entspannen angesagt. Christoph begab sich mit seiner Familie auf ihre abenteuerliche Reise durch BC. Ich begann mein Boot zu reinigen und dachte dabei, warum nicht nochmal eine kurze Abendtour zum Otter Point bevor ich alles reinigte? Ich ueberredete meine Frau, die sonst eigentlich nur sehr selten mit auf’s Boot kommt. Ich versprach “Nur 2 Stunden!”. Es war warm und sonnig, leider aber auch etwas schaukelig. Ich wollte einfach nochmal wissen ob ich mich noch auf meine Fischinstinkte verlassen konnte. Nach 2 mickrigen Tagen kann man schon mal an sich selber zweifeln. Ich holte schon die 2. Rute zum Einpacken ein als die linke Rute ausloeste und tief in die Knie ging! Fish on! Endlich, und das war kein Kleiner! Es entwickelte sich ein schoener Drill bei dem der Fisch mehrfach ordentlich Schnur von der Rolle riss. Als ich den Fisch das erste Mal kurz neben dem Boot hatte, sah ich, dass der grosse Chinook das Koederfischsystem komplett inhaliert hatte.
Dann zog der Fisch wieder ab und ich hatte kurze Zeit spaeter einmal kurz das Gefuehl ich haette ihn verloren. Es ruckte kurz und fuer einen Bruchteil einer Sekunde war die Schnur schlapp. Aber dann riss es wieder Schnur ab. Als ich den Brocken dann endlich muede neben dem Boot hatte, hing der Bursche nur noch am Angsthaken in der Lippe ganz vorn. Haette ich keinen Angsthaken gehabt, haette ich ihn wohl schon vorher verloren. So liess er sich super leicht abhaken und ich gab ihm einen kleinen Stubser auf welchen er sich mit einem kraeftigen Schwanzflossenschlag in die Tiefe verabschiedete. Nun war die Welt wieder in Ordnung. Der Lachs wird wohl um die 25 Pfund gewogen haben. Wo der nur am Vortag war? Schade nur, dass Christoph das nicht mehr erleben durfte. Der jagt jetzt Forellen im Gebirge und in den Seen im Inneren BC’s.