Ohja....Trabbi fahren war immer irgendwie eine Weltreise.
Man schleppte immer alles mit, was unterwegs kaputt gehen konnte.
Das Spannband (für den Lüfter) war so ein Kandidat. Das musste man dabei haben. Am besten in doppelter Ausführung.
Natürlich auch den Keilriemen, den man bei Bedarf durch die VEB ESDA Strumpfhose seiner Mitfahrerin ersetzen konnte.
Den Regler hatte ich früher auch immer dabei. Irgendwann hab ich die Kabel an den Regler gelötet und somit konnten die Kontakte nicht mehr wegbrennen.
Die Unterbrecherplatte für die Zündung nebst Krokodilklemme und Kontrolllämpchen waren auch im Gepäck.
Ein Vergaser dümpelte auch irgendwo in einer Ecke des Kofferraums daher.
Da ich immer rasant um die Ecken fuhr, sind mir mit konstanter Boshaftigkeit die Kreuzgelenke in den Antrieben weggebrochen.
Ja auch die lagen...inkl. der Sprengringzange im Kofferraum.
Ich sehe schon die vielen Fragezeichen bei unseren Freunden westlich des Harzes über dem Kopf
Nur ein Atomschlag hätte mich auf meinem Weg gen Norden stoppen können.
Für alle Fälle hatte ich sogar noch ein Dosimeter zur Messung der Strahlenaktivität im Handschuhfach.
Das allerdings hab ich vom Genossen Hoffmann geborgt.
Egal.
Highlight war aber der Werkzeugkasten vom Klassenfeind. Dieser half in jeder noch so traurigen Stunde meines Trabants, selbigen wieder auf die Räder zu bekommen.
Kam man 320 Kilometer mit dem Tank weit?
Ich glaube hatte damals eine Paranoia. Ich habe öfters getankt.
Bin in Dresden Altstadt auf die Autobahn und habe das erste mal 80km weiter in Freienhufen getankt.
Dann gings schnurstracks mit wilden Tempo von 90 km/h in Richtung Berlin.
Am Schönefelder Kreuz winkte ich immer hübsch artig den Blödmännern im Wachturm der damals dort mitten auf der Autobahn stand.
Keine Ahnung was die dort damals gemacht haben?!
Am Adlergestell gings runter und dann durch unsere schöne Hauptstadt (bitte Kotz Smilie denken)
Leider musste ich immer rechts rum fahren. Links auf die F/B96 hat man mich nie gelassen.
Die Hochhäuser in Rudow und Neukölln durfte ich mir erst Jahre später ansehen
Also die F96a quer durch Berlin, weiter durch 65 Millionen Schlaglöcher und mindestens eben so viele verfallene Häuser.
Hinter Berlin wurde es dann wieder netter.
In Oranienburg wurde dann ein zweites mal getankt.
Ab jetzt wurde sich in die endlose Schlange gen Norden eingereiht.
Vereint mit einem lustigen rännngdänngdäng und ebenso lustigen blaugrauen Abgasfähnchen wurde der Norden annektiert.
Man lernte unterwegs Städte und Dörfer kennen wo man sonst nicht tot übern Zaun hängen möchte.
Irgendwie hab ich ganz schlechte Erinnerungen an Neustrelitz.
Wir erinnern uns als wäre es noch gestern gewesen: dummerweise hörte dort irgendwo vor 22 Tausend Jahren die Eiszeit auf.
Es entstanden schöne Seen - wie die Müritz- Aber auch Berge....
Berge waren nun gar nicht Trabbis Heimat! Der Zwickauer Zweitakter wurde hier mindestens genau so gefordert wie bei heute Autos bei der Paris-Dakar Rallye.
Mit der Kraft der zwei Kerzen schnaufte die kleine Knutschkugel die Berge hinauf um dann in Neubrandenburg fröhlich kreischend mit 80 ins Tal zu donnern.
Meist wartete hier schon der allgegenwärtige Volkspolizist auf den "gemeinen" Sachsen.
Nach der Korrektur der Urlaubskasse und Muttis mahnenden Blicken gings weiter gen Norden.
In Altentreptow wurde der Leukoplastbomber noch mal gefordert. Der letzte Berg vorm Ziel!
Fieserweise war die Berg -hoch Spur zweispurig.
Hier zeigten dann die Ladas und Wartburgs, dass die 50 PS mehr hatten. Angeber!
Zur Strafe wartete oben am Berg auch noch mal der Freund und Helfer...
Diesmal waren wir mangels Geschwindigkeit nicht dabei.
Weiter ging's vorbei an nervigen Städten wie Burow oder Jarmen, wo man nur mit ordentlich Anlauf über die Peene Brücke kam.
Irgendwann sah man Greifswald. Das war dann immer für mich das Zeichen...TANKEN!
Hier roch schon alles irgendwie nach Meer. Machte man den Hals gaaanz lang, konnte man in der Ferne schon Stralsund sehen.
Es waren aber noch weite 32 Kilometer auf der F96. Spätestens hier lagen dann die mutigen Fahrer am Wegesrand, welche eben nicht das Spannband, den Regler oder Muttis Strumpfhose dabei hatten. Auf diesen 32 Kilometern lauerte oftmals noch einmal der Volkspolizist und guckte, ob sich die Arbeiter und Bauernklasse auf dem Weg zum Urlaub an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit hielt.
Schon nach 7 einhalb Stunden kamen wir in Stralsund an. Im Westfernsehen hatte ich mal irgendwas von Ikebana gesehen, Diese Weisheit half mir beim Aussteigen aus dem Plaste Ei immer sehr. Keine 3 Stunden später war ich wieder fast der Alte.
Mein Gott...war das eine Zeit!
Heute schaffe ich die selbe Strecke in 3 Stunden....allerdings: in Berlin ist dann auch wieder der Tank leer... komisch...