3.10.2012, Sooke
Gestern (3.9.2012) war Feiertag und wie kann man einen Feiertag besser verbringen als auf Fischjagd am Wasser? Der Wind war nicht existent und es sollte richtig warm werden. Mein Freund Dave war heiss, da er seit unserem Angelderby im Juli nicht mehr angeln war. Er wollte nochmal einen richtigen Brummer auf die Schuppen legen. Auch wenn die Fangberichte der letzten Tage nicht allzugrosse Hoffnungen auf ein paar spaete Gross-Chinooks aufkommen liess, eine kleine Chance besteht halt immer und das reicht uns Anglern doch meistens schon.
Kurz nach 5 Uhr holte ich Dave in der Vorstadt ab und wir wasserten mein Boot im ersten Daemmerlicht kurz vor 6:00 in Sooke. Es war reger Betrieb an der Bootsrampe; offensichtlich hatten nicht nur wir diese Idee den Feiertag auf dem Wasser zu verbringen. Schnell duesten wir aus dem Sooke Hafenfjord hinaus und stoppten gleich zuerst am Possession Point direkt vor der Hafenmuendung. Die sonst so betriebsame Stelle, weswegen ich sie meistens vermeide, war heute befischbar und durch die Naehe zur Hafenmuendung sicher einen Versuch wert. Der Sooke River muendet im Sooke Hafenfjord und da noch kein Regen gefallen war seit Juni mussten sich die Sooke River Chinooks noch irgendwo im Meer vor der Flussmuendung herumtreiben. Das war vielleicht Dave’s Chance.
Wir liessen gleich 3 Ruten ein. Eine bestueckte ich mit einem Plastik-Sandaalimitat (Squirt genannt) – die ging ziemlich tief hinunter in Bodennaehe, und zwei Koederfischruten in flacheren Tiefen. Wir drehten 3 Runden um das zentrale Felsenriff, dass Futter- und Raubfisch an diese Stelle anzog, aber es tat sich absolut nichts fuer uns. Wir sahen wie ein anderes Boot den Kescher herabholte und einen kleineren Lachs landete – wahrscheinlich einen Coho. Bei einer recht dicht am Riff vorbeifuehrenden Schleife zuckte meine Squirtrute und ich fuehlte einen leichten Widerstand beim Anschlag. Schnell zog ich einen halbstarken Felsenbarsch heran der wieder schwimmen durfte.
Wir verabredeten, dass wir es erst hart auf Chinook probieren wollten fuer die ersten 2-3 Stunden und erst dann auf Cohojagd umstellen wollten. Als der Gezeiten/Stroemungswechsel bisslos vorueber war, schleppten wir mit der Ebbstroemung Richtung West direkt vor der Hafenmuendung entlang. Dort war der Untergrund sandig/kiesig und nicht viel tiefer als 30-40 m. Ich liess den Squirtkoeder ueber Grund schleifen. Vielleicht hingen ein paar Lachse direkt am Grund und suchten nach Sandaalen.
Am regelmaessigen Ruckeln der Rutenspitze und des Downriggerarms konnte ich den Bodenkontakt des Downriggerbleies erkennen.
Es ist fuer ein ungeuebtes Auge schwer den Unterschied eines Bisses zu erkennen wenn die Rutenspitze durch den Bodenkontakt schon staendig wackelt. Meistens loest die Rute dann ploetzlich aus wenn ein Fisch richtig haengt und dann weiss man Bescheid. Das Ausloesen macht sich durch ein ploetzliches Zurueckschnellen der bogenartig gespannten Schlepprute bemerkbar.
Als ich wiedereinmal etwas tiefer stellte um wieder Bodenkontakt herzustellen, merkte ich wie das Downriggergewicht auf dem Boden aufschlug. Im gleichen Moment schnellte die tiefe Squirtrute zurueck und ich wusste was das bedeutete. Fish on! Ich schnappte mir schnell die Rute und kurbelte schnell ein paar Umdrehungen um die momentan schlaffe Schnur sofort einzuholen und Spannung zum Fisch herzustellen. Dave schaute unglaeubig herueber – er traute mir noch nicht so richtig und dachte ich traeumte. Selbst nach mehreren Sekunden speedkurbeln konnte ich immer noch keinen Kontakt finden. Aber das war ja bei meiner letzten Solotour auch schon so gewesen.
So kurbelte ich ueberzeugt weiter und vielleicht nach 20 m fand ich Widerstand und ploetzlich war die Rute krumm. Dave staunte nicht schlecht. Der Fisch kaempfte nicht schlecht fuer seine Groesse – oder besser gesagt Kleine, denn das das nicht unser Zielfisch Gross-Chinook war, war schnell festgestellt. Trotzdem genoss ich den Drill und die pfeilschnellen Fluchten – besonders als der Fisch in Bootsnaehe kam. Dann hatte Dave genug von dem Spiel und hielt ihm dem Kescher vor’s Gesicht und der Lachs schoss hinein.
Naja, da war noch Luft nach oben, mit ca. 6 Pfund haette ich den Kerl sonst wieder freigelassen aber da ein Grillabend anstand, musste er dieses Mal ‘dran glauben. Abgeschlagen und auf Eis gelegt und schnell die Ruten wieder eingesetzt. Dave fischte weiter flach auf der Suche nach der Grossmutter des eben gefangenen.
Mein Angelkumpel Rick kam mit seinem Boot vorbei und fing an zu fischen. Er kennt diese Stelle sehr gut und hat oft den richtigen Riecher. Aber Dave draengelte das wir vielleicht Otter Point probieren sollten. Ok, es war Dave’s Jagdtag und so packten wir ein und flitzten die 10 Minuten zum Otter Point. Auf der Fahrt versanken wir in einer Wand aus Nebel. Er wurde so dick, dass ich, als wir uns dem haeufig frequentierten Otter Point naeherten, die Windschutzscheibe oeffnete und konzentiert hinausstarrte und horchte waehrend wir langsam vorwaerts dampften. Jetzt waere Radar klasse.
Als das GPS erkennen liess, dass wir unser Ziel erreicht hatten, machten wir die Rute klar und schleppten durch den Nebel. Es war gespenstisch, es war kein Land zu sehen obwohl es nicht mehr als 100 m weg war. Wie im Spuk erschienen ploetzlich andere Boote und verschwanden wieder. Teilweise war die Sicht nicht mehr als 50 m. Als wir am Ende der Otter Point Tack eine weitgezogene 180 Grad Wendung machten, sah ich Dave auf mich zu stuerzen und seine neben mir steckende wild pumpende Rute herausreissen. Aha, das schien was ordentliches zu sein! Dave schlug an und die Rute bog sich tief durch. Gleich kreischte auch schon die Rolle auf und im Nu verschwanden 20-30 m von der Rolle.
In dem Moment als der Fisch stoppte und sich wohl umdrehte verlor Dave die Spannung fuer den Bruchteil einer Sekunde – aber das war schon zu lang. Die Rute wurde schlapp und Dave kurbelte nur noch sein leeres Geschirr ein. Die Enttaeuschung stand ihm auf dem Gesicht geschrieben. Dave hasst es Fische zu verlieren! Der Koederfisch war noch zur Haelfte im System. Der Fisch musste wohl nur den Einzel-Angsthaken erwischt haben, der ohne Widerhaken beim wilden Kopfschuetteln wohl nicht richtig fassen konnte.
Dave bekoederte neu und liess wieder ein. Keine 10 Minuten spaeter zuckte wieder seine Rute und Dave war hellwach und sofort dabei. Diesmal hing der Fisch, war aber eine andere Gewichtsklasse. Nach kurzer aber heftiger Gegenwehr kam ein etwa gleicher Chinook wie mein vorheriger neben dem Boot zu Tage. Auch dieser hing nur am Angsthaken. Weil er so leicht hing hatte Dave Erbarmen und erloeste ihn mit der Zange und er schoss gluecklich in die Tiefe.
Zuversichtlich, dass vielleicht eine richtige Beisphase einsetzte, kreisten wir weiter ueber die gleiche Stelle. Aber leider konnten wir keine weiteren Tanzpartner finden. Nachdem wir eine weitere Stunde erfolglos bis zu Sheringham Point weit im Westen geschleppt hatten, beschlossen wir ueber tieferem Wasser weiter ‘draussen nach Cohos zu suchen.
Im jetzt nicht mehr ganz so dichten Nebel fuhren wir ca. 2 km raus und liessen dort 3 Blinker zwischen 18 und 35 m Tiefe ein ueber 200 m tiefen Wasser. Nach einer kurzen Weile zuckte meine tiefe Rute los und Dave war naeher da und riss die Rute raus und schlug an – hing. Da er aber mit einer Linkskurbelrolle nichts anfangen konnte, uebergab er schnell an mich. Waehrend ich den Drill eines feisten Cohos genoss, zog Dave’s Rute ab und auch er hing an einem Fisch. Doubleheader! Yippi!
Mein Coho zog zur Oberflaeche und sprang 2 Mal hintereinander voll aus dem Wasser. Klasse. Dann waelzte er sich wie wild vielleicht 15 m hinter dem Boot und ploetzlich flog mir der Haken entgegen. Na was soll’s, hat ja Spass gemacht, dachte ich. Ich steckte die Rute in den Rutenhalter und fing an die noch eingesetzte Mittelrute einzukurbeln um beide wieder am Downrigger zu montieren. Dave genoss seinen Cohodrill. Ich hatte die Mittelrute gerade am Boot als es hinter dem Boot ploetzlich platschte und meine andere im Rutenhalter steckende Rute ploetzlich fast gefaltet wurde. Nanu?
Da hatte sich doch glatt ein Coho den 10 m hinter dem Boot surfenden Blinker an der Oberflaeche geschnappt! Ich hatte die Vermutung, dass das vielleicht sogar der Coho war, den ich eben verloren hatte. Wer weiss! Jedenfalls war ich ploetzlich wieder in Aktion und drillte den Coho recht kompromisslos heran. Aha, keine Fettflosse – ein Markierter – der geht mit! Dave konnte nicht keschern, da er noch mit seinem Fisch zu tun hatte. So musste ich alleine klar kommen was aber prima funktionierte. Ein schoener blitzblanker Silberbarren kam zu meinem kleinen Chinook auf’s Eis. Fast die gleiche Groesse – der Coho war etwas laenger aber der Chinook etwas fetter.
Dann war Dave’s Fisch landungsbereit. Seiner war einiges groesser als meiner aber wie das meistens dann so ist – der war unmarkiert und musste also wieder freigelassen werden. Schweren Herzens liess Dave den vielleicht 8-9 Pfuender wieder frei. Kurz danach packten wir ein.
Auf dem Rueckweg stoppten wir gespannt bei Ricks Boot – in der Erwartung auf eine Lektion von wegen das man eine gute Stelle nicht so schnell verlassen darf und mehr Geduld haben muss. Ich haette mich nicht gewundert wenn er uns 2 Chinooks ueber 30 Pfund entgegengehalten haette.
Aber ausser 2 Cohos hatte auch er nichts vorzuweisen. Klarer Beweis, dass es heute einfach nicht hatte sein sollen mit Gross-Chinooks. Dave hatte immerhin fuer kurze Zeit eine Chance gehabt. Aber ein gehakter Lachs ist noch lange kein Filet im Schrank!
Fotos:
1: Trolling in den Nebel
2: Kein Regenbogen sondern ein Nebelbogen
3: Freund Ricks Boot
4: Begutachtung des Fanges
5: Hier mal die Unterschiede zwischen Chinook und Coho. Fuer Lachsanfaenger ist es immer schwer zu unterscheiden, welche Sorte man denn da eben am Haken hat und darf man den Fisch nun mitnehmen oder nicht. Am Anfang sehen die Kerle alle silbern aus und wenn man dann so eine haeufige Groesse zwischen 5-10 Pfund gefangen hat dann kann das fast alles sein. Hier im Bild kann man schoen ein paar wichtige Unterscheidungsmerkmale zwischen Coho und Chinook sehen - wenn man sonst nur einen davon hat wird das nicht so richtig klar: Der Chinook hat Punkte auf der Schwanzflosse - der Coho nicht. Der Chinook hat viele deutliche Flecken und Punkte auf dem Ruecken und der oberen Koerperseite - der Coho nicht. Der Coho hat weisses Zahnfleisch und nur eine schwarze Zunge - der Chinook hat ein komplett schwarzes inneres Maul.