AW: Estland!
So, da wir jetzt nun wieder aus Estland zurück sind, mal kurz ein paar Eindrücke für die, die es interessiert.
Wir waren ja, wie schon in einem Beitrag etwas weiter oben angekündigt, nicht in Tallinn (wie die meisten Touristen), sondern auf der Insel Saaremaa (früher Ösel), der zweitgrößten Insel in der Ostsee (nach Gotland). Wir hatten uns dieses Ziel extra ausgesucht, weil wir (also meine Frau und ich) im Urlaub gern unsere Ruhe haben wollen, Massentourismus ist uns ein Graus.
In dieser Hinsicht hat uns Saaremaa wirklich nicht enttäuscht. Die Bevölkerungsdichte geht gefühlt gegen null, außerhalb der Inselhauptstadt Kuressaare (früher Ahrensburg) trifft man wirklich kaum eine Menschen. Die "Dörfer" sind eher sowas wie mittelalterliche Weiler und bestehen meist aus einer handvoll locker im Wald verstreuten Häuschen. Die Straßen sind bis auf die Hauptstraßen meist unbefestigt (Sand- oder Kiespisten). Die Umgebung besteht zu etwa zwei Dritteln aus Wald, fast einem Drittel aus Heide- oder Moorlanschaften und ganz vereinzelten Weiden bzw. kleineren Äckern.
Das hängt wohl damit zusammen, daß Saaremaa nach dem Krieg bis zur Unabhängigkeit Estlands absolutes militärisches Sperrgebiet war (Russen) und so kaum ein Zivilist auf die Insel kam. Die angestammte Bevölkerung ist überwiegend 1944 über die Ostsee nach Schweden abgehaun, als die Russen die Insel von den Deutschen zurückerobert haben, da die einheimische Bevölkerung wohl mit den "Besatzern" sehr gut ausgekommen ist. Das fanden die Russen aber nicht so toll, so daß Sie dann unter den dagebliebenen Einheimischen ziemlich gewütet haben. Für Geschichtsinterressierte gibts eine sehr schöne und umfangreiche Ausstellung zur Inselgeschichte auf der alten Ordensburg in Kuressaare. Nachdem also die Inselbewohner weg waren, sind nun auch noch die Russen weg, deshalb ist die Insel jetzt also kaum bewohnt.
Die Strände bestehen häufig aus Kies und Steinen, stellenweise sind aber auch schöne Sandstrände vorhanden, nur nicht so breit wie z.B. auf Rügen. Dafür hat man den Strand - auch bei bestem Badewetter - meistens völlig für sich alleine, wirklich kein Mensch weit und breit. Uns hat das manchmal an Bilder aus der SiFi-Docu "100 Jahre nach dem Menschen" erinnert, irgenwie ein bisschen surreal. Aber wenn man sowas mag (und aushalten kann!) wirklich mal eine nette Erfahrung.
Die Esten, die wir kennengelernt haben (etwa 3 - 4, unsere direkten Nachbarn) waren etwas zurückhaltend, aber sehr, sehr nett, das hatte man uns ja schon angekündigt, und das stimmt auch wirklich so. Viele sprechen gut deutsch, die Jüngeren eigentlich alle englisch, so daß Verständigung kein Problem ist.
Unser Fazit: ein sehr schönes, fast menschenleeres Inselchen, auf dem man garantiert ohne Hektik und Verkehrslärm sehr gut ausspannen gut. Für einen Angelurlaub ist die Insel aber definitiv nicht zu empfehlen. Ich habs insgesamt 4 mal versucht (1 x von einer etwa 200 m langen Hafenmole aus, einmal in der Brandung, 1 x nachts am Strand im ganz flachen Wasser auf Aal und einmal mit Kunstködern auf Barsch oder Hecht). Der einzige Fang war eine etwa handtellergroße Flunder, sonst absolut garnichts. Wir haben dann bei unserem Nachbarn (Teilzeitfischer) Fisch bestellt. Als er eines Nachmittags mit seinem Pickup an unserer Hacienda anhielt, hatte er gerade seine diversen Reusen und Stellnetze geleert. Der Fang bestand aus 2 Kisten (die flachen Plastik-Fischstiegen) Flundern, davon etwa 90% handtellergroß. Nach einigem suchen haben wir dann 4 etwa 20 cm lange Monsterflundern rausgesucht, das waren wirklich die größten. Satt sind wir davon aber (2 Fische pro Nase) nicht geworden. Habe dann für später Barsche bei ihm bestellt und auch bekommen (2 Stück von etwa 20 cm Länge), mehr war nicht drin. Ich habe dann das Angelzeug weggepackt, wo keine Fische sind, kann man eben auch keine fangen. Obs an dem extrem flachen Wasser liegt oder am sehr niedrigen Salzgehalt, keine Anhnung, aber wenn man nur angeln will ist das sicher kein lohnendes Ziel.
Ach so, das hätte ich fast vergessen. Da meine Frau meine leichte Enttäuschung über das ausgefallene Angelabenteur gemerkt hat, hat sich mich - nett und verständnisvoll wie sie nunmal ist - gedrängt es doch wenigstens einmal im einzigen Insel-Forellenpuff zu versuchen, weil sie doch sooo gerne mal eine richtig frische Forelle essen würde. Nagut, obwohl ich Forellenseen eigentlich nicht mag, habe ich mich dann doch noch dazu breitschlagen lassen und bin mit Ihr die ca. 50 km zum besagten Ort gedüst. Der Forellisee war der Hammer! Ein Gartenteich von etwa 20 qm Größe, etwa einen halben Meter tief, glasklares Wasser und darin exakt 2(!) Forellen (die konnten sich ja nicht verstecken). Drumherum etwa ein halbes Dutzend "Angler" (waren soweit ich das an der Sprache mitbekommen habe auf alle Fälle Russen dabei und vermutlich auch paar Litauer oder Letten), die mit geborgten 2 m - Bambusstippen (konnte man kostelos vom Betreiber des "Teiches" bekommen) den beiden Fischen hinterherrannten und denen immer wieder eine Köder (Teig oder sowas) vor die Nase plumpsen ließen. Naja, das habe ich dann doch lieber gelassen, obwohl meine Frau doch sooo gerne mal frische Forelle gegessen hätte. Die haben wir dann aber paar Tage später noch in einem Fischgeschäft gekauft, wo sie auch deutlich günstiger waren als am Forelliteich (dort konnte man auch ohne zu angeln geschlachtete Forellis kaufen). Auch so eine irre Geschichte: winziges Nest mit einer Handvoll Häusern mitten in der Pampa, aber was gibst dort? richtig: ein Fischgeschäft!
So, ich hätte gern noch ein paar Bilder reingestellt, blöderweise hat die Speicherkarte der Kamera irgendeine Macke, so daß ich derzeitig nicht auf die Bilder zugreifen kann (obwohl der Speicher entsprechend belegt ist?). Wenn ich das die nächsten Tage doch noch hinbekommen sollte, stelle ich noch paar Bilder rein.
PS: Danke AF für die vielen Tips!