3.6.-8.3. Columbia River, Castlegar, BC, 2025
Tag 3
Wieder liess uns Graham ausschlafen – diesmal wollten wir uns sogar erst um 14 Uhr an der Rampe treffen. Dafuer wollten wir bis zur Dunkelheit angeln. Zwar gab Graham auf seiner Webseite an, dass ein 6h Trip mit ihm $600 Dollar kosten wuerde, aber so genau nahm er das wohl nicht - gestern hatten wir locker 9h auf dem Wasser verbracht und auch heute wuerden es wohl wieder mindestens 7h werden. Als wir uns am Telefon verabredeten, fragte er mich noch ob es ok waere wenn er seine Ziege mit auf’s Boot bringen wuerde. Erst dachte ich ich haette ihn falsch verstanden, dann vermutete ich er machte irgendeinen komischen Kootenay-Witz den ich nicht verstehen konnte und letztlich war ich mir sicher er hatte was geraucht oder getrunken. Als ich den Jungs davon erzaehlte, wuchs die Spannung auf morgen noch mehr. Puenktlich um 2 waren wir alle an der Rampe – und wirklich, eine Ziege sprang aus seinem Pickup und sofort ins Boot und machte es sich in einem Fach vor dem Vordersitz bequehm. Gibt’s ja nicht! Wir staunten alle Baukloetze und konnten es nicht glauben. Graham erzaehlte das die Ziege zuhause alleine schon oefters Schaden gemacht hat oder weggelaufen war, wenn sie alleine war. Dann hatte er sie einmal notgedrungen zum Angeln mitgenommen und sie liebte es. Seither ist sie ein regelmaessiger Angelbegleiter fuer ihn und seine Gaeste. Daher auch der Name seines Geschaeftes – Chill-Billy (Billy ist der englische Spitzname fuer Ziege). Und ich dachte das kaeme vielleicht von einer altmodischen Bartwuchsvorliebe oder seiner Stimme oder wasauchimmer. Sachen gibt’s! Und er war sich sicher, sie wuerde ueber Stunden still und fromm in ihrem Fach liegenbleiben und niemanden stoeren. Und ich dachte ich haette schon alles gesehen. Die Jungs waren auch aus dem Haeuschen und machten eine Unmenge Fotos mit dem seltenen Angelkumpel.
Dann ging es los. Wieder ueber die Laichstrecke wo heute scheinbar noch mehr Grossforellen umherhuschten. Dann hielten wir in einer riesigen ruhigen Gumpe an und Graham erklaerte uns hier die Zanderstrategie: Wir wuerden mit einem Geschirr aehnlich einem Tiroler Hoelzl mit einem langen mit Spinner und Wurm bestueckten Vorfach ueber die kiesig-steinig bis sandige Stelle treiben oder minimal leicht anschleppen um den Koeder in Bewegung zu halten. Ich hatte zwei Barsch/Zander typische Spinnruten mit – das sollte prima gehen. Graham hatte ziemlich stabiles Geschirr mit Multirollen. Das schien mir etwas ueberdimensioniert aber er meinte es koenne gut sein, dass bei dieser Methode mal ein Stoer zuschnappt. Na klar – hoffentlich, grinsten wir. Er klaerte uns aber auf, das das gezielte Stoerangeln hier am Columbia nicht erlaubt ist und man Aerger gekommen kann wenn man mit zu starkem Geraet anrueckt. Machte fuer uns keinen Sinn. Catch & Release – na klar, das war am Fraser River auch so aber dort darf man gezielt auf Stoer angeln und es gibt sogar etliche spezialisierte Charter Guides. Dort verangelt man die Stoere wenigstens nicht mit unterbemessenem Geraet und ausserdem werden gefangene Fraser Stoere mit Kennzeichen versehen welche wichtige Information fuer die Wissenschaft bringen. Das verpasste man hier mit solchen kurzsichtigen Regeln; insbesonders weil man Angler hier ermutigt auf Zander zu angeln um soviel wie moeglich davon zu entnehmen und nunmal die Zanderangelmethoden auch auf Stoer faengig sind. Naja, da war sie mal wieder – die manchmal widersinnige Buerokratie!
Jedenfalls begannen wir unsere Zanderangelei und ich folgte Graham dicht am Heck. Alec vor uns hatte den ersten Biss; vermasselt. Dann hing was und er brachte einen kleineren Zander hoch. Fein gemacht, ging gleich auf Eis das Graham in einer Kuehlbox mitgebracht hatte. Er wusste, dass wir morgen Zander essen wollten. Nach zwei drei Runden war Ricardo’s Rute krumm und er brachte einen wirklich guten Flusszander ans Licht. Der war schon so um die 45 cm lang. Graham meinte zwar es gaebe hier zur Hauptzandersaison im Sommer regelmaessig mal Faenge von 3-5 kg Zander aber Ricardo’s Zander war guter Durchschnitt. Alex und ich konnten wieder keine Bisse verzeichnen obwohl wir doch alles perfekt nachmachten. Dann war ploetzlich Aufregung auf Graham’s Boot. Ricardo stand mit vollgebogener Rute am Bug. Fisch oder Haenger? “Grosser Stoer!” kam zurueck. Oh wow, hat er Bengel doch tatsaechlich wieder das Exotische gehakt! Der Junge kann sich nie an das normale Programm halten und muss immer das Aussergewoehnliche beim Angeln finden! Wir ruderten jetzt kleine Kreise um Graham’s Boot um Ricardo im Drill anzufeuern. Der bekam kaum ein paar Meter auf die Rolle um dann bei einer laessigen Flucht gleich wieder alles zu verlieren. Graham hatte zwar eine 25kg Hauptschnur aber nur 12 kg Vorfach. So konnte Ricardo nicht mit voller Kraft ziehen. Zweimal schien es der Fisch wuerde hochkommen und aufgeben – wir wollten ja nur mal sehen wie gross er war! Und Ricardo natuerlich den Mones Cup sicher machen. Graham meinte der Fisch waere bestimmt an die 2m lang, so wie der kaempfte. Ich kenne Stoere am Fraser als sehr sprungfreudige Fische aber der hier blieb einfach tief. Vielleicht hatte er noch nichtmal richtig gemerkt was los war.
Nach fast 40 Minuten Drill schnappte ploetzlich die Rute zurueck – ausgestiegen. Ah, sehr sehr schade! Aber wenigstens behielt der Stoer kein abgerissenes Geraet im Maul. Wir versuchten uns wieder auf die Zander zu fokusieren denn fuer ein ordentliches Mahl fuer uns vier sollte wenigstens noch ein Zander in die Kiste. Und diesmal kam Alex durch – ich sah seine Rutenspitze ploetzlich nach unten reissen und rief “Fish On!” bevor er selber ueberhaupt begriff was Sache war. Selbst beim Drillen war sich Alex nicht so sicher dass das ein Fisch war. Ich war mir sicher! Und dann kam ein brauchbarer 40 cm Zander hoch und ich sackte ihn ein. Klasse! Wir klatschten uns lautstark ab – unser erster Columbia Fisch! Wir brachten den Zander dann gleich zu Graham’s Fangtruhe. Waehrend wir wieder abrueckten war Alec ploetzlich am drillen. Und das konnte wieder nur ein Stoer sein denn seine Rute war bis ins Wasser gekruemmt. Unglaublich! Aber der hier schien kleiner und beherrschbarer zu sein. Ein paar Mal hoerten wir die Rolle singen und Alecs live-Kommentare dazu waren preislos. Nach 10 Minuten hatte er den Stoer neben das Boot gebracht und er hielt ihn kurz hoch fuer ein Foto. Das sind solche coolen Tiere – richtige Dinosaurier! Er war knapp einen Meter lang und eine gute Wertung fuer den Mones Cup. Eine Weile spaeter sprang Ricardo wieder auf und ruckte heftig an seiner vollgespannten Rute. Schon wieder Stoer? Erst schien es so aber es stellte sich heraus das es nur ein Haenger war und das abtreibende Boot fuer die Verwirrung sorgte. Zugetraut haette ich es dem Bengel! Dann brachen wir ab und machten uns auf den Weg flussabwaerts. Finales Ziel war wieder das Waterloo Eddy an der Bootslandestelle. Dort wollten wir den ganzen Abend verbringen.
Graham zog es wieder in den Kootenay River rein waehrend Alex und ich auf eigene Erkundung gingen. Wir probierten dieses und jenes aber mit den Forellen wollte es einfach nicht klappen. Wir fanden eine herrliche Uferstrecke an der man ohne Anstrengung langsam entlang driften konnte und viele vielversprechende Stellen dabei abangeln konnte. Und ploetzlich war es soweit; Alex’ Rute wurde hart nach unten gerissen und die Schnur vor seinen Fuessen flog nur so aus dem Boot. Whoaa! Alex parierte den Biss, der fast direkt neben dem Boot kam, gut und drillte jetzt einen sehr sportlichen Fisch an der Rolle. Ich hielt das Boot von der Hauptstroemung weg und drehte es wie Alex es brauchte denn der Fisch war ueber all und vorallem mochte er unter dem Boot durchrasen. Mensch, hatten diese Forellen Kraft! Wir waren beide angespannt, wollten wir doch endlich unsere erste Columbia Forelle landen! Hoffentlich springt sie nicht, dachte ich immer wieder und Alex gestand mir spaeter das er das auch dachte. Aber nach einem harten und beherzten Drill konnte ich die schoene Forelle endlich keschern. Wir jubelten laut und dann ruderte ich zum Ufer um dort Zeit fuer ein paar Fotos zu haben. Alex war gluecklich und bestaunte seine schoengezeichnete Forelle. Makelos, ein tiefrotes Band und so tief und hoch. Was fuer ein Muskelpaket. In der Columbiastroemung durchtrainiert! 49 cm lang und damit ein Haar kuerzer als Ricardo’s bisher beste Forelle. Dann schoss die Schoene wieder in die Tiefe.
Jetzt waren wir natuerlich motiviert das Ufer weiterso abzufischen. Aber leider schnappte nichts mehr nach unseren gedrifteten Fliegen. Nach der Brueckendurchquerung, die ich diesmal in der Strommitte vornahm und auch einwandfrei meisterte (obwohl ich jetzt auch weiss warum Graham von dieser Line abgeraten hatten – super starke Kehrstroemungen auf beiden Seiten!) liess ich Alex mal an die Ruder um selber auch mal ein bisschen zu angeln. Aber bis zur Waterloo Stelle passierte nichts mehr. Graham und die Jungs kamen dann ungefaehr zu selben Zeit dort an und sie hatten nichts mehr unterwegs gefangen. Aber jetzt ging es gegen Abend zu und im Waterloo Eddy sollte es heute klingeln. Aber auch hier mussten wir uns die Bisse erarbeiten. Aber ich wurde nun sicherer mit dieser Stelle und wusste nun wie man das Boot am Rand der harten Kehrstroemung halten musste. Dort bildeten sich regelmaessig tiefe Sogstrudel, richtige Loecher – manchmal ueber einen Meter tief. Kam man da rein dann schleuderte es das Boot im Nu mehrfach um die eigene Achse. Da musste man sich heraushalten, allerdings kamen auch die meisten Bisse tatsaechlich genau an den Raendern solcher Sog-Strudel. Dort sahen wir auch die meisten Insekten aufsteigen. Die Bisse kamen brutal hart – die Pose wurde oft ohne Vorwarnung einfach postwendend in die Tiefe gerissen. Ein Anschlag war trotzdem noetig – ein paar Bisse wurden nicht verwertet weil die Jungs zu lange gewartet hatten. Einige Fischkontakte waren auch ruckzuck nach einer harten Flucht oder einem Sprung wieder vorbei. Alec schien immer die Akrobaten zu erwischen und er drillte manchmal mehr in der Luft als im Wasser. Es war total aufregend wie kampfstark diese Fische hier waren. Und mit den winzigen Nymph-Fliegen war es eben schwierig die Fische auch am Schonhaken zu halten. Alex fing noch zwei schoene Forellen an dem Abend. Alec noch eine und Ricardo 3 oder sogar 4. Der Junge war on fire!
Und selbst ich fand ein paar Momente wo ich mir traute die Ruder abzulegen und meine Fliege auswurf. Und dann passierte es, die Pose war ploetzlich weg und ploetzlich riss es hart an meiner Rute. Der Fisch zog gleichmal 10 oder 20m Schnur ab. Und dann kam die Schnur flacher und ein Silbertorpedo schraubte sich bestimmt einen Meter hoch aus dem Wasser. Die Jungs yahooten mir anerkennend zu und feuerten mich an. Ein paar Mal hatte ich den Fisch schon in Bootsnaehe und Alex war mit dem Kescher bereit aber immer wieder zog der Fisch rasant ab. Unglaublich was solche wilden Flussforellen fuer eine Kraft und Ausdauer haben. Und dabei war die hier noch nicht mal die Groesste – vielleicht so um die 45cm lang; aber gebaut wie ein Football. Aber dann schaute ich etwas bange auf unsere Position und kommende Weiterdrift. Entweder musste ich jetzt das Ende des Drills forcieren und wieder rudern oder musste Alex an den Rudern vertrauen. Ich waehlte ersteres aber bei einem weiteren Sprung dicht am Boot verlor ich die Forelle. Egal, die zaehlt als so gut wie gefangen. Ich hatte auch meine erste Columbia Forelle!
Alle unsere Forellen waren zwischen 40 und 50 cm lang und kraeftig gebaut. Keine war weniger als ein Kilo schwer. Einige wahrscheinlich noch groessere Forellen sprengten unsere 3kg Vorfaecher. Die winzigen Nymphen konnte man nicht mit dickerer Schnur fischen. Das war keine einfache Angelei; finesse aber dann auch brutal. Als Alex und ich dann unser Boot herausholten, hoerten wir draussen noch Alec’s Freudenrufe. Ueber Funk kam dann: “Doppelfang – zwei Forellen im Kescher”! Ricardo’s war glatt 50 cm. Wow. Er baute damit in der Forellenkategorie minimal seinen Vorsprung aus. Ob wir noch eine Groessere erwischen wuerden? Geben tut es die auf jeden Fall – wir hatten die Brocken beim Laichen gesehen. Und Graham bestaetigte das hier jedes Jahr 10 und manchmal sogar 15 Pfuender gefangen werden. Aber solche Faenge waren schon die Ausnahme und auch super kompliziert zu landen, am Fliegengeraet unter solchen Stroemungsbedingungen.
Ich fragte Ricardo ob die Ziege sich denn benommen haette. Sie waere absolut still gewesen und haette nur mal alle 20 Minuten oder so seine Knie geleckt oder gestubbst um mal gekrault zu werden. So was Verruecktes! Dann verabschiedeten wir uns herzlich von Graham und wir dankten ihm das er uns so kompetent in sein kleines Angelparadies hier eingefuehrt hatte. Er wuenschte uns noch viel Glueck fuer die folgenden zwei Tage. Er hatte den Jungs noch ein paar Tipps gegeben. Jetzt mussten wir entscheiden was wir die noch zwei verbliebenen Tage machen wollten. Watangeln an einem Columbianebenfluss fiel wegen der Schonzeit aus. Mein Faltboot war fuer den Columbia hoechstens oberhalb der kritischen Autobahnbruecke brauchbar. Aber da musste es sich erst herausstellen ob der 6PS Motor auch gegen die Stroemung wieder zur Rampe zurueckkam. Graham hatte den Jungs noch von einem relativ nahen See erzaehlt, der eine Vielfalt von Fischarten hatte. Und dann war natuerlich noch dieser Columbia den wir ja erst angefangen hatten zu entdecken. Da im Columbia ja momentan ueber Tag nicht so viel lief, entschieden wir morgen frueh mal zu dem besagten See zu fahren und dann abends einfach nur zum Waterloo Eddy mit dem Driftboot zu fahren und dort wuerden die Jungs sich abwechseln und immer einer fuer 20 min am Ufer bleiben. Ich musste natuerlich immer rudern. Am letzten Tag wollten wir dann mit beiden Booten bis zur Zander/Stoerstelle treiben und dort paar Stunden verbringen und waehrend dann Ricardo und Alec versuchen wuerden mit dem Faltboot gegen die Stroemung wieder zur Einlassrampe zurueckzukommen, wuerden Alex und ich runter zum Waterloo Eddy driften und wir uns dort alle dann dort zum Abend wiedertreffen.









