Praerieseen in USA und Kanada

28.6. 2022; Dore Lake, Sask, Tag 4

Der vierte Tag war leider sehr windig – zumindest vor unserer Huette am Strand. Und zu windig um wieder auf die andere Seeseite zu duesen. Aber Paul hatte einen Ausweichplan. Es gab in einer der oestlichen Buchten noch eine Bootsrampe die zu windgeschuetzten Seeteilen fuehren sollte. Nur viel Erfahrung hatte Paul nicht mit dieser Seeseite. Nach unserem kleinen Propellermissgeschick am ersten Tag wollten wir an neuen Stellen sehr vorsichtig sein. Ausser dem Wind war es ein herrlich sonniger und warmer Tag.

Schnell waren wir nach dem Fruehstueck auf dem Wasser und die Uferseite der Bucht wo die Bootsrampe war, war auch gut windgeschuetzt. Je weiter man vom Ufer weg kam desto hoeher bauten sich die Wellen jedoch auf. Selbst diese Bucht hier war mehrere Kilometer breit. Paul suchte sich eine Strecke parallel zum Ufer wo es in etwa 3-4 m tief war, und dort schleppten wir entlang. Alec und Ian setzten wie immer auf die altbewaehrten blau-chromigen Crankbaits, Ricardo auf seinen zerschredderten aber immer noch faengigen gold-chrom Zweiteiler und ich probierte wiedermal alles in der Koederbox – nur zum Spass und zum Probieren.

Es war zwar nicht die verrueckte Beiserei wie in der kleinen Altarmbucht, aber es war stetige Action. Alle 10 – 15 Minuten hatte jemand einen Biss und brachte entweder einen schoenen, mittleren Hecht oder einen sehr ordentlichen Zander ans Boot. Immer wenn wir ein Krautfeld ueberquerten bekamen wir entweder eine Krautfahne an die Haken oder einen Biss. Die Fische standen hier im Kraut. Ich hatte am wenigsten Action – weil ich mich eben nicht mit dem Einheitskoeder abfinden wollte. Ich musste ja auch nichts mehr beweisen – ich lag ja in Fuehrung in der Hechtkategorie!

Wieder kamen wir an einer grossen Pelikankolonie vorbei. Die waren fleissig auf einer Untiefe im flachen Wasser auf Nahrungssuche. Paul hielt zu diesen Untiefen gehoerig Distanz. Nach 3h Schlepperei wollten wir noch etwas werfen. Paul liess das Boot dazu am Krautrand driften und wir feuerten unsere Koeder Richtung Ufer und Krautguertel. Aber wir fingen nur noch ein oder zwei kleinere Hechte auf diese Weise. Also ueberall standen die Hechte auch nicht gestapelt. So machten wir heute etwas frueher Schluss; wir wollten heute Abend nochmal einen Ausflug zum kleinen Shirley Lake machen. Auch Paul und Ian wollten diesmal das Forellenspektakel erleben.

Wir nahmen diesmal unser Abendbrot etwas frueher zu uns und packten das Faltboot auf’s Dach und haengten Paul kleines Aluboot am Haenger hinten an mein Auto. Gegen 18:00 Uhr machten wir uns auf den Weg. Damit waren wir eine Stunde frueher als gestern am See. Wir schoben zuerst das Aluboot ins Wasser und Paul, Ian und Alec fuhren los. Ricardo und ich bauten noch 10 Minuten das Faltboot zusammen und folgten dann den Anderen. Ich hatte vorher noch alle Angelkisten von Paul in der Huette durchgekramt und ein paar brauchbare Wobbler gefunden. Ich hatte sogar den exakt gleichen Wobbler, den Alec gestern so erfolgreich eingesetzt hatte, gefunden. Alec hatte naemlich keine Anstalten gemacht, ihn mir wiederzugeben. Er benutzte alle Tricks um seine Fuehrung in der Forellenkategorie zu behalten!

Es war heute Abend noch total windstill geworden. Ich versuchte mit dem Echolot den Futterschwarm wiederzufinden aber dieses Band in 4-5m Tiefe war heute nur noch andeutungsweise hier und da vorhanden. So schleppten wir unsere Wobbler erstmal kreuz und quer ueber den See. Nach einer Stunde hatte ich den ersten Biss – bis ich die Rute aus dem Halter gefummelt hatte war der Fisch schon weg. Mist. Ich machte eine Schleife und paar Minuten spaeter riss es wieder an meiner Rute und diesmal blieb was haengen. Nach ein paar Kopfstoessen kam der Fisch auf einmal auf’s Boot zugeschossen und ich dachte erst er waere weg. Aber dann bekam ich wieder Kontakt und jetzt spielte der Fisch neben und unter dem Boot verrueckt. Nicht ungefaehrlich aber irgendwann hatte ich ihn dann an der Oberflaeche neben dem Boot und Ricardo sackte ihn ein. Feine Sache! Der Fisch war nicht ganz so gross wie die Klopper gestern aber mit knapp 50cm und einem proppen Umfang war er bestimmt immer noch 5 Pfund. Die Anderen im Aluboot kamen vorbei und beglueckwuenschten uns und hofften ihrerseits auf weiteren Erfolg. Aber beide Boot konnten in der naechsten Stunde keinen weiteren Fisch verbuchen. Ricardo experimentierte mit einem vorgeschalteten Blei um groessere Tiefen zu erreichen. Das war aber auch nicht der Trick.

Es musste erst die magische Daemmerstunde kommen. Die Sonne verschwand hinter den Baumwipfeln, der See war glatt wie ein Spiegel und nun wurden wohl die Monster wach. Ricardo zeigte auf Alec der ploetzlich im Aluboot mit einer krummen Rute stand. Man konnte seine Aufregung und Begeisterung halb ueber den See hoeren. Wir sahen ein paar grosse Platsche auf dem Wasser – der Fisch musste kraeftig springen. Dann hoerten wir den Siegerjubel. Und so ging es die naechste Stunde weiter. Ricardo und ich verbuchten 3 oder 4 kurze Bisse und Rucke an unseren Ruten aber nichts blieb mehr haengen fuer uns. Dafuer legte sich das Aluboot maechtig ins Zeug. Alec fing noch einen riesigen Brocken – wir beobachteten aus sicherer Entfernung 4 oder 5 Meterspruenge aus dem Wasser – jeder wurde von Alec mit einem lauten Ausruf bezeugt - und dann ein wildes Spiel um und unter dem Boot bis Ian endlich den Fisch keschern konnte. Alec hob den Fisch fuer ein Foto hoch – wieder eine lachsaehnliche Forelle! Und sie verbuchten weiterhin Bisse. Paul hatte erst eine dran aber verlor sie in einem Sprung weil er sich mit seiner gerade operierten Huefte nicht umdrehen konnte. Beim naechsten Biss schlug er nur an und uebergab dann die Rute an Alec der so die naechste Steroidforelle ins Boot brachte.

Und schliesslich machte Alec seinen Hattrick komplett und packte noch eine dazu. Ian war leider leer ausgegangen, war aber Zeuge dieses Spektakels geworden. Ricardo und ich machten zuerst Schluss um das Faltboot nicht wieder zur schlimmsten Mueckenzeit zusammenpacken zu muessen. Es war schon schlimm genug! Und dann kamen die anderen 3. Was fuer eine Rutsche an Prachtforellen! Eine verrueckte Fischerei! Zurueck an der Huette schnitt ich noch von allen Forellen die Filets ab und Nach dem Vakuumverpacken sah der Gefrierschrank gut gefuellt mit lachsroten Fischfilets aus. Wir wollten die auf dem Rueckweg fuer Paul und Laura mit zu deren Haus nehmen. Da brauchte Paul gar nicht mehr zum Lachsangeln zur Westkueste kommen.

Wieder hatten 2 der Forellen so knapp 60 cm und 7,5 Pfund auf den Rippen. Alec war eindeutig der King der Forellen – mit meinem Koeder, den er nur sehr ungern wieder abgab! Paul aber war fasziniert von einer neuendeckten Fischerei so dicht an seinem Sommersitz. Wenn sein Sohn kommt, wuerden sie es wieder versuchen! Wir haetten auch gerne noch mehr Moeglichkeiten am Shirley Lake gehabt aber morgen war unser letzter Morgen bevor wir nachmittags die lange Heimreise antraten.

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1.7. 2022; Dore Lake, Sask, Tag 5

Happy Canada Day! Unser letzter Morgen am kanadischen Nationalfeiertag. Und der Wind sollte morgens noch mitspielen – der aufkommende Wind am Nachmittag konnte uns schon egal sein. So gegen 13:00 Uhr wollten wir wieder bei der Huette sein um zu packen.

Paul fuhr uns ein letztes Mal zur gegenueberliegenden Seeseite und wollte noch ein paar jungfraeuliche Stellen abtasten – irgendwo musste doch noch ein grosses Krokodil auf Lauer liegen! Die ersten zwei Stellen schleppten wir wieder unsere Koeder an einer Kante mit Kraut entlang. Und wie immer stiegen auch bald die ersten mittleren und kleinen Hechte ein. Ein oder zwei Zander waren auch wieder dabei. Paul trug uns auf noch vielleicht 2 Hechte mitzunehmen – falls sich welche dafuer eignen sollten – er wollte sie nicht zu gross und nicht zu klein und normalerweise nahmen wir nur Tiefschlucker mit. Dann draengelten wir Paul uns noch zu einer guten Spinnangelstelle zu fahren. Die Schlepperei war Pauls Lieblingsmethode aber auf unserem Trip hatten die groesseren Fische meist beim Werfen ins Kraut gebissen. Schliesslich fand uns Paul eine tolle total windstille Bucht hinter einer Insel – malerisch. Das Wasser war hier in Wurfdistanz zum Ufer 3-4 m tief und es war sehr klar, im Gegensatz zu anderen Stellen im See die wir beangelt hatten.

Und hier ging es ploetzlich nochmal richtig rund. Ricardo hatte seinen zerfledderten Lieblingswobbler austauschen muessen da nun sogar die Tauchschaufel abgefallen war. Der hatte bestimmt 50-60 Fische alleine gefangen und hatte seine Rente verdient. Er benutzte dafuer jetzt einen grossen silber-chromigen Einteiler – den ich schon ueber die Tage paar Mal ohne Erfolg versucht hatte. Aber nun schienen die Hechte ihn zu moegen oder Ricardo wusste ihn besser zu fuehren. Ricardo hatte nun fast auf jeden Wurf entweder einen Nachlaeufer oder einen Biss. In dem klaren Wasser konnte man die Hechte schoen anrauschen sehen und sogar einige Bisse verfolgen. Super Spass! Ian wurde auch mutig und haengte mal den weissen Gummifisch, den uns ein anderer Angler vor Tagen geschenkt hatte, dran. Und ploetzlich war auch er am Fisch! Heute hatten die Hechte wohl ihre Launen abgelegt und waren auf alles hungrig! Ich versuchte einen deutschen Gummifisch XXL – entweder einen Riesen oder gar nichts. Doch das war wohl dann doch des Exotischem zuviel. Alec versuchte mal einen grossen Spinner und schau mal einer an, auch er fing ein paar Hechte und sogar noch einen fetten Zander. Hier in der Bucht mussten die Raubfische ja wieder gestapelt stehen denn wir hatten Null Drift und fingen 360 Grad um das Boot herum Fisch auf Fisch.

Ian brachte nun schon seinen zweiten Hecht am weissen Gummi zum Boot. Als ich den Hecht fuer ihn abgehakte hatte und er seinen Gummifisch nur dicht am Boot im Wasser spielen liess, sah man warum der faengig war – ein sehr verfuehrerisches Spiel. Da kam ploetzlich aus der dunklen Tiefe ein grosser Schatten auf den Koeder zugeschossen und attackierte ihn! Mann, das war ein U-Boot! Wir waren richtig erschrocken und Ian bekam einen moerderischen Ruck in der Rute und er hielt einfach nur dagegen. Leider dauerte dieses Spektakel nur ein paar Sekunden denn dann hatte der Hecht den Koeder irgendwie schon wieder abgeschuettelt. Schade, schade… das waere nochmal ein Konkurrent fuer den ersten Preis gewesen.

Ich montierte an meiner Rute einen 30cm langen schwarz-silbernen Megawobbler. Dessen Tauchschaufel konnte man auf 3 Positionen verstellen. Cooles Ding. Aber schwer zu werfen – dafuer braeuchte man einen richtig steifen Knueppel. Waehrend um mich herum immer wieder mal was gefangen wurde, konzentrierte ich mich auf meine Wuerfe und die Koederfuehrung. Ich sah in Ufernaehe einen grossen Felsbrocken unterwasser liegen. Ich schmiss meinen Wobbler bis knapp dahinter und zog schnell an um ihn beim Stein schon auf Tiefe zu haben. Da gab es einen heftigen Ruck und gleich weitere Rucke – aha Biss! Ich riss dagegen was das Zeug hergab um einen der drei grossen Drillinge einzutreiben. Der hing! Eine kurze heftige Flucht aber dann konnte ich schon Druck machen. Hechte sind keine ausdauernden Kaempfer wir Lachse aber sie haben ein paar kurze Sprints in sich und dann am Boot allerlei Tricks um die Haken doch noch abzuschuetteln. Ich konnte den Hecht bald schoen im klaren Wasser tief unter dem Boot sehen. Ein langer Kerl. Es koennte noch mal knapp werden – fuer meine eigene Fuehrung – der koennte einen Meter haben. Bald hatte ich ihn gebaendigt und neben dem Boot – ein beherzter Griff an den Nacken und ich konnte ihn aufs Casting Deck legen. Klasse Fisch. Aber er hatte den Wobbler voll inhaliert – Zwei der Drillinge sassen tief im Schlund und in oder nahe der Kiemen. Der wurde wohl Paulfutter! Wir vermassen ihn und kamen auf 94cm. Knapp zu kurz. Es sollte eben nicht mehr werden mit dem Dore Lake Meterhecht. Oder doch?

Die Jungs waren nochmal ermutigt durch meinen Fang – vielleicht war ja noch sein groesserer Kumpel in der Bucht. Es kamen noch ein paar Fische zum Boot aber keiner kam mehr an mein Fuehrungshecht von vor paar Tagen heran. Aber es war noch mal ein toller Abschluss eines fantastischen Angeltrips. Der Dore Lake hatte geliefert, und wie. Aber hatte auch nicht alles hergegeben; die Meterhechte waren uns verwehrt geblieben – einer nur wegen unserer eigene Schusslichkeit. So hatten wir noch einen Grund um von einer Wiederkehr zu traeumen. Auch der kleine Shirley Lake hatte begeistert. Manchmal muss man eben eine lange Anfahrt in Kauf nehmen und ein bisschen verrueckt sein um was Tolles zu erleben. Wir bedankten uns herzlich bei Paul und Laura, dass sie ihr kleines Paradies so freigiebig mit uns geteilt hatten. Dafuer brachten wir ihnen eine grosse Rutsche Fischfilets zurueck zu ihrem Haus in Alberta.

Auf dem langen Heimweg liessen wir viele der Erlebnisse nochmal vor uns ablaufen. Wir teilten schon die ersten Fotokollagen. In Alberta hielten wir mal zu Beinevertreten und Pinkeln an einem herrlichen Wiesenbach an. Natuerlich kramten wir nochmal zwei Spinnruten heraus. Und tatsaechlich fing Ricardo einige kleinere Forellen und zwei kleine Saiblinge (Bull Trout). Da er leider in allen bisherigen 3 Fischkategorien fuer den Mones Cup leer ausgegangen war; bei den Forellen nur wegen einer Formalitaet – er hatte die Schwerste gefangen aber Alec die Laengste und ich als Schiri hatte vorher Laenge als Mass festgelegt – fuehrte ich kurzentschlossen noch eine Saiblingskategorie ein und die gewann er konkurrenzlos mit satten 20 cm!

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Ich haette hier gerne den Thementitel in "Praerieseen in USA und Kanada" geaendert aber das scheint nichts zu gehen. Also wisst, dass ich hier auch Berichte einstellen werde die nicht nur von kanadischen Praerieseen handeln.

8.2. – 12.2. 2024; Upper Red Lake, Minnesota

Tag 1

Liebe Forumfreunde! Ich schulde Euch noch einen Bericht eines herrlichen Angeltrips in das gelobte Angelland Minnesota. Der US Bundesstaat Minnesota hat seit Jahrzehnten einen besonderen Platz in meinem Herzen; einmal weil ich da seit meiner Schulzeit fast eine zweite Familie habe, und weil es mit den tausenden Praerieseen und langsam maeandernden Fluessen und Fluesschen ein Suesswasserangelparadies ist. Dazu kommt, dass das Angeln den allermeisten Bewohnern in Minnesota einfach im Blut liegt und es einfach zum normalen gesellschaftlichen Leben dort dazugehoert. In einem Angelladen, und davon gibt es unendlich viele in allen Groessen, stoebern zu gehen, ist dort so normal wie in den Baumarkt oder in einen Klamottenladen zu gehen. Die meisten Bau-oder Werkzeugmaerkte oder viele Tankstellen haben gleich einen gut sortierten Angel-und Koederladen integriert. Dort ist man als Angler kein Exot oder vermuteter Tierquaeler sondern ein gern gesehenes Mitglied der Gemeinde und der minnesotanischen Kultur.

Die Angelei dort ist groesstenteils auf die Suesswasserraubfische zugeschneidert. Spinnangeln oder Koederfischangeln auf Hecht, Muskie-Hecht, Zander, Large- und Smallmouth Bass, Perch (unser Flussbarsch) und eine ganze Reihe anderer barschverwandten Arten (Rock Bass, Crappie, Sonnenbarsch, White Bass….) sind die sicher beliebtesten Angeldisziplinen. Am Oberen See gibt es auch die Lachs-und Forellen Trollfischerei die mit unserer Pazifikfischerei oder der Ostseelachsfischerei zu vergleichen ist. Im Mississippi und deren Nebenfluessen gibt es auch Stoere und Welse die von einigen Experten befischt werden. Und ganz im Suedosten an der Grenze zum Staat Wisconsin gibt es auch eine klasse Fliegen-und Spinnfischerei auf Forellen in kleinen Baechen.

Als junger Kerl hatte ich mich auch schon am fantastischen Karpfenpotential der vielen Seen und Teiche guetlich getan. Kaum ein Einheimischer befischt hier Friedfische. Als richtiger Karpfenangler haette man hier unendliche unangetastete Reviere. Es gibt auch gute Quappenbestaende, die auch nur von sehr wenigen Experten beangelt werden. Und so hatte ich mich in meinen jungen Jahren bei vielen sommerlichen Besuchen meiner Freunde in allen Ecken des Staates und darueberhinaus anglerisch ausgetobt und Sternstunden am Wasser erlebt. Grosse Hechte gefangen oder verloren, Zander und Barsche, und wie gesagt auch Karpfen. Mein Vater fing 1996 mit mir im Leech Lake seinen Fisch des Lebens, ein fast 1,20 m Hecht. Im Sommer 2018 war ich mit meiner ganzen Familie dort und hatte mit meinen Freunden eine Woche am Leech Lake verbracht. Ich wollte meinen Jungs mal einen meiner wenigen Happy Places zeigen. Leider war die Angelei damals wetterbedingt etwas zaehe aber Ryan’s Sohn Andy fing einen 74 cm Ausnahmezander, der noch heute eine Raunen in Anglerkreisen erzeugt. Der Bericht von dem Trip ist hier auch irgendwo im Forum.

Aber so gut ich mich mit der Sommerangelei in dieser nordamerikanischen Region auskannte, eines hatte ich noch nie gemacht: Eisangeln. Minnesota ist bekannt fuer seine harten Winter, wochenlange minus 30 oder sogar -40 Grad sind keine Seltenheit im Winter. Ordentlich Schnee gibt es auch jedes Jahr. Da hat sich eine ganze Winterbeschaeftigungskultur herausgebildet. Meine Freunde schickten mir regelmaessig Fotos von Snowmobiltouren durch die verschneiten Waelder und ueber zugefrorene Seen. Im Sommer sah ich oft Eisangelhuetten in den Gaerten der Grundstuecke geparkt und einige Fishing Resorts liessen mich damals als armer Schueler oder Student schon mal umsonst in solchen saisonal geparkten Eishuetten uebernachten. Das waren geraeumige Holzhuetten auf Kufen mit 2 oder 3 Doppelstockbetten, einer Kuechenzeile, Tisch und Stuehle, Klo und natuerlich Loechern im Boden. Sah fuer mich immer geheimnisvoll aus. Wie so ein Eisangeln wohl ginge? Leider fand sich nie die Gelegenheit fuer mich mal im Winter dahinzufliegen und die Winterangelei mal auszukundschaften.

Da gibt es ja auch die alte Filmserie “Grumpy Old Men” mit Jack Lemmon und Walter Matthau. Das spielte ja auch in Minnesota und zeigte ein bisschen die Eisangelkultur in diesen Gegenden. So wie viele Minnesotaner (wie auch in vielen anderen US Mid-Weststaaten und Praerieprovinzen Kanadas) eine Wochenendhuette an einem See ausserhalb der Stadt haben und dort fast jedes Wochenende in der Sommersaison verbringen, so stellen sie im Winter ihre Eisangelhuetten fuer 2-3 Monate auf ihren Lieblingsseen ausserhalb der Stadt auf und verbringen dort viele der Winterwochenenden. Das kann dann an einigen Stellen so wie in den Grumpy Old Men Filmen zu kleinen Siedlungen auf dem Eis fuehren wo Strassenschilder aufgestellt werden um den Verkehr etwas zu regeln und wo es Coffeeshops und Bratwurstbuden zwischen den Angelhuetten gibt. Manchmal hoert man in Fruehjahr, dass einige es zu lange ausgereizt haben und dann mal eine Huette im schmelzenden Eis absaeuft oder auf Eisschollen abdriftet.

Soweit kannte ich diese Eisangelwelt nur vom Hoerensagen und von Bildern her. Dieses Jahr wollte ich das auch mal richtig erleben. Mein Freund Ryan lud mich ein und wollte alles organisieren. Ryan ging zwar gerne mit zum Angeln, war aber keinesfalls ein Vollblutangler. Sein schon lange verstorbener Vater war mein Minnesota-Angellehrer in den fruehen 90ger Jahren gewesen. Aber mithilfe eines der vielen Resorts wuerden wir das schon hinkriegen. Damit sich die lange Anreise fuer mich lohnte, wollte ich auf jeden Fall volle 3 Tage auf dem Wasser bleiben. Ryan fragte mal bei seinen angelverrueckten Kollegen herum und viele rieten zum Upper Red Lake; schon nicht mehr so weit von der kanadischen Grenze, ca. 4 Stunden nordwestlich von Minneapolis. Das West Wind Resort dort hatte etwa ein Dutzend Eisangelhuetten von verschiedenen Groessen und Luxus die sie auf den Red Lake schleppten und dort den Winter ueber betreuten. Ryan buchte uns eine 4 Personen Huette von Donnerstag bis Montag. Freitag bis Sonntag wollten sein Sohn Andy und sein Cousin Lance nachkommen. Andy war der Riesenzanderfaenger vom Leech Lake 2018 (als er 10 Jahre alt war), und Lance war begeisterter Hecht-und Muskieangler und hatte schon mal einen 110 cm Muskie im Lake Minnetonka gefangen. Aber mit Eisangeln hatte keiner von uns viel Erfahrung. So wurde das eben eine Rookietour!

Die Wochen und Tage vor Abflug bangte ich etwas um unseren Trip; ganz Nordamerika war in einem ungewoehnlich warmen Winter gefangen und die Seen in Minnesota hatten bis Anfang January noch kein tragfaehiges Eis. Normalerweise ging die Eisangelei schon im November los, liess ich mir sagen. Na das waere ja was, nach fast 35 Jahren fahre ich das erste Mal im Winter nach Minnesota und genau dann gibt es keinen Winter! Gluecklicherweise hatten die dann im Januar 3 Wochen richtig tief Frost und es bildete sich genug Eis auf den Seen um die Saison zu eroeffnen. Die Resorts hatten fast taegliche Updates on Wetter/Eis/Angelbedingungen. Auch wenn es Anfang Februar, als ich abflog, schon wieder knapp ueber Null war, der Upper Red Lake hatte 55 cm Eisdicke und war damit befahrbar und die Huetten waren bereit.

Den ersten Abend und Tag besuchte ich meine alte Gastfamilie und dann am zweiten Tag begannen wir unsere Trip-Vorbereitungen. Natuerlich gleich mal zu den grossen Tackle Shops inklusive Cabelas; Ryan hatte zwar etwas Geraet von Kollegen bekommen aber wir hatten nichtmal die kleinen Eisangelruten. Ausserdem macht es ja auch Spass sich eigenes neues Zeug zu holen. Man hat ja noch nicht genug. Was war ich aber erstaunt als ich in diese Laeden kam. Wir haben ja nun an der Westkueste hier auch Cabelas und BassPro und sind da oefters mal zu stoebern. Ich gebe zu, dass ich das Sortiment fast auswendig kenne. Als ich dort zu Cabelas reinkam, dachte ich waere in einer anderen Welt aufgeschlagen! Ich konnte fast nichts Bekanntes erkennen. Die Boote Sektion war ausgetauscht fuer ATVs, Side-by-Sides, andere Schlittenfahrzeuge, unterschiedlichste Formen und Groessen an Pop-up Zelten die waemegedaemmt in einer Schlittenbox verschwinden konnten. Dutzende verschiedenste Eisbohrer, Eisschoepfer… Die Elektronikecke war ganz anders mit wunderlich anmutenden tragbaren Echoloten, Brettchen mit Schnurspulen und Bissfaehnchen die es dem Wander-Eisangler erlaubten mehrere Eisloecher gleichzeitig zu befischen, Regale von den Mini-Ruten und Rollen, die Kunstkoedersektion war ganz anders mit vielen Kleinstpilkern, Mini-Jigs und Blinkern und Zeugs das ich noch nie gesehen hatte. Ich kriegte die Kinnlade gar nicht mehr hoch. Nach all den Angelmagazinen, TV-Fishing Shows und Youtube Videos die ich in meinem Leben schon verschlungen hatte, wie hatte mich eine ganze Angelwelt so verpassen koennen? Wahnsinn! Und total aufregend.

Ich holte mir 2 Ruten (Rollen mit 3kg Monoschnur hatte ich mitgebracht) und ne Menge neuer Koeder, auch winzige Gummis (Gulp Fischchen, und Zuckmueckenimitate). Ryan kaufte ein Ruten/Rollenkombo gleich schon mit Schnur drauf, ne Koederfischbelueftungspumpe und vielleicht 50 kleine lebende Fischchen (lebender Koederfisch ist dort noch ganz normal). Meine -40 Grad zertifizierte Helly Hansen Jacke die ich mir in Angst vor dem Minnesota Winter gekauft hatte, war ganz unten im Gepaeck als wir bei vielleicht 3 Grad und Nieselregen losfuhren. Essen fuer 4 Personen und fast 5 Tage war auch bereit, ein paar Bierchen mussten auch mit. Beim Anbruch der Dunkelheit kamen wir am ufergelegenen West Wind Resort an. Der angegliederte Pub fuer die Resortgaeste aber auch die vielen Privatangler war rappelvoll – schien wohl nichts zu beissen!

Eine nette Dame wiess uns ein; ein ordentliches und beheiztes Schlachthaus (Fische ausnehmen/filetieren auf dem Eis war nicht erwuenscht), Toiletten und Dusche wenn man genug vom Plumpsklo hatte, und einen feinen Angelshop. Was brauchte man mehr? Dann bekamen wir die Anweisung 6 Kilometer auf’s Eis bis zur Pressure Ridge zu fahren und dort wuerde uns ein Pickup erwarten um uns im Dunkeln ueber die Bruecke und dann bis zum Eishaus bringen. Waasss? Ich musste erstmal googlen was die mit Pressure Ridge meinten. Eben eine total neue Welt. Ryan hatte das auch noch nicht gehoert. Stellt sich raus, dass auf richtig grossen Seen das Eis keine einheitliche Scholle bildet sondern wie die Erdkontinentalplatten Bruchstellen haben die vom Wind und Temperaturausdehnungen hochgedrueck manchmal bis zu 10 m hohe Eiswaende formen koennen. Sowas kennen wir hier an der Westkueste ja – die Faultlines an den Erdbeben-Hot Spots. Sowas gibt es also auch auf dem Eis in klein. Verrueckt. Gluecklicherweise war die diesjaehrige Bruchzone durch das laue Wetter nur so einen knappen Meter hochgebuckelt und man hatte einfach eine Metallrampe darueberhinweg gebaut damit alle Fahrzeuge rueber konnten. Man musste aber eben wissen wo diese Bruecke war sonst kam man nicht von einer Seeseite zur anderen.

Als wir das erste Mal auf das Eis fuhren, war mir schon ein bisschen mulmig. Ryan war es auch nicht ganz egal. Er fuhr sehr langsam – wir wurden von anderen Autos ueberholt die bestimmt mit 60 oder 70 km/h ueber das Eis donnerten. Hin und wieder sahen wir im Scheinwerferlicht rote Stangen gekreuzt – Stellen wo man wohl besser nicht drueber faehrt. Die Hauptstrasse war aber gut mit schwarzen Stangen markiert. Wenn Schnee dagewesen waere, haetten die Raeumungswaelle die Strasse wohl noch besser gekennzeichnet. Aber es regnete heute und auf dem Eis standen bis zu 15 cm Wasser. Total verrueckt! Bald trafen wir unseren Guide und er fuhr vorneweg. Ryan musste jetzt etwas flotter fahren um ihn nicht zu verlieren. In der Dunkelheit sahen wir hunderte Lichtpunkte ueber den See verteilt. Sollten das alles Eisangler sein? Ueber die Bruecke und dann noch 3 oder 4 Kilometer zu unserer Huette. Vorsichtig verliessen wir das Auto und schlidderten zum Hauseingang. Eine warme und gemuetliche Holzhuette empfing uns. Propanlichter und Propanheizung, Propanherd, Waschbecken allerdings ohne Wasser – muss man in Kuebeln selber mitbringen. Ausserdem eine Solartafel fuer LED Licht und Ladestation. Aussen dran das Plumpsklo mit Schneewehen am Toilettenpapier – das war schon arktisch dort. 2 stabile Doppelstockbetten und dann die 8 Loecher im Boden. Bei unserer Ankunft, mit dem ganzen Regenwasser auf dem Eis, sah es so aus als ob ein Fluss ueber dem Eis und unter dier Huette durch floss. Der Guide zeigte uns 4 Schnurspulen an der Wand ueber 4 Loechern. Da war schon ein kleiner Jighaken dran. Einen lebenden Koederfisch durch die Lippe da dranhaken und kurz ueber Grund anbieten, riet er uns. Und dann mindestens eine andere Rute aktiv jiggen. Es waere nicht gerade super toll gerade aber auch nicht tot. Es wuerden so 4-6 Fische pro Tag pro Haus gefangen. 2 Schnuere pro Angler sind erlaubt, 4 Zander pro Angler im Besitz erlaubt, nur einer ueber 45 cm, kein Mindestmass. Hauptfische waeren jetzt Zander, Perch und Crappie – obwohl Crappie momentan schwieriger waere und die gerade eher in Ufernaehe waeren und wir waren mitten auf dem See. Hecht nur hin und wieder; hier waere ein flaches sandig/kiesiges Plateau mit 4m Wassertiefe, keine Struktur fuer Hechte.

Wir raeumten unseren Kram ein, Ryan als Elektrotechniker, hatte einen kleinen Generator und einen Fernseher mit Laptop mit und einer digitalen Videothek als ob wir hier jahrelang festfriern wuerden. Ich machte mich natuerlich gleich an den Loechern zu schaffen. Die waren 25cm im Durchmesser; also hier kriegte man auch einen Monsterhecht durch wenn es sein muss. Fraglich an 3 kg Schnur und ohne Stahlvorfach aber ausschliessen soll man ja erstmal nichts. Ich machte 2 der Wandrollen mit Koederfisch klar und liess die Leinen runter. In den Wandrollen waren Gloeckchen so dass man auf einen abziehenden Fisch akustisch aufmerksam gemacht wurde. An dem dritten Loch machte ich eine kleine Rute im Rutenstaender mit Laufposen und einem fetten Tauwurm klar. Und an die vierte Rute machte ich einen kleinen Jighaken mit einem winzigen knall-roten Plastikwuermchen das in einer stinkenden Sosse eingelegt war. Mal sehen. Hatte ja keine Ahnung! Dann machten wir es uns gemuetlich. WLAN gab es hier nicht aber ich hatte Handyempfang.

Waehrend Ryan Abendbrot vorbereitete, jiggte ich schon munter los. Ganz kleine Huepfer des kleinen Koeders. Nur paar Zentimeter ueber dem sandigen Grund. Und ploetzlich Widerstand und ich riss die empfindliche kleine Rute hoch. Jawoll, Fish On! Ryan staunte und freute sich als ich einen kleinen Zander hochkurbelte und durch das Loch maneuvrierte. Man musste aufpassen, dass die Schnur nicht zu doll an den scharfen Eiskanten rieb. Bei einen so kleinen Fisch wie diesem kein Problem aber wenn mal was Groesseres kommen sollte?! Mein erster Eisfisch war ein vielleicht knapp 30cm Zander. Nach hiessigen Regeln ein Keeper aber ich beschloss keine Zander unter 30 cm zu behalten – da war ja kaum was dran. Nur mal zur Erinnerung, der amerikanische Zander ist etwas kleiner als der europaeische. Ein 50 cm Zander ist dort schon anstaendig. Ueber 60 cm kapital und ganz selten ueber 75 cm. Er ist auch etwas mehr goldgefaerbt und hat nur eine Andeutung der zandertypischen Vertikalstreifen. Aber gleiche Verhaltensweisen und gleich lecker. Einer der beliebtesten Angelfische in Minnesota und bedeutend auch fuer die Berufsfischerei. Daher sind die Bestaende in vielen Seen ueberwacht und gemanaged. Also unser erster Fisch bekam seine Freiheit wieder.

Der Resort Guide hatte uns schon geschildert, dass die beste Beisszeiten frueh und abends waeren. Die Fische wuerden dann auf dem Plateau jagend herumziehen und irgendwann kaemen sie dann unter dem Haus durch. Dann musste man seine Koeder im Wasser haben und die Situation ausnutzen denn bald zoegen die Fische weiter und dann kann es eine Weile dauern bis der naechste Trupp durchkam. Viele Angler haetten hochaufloesende Echolote die Fischschwaerme auch horizontal bis zu 100m neben dem Geber in 360 Grad ausfindig machen konnten. Damit sah man die Fische schon von weitem kommen und konnte sich darauf vorbereiten. Ich hatte diese Geraete ja in den Angelshops gesehen aber sowas hatten wir nicht dabei. Wir fischten old-school: blind. Aber vielleicht 20 Minuten nach dem ersten Zander hatte ich wieder am Jig einen Biss und auch der hing. Der war schon ein bisschen besser und wir behielten den. Ich wollte irgendwann am Wochenende wenigstens einmal Fish&Chips fuer uns alle vier machen. Da mussten mindestens 4 Fische zusammenkommen. Das war unser Mindestziel fuer den Trip. Waehrend wir assen, verpassten wir dann einen guten Biss am Koederfisch an einer Wandrolle. Ploetzlich rasselte die Glocke los und Schnur lief ab und Ryan schnappte sich die Schnur und ruckte an. Langsam strippte er die Leine ein und ich schaute neugierig ins Loch. Super cool wenn der Fisch dann das erste Mal in dem gruenen Wasser am unteren Eisloch auftauchte. Der war deutlich besser! Ryan versucht nun den Fischkopf in den Locheingang zu bugsieren aber das war gar nicht so einfach. Der Fisch verkeilte sich quer an der Lochkante und ploetzlich war der Haken los. Mist, der waere bestimmt schon 45 cm gewesen! Aber wir freuten uns ueber etwas Action – mit sowenig Ahnung wie wir haetten wir ja auch das ganze Wochenende ohne einen Biss enden koennen. Das war schon mal verhindert. Also so ganz schlecht konnten wir ja nicht liegen mit was wir hier machten.

Draussen war haessliches Wetter. Ueber Nacht sollte eine Kaltfront reinkommen und es sollte frostig und windig werden. Der Wind heulte schon um unsere Huette und wir waren froh, das die Propanheizung ordentlich Dampf machte. Die Propanleuchter heizten auch dazu. Also ich konnte mir schon vorstellen, dass das hier auch in einem ordentlichen Minnesota Winter bei -30 Grad noch gemuetlich warm war. Was ich ein bisschen mulmig fand und ich konnte mich bis zum Schluss nicht ganz damit anfreunden, waren die krachenden Geraeusche die das Eis von Zeit zu Zeit machte. Spannungsdehnungen erzeugten staendig neue Risse im Eis. Wenn ein Auto in der Naehe vorbeifuhr, aber nicht nur dann, knallte, krachte, knirschte das Eis unter uns. Manchmal spuerte man ein Zittern des ganzen Hauses. Wie Mini-Erdbeben. Das war schon unheimlich. Der Ingenieur in mir konnte zwar beruhigen, dass 55 cm Eis eine Menge Last aushielt und Risse dem nichts schadeten, aber das Unterbewusstsein kam der Logik manchmal nicht ganz nach. Da ich sowieso in fremden Betten erstmal nicht so gut schlief, dann bei solcher sporadischen Geraeuschskulisse und dann noch immer mit einem Ohr auf die Angelglocken – man kann sich vorstellen, dass ich etwas Schlafentzug hatte nach der Tour!

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Tag 2

Die Nacht ueber passierte nichts an den Ruten/Leinen. Ich war paar Mal aufgestanden und hatte die neue Eiskruste von den Loechern entfernt so das die Schnuere nicht einfroren. Die dem steifen Wind zugewandte Seite fror dabei viel schneller zu als die andere Hausseite. Wir lernten spaeter, dass man bei Schnee auf dem Eis den Schnee an die Eishuettenwaende aussen anschuettet um zu verhindern das der kalte Wind unter die Huette bliess und die Loecher schnell frieren liess. Aber hier hatten wir ja keinen Schnee; das Eis war blank.

Gegen 6:00 Uhr im Daemmerlicht hoerte ich ein Bimmeln. Ryan und ich sprangen gleichzeitig auf – wo war das hergekommen? Leider klangen alle Gloeckchen gleich und so musste man raten und fuehlen gehen wo die Action herkam. Aber hier sah ich gleich wie die eine Koederfischrute vor meinem Bett nach unten zog, Die Pose war noch unter dem Eis in Sichtweite. Ich riss die Rute hoch und schlug an. Widerstand! Ich kurbelte vorsichtig – jupp, irgendwas zappelte da rum. Ein schoener Barsch tauchte im Gruen auf und ich bugsierte ihn ins Loch und schwuppte ihn schnell raus. Klasse! 30 cm Barsch, der geht mit! An schlafen war jetzt nicht mehr zu denken. Ein Barsch kam selten allein. Waehrend ich die Jigrute bediente, checkte Ryan alle anderen Schnuere. Bei einer war der Koederfisch verschwunden. Und alle Loecher mussten neu enteist werden. Waehrend Ryan dann Fruehstueck bereitete, rappelte eine der Koederfischschnuere los aber bis Ryan dran war, war nichts mehr zu spueren. Ich zitterte meinen Jig weiter. Da, ein Ruck am Jig, ich riss hoch…nichts. Liess wieder runter, jiggte weiter, fuehlte dann irgendwie ein Festhalten, hieb an, und Fish On! Super Spass!

Wieder kam ein Barsch hoch; diesmal etwas kleiner, vielleicht 27-28 cm. Ging auch mit. Super bequehm war, dass man die gefangenen Fische nur abschlagen/abstechen musste und dann einfach vor die Tuer auf’s Eis werfen konnte. Heute bei Frost waren die innerhalb einer halben Stunde gefroren und haltbar gemacht. Beim Rausgehen merkte man heute den Wetterwechsel. Der Weg zum Klo war eisig durch den kalten, steifen Wind und super glatt weil all das gestrige Regenwasser auf dem Eis schon uebernacht voll durchgefroren war. Damit war die Eisdecke jetzt schon weit ueber 60 cm dick. Aber auch sauglatt zum Belaufen. Ich waere gerne mal bisschen weiter spazieren gegangen und haette mal bei den anderen Huetten, Anhaengern und Zeltsanglern nachgefragt wie es dort so laeuft und was geht und was nicht. Aber bei dem eisigen Sturmwetter wagten wir uns nicht weiter weg vom Haus.

Vormittags kam einer der Resortarbeiter vorbei und sah nach uns; fragte ob wir irgendetwas braeuchten. Er wechselte die Klotuete aus und gab uns noch paar Angeltipps. Er meinte, momentan wuerden die meisten Fische beim aktiven Jiggen gefangen. Konnnten wir bestaetigen. So 3-4 Fische waren pro Huette gestern gelandet worden. Same here. Er meinte, so ein grauer, bedeckter Tag wie heute wuerde vielleicht auch ein paar Bisse tagsueber bringen. Ansonsten sollten wir uns am Nachmittag/Abend wieder auf vermehrte Action einstellen. Ob wir mehr Koeder braeuchten? Nee, alles gut. Gut zu wissen, dass die sich hier gut um die Gaeste kuemmern.

Wir schauten uns ein paar alte Filmklamauken an und lachten und alberten tagsueber herum. Es schien wirklich nichts zu beissen. Ich machte aber sicher, dass immer frische und gutaussehende Koeder am Band waren und die Loecher eisfrei. Wir sassen gerade am Tisch und spielten Karten als ich ein lautes und wildes Klingeln hinter mir hoerte. Das war dasselbe Loch wie vom ersten Barsch heute morgen. Ich schaute mich um und sah die Rute schon gar nicht mehr – nur der Staender des Plastik-Rutenhalters war noch am Lochrand zu sehen. Ich flog regelrecht hin und wir hatten wirklich Glueck gehabt, dass sich der Rutenhalter am Lochrand verkeilt hatte und die Rute ziemlich fest im Rutenhalter sass sonst waere die Rute weggewesen! Die Rutenspitze war schon tief im Loch verschwunden und ich konnte die Minirolle aechzen hoeren. Wow, der nahm Schnur! Jetzt wurde es hektisch!

Ich fummelte die Rute plus Halter aus dem Loch und oeffnete etwas die Bremse. Ich fuehlte heftige Kopfstoesse. Das war kein Barsch oder kleiner Zander; entweder ein richtiger Zanderbrocken – oder und ich tippte darauf, ein Hecht. Wieder riss der Fisch ein paar Meter Schnur von der Rolle und zog mehr seitlich weg. Ich fuehlte wie die Schnur am unteren Lochrand rieb. “Mann, der wird uns die Schnur durchscheuern!” rief ich. Ryan versuchte mich zu beruhigen: “Nur mit der Ruhe…”. Ich gewann ein paar Kurbelumdrehungen bis es dann ploetzlich wieder in die andere Richtung abging. Ich steckte die Rute tief in das Loch und erreichte gerade so mit der Rutenspitze die untere Lochoeffnung. Damit konnte ich die Schnur von der Eiskante weghalten. Jetzt konnte ich den Fisch sich austoben lassen. Um einen grossen Fisch durch so ein Loch zubekommen, muss man den Fisch sicher eh gut ausdrillen. Ich dachte kurz den Rest der Montage durch. Die Rute hatten wir als Ruten-Rollen Kombo gekauft und die Schnur war etwas staerker als die auf meinen mitgebrachten Rollen. Ich schaetzte mal so auf 5kg Schnur, das sollte eigentlich halten fuer einen Hecht oder guten Zander. Es schien hier im Wasser weit und breit keine Hindernisse zu geben; so konnte ich ohne Probleme Schnur geben. Ich hatte vorsichtshalber an dieser Rute zwei Einzelhaken im Tandem angeknotet. Sozusagen mit Angsthaken. Daher nahm ich mal an der Fisch hing gut. Nur, wenn es Hecht war bestand jeden Augenblick die Gefahr das er die Monoschnur zerbiss. Wir angelten ohne Stahlvorfach; Hechte waren hier draussen selten, sagte man uns. Wenn das mal gut geht!

Die Rolle war furchtbar; billiges Zeug, hakelige Bremse; was kann man schon fuer $30-40 erwarten!? Aber wer konnte denn auch ahnen, dass wir einen wirklich ordentlichen Fisch hier drankriegen wuerden? Wir die Anfaenger! Aber ich bekam das hin und bald kriegte ich den Fisch heran. Dann kam der fantastische Moment als der Fisch das erste Mal unten am Loch dicht vorbeizog. Boaaaah! Ein schoener Hecht, vielleicht 70-75cm und fett kam er stattlich wie an einem U-Bootfenster vorbeigeschwommen. Ryan yahoote auf bei dieser Ansicht. Das Wasser schien den Eindruck noch zu vergroessern. Ich hatte gesehen, dass ein Haken im Maul sass aber der zweite sich aussen in der Haut ausserhalb des Maules noch verhakt hatte. Er hing dadurch wohl ziemlich fest fuer’s erste aber der Zug am Kopf kam etwas seitlich was das Einziehen des Fisches in den Eistunnel mit dem Kopf zuerst etwas erschwerte. Und natuerlich konnte die Monoschnur zwischen den zwei Einzelhaken jederzeit reissen da sie durch die Zaehne ging.

Bei der naechsten Lochbesichtigung des Hechtes machte ich Ernst und zog den Kopf hart in Richtung Loch. Und er kam mehr oder weniger willig hinein. Jetzt packte ich schnell die Schnur und zog schnell an um den Fisch mit Momentum und Schwung direkt aus dem Loch herauszuwuppen. Er kam und war schon fast ganz aus dem Loch als dann die volle Schwerkraft einsetzte und das Vorfach riss. Der Kopf war schon im Haus und ich griff blitzschnell hinter dem Kopf zu und hatten den Fisch – momentan denn jetzt begann er sich zu kruemmen und zu biegen und klemmte seinen Schwanz zwischen Eis und Unterkante Hausfussboden ein. Der schleimige Koerper entglitt meiner Hand aber ich liess mich schnell fallen und blockierte mit beiden Haenden das Loch. So konnte er nicht mehr ins Wasser fallen sondern landete auf dem Eis neben dem Loch, unter dem Haus. “Lieg Du ruhig da, dort kannst Du mir nicht mehr entkommen.”. Ryan schaute sich das ganze Schauspiel begeistert an. Ich griff nach dem Schwanz und wollte den Fisch zu mir herziehen aber halb dabei wiggelte er wieder herum und entglitt mir und wieselte sich noch weiter unter das Haus. “Ich krieg Dich ja doch!” dachte ich eben noch als wir einen Platsch hoerten. Waaaasssss? Ich steckte meinen Kopf durch das Bodenloch…. “Nein, das gibt’s doch nicht!?”. Ryan fragte was los waere aber ohne Antwort sprang ich auf, drehte mich um und riss einen zweiten Bodendeckel vor meinem Bett auf – darunter war eines der anderen 8 Loecher – nur ca. 1m von dem Hechtloch entfernt und der Hecht hatte sich genau dorthingewunden und war in das Loch gefallen und war wieder frei. Ich sah noch seine Silhouette beim Wegschwimmen. Ich raufte mir die Haare, verkrampfte die Haende, schaute zur Decke – das kann doch nicht wahr sein! Ich hatte ihn doch schon in der Hand! Ryan lachte laut los – eine tolle Story! “The big one always gets away!”. An das dichte Nachbarloch hatte ich einfach nicht gedacht. Ich dachte ich haette ihn sicher auf dem Eis solange ich das Fangloch zuhielt. Wow. Hier zeigte sich der Anfaengerstatus sehr deutlich. Nach ein paar Minuten konnte auch ich ueber mein Missgeschick lachen.

Ich haette ihn gerne mal fuer ein Foto hochgehalten, meinen bisher groessten Eisfisch. Und noch dazu einen Hecht den man hier angeblich nicht so haeufig faengt. Aber fuer unser Fish&Chips Essen waere das mit unseren schon 3 angesammelten Fischen eh zu viel gewesen und wahrscheinlich haetten wir ihn wieder freigelassen; aber eben nach dem Fotoshooting! Naja, coole Geschichte!

Das war aber tagsueber das einzige Leben an unseren Schnueren. Am spaeten Nachmittag jiggte ich wieder eifrig aber es blieb erstmal tot. Ryan fuhr los und holte am Ufer Andy und Lance ab. Lance hatte ich auch schon lange nicht mehr gesehen und mit ihm vor vielleicht 27 Jahren das letzte Mal geangelt. Jetzt kamen auch ein paar Wiedersehensbierchen auf den Tisch. Andy war erst 16 und damit noch 5 Jahre vom legalen Trinkalter in den USA entfernt. Aber ich hatte Ryan schon gewarnt, hier in der Huette herrschten deutsche Alkoholregeln und da durfte auch ein 16 Jaehriger mal ein Bier trinken. Ich jiggte aber trotzdem noch fleissig weiter und hatte noch 3 Bisse; einer hing sogar fuer eine Weile und ich dachte ich sah schon einen Schatten im Loch aber dann ging auch der wieder ab.

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Tag 3

Die Nacht ueber biss wieder nichts aber halb 7 frueh klingelte eine der Wandrollen vor Lance’s Bett los. Er war ruck zuck dabei und wir sahen auch schon einen ordentlichen Zander aber er stieg wirklich beim Locheintritt wieder aus. Aergerlich! Wir brauchten immer noch mindestens einen Fisch fuer unser Samstag Fischdinner! Zu viert konnte wir jetzt mit 8 Schnueren angeln. Lance hatte auch noch geliehenes Angelgeraet mitgebracht und so hatten wir nun 4 Ruten und 4 Wandrollen in Betrieb. Bis jetzt hatten wir noch keinen Anfasser an dem fetten Tauwurm. Komisch.

Tagsueber war wieder keine Action und waehrend Lance eine Nickerchen machte und Ryan und Andy in einen Film vertieft waren, nutzte ich den heutigen sonnigen und fast windstillen Tag um mal meine Beine zu vertreten. Ich zog mich warm an und war jetzt auch froh ueber meine Superdaemmjacke. Und so machte ich mich auf einen Erkundungsgang um unsere Huette herum. Alle 100-200m um uns herum standen in allen Himmelsrichtungen Eisangeleinrichtigen. Viele Huetten; wahrscheinlich von unserem Resort und noch anderen (es gab noch mind. 2 weitere Resorts alleine auf dieser Seeseite) aber dann auch viele Eisangelanhaenger und auch die Pop-up Zelte in allen Groessen. Ich musste beim Laufen hoellisch auf meine Schritte aufpassen; es war sauglatt und sich suchte mir Strecken mit etwas Schnee drauf oder raues, verkantetes Eis. Spikes haette man haben muessen. Aber ein paar Mal war es wirklich knapp und ich haette mich fast abgepackt.

Ich besuchte einige der Zelte und unterhielt mich mit den Anglern durch die Zeltwand und Vinylfenster. Von kleinen Einzelzelten bis zu 6 oder sogar 8 Mann Zelten gab’s da alles. Einer Gruppe schaute ich mal beim Aufbau zu – die kamen mit 3 ATVs an, eine Gruppe von 2 Familien. Die ATVs zogen wie solche Thule-Dachgepaeckboxen als Schlitten hinterher. Dann oeffnete man die Box und zog an einer Stange und schwupps war ein 4 Mann Zelt aufgestellt. Drinnen eine Sitzbank. Vorher hatte ein anderer 3 oder 4 Loecher gebohrt – die Batteriebetriebenen Bohrer machten kurzen Prozess mit dem Eis – 70 cm Eis in 2 Minuten fertig. Erstaunlich. Ein Loch war immer fuer’s Echolot und kurze Zeit spaeter bullerte der kleine Propanheizer los und die Gruppe verschwand in den Zelten und angelte froehlich los. Klasse!

Ich bewunderte auch ein paar der luxurioesen Anhaenger. Praktisch wie ein normaler Campinganhaenger, teilweise mit 3 oder 4 Slideouts, wahrscheinlich fett gedaemmt, der einzige grosse Unterschied war, dass man die Wohnkiste auf der Achse runterlassen konnte so dass der Haengerboden aufgestellt nur noch vielleicht 20 cm ueber dem Eis war. Irgendwie hydraulisch. Genial, wirklich. Einige der Zelte an denen ich vorbeilief hatten schon einen kleinen Stapel Fische vor der Tuer. Das erfolgreichste Zelt hatte bestimmt schon 7 Fische. Einer der Zander war sehr ordentlich, muss ich sagen. Der war schon ueber 50 cm. Es gab also auch groessere Fische heute und hier. Neuer Ansporn! Alle gaben gerne Auskunft und Tipps. Der Untergrund musste wirklich sehr langweilig sein. Ich lief vielleicht eine Kreisstrecke von 3 oder 4 km und alle die ich fragte hatten eine Tiefe von 3,5 bis 4 m gemeldet und sandigen Grund. Hmm. Man angelte hier also nicht auf Standortfische an einer Struktur sondern ueber offenen Grund umherziehende Fische. Crappies hatte leider keiner gefangen. Die haette ich auch gerne mal wieder gefangen. Super cooler Fisch. Und lecker. Interessant war fuer mich auch die Eisformation. Also wenn man so hoert von Eishockey auf zugefrorenen Seen; hier haette man kaum mal eine Flaeche von 20x20m mit glatten Eis gefunden. Ueberall ragten mal Schollen oder Eiskanten heraus. Oder solche erwaehnten Bruchstellen die sich endlos hinzogen. Und weiterhin wurde ich beim Laufen von einem staendigen Grollen verfolgt. Als ob in der Ferne Feuerwerk oder Artilleriefeuer stattfand: das Eis arbeitete und manchmal schossen neue Risse dicht unter meinen Fuessen entlang. Sehr entnervend.

Mittags kam unser Resort Guide wieder. Wir fachsimpelten ein bisschen. Er erzaehlte uns wie die Fischbestaende sich wieder erholt hatten nachdem sich endlich die indigenen und nicht-indigenen Fischnutzer mal zusammen an den Tisch gesetzt hatten und ein Co-Management System ins Leben gerufen hatten. Mit Hilfe des Fischereiministeriums war es dann in den 2000ern gelungen wieder einen tollen Zanderbestand aufzubauen. Eben ueberall das Gleiche; Gier und Individualismus muss erst alles zerstoeren bis die verschiedenen Gruppen begreifen, dass man zusammenarbeiten muss um was zu erreichen. Er fragte uns noch ob er unsere Huette weiterschleppen sollte, falls wir nicht zufrieden mit den Faengen waeren. Ich dankte fuer das Angebot, sagte aber das das in meinen Augen keinen Sinn machen duerfte denn die Chancen auf so einem riesigen und langweiligen Plateau stuenden ueberall gleich – egal wo man auf dem Plateau sass, man musste eben warten bis die Fische hier durchzoegen. Wenn es Strukture gaebe, waere das eine andere Sache aber ich hatte ja gesehen und gehoert das hier niemand wirklich jemand an die Wand angelt wegen einer speziellen Stelle. Er nickte dankbar; es war wohl nicht selbstverstaendlich das alle Gaeste das so verstanden hatten.

Bis zum Abend fingen wir nichts mehr in der Huette. Wir erlebten einen fantastischen Sonnenuntergang. Im Dunkeln konnte man die vielen Lichter der ganzen Eisanglerschar sehen. Ich haette vielleicht auf 200 geschaetzt aber der Guide hatte gemeint es waeren dieses Wochenende weit uber 1000 Huetten und Anhaenger auf dem See. Dann noch etliche Zelte tagsueber. Bei 3 pro Huette/Anhaenger plus Zelte koennten da locker 5000 Leute auf dem See angeln. Wahnsinn! Und wir sind hier 4h weg in der Mitte von Nirgends. Wie viele zehn-wenn nicht hunderttausende eisangeln dann in den vielen stadtnahen Seen in ganz Minnesota!?

Puenklich zum Dunkelwerden kam dann auch die Beiszeit wieder in Schwung. Ryan fischte einen brauchbaren Zander durchs Loch, Andy und Lance fingen noch 2 wirklich kleine Zander die wieder schwimmen durften. Wir hatten erstmal genug fuer eine Mahlzeit. Ryan fuhr mit mir zum Schlachthaus (und er freute sich auf eine richtige Toilette!). War koestlich, in Bierteig frittierter Zander und Barsch. Am spaeten Abend bekamen wir dann noch einen brachialen Biss am Tauwurm aber leider blieb der nicht haengen. Am Jig schien gar nichts mehr zu gehen. Ich hatte mir fast einen Tennisarm gejiggt. Die Fische wollten anscheinend jetzt lieber richtiges Fischfleisch. Wir waren schon in den Kojen als es irgendwo losbimmelte. Ich machte Licht – aber wo war das Geraeusch hergekommen? Ich checkte die Posen und Ruten – nee, alles schlapp. Ryan hatte die rechte Wandspulen gecheckt und Andy die linken. Ploetzlich jubelte Andy auf: “I got one!”. Er strippte die Leine einer Wandrolle ein und hob einen guten Zander durch das Loch. Klasse! Der war schon an die 45 cm. Wir gratulierten dem Jungen und er war sehr stolz auf seinen Fang. Ich meinte sein Opa in den ewigen Fischgruenden wuerde gerade stolz schmunzelnd auf ihn herabsehen. Sollte etwa Andy wieder den groessten Zander des Trips fangen, wie schon 2018 am Leech Lake?

Gegen Mitternacht rappelte wieder etwas los. Schlaftrunken torkelten wir alle aus den Kojen – jeder sah nach seinen 2 naheliegenden Schnueren – bei mir war nichts. Aber Ryan vermeldete Widerstand. Und der machte wohl maechtig Alarm. Ryan gab sogar ein bisschen Schnur von der Rollen. Ich hockte jetzt vollkonzentriert am Loch – Andy schien Licht ins Loch. Da tauchte ein grosser Zander im Gruen auf und wir raunten vor Aufregung. Der durfte uns nicht entwischen. Ryan manoevrierte den Fisch Schnautze zuerst ins Loch und zog an und sobald der Kopf aus dem Eis herausschaute, schnappte ich hart zu und presste an den Kiemendeckel zusammen und hob den Fisch schnell in die Huette. Geschafft, der ist uns sicher! Wir jubelten los und beklatschten uns. Das war ein Lunker. 55 cm wie sich herausstellte, das war ein wirklich feiner Zander! Ich versorgte den Fisch und das Fischhaeufchen neben der Huettentuer draussen wurde groesser. Ich wollte gerne Ryan’s Mutter, meiner alten Urlaubsmutter, ein paar leckere Filets mitbringen wenn es sich ergab. Und hier war ja schon was dran.

Ich brauchte eine Weile bis das Adrenalin wieder nachliess und ich endlich einschlafen konnte.

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Tag 4

Puenklich um kurz nach 6 bimmelte wieder eine Rolle los. Lance brachte wieder einen schoenen reichlich 40ger Zander ans Tageslicht. Ich hatte noch einen Fehlbiss an meiner Koederfischrute aber kurz danach fing ich dann doch noch einen kleineren Zander am Koederfisch. Dann war wieder Ruhe. Und nichts am Jig. Andy und Lance packten nach dem Fruehstueck zusammen, wir verabschiedeten uns und Ryan brachte sie ans Ufer. Sie mussten ja Montag wieder arbeiten und zur Schule. Ryan und ich blieben noch bis Montag morgen und Dienstag Abend ging mein Flug zurueck zur Westkueste.

Wir genossen noch den Rest des Sonntages alleine. Wir assen wie die Koenige um nicht so viel wieder mitzurueckbringen zu muessen. Ich kenne jetzt wieder alle Clint Eastwood Movies. Abends gab es wieder einen spektakulaeren Sonnenuntergang. Die Anzahl der Eisangler hatte heute deutlich abgenommen; das Wochenende war zu Ende. Ausserdem war Superbowl Sonntag – aber viele Minnesotaner war trotzdem das Eisangeln wichtiger als Football. Es waren eigentlich sehr angenehme Temperaturen, so um die -3 Grad und kaum Wind. Wie immer abends, hatten wir noch eine Beiszeit und fingen noch 2 kleinere Zander. Einen behielten wir noch, dann war aber gut. Nachts ging nichts mehr aber frueh puenklich wie die Kirchglocke rappelten die Leinen. Aber irgendwie vermasselten wir an dem Morgen 3 oder 4 gute Bisse und konnten nichts mehr landen. Nach dem Fruehstueck packten wir unsere Sachen und fuhren zurueck. Ich filetierte unsere 5 Zander waehrend Ryan auscheckte. Wir liessen noch ein Trinkgeld fuer die Guides zurueck – die hatten sich toll um uns gekuemmert. Super zufrieden und ausgeangelt fuhren wir zurueck in die Zivilisation. Auf eine warme Dusche freuten wir uns wirklich. Aber wir beide stimmten ueberein, dass das ein voller Erfolg, ein tolles Erlebnis und hoffentlich nicht das letzte Mal Eisangeln gewesen ist. Ich meine, ausser im Paradies, wo kann man schon sagen man angelt und faengt (!) in einem Loch vor seinem Bett waehrend man im warmen Bett liegt und Fernsehen guckt?!

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Wie Geil is das denn. Danke für diesen erstklassigen Bericht. Es hat wieder einmal Riesen Spaß gemacht an Deinem Angelabenteuer „teilzunehmen“.
 
Das ist aber mal ein Bericht das würde ich auch mal gerne machen einfach toll danke dafür:a020::dankeschoen:
 
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