31.3.2017; East Sooke
Habe ich schon mal erwaehnt, dass ich es liebe einen Freitag fuer’s Angeln frei zu haben? Letzten Freitag ergab sich mal wieder eine solche Gelegenheit und ich stahl mich mit meinem Boot “Max Waldi” auf’s Meer. Der Drang auf’s Wasser schon am Freitag kam sicherlich auch von den windigen Wettervorhersagen fuer das kommende Wochenende. Aber auch wenn ich mich recht problemlos von Arbeit fuer diesen einen Tag loseisen konnte, sollte meine Solotour erst mit Verspaetung beginnen. Als ich zur Abfahrt bereit nochmal einen Inspektionsgang um das Gefaehrt machte, fiel mir auf, dass mein Nummernschild am Bootsanhaenger fehlte. Die Halterung war abgebrochen – entweder war das Plastik durch Vibration auf dem Highway weggebrochen oder jemand hatte es gestolen. Was nun? Ich rief die Versicherung an und die bestellten mich ein. Wie das so geht, Computerprobleme bla bla bla, und der ganze Spass kostete nicht nur ein paar Dollar sondern auch ca. 2 h Zeit.
Gegen Mittag kam ich dann endlich an der Pedder Bay Marina in East Sooke an. Die freundliche Bedienung sagte mir das die ganze Flotte schon draussen war – deswegen haette ich die Rampe komplett fuer mich alleine. Flugs war das Boot im Wasser und der Haenger geparkt und ab ging’s. Da meine effektive Angelzeit durch den verspaeteten Start auf etwa 3 h max. zusammengeschmolzen war, hoffte ich auf eine fischige Belohnung meiner ganzen Muehe. Das Meer war fast spiegelglatt, kein Wind und endlich mal fruehlingshafte Temperaturen. Als ich aus dem Fjord herauskam, sah ich eine ganze Menge Boote direkt vor dem Fjordausgang schleppen. Ich hatte das Marinapersonal noch gefragt, wo die besten Faenge der letzten Tage herkamen, aber bekam keine schluessige Auskunft da wetterbedingt nicht viel Verkehr war und wenn mal jemand rausfuhr dann waren die Ergebnisse bescheiden. Ich hatte mir aber Whirl Bay als Ziel in den Kopf gesetzt. Ersteinmal zeugte mein Fangbuch dort von ordentlichen Erfolgen im Maerz in vergangenen Jahren und bei diesen Gezeitenkonstellationen (harte Ebbe in der JDF Strait) und ausserdem war diese Stelle leicht zu befischen, was wichtig ist wenn man solo schleppt.
So donnerte ich an der Flotte vorbei und fuhr 10 Minuten weiter zur Whirl Bay. Hier enstand bei Ebbe ein ruhiges Kehrwasser, das oft Futterfisch ueber dem kiesigen Grund ansammelt. Ich hatte die ganze Bucht fuer mich alleine (ca. 1 km2). Bei leicht bedenktem Himmel setzte ich zwei glow Flasher mit Sandaal-aehnlichen Blinkern an den beiden Downriggern ein. Eine Rute ging direkt auf Grund oder dicht drueber und die andere etwa ins Mittelwasser. Zwei Ruten am Grund sind fuer einen Solofischer schwer zu managen. Vielleicht kam ja schon der eine oder andere Gross-Chinook in hoeheren Gefilden durch, waehrend ich mit der tiefen Rute auf die Winter-Chinooks spekulierte.
Nach ca. 20 Minuten naeherte ich mich der Church Rock Insel welche die Whirl Bay nach Westen hin begrenzt. Hier wurde der Grund felsig und kam dann in Inselnaehe schnell hoch und so war ich hochkonzentriert auf die tiefe Rute und das Echolot. Da! Ein kraeftiger Ruck – war das der Boden oder ein Fisch? Es ruckte wieder jetzt - fischmaessig nach meiner Beurteilung. Ich riss die Rute raus, kurbelte etwas ein und ruckte hart an. Widerstand. Aber irgendwie fuehlte sich das nicht lebendig genug an – wahrscheinlich hing ich noch im Clip – und so kurbelte ich nochmals bis die Schnur wie eine Guitarrensaite gespannt war und ruckte dann ein, zwei und dreimal hart an – aber es wurde nicht leichter wie wenn die Schnur aus dem Clip sprang. Was war nur los? Im selben Moment loeste sich das Raetsel denn die kraeftigen Rucke hatten wohl jemand aufgewacht da unten. Die Schnur war naemlich schon laengst aus dem Clip raus – es hing nur ein schwerer Fisch dran der wohl anfaenglich etwas traege am Haken hing. Direkt nach dem dritten Ruck meinerseits, riss es meine Rutenspitze zur Wasseroberflaeche und die Schnur raste von der Rolle. Oha! Das war ein anderes Kaliber als die Halbstarken vor Victoria kuerzlich. Nach paar Metern blieb der Fisch kurz stehen und ich spuerte einen kraeftigen Kopfstoss und dann war der Kontakt weg. Nein! So ein Mist, da hatte ich wohl etwas uebertrieben mit dem dreifachen Anschlag!
Na gut, jetzt wusste ich wenigstens, dass Lachse vor Ort waren und auch beisswillig. Das naechste Mal wuerde ich nicht mehr so plump hereinfallen. Ruck zuck war die tiefe Rute wieder in Aktion auf 53 m Tiefe am Downrigger. Kurz vor Church Rock kam der Boden schon etwas hoch und ich sah Fischsignale auf dem Echolot, genau ueber dem Boden. Ich setzte zur 90 Grad Kurve an; der Boden kam hoch 50 m, 45 m – jetzt sah ich wie das Downriggerblei auf dem Boden aufschlug und die Rute rhythmisch rucken liess. Ich wollte gerade den Rigger ein paar Meter hochbringen, als die Rutenaktion vom rhythmischen Rucken zu einem ungeduldigen Reissen ueberging. Das musste Fisch sein! Ich riss die Rute raus und schlug an. “Fish on!”, sagte ich zu mir selbst sehr zufrieden. Waehrend ich die ersten Fluchten parierte, brachte ich den freien Rigger hoch und machte den Kescher klar. Ich hatte den Kescher mit einem 2 m Telestiel versehen – eine Modifikation die besonders beim Solofischen sehr hilfreich ist da es mit einem ordentlichen Lachs am Haken immer schwierig ist den Fisch mit nur einer Hand an der Rute den letzten Meter zum Kescher zu hieven. Diesen letzten Meter konnte ich mir jetzt sparen!
Das musste ein besserer Fisch sein denn er nahm hin und wieder mal fuer einen Moment Schnur von der Rolle und schoss hin und her. Dann kam er an die Oberflaeche und tanzte dort ordentlich herum – nur keine Dummheiten mein Kerlchen, dachte ich. Der sollte ins Boot als Beute! Als er das zweite Mal in Bootsnaehe kam, klemmte ich die Schnur gegen den Rutegriff und zog hart an und langte gleichzeitig mit dem Kescher zu. Geschafft! Elegant wie ein Profi versank ich den Lachs im Netz. Ein schoener und kraeftiger 7,5 Pfuender, wie meine Waage zeigte. Schnell abgeschlagen und ausgeblutet und weiter ging’s im Programm. Jetzt hatte ich Blut geleckt.
Ich vollendete meine Kurve und fuhr die Bucht nun wieder hoch – auf der tieferen Aussenseite. Minuten spaeter ruckte wieder die tiefe Rute los. Anschlag, Motor runterdrehen…der fuehlte sich nicht so gross an. Schnell hatte ich den vielleicht 3-4 pfuendigen am Boot und hakte ihn los. Als ich meine Rute wieder fertigmachte und mal zur flacheren Rute, die eigentlich tot im Wasser haengen sollte, schaute, sah ich diese wild ruckeln. Ha, Doppelbiss, und das an einem fast unbewegtem Blinker! Schnell griff ich mir diese Rute und stolperte dabei ueber die andere – das wurde nun chaotisch alleine im Boot. Dieser Fisch fuehlte sich wieder besser an und ich genoss den beherzten Drill. Dabei machte ich mir nun schon Gedanken was ich mit diesem Fisch machen sollte. Das war ein Keeper, keine Frage, und ich wollte auch mein Chinooklimit von 2 mit nach Hause nehmen. Aber wenn ich den abschlug, dann war ich fertig. Ich hatte ja kaum eine Stunde geangelt! Ich koennte zwar noch catch&release weiterangeln aber wenn ich dann noch einen weit groesseren fing? Waehrend mir diese Gedanken durch den Kopf schossen, brachte ich den Fisch nun in Bootsnaehe. Als ich einen guten Blick auf in werfen konnte, sah ich einen etwa 6 Pfuender der nur knapp vorne im Maul hing. Der eignete sich perfekt fuer ein Release. So machte ich statt Kescher die Kamera klar um noch ein paar Wasseraufnahmen von diesem Silberpfeil zu machen. Als ich ihn an die kurze Leine nahm und in Position zog und die Kamera fokusierte, schlug er ploetzlich wie wild um sich, spritzte mich und die Kameralinse nass und verabschiedete sich blitzschnell in die Tiefe. Da stand ich nun verbluefft und betroeppelt!
Nun gut, ich machte beide Ruten wieder klar und steuerte die erste Bisstelle an. Als ich in die Gegend kam, sah ich wieder Signale auf dem Screen. Da war auf jeden Fall Leben am Grund. Ich kreuzte die Stelle ohne Fischkontakt und drehte dann eine weite Schleife um in der entgegengesetzten Richtung diese Stelle nochmal zu ueberfahren. Manchmal moegen’s die Lachse nur von einer Seite. Ich liess noch etwas mehr Schnur raus an der tiefen Rute bis ich wieder Bodenkontakt mit dem Blei spuerte. Ich wollte mich gerade hinsetzen, als die Rute runterriss und auch schon ausloesste. Wow, das geht ja heute wie das Brezelbacken! Ein kurzer Anschlag in die schon voll aufgeladene Rute, Downriggerknopf gedrueckt, und nun auf den Fisch konzentriert. Der nahm erstmal ein gutes Stueck Schnur, was mir Zeit gab den Kescher auszufahren und bereitzulegen.
Der Fisch war staerker als der 7,5 Pfuender. Als er endlich das erste Mal fertig war Schnur zu nehmen, musste ich schon ordentlich ziehen um seinen Kopf gedreht zu bekommen. Starke Stoesse liessen mein Adrenalinspiegel steigen. Das war mal wieder ein ordentlicher Lachs. Man vergisst wie stark die sind! Dann kam er eine Strecke Richtung Boot geschwommen und ich musste kurbeln wie ein Berserker um die Schnur nicht schlaff werden zu lassen. Dann sausste er wieder davon und so ging das noch 5 Minuten hin und her bis ich den Lachs endlich in Bootsnaehe werkeln konnte. Als er vielleicht 7 m hinter dem Boot das erste Mal seine Schwanz- und Rueckenflosse zeigte, war ich hochzufrieden. Das war ein schoener Winterlachs – um die 10 Pfund. Ich konnte ihn dann neben das Boot dirigieren und wollte nun mit dem Kescher zulangen. Aber er war noch zu frisch und sausste wieder ab, als er den Kescher kommen sah. Ich liess schnell den Finger, der die Schnur am Griff festklemmte, los, und liess ihn ziehen. Er kam nicht mehr weit und die naechste Bootsannaeherung war seine letzte. Der lange Kescherstiel packte ihn ein bevor er nochmal Kraft fuer eine Flucht sammeln konnte.
Ich freute mich ungemein und bestaunte den kurzen aber sehr kraeftigen Fisch im Kescher. Mein groesster Lachs bisher in 2017. Die Waage zeigte 9 Pfund. Als ich ihn versorgt hatte beschloss ich nur Richtung Marina zurueckzuschleppen. Als ich den Rueckweg antrat, funkte ich noch an Unbestimmt, dass Whirl Bay rund lief – falls es jemanden interessierte. Noch bevor ich Whirl Bay aus den Augen verlor sah ich zwei Boote ankommen. Vielleicht hatten die aehnliches Glueck. Als ich um die Ecke in den Pedder Bay Fjord kam, ruckte wieder die tiefere Rute los und ich dachte schon an das Dilemma wenn ich jetzt einen 15 Pfuender erwischen wuerde. Der Fisch entpuppte sich aber schnell als ein fetter Felsenbarsch, der jetzt in Schonzeit stand.
Zurueck an der Marina filettierte ich die Lachse und gewann 4 feine Filets. Um die Reste stritten sich zu meinen Fuessen Robben, Otter und Moewen. An ihrem Hunger zu urteilen, war ich wohl der erste heute der mit Beute zurueckkam. Und ich war voll zufrieden mit dem Resultat – nach nur ca. 2 h Angeln. Manchmal muss man eben einen richtigen Riecher haben!