10.6. 2022; Bamfield – Tag 1
Letztes Wochenende war nun also die erste Angeltour in 2022. Dabei war diese Tour nach Bamfield im Barkley Sound, an der Westkueste Vancouver Islands, gar nicht langfristig geplant gewesen wie sonst alle unsere Angeltouren. Jerrod, unser alter Angelfreund, der jetzt 2h noerdlich von Victoria wohnt, hatte neue Freunde gemacht und einer davon besass ein Wasserfronthaus mitten im Angelmekka Bamfield. Einst ueber AirBnB zu vermieten, gab es jetzt diese Unterkunft nur noch fuer Freunde und Familie; und Jerrod bekam es fuer letztes Wochenende. So lud er, Carl und seinen Sohn Max und mich mit Ricardo, zu sich selber und seinem Sohn Demario ein. 3 Papas mit ihren 3 Soehnen! Max war 12 und hatte eigentlich mit Angeln nichts am Hut. Aber Carl wollte es mal wieder versuchen und vielleicht sprang ja ein Funke ueber! Demario war 14 und interessiert am Angeln, aber anfaellig fuer Seekrankheit. Von einem gewissen Grad an Autismus betroffen, fielen ihm auch viele Dinge nicht so einfach wie anderen Jugendlichen in seinem Alter. Aber er ist ein total lieber Kerl der begeisterungsfaehig ist und auf den man sich voll verlassen kann.
Mein Boot war noch in der Werkstatt zur Durchsicht und so mussten wir fuer uns 6 Carls klapprige Jalopy neben Jerrods fein modifiziertem Boot mitnehmen. Jerrod hatte seinem 30 Jahre alten 6m Malibu Kajuetboot den anfaelligen Inbordmotor entnommen, einen Schwimmpod hinten anfertigen lassen und 2 nagelneue Suzukis drangehaengt. Was fuer ein Unterschied in Bezug auf Platz im Boot, Power und Verlaesslichkeit! Wir trafen uns Freitag frueh morgens in Nanaimo am Highway und fuhren dann zusammen unsere beiden vollgepackten Gespanne nach Port Alberni. Von dort ging es dann nur noch zu Wasser weiter – 1h Bootsfahrt, den Port Alberni Fjord hinaus zum Barkley Sound, an dessen Suedufer das kleine Angelnest Bamfield liegt. Nur ueber eine rauhe Schotterpist oder per Boot oder Wasserflugzeug zu erreichen, hat sich ein besonderer Charm in Bamfield erhalten; einer der sich sehr von dem der von Touristenmassen durchstroemten noerdlicheren Orten wie Tofino unterscheidet. In Bamfield ist alles auf’s Angeln ausgelegt.
Unsere Unterkunft war ein tolles Westkuesten-Stilhaus aus den 40ger oder 50ger Jahren, teils noch orginal, teils modernisiert. Mit eigenem Dock fuer 4-5 Boote, direkt am Boardwalk der das “Downtown-Ufer” in Bamfield miteinander vernetzt und verbindet. Das Haus war mit Eismaschine, Tiefkuehltruhe, grossem Schlachttisch am Dock und einem Vakuumverpacker perfekt fuer Angler ausgestattet. 3 Schlafzimmer mit 6 – notfalls bis 9 Betten, grosses Wohnzimmer und voll ausgestattete Kueche und Bad. Dazu eine tolle Rundumveranda mit Blick auf den Hafenfjord und Grill. Feine Sache, das wird nicht das letzte Mal unser Ferienheim sein!
Einmal angekommen, packten wir nur schnell unsere Sachen ins Haus und teilten uns dann zum Fischen auf die beiden Boote auf. Ich liess Ricardo bei Carl und Max und ging selber zu Jerrod und Demario auf’s Boot. Wir wollten Lachse jagen. Jerrod hatte schon seine Guide-Kumpels nach Informationen ausgequetscht und die Instruktionen waren: “nur um die Ecke herum, dicht am Grund, Squidimitate oder schlanke, kleine Blinker”. Graham, ein weiterer Victorianer, der mit Sohn und Freund zufaellig auch in Bamfield zum Angeln hier war, versuchte auf dem offenen Pazifik zu den ersten Offshorebaenken zu kommen – ueber Funk liess er uns wissen, dass das keinen Zweck hatte heute – hohe Duenung und Windwellen obendrauf; einfach zu rauh fuer Kleinboote. Nun gut, Benzinsparen ist auch keine schlechte Idee dieser Tage!
So fuhren wir nur 5 Minuten aus dem Bamfield Hafenfjord hinaus und schleppten fortan das linke Suedufer entlang. Jerrod montierte ein Plastiksquid mit Flasher, ich versuchte es mit einem schlanken 7cm Blinker. Jerrod hielt uns an der 40m Tiefenlinie und wir fischten praktisch am Grund. Es dauerte nicht lange und Jerrod hatte den ersten Anfasser. Ein kleiner Chinook um die 5 Pfund. Eigentlich hatten wir auf Grosslachs gehofft und so wollten wir unser Entnahmelimit nicht mit Kleinlachs belegen – so blieb diese Groessenklasse gleich im Wasser. Wir hatten nun regelmaessig, so alle 10 Minuten so einen kleineren Chinook oder die noch kleinere Shakergruppe am Haken. Es waren auch eine Menge Guideboote um uns herum weil es auch ihnen unmoeglich war heute offshore zu fischen. Wir sahen die Guides Chinooks weit unter 10 Pfund keschern. Das sagte uns, dass wohl nicht viel Groesseres zu haben war.
Jerrod hatte wohl den besseren Koeder gewaehlt, denn er hatte 3 Mal mehr Bisse als ich. Bald hatte er einen ziemlich sportlichen Fisch am Band und vielleicht wurde das unser erster Keeper. Ich raeumte gleich meine Rute ein und beide Downrigger, Demario steuerte inzwischen das Boot. Der Fisch schien schwer zu sein, kaempfte aber nicht wirklich, nahm kaum Schnur. Komisch. Als der Fisch dann das erste Mal paar Meter hinter dem Boot auftauchte, waren wir erst etwas enttaeuscht, aber wussten bald was los war; er hatte einen der zwei Einzelhaken am Kiemendeckel haengen und kam daher mit einem bloeden Winkel heran. Der Fisch drehte grosse Piroutten neben und hinter dem Boot – es dauerte einige Minuten bis wir den Fisch endlich im Boot hatten. Ein etwa 10 Pfuender, der ging mit!
Ein Boot neben uns bekam auch einen Biss an dieser Stellen und so fokusierten wir unsere Bemuehungen die naechsten 1-2 Stunden an diesem Kuestenanbschnitt. Ich wechselte inzwischen auch zu einem Squidimitat und fing ein paar Kleinlachse. Demario hatte auch ein paar Shaker am Band. Es fehlte an Qualitaet. Nach einer Weile wechselte ich wieder zum Blinker zurueck und liess zum Grund. Ich hatte gerade den Hebel am Downrigger losgelassen als die Rute herumruckelte und dann gleich ausloeste – das koennte etwas Besseres sein. Ich nahm die Rute auf, kurbelte auf Spannung und hieb an. Jawoll, da war Gewicht am anderen Ende. Ich erwartete jetzt eine lange Flucht, aber die kam nicht. Der Fisch sass einfach stur und schwer in der Tiefe und ich zog ihn langsam mit der reduzierten Schleppgeschwindigkeit. Vielleicht ein Butt? Grundnah genug angelten wir ja. Ich began zu pumpen und der Widersacher kam langsam aber sicher heran.
Wir starrten gebannt ins Wasser um den ersten Blick zuf den Fisch zu erhaschen. Bis auf ein paar widerwillige Kopfstoesse hatte ich nichts gemerkt. Nur schwer. Da, ein silberner Umriss tauchte 3-4m unter dem Boot auf – es war ein Lachs aber er verhielt sich sehr merkwuerdig. Er hatte wohl noch gar nicht gemerkt, dass er gehakt war. Und jetzt war er ganz guen und frisch an kurzer Leine am Boot; nicht ideal! Ich zog ihn hoch. Ich konnte den Blinker gar nicht sehen – er musste ihn voll inhaliert haben. Jerrod wartete mit dem Kescher aber hatte nun ploetzlich Angst wegen des noch heruashaengenden Downriggers und fummelte daran herum um ihn aus dem Weg zu rotieren. Das war aber der Moment wo er den Fisch haette keschern sollen – der Lachs stand ein oder zwei Sekunden still unter der Oberflaeche neben dem Boot. Als Jerrod dann endlich hinlangte, ging der Lachs schon wieder auf Tauchstation und jetzt richtig! Jetzt wurde er wach und tobte gerade hinunter und dann unter dem Boot durch. Ich steckte die Rute tief ins Wasser und fuehrte die Schnur hinter den Aussenbordern vorbei.
Dann hatte ich ihn augenblicklich wieder in Oberflaechennaehe aber auf der anderen Seite und bis Jerrod mit dem Kescher da ankam, war der Fisch wieder unter und gleich auch hinter dem Boot. Er schlug Schaum und waelzte sich, sprang halb und sausste dann wieder tief runter so das meine Rolle nur so kreischte. Wow, was fuer eine Kraft! Und dann ein haesslicher Ruck und der Widerstand war weg. Sch….! Wir schauten uns alle enttaeuscht an. Als ich einholte, sahen wir das der Blinker weg war. Weil der Fisch den Blinker so tief geschluckt hatte, rieb sich das Vorfach an den scharfen Zaehnen durch. Sehr aergerlich. Der hatte mindestens 15 Pfund gehabt, meinten Jerrod und ich eintraechtlich. Wir angelten noch eine Weile weiter und fingen noch ein paar kleinere. Jerrod haette fast noch einen etwa 7 Pfuender mitgenommen aber dann doch Gnade walten lassen. Da musste doch noch was Groesseres kommen.
Nun ja, es kam – aber in der Form groesserer Wellen. Als die Ebbe entgegen des Westwindes stroemte, bauten sich die Wellen im Sound auf. Es wurde richtig ungemuetlich und Demario wurde seekrank. Armer Kerl, dachte ich, ich weiss wie miserabel sich das anfuehlt. Wir brachen danach ab. Als wir gerade losfuhren, ueberhoerten wir einen Funkspruch von 2 Booten die gerade eine Baerenmutter mit Baby am Strand beobachteten. Ich fragte Demario ob er sich das gerne mal ansehen wollte und er war begeistert und vergass sogar seinen Zustand fuer einen Moment. Bald machten wir aus welcher Strand gemeint war und Jerrod fuhr uns dicht unter Land. Da waren die beiden Teddybaeren; Mutter wuehlte nach Futter suchend unter Steinen und Baumstaemmen am Kiesstrand waehrend das kleine Fellknaeuel ueberall herumtollte. Es konnte nur ein paar Wochen alt sein. Wir schauten den beiden eine ganze Weile zu und Mamabaer aeugte hin und wieder mal warnend herueber. Carl brachte die Jalopy auch noch hierher um Max das Duo zu zeigen. Aber dann liessen wir die beiden in Ruhe und fuhren zum Haus zurueck. Als wir an den Bamfield Haeusern vorbeischipperten, zeigte Demario ploetzlich auf: am Ufer zwischen den Haeusern tummelte sich ein grosser Schwarzbaer am Ufer entlang. Bestimmt der Papa der kleinen Familie. Mitten im Ort! Also ja kein Essen oder Muell draussen lassen!
Jerrod war der Einzige der was zu filetieren hatte. Die Jalopy Crew hatte auch nichts ueber 5 oder 6 Pfund gefangen und alles wieder freigelassen. Hm, das wuerde wohl schwieriger als gedacht. Wir waren uns auch einig, dass wir eine Menge Fehlbisse verbucht hatten und einige Fische von aussen gehakt waren. Ein Zeichen, dass die Lachse nicht richtig bissen und nur mit den Koedern spielten.
Abends liefen wir den Bordwalk die 10 Minuten bis zum Government Dock und versuchten Squids zu pilken. Wir hatten uns dafuer extra die Squidpilker in Glow-Farben gekauft. Angeblich waren in der vergangenen Woche eine Menge Squids direkt im Hafen und man konnte sie unter den Docklaternen im Dunkeln gut fangen. Frische, selbstgefangen Kalamari – das waere doch mal was! Leider schien kein Squid mehr im Hafenfjord zu sein – Graham und seine Crew versuchten es vom Boot aus und bekamen auch nichts. Schade. Dann war Abendbrotzeit!