@rohrhof
Es ist tatsächlich so, dass die Betrachtung der linearen Tragkraft nicht hinreichend ist. Und das ist auch ohne Physikstudium zu verstehen. Die Situation kommt zustande, wenn schnell jagende Exemplare den Köder mit hoher Geschwindigkeit nehmen und ohne zu stoppen einfach weiter schwimmen. Wie mir gesagt wurde, erreichen z.B. Tunas dabei Geschwindigkeiten von 30m/s (~100Km/h). Eine multifile Schnur hat nur eine Dehnung von ca. 1% bei maximaler Belastung. Sind etwa 200m Schur draußen, sind das 2m. In diesen 2m muss die Schnur die Kräfte verarbeiten, die entstehen, wenn in 2m ein Fisch von z.B. 50Kg Gewicht von 100Km/h auf 0Km/h abgebremst wird. Jeder, der Autofahrer ist, kann sich vorstellen, dass die auftretenden Kräfte enorm sind.
Man könnte nun einwenden,, dass die Rute das doch abfedert. Das ist nicht falsch, aber für die ersten Augenblicke nicht zutreffend, denn der entstehende Kraftimpuls wird über die Schnur als Longitudinalwelle in Richtung Rute übertragen. Das dauert aber seine Zeit (entspricht der Schallgeschwindigkeit in diesem Medium).
Eine Hollow von 100lbs alleine ist auch keine Lösung, die besteht ebenso aus Dyneema Fasern und hat die gleiche geringe Dehnung wie eine 40lbs Braid. Das ist einer der Gründe, warum die Verwendung eines WOL bei diesem Kaliber von Fisch zwingend ist, was auch wohl jeder verwendet. Allerdings sollte man eine Mono verwenden, die nicht nur abriebfest ist (wie Fluorocarbon) sondern auch eine möglichst große Dehnung besitzen (was Fluorocarbon nicht hat). Ich hatte mal die Sufix memory free, außen Abriebfest und 17% Dehnung. In diese Richtung sollte es gehen. Allerdings muss das WOL dieser Situation entsprechend auch ausreichend lang sein. 10m beispielsweise bringen auch nur 1,70m zusätzlichen "Bremsweg". Hier braucht man schon einige 10m, wenn es ausreichend sein soll. Die Mono sollte dann aber auch eine entsprechende Tragkraft besitzen. 50Kg oder mehr, was gerade noch handlich ist (Wurfeigenschaften, Befüllung der Rolle).
Der entscheidende Schwachpunkt ist die Verbindung Hauptschnur und Mono. Ich verwende hier den, ich glaube offiziell heißt er PR-Knoten, hier im Forum auch bekannt als "Bodenseefischer-Knoten". Bevor ich ihn verwendet habe, habe ich das gründlich und oft getestet. Ich hatte dabei nicht einen Fall, wo der Abriss innerhalb des Knotens erfolgte oder die Braid von der Mono gezogen wurde. Der Knoten erhält somit die Tragkraft zu annähernd 100%.
Um das richtige und optimal aufeinander abgestimmte Setup herauszufinden, braucht es viele Versuche im Trockentest. Aber da muss man durch und die Winterabende wollen ja auch ausgefüllt sein. Ziel sollte dabei sein, die Hauptschnur möglichst dünn (Preis, Länge der Schnur, die auf die Rolle passt), aber eben auch ausreichend zu wählen.
Eine Bemerkung noch: Ich spiele nicht mit im big Game, aber diese Überlegungen lassen sich auch auf die Angelei in Norwegen übertragen, auch wenn es hier wesentlich gemütlicher zugeht.
Gruß Dieter