Reisebericht 15, Linesøya im August 2011

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Linesøya im August 2011 – Eigentlich unglaublich!

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Unser Boot dümpelt von einer leichten Brise aus NNW geschoben im Schutz von Båan in Richtung Nordspitze von Vågsøya mit dem malerischen Leuchtturm, der irgendwie immer wie eine Kapelle anmutet. Von der Dünung, die vor zwei Tagen noch fast vier Meter betrug, ist praktisch nichts mehr zu sehen oder zu spüren. Nach dem kurzen Regenschauer morgens strahlt inzwischen die Sonne vom Firmament und verscheucht stetig auch die letzten Wolkenfetzen. Doch nicht nur die Wärme der Sonne jagt mir an unserem letzten Angeltag wohlige Schauer über den Rücken, nein, auch die Erinnerung an die zurückliegenden Tage.

Großspurig hatten wir für dieses Jahr das Motto “Kveite-Tour Linesøya 2011“ ausgegeben und uns damit weit aus dem Fenster gelehnt. Seit 2005 ist unsere sechs Mann starke Gruppe einmal jährlich zu Gast auf der kleinen Insel Linesøya, etwa 100 km NNW von Trondheim. In den letzten beiden Jahren hatten die Fangmeldungen auf Heilbutt in diesem Revier deutlich zugenommen, selbst aber hatten wir neben ein paar zu kleinen Exemplaren nur zwei gerade so passende erwischt. Meinen 19kg-Flachmann aus 2006 lassen wir dabei einmal unbetrachtet, der war mit einer Fangtiefe von 230 Metern ohnehin eine rühmliche Ausnahme.

Meinen Reisebericht zur Tour 2009 hatte ich mit “Fast nicht zu toppen“ betitelt. Inzwischen weis ich, dass erstens das 2011er Motto gar nicht so verkehrt war und es zweitens immer noch deutlich besser geht als 2009! Das Ende der Fahnenstange scheint noch lange nicht erreicht.

Neben mir sitzt Matze, der einzige Neuling in unserer eingespielten und verschworenen Truppe. Er war mit mir und unseren Mädels letztes Jahr im April in Bessaker, war dort erstmals mit norwegischen Meeresfischen in Berührung gekommen und erlitt wie vorgewarnt und prophezeit eine Vollinfizierung mit dem berühmt-berüchtigten Norwegenvirus.

Matze hat auch gleich am zweiten Tag gut vorgelegt. Bei Storfluan brachte er nach zwei oder drei Fluchten völlig überraschend einen Heilbutt aus 20 Meter an die Oberfläche. Sofort riet ich ihm die Bremse zu öffnen und nur ein paar Augenblicke später explodierte er auch schon und tauchte rasant ab. Und erst bei dieser Flucht kam der für Heilbutt so typische, wellenartige Schnurablauf zustande. Als die Platte nach ein paar Minuten wieder neben dem Boot auftauchte, habe ich sofort das Gaff gesetzt und den Flachmann ins Boot gezogen. 101 cm und 21 Pfund! Und Matze war völlig konsterniert über sein Glück.

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Doch schon der nächste Tag sollte alles in den Schatten stellen. Mit beiden Booten angelten wir bei Båråsa. Nach knapp einer Stunde schallten plötzlich von Boot 1 Jubelschreie herüber und keine Viertelstunde später kamen die Jungs längsseits. Hans vermeldete den Fang eines schönen Heilbutts. Auf unsere Bitte uns doch seinen Fang zu zeigen, meinte er, er kann ihn nicht heben! Nun gut, üben wir uns in Geduld.
Einige Zeit später verlegte ich auf allgemeinen Wunsch unser Boot in den Linesfjord zum Leuchtturm an der Südspitze von Linesøya und wir versuchten unser Glück jenseits der 200-Meter-Marke. Wieder war es Matze, der offensichtlich einen guten Fisch ans Band bekam. Unter Ächzen und Stöhnen pumpte er und nach mehr als halber Strecke meinte Stocki, der wie immer den Platz im Bug innehatte, plötzlich: „Dein Monster hat glaube ich meine Schnur eingefangen.“ Stocki blieb aber cool und beließ seine Montage wo sie war. Einige Zeit später kam dann Matzes Fisch in gut 20 Meter Entfernung vom Boot in einem Schwall an die Oberfläche. Erst beim Heranziehen konnten wir ihn schließlich als mindestens metrigen Leng identifizieren. Zum Bergen musste Stocki das Nachläufervorfach aushängen. Während Matze den Fang versorgte, flocht Stocki das Vorfach mit den beiden Beifängern aus seiner Hauptschnur. „Scheiße!“ schrie Stocki plötzlich. „Ich hab’ einen Biss!“. Matze sprang sofort hinzu und ein paar Sekunden später war das Getüdel beseitigt und Stocki hob sogleich die Rute, die dank Circlehook an der Nachläufermontage einen artigen Diener machte. Schließlich kam auch bei Stocki ein praktisch identisch großer Leng ins Boot. Exakt beim Einbooten biegt sich plötzlich meine Rute im Rutenhalter bedenklich und mein Kontrahent gebärdet sich während des Drills wie wild. Schließlich holte ich ebenfalls einen Leng ans Licht, trotz guter Größe aber deutlich kleiner als die ersten beiden.
Matzes Leng maß schließlich 115 cm, wog 8 kg und bedeutete neuen Gruppenrekord auf Leng. Nur war Matze nicht sehr lange Rekordhalter, Stockis Leng wog zwar ebenfalls 8 kg, aber er war um 2 cm länger. Der dritte Leng war dann 98 cm lang und 5 kg schwer. Bei Hans’ Heilbutt stellte sich dann heraus, dass es sich um den bislang größten Heilbutt unserer Gruppe handelt mit vollen 21 Kilogramm! Die Freude war also mehr als berechtigt! Nur wir fragten uns dann doch, wie es wohl kam, dass Hans, ansonsten selbsternannter Stadtmeister von Hauzenberg in diversen obskuren Disziplinen wie z.B. Wattwurmstechen, plötzlich nicht mehr 21 Kilogramm heben konnte?

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Stocki hat heute wieder seine 11 cm langen Twister im Einsatz, wobei orange und gelb auf Pollacks offenbar seine Lieblingsfarben darstellen. Er fischt sie meist “tot“ mindestens 5 Meter über Grund. So sitzt er da, hält die Rute völlig ruhig und lässt die Rutenspitze dabei kaum aus den Augen. Aus dieser “Lethargie“ erwacht er nur, 1. wenn ich ihm große Sicheln auf dem Display des Echolots melde und er dann kurz und vor allem schnell kurbelt, stoppt, um dann wieder kurz und schnell zu kurbeln. Oder 2., wenn er wie jetzt einen Biss hat, anhaut und aufspringt. Die Tonlage der ansprechenden Rollenbremse verrät eine rasante Flucht bis hinunter zum Grund. Es folgt das Wechselspielchen Schnur aufnehmen und Schnur verlieren mit dreimaliger Wiederholung. Jetzt scheint sein Kontrahent geschlagen und Stocki bringt langsam seine Schnur wieder auf die Spule. Gebannt suchen Matze und ich das Wasser ab nach einem ersten Anzeichen von dem Fisch. Da taucht er auf, zunächst nur ein langer Schatten und schließlich durchbricht ein schöner Pollack die Wasseroberfläche. Er ist völlig ausgepowert und zeigt Weiß. Matze gafft und nun klatschen wir Stocki ab mit Gratulation! Betäuben und Kehlen ist schnell erledigt, die Operation, den Twister irgendwo aus den Tiefen des Schlunds des 10-Pfünders zu holen, wird wohl ein Weilchen beanspruchen!

Am Sonntag veranstalteten wir unser traditionelles Königsfischen. Ein Test tags zuvor brachte im Nahbereich keine brauchbaren Ergebnisse. Egal ob Sørgardsvågen, Tøflua, Djupbakkfallet oder Trebåen, es war zum Eierlegen und unseren Plan A konnten wir knicken. Boot 1 entschied sich dennoch für diese Örtlichkeiten und wir in Boot 2 einigten uns auf das Nordplateau. So begannen wir schließlich am 30er Berg, wechselten zum 11er bei Sønstaren und zum 13er am Revetfallet. Dorsch und Pollack standen unter und zwischen Schwärmen von kleinen Köhlern. Jedenfalls, es war erneut Matzes Tag. Sein Dorsch mit 11 Pfund hätte schon zum Sieg gereicht, aber er hatte noch einen 13 Pfund schweren Pollack auf die Planken gelegt und sich mit diesem neuem Gruppenrekord die Königswürde 2011 geholt. Nochmals Glückwunsch!

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Einen Ausflugtag haben wir, wie die Jahre zuvor, auch wieder eingelegt. So haben wir den Støvelfossen mit Lachstreppe an der Stordalselva, ungefähr 1 Kilometer nördlich von Årnes besichtigt. Lachse konnten wir aber nicht beobachten, nur einen leider erfolglosen Fliegenfischer.

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Der Wasserfall, etwa 5 km von Årnes in Richtung Osen / Bessaker, den wir im Frühjahr 2010 bestaunt haben, war dagegen eine absolute Enttäuschung. Im Gegensatz zum Frühjahr mit der Schneeschmelze läuft im Sommer offensichtlich zu wenig Wasser herunter.
Viel interessanter war dagegen das Einheben des ersten von drei Brückenteilen für die Festlandsverbindung von Linesøya durch einen Schwimmkran, was wir vom neuen Sportboothafen von Stokkøya aus beobachteten. Und da wir schon in der Nähe waren, haben wir auch den berühmten Sandstrand von Hosen mit der Strandbar einen Besuch abgestattet. Selbst von dort konnten wir einen Blick auf die neue Brücke werfen.

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Natürlich haben wir auch wieder ein wenig experimentiert. So setzte Matze einen 10 cm langen Spöket Fire Orange GoSP auf Pollack im oberflächennahen Bereich ein. Dieser Wobbler ließ sich super werfen, hatte „Geräuschkulisse“ durch kleine Kügelchen im Innern, ein verlockendes Spiel auch bei langsamer Führung und das Wichtigste, die Pollacks hatten ihn zum Fressen gern.
Über Tiefen von weniger als 10 Meter und bei ruhigem Wetter habe ich zwei DAM Effzet Gigant Bubble Popper ausprobiert. Nur getwicht laufen sie an der Oberfläche im Zickzack-Kurs. Es ist ein geiles Gefühl, wenn man den Pollack sieht, wie er den Köder attackiert und fast im gleichen Moment den Schlag in der Rute spürt. Aber Vorsicht, in dieser Art zu angeln liegt Suchtpotenzial. Ein schöner Vorteil dieser Angelei ist, dass die Fische gar nicht auf Tiefe kommen und daher problemlos releast werden können. Ausnahmen bestätigen diese Regel, aber das sind dann Kaliber, die man in die Fischwanne legt!

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Matze hat gerade wieder seinen Spöket an den Start gebracht. Einem weiten Auswurf folgt eine kurze Absinkphase, dann holt er ihn langsam mit gelegentlichen Stopps wieder ein. Bingo! Beim letzten Stopp ein Biss wie beim Rotaugenangeln zu Hause, den Matze mit einem fulminanten Anhieb quittiert. Nur kurz spricht die Rollenbremse an, dann hat Matze alles unter Kontrolle. Der Pollack hat Kistenmaß, also mehr als 60 cm! Petri!

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Ein besonders schöner Drill wurde mir am nächsten Tag am Nordplateau bei Sønstaren beschert. Ausgangspunkt unserer Drift war der 11er Berg. Mit Gummifisch in Rot/Weiß am 50 Gramm schweren 10/0 Jighaken klopfte ich den Grund in inzwischen ca. 25 Meter Tiefe ab. Als sich die 12er Whiplash früher als erwartet entspannte habe ich sofort einen Anhieb gesetzt. Die Rute ist gekrümmt, aber keine “Rückmeldung“? Zwei schnelle Kurbelumdrehungen und gleich nochmals einen Anhieb gemacht! Die Rute ist jetzt richtig krumm! Wieder keine Reaktion! Das kann doch kein Hänger sein!? Schließlich kann ich dann doch ein leichtes, fast müdes Nicken in der leichten Spinnrute registrieren. Schwer, aber ohne nennenswerte Gegenwehr kann ich meinen Kontrahenten fast unters Boot ziehen. Nur vom Grund will er sich nun partout nicht lösen lassen. Es dauert fast eine halbe Minute, bis ich dann doch die Rute einmal hoch bekomme. Zum Schnuraufnehmen hat es aber schon nicht mehr gereicht, sofort wurde ich gekontert. Beim nächsten Mal konnte ich die Rute sogar zweimal anheben, dann riss es mir die Schnur wieder von der Rolle. Das Spielchen ging noch eine Weile hin und her, oder besser rauf und runter. Schließlich kam dann ein Prachtdorsch längsseits. Er war noch weit entfernt von den beiden 18kg-Monstern, die die Belgier in der Nachbarwohnung dieses Jahr schon vom Nordplateau angeschleppt hatten. 108 cm bedeuteten aber meinen ersten Meterfisch für dieses Jahr und nun schon der Fünfte heuer für unser Team. Mit 9.5 kg ist es mein bislang schwerster Dorsch um Linesøya und mein gesamt Drittschwerster.

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Auf die großen Rotbarsche waren wir natürlich auch wieder scharf. Boot 1 angelt da nicht gezielt drauf, außerdem hatten sie dieses Jahr auch ein schweres Handicap. Schon nach ein paar Tagen hatte sich der Saugnapf am Geber des Echolotplotters während der Fahrt gelöst und im Anschluss offensichtlich dann der Geber selbst vom Kabel, denn von dem Teil fehlte jede Spur. Dennoch konnte Lusch beim Grundangeln seinen ersten großen Rotbarsch überhaupt fangen und freute sich ebenso wie unser Bieropa über einen. Wir in Boot 2 betreiben das in der Regel gezielter. Wie am Echolot unschwer zu erkennen und von Testfängen aus Boot 1 bereits bekannt, war das Mittelwasser am 148er und dessen Umgebung aber praktisch ständig mit 5 bis 6 Pfund schweren Köhlern belagert. Ab und an einen Einsteiger zu haben ist kein Problem, aber ständig Gefahr zu laufen, mit dem 6-Haken-System vor lauter Köhlern gar nicht an die Indianer heranzukommen, sehr wohl. Die Problemlösung ist aber phänomenal einfach:
Köhler stehen in der Regel auf schnell geführte Köder. Bestes Beispiel sind die Fangergebnisse beim Speedpilken. Ein langsam geführter Köder interessiert die rußigen Gesellen nur in Ausnahmefällen. Deshalb wird beim Ablassen nicht einfach der Freilaufhebel an der Multi betätigt, sondern nur die Rücklaufsperre und die Sinkgeschwindigkeit der Bebleiung mit etwas Daumendruck auf die Spule zusätzlich gebremst. Dann klappt es auch - nein, nicht mit dem Nachbarn – mit den schönen Rotbarschen!
Zu den angesprochenen Ausnahmen zählt eindeutig auch der Schwarzkittel, der sich abends einmal rund 15 Minuten nach dem Ablassen in 190 Meter Tiefe an einem meiner für die Rotbarsche gedachten fingerlangen Minifetzen vergriff und den 4/0 Circle Hook nicht mehr los wurde. In dieser Tiefe hätte ich mit allem Möglichen gerechnet, nur nicht mit so einem 4-Kilo-Radaubruder!

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Im Gegensatz zu meiner Crew habe ich heute einen extremen Köder am Monovorfach: Einen 20 cm langen Gummifisch in grau / hellblau mit orange gefärbtem Schaufelschwanz am 12/0 Jighaken mit 30 g Köfpchen. Zigmal habe ich den Gufi heute schon, so wie jetzt, um die 25 bis 30 Meter ausgeworfen, zum Grund absinken lassen, ein paar Meter mit variierender Geschwindigkeit eingekurbelt und wieder zum Grund sinken lassen. Aber jetzt stimmt hier etwas nicht! Die Schnur läuft doch plötzlich schneller ab! Zeigefinger zur Kontrolle an die Schnur gehalten – Oh oh! Rute hoch, sofort wieder runter, dabei den Rollenbügel zugeklappt und Anhieb! Die Rute biegt sich augenblicklich durch bis ins Handteil und schon wird mir die Schnur von der Rolle gerissen. Die Rutenspitze wippt unter Schnurabzug rhythmisch auf und ab. “Ach du grüne Neune, ein Heilbutt am leichten Spinngerät!“ schießt es mir durch den Kopf. Völlig unvermittelt stoppt diese erste Flucht senkrecht nach unten.
An ein Anheben der Rute ist noch gar nicht zu denken, absolut keine Chance den Fisch zu auch nur zu lupfen. Nach einer kurzen Verschnaufpause kommt jetzt die zweite Flucht! Wieder ist das rhythmische Wippen deutlich in der Rutenspitze zu sehen und diesmal geht diese Flucht von mir weg, scheinbar am Grund entlang. 15, 20 Meter Sehne fliegen nur so von der kleinen Spinnrolle, bis ebenso unvermittelt wie zuvor auch diese Flucht endet.
Ich stemme mir das Ende der Rute in die Hüfte und wechsle sie in die linke Hand, da spurtet der Bursche auch schon wieder los! Nun dringt Stockis Stimme zu mir durch: “Sag’ mal, Roland, du hast doch da einen Heili dran?“ Bewusst vorsichtig antworte ich: “Ich vermute schon!“ Ich registriere noch dankbar, dass er Matze empfiehlt seinen Köder einzuholen und die Rute wegzustellen, dann konzentriere ich mich wieder auf mich und meinen Fisch, der plötzlich wieder eine Pause einlegt. Doch was geht jetzt ab? Die Rute ist voll im Anschlag, die Schnur geht relativ flach schräg ins Wasser und durch die leichte Winddrift läuft im Zeitlupentempo die Geflochtene von der Rolle. Boah, ich habe mittlerweile mehr als die Hälfte meiner Schnur draußen und der Kerl legt sich womöglich einfach faul zwischen ein paar Steine zum Ausruhen. So kann das nicht weitergehen! Ich muss zusehen, ihn wieder auf Trab zu bringen und bitte Matze das Boot langsam rückwärts zum Fisch hin zu fahren. Was für ein unglaubliches Glück, dass ich ihn vor noch nicht einmal zwei Stunden in die Handhabung eingewiesen hatte. Matze bringt den Motor zum Laufen, legt den Rückwärtsgang ein, lenkt das Boot in die richtige Richtung und es gelingt mir Schnur aufzuspulen. Matze macht seine Sache wirklich gut und ich muss ihm nur ganz wenige Anweisungen geben für Richtungskorrekturen. Ich gewinne Meter um Meter und da jetzt die Schnur beinahe senkrecht ins Wasser zeigt, bitte ich ihn zu stoppen. Jetzt haben sich meine Chancen, diesen Fight siegreich zu gestalten, deutlich gesteigert.
Endlich gelingt es mir, den Fisch ein paar Dezimeter zu heben und prompt kommt die nächste Flucht! Deutlich spüre ich, dass sie bei weitem nicht mehr so kraftvoll ist und endet auch deutlich früher als die vorherigen. Und jetzt endlich kann ich langsam auch ohne Unterstützung des fahrenden Boots pumpen. Nur noch eine ganz kurze Flucht gelingt ihm. Zwei weitere Ansätze kann ich parieren, dann erscheint er majestätisch im Wasser: Es ist tatsächlich ein Heilbutt! In Erwartung einer neuerlichen Flucht löse ich die Rollenbremse um eine volle Umdrehung. Doch nichts passiert. Per Daumendruck auf die Spule bremse ich manuell und hole ihn bis wenige Zentimeter an die Oberfläche heran. Ich will keinen tobenden Butt im Boot haben und nach dem er keine weiteren Anstalten für eine Flucht macht lasse ich ihn ein wenig Meeresluft schnuppern. Aber es erfolgt keine Reaktion. “Ok, ich ziehe ihn heran. Matze, gaffst Du bitte?“ Matze steht schon bereit und nickt nur. Er nimmt kurz Maß, dann reißt er das Gaff hoch, die Spitze durchdringt den Butt knapp seitlich hinter den Kiemen völlig und dann wuchtet Matze ihn ins Boot. Es folgen nur noch ein paar kraftlose Schwanzschläge und der Blutschwall aus den Kiemen lässt mich vermuten, dass das Gaff wohl das Herz getroffen hat.
Nachdem freudigen Abklatschen mit meinen Bootspartnern versorge ich den Fisch. Der Haken sitzt bombenfest im Maulwinkel. Nur der Gummifisch ist arg zerrupft – ein durchaus zu verschmerzender Verlust. 108 cm, 24 Pfund, 18 Minuten aufregender Drill an der leichten Spinnrute - Anglerherz was willst du mehr?

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Nachwort

Auf der Heimfahrt bogen wir abends nach überqueren der norwegisch-schwedischen Grenze bei Svinesund ab nach Strømstad. Das Restaurant Røkeriet i Strømstad am Hafen hatte ich im Internet ausfindig gemacht. Es war kein preiswerter Spaß, aber auf der Terrasse im abendlichen Sonnenschein mit Blick auf den Hafen des malerischen Städtchens wurde uns ein kulinarisches Erlebnis der Sonderklasse serviert! Berge von Reker und Miesmuscheln, beide zum Teil etwas geräuchert, Taschenkrebse und Kaisergranat, dazu Brot und verschiedene Soßen – schon beim Gedanken daran fange ich wieder an zu sabbern! Egal ob auf der An- oder Rückreise, für die Schwedenfahrer ist das m.E. eine lohnenswerte Fahrtunterbrechung.

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Jedenfalls war es das letzte Highlight einer Tour, die von solchen nur so gespickt war. Drei metrige Heilis, insgesamt 6 Meterfische von drei verschiedenen Arten, gefangen von 4 der 6 Angler - die anglerische Bilanz kann sich mehr als sehen lassen. Schließlich sind wir nicht in Nord- sondern Mittelnorwegen!
Der Zusammenhalt in der Gruppe war wieder vorbildlich und in meinem Boot herrschte eine Einigkeit, wie ich sie selten zuvor erlebt habe. Ich danke allen 5 Kameraden dafür! Ein extra Dank an Stocki und Lusch, die auch ihre Bilder für diesen Bericht zur Verfügung gestellt haben!
Ein besonderer Dank geht ins Burgenland an Stefan für seinen Tipp mit dem Linesfjord! Und auch unseren Gastgebern vom Vågan Feriegård, Marit und Arne Hansen, die stets ein offenes Ohr für unsere Belange hatten und wo nötig und möglich schnellstens Abhilfe schufen, gebührt besonderes Lob. Jedenfalls macht das Lust und Laune auf nächstes Jahr! Reserviert haben wir schon wieder!

Tight lines!


 
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