30. April und meine erste Angeltour des Jahres auf dem Meer. Ein trauriger Rekord aber besser spaet als nie. Mein Angelfreunde haben mich schon die letzten Wochen verrueckt gemacht mit ihren Fangmeldungen. Das Heilbuttjahr hatte besonders gut angefangen – gute Stueckzahlen aber auch ein gutes Durchschnittsgewicht von etwa 30 Pfund und mehr. Einige 50 – 70 Pfuender sind auch an den Haken meiner Kumpels gelandet und ich habe von einigen “uebermassigen” freigelassenen gehoert (Maximalmass 2016 ist 133 cm). Damit ist wohl die 3-4 jaehrige Kleinbuttperiode zwischen 2010 und 2014 ueberwunden.
Winter Chinooks gab es auch regelmaessig aber da gab es wohl auch Schneidertage und die Groessen liessen manchmal zu wuenschen uebrig. Mein Freund Larry hatte die Woche zuvor an der Constance Bank den Vogel abgeschossen mit 12 gelandeten Chinook und 4 behaltenen zwischen 8 und 14 Pfund. So was ist aber schon ein besonderer Tag.
So, letzten Samstag trat eine kleine Renovierungspause zu Hause ein, mein neuer Bootsanhaenger war fertig modifiziert und eingestellt und zur Wassertaufe bereit. Am Boot hatte ich auch einige kleine Verbesserungen in Angriff genommen; eine staerkere Salzwasserpumpe die ordentlich Druck auf den Deckreinigungsschlauch macht und eine neue Automatik-Bilgenpumpe. Fuer die beiden Pumpen musste ich den Benzintank herausnehmen und habe dann auch gleich den Salzwasserpumpenansaugstutzen, der vorher billiges Plastik war, mit einem ordentlichen Bronzestutzen ersetzt. Ausserdem kam noch eine LED Leselampe in die Kabine.
Mein juengerer Sohn Alexander wollte gerne mit auf meine erste Ausfahrt. Er hat sich zu einem guten und geduldigem Angelpartner entwickelt. Mein Aelterer, der sonst eher mit beim Angeln dabei war, ist jetzt ein fauler Teenager geworden, den nichts mehr frueh aus der Koje bringt. Mit Alexander hatte ich dieses Jahr schon die eine oder andere ordentliche Forelle aus den hiessigen Seen gezogen, an den Tagen an denen ich mal 2-3 Stunden Zeit fand. Aber jetzt wollten wir uns mal wieder an richtigen Fischen versuchen. Heilbutt ging noch nicht weil ich gar nichts fuer einen Duftsack hatte und auch erst mal wieder ein paar Lachsbauchlappen als Koeder haben wollte. So sollte es am Samstag auf Winter Chinooks gehen. Die Grossen sind noch nicht richtig da und die paar die schon durchzogen, sind jetzt geschuetzt und muessen freigelassen werden. Man kann momentan nur markierte Chinooks ueber 67 cm behalten vor Victoria. Gott sei Dank versorgen uns um diese Jahreszeit etliche US Lachsaufzuchtstationen im Puget Sound um Seattle herum mit einer Menge schoener Winterlachse (Fresslachse) und weil in der USA alle Aufzuchtlachse mit einer fehlenden Fettflosse markiert werden, koennen wir fein von geschuetzten (unmarkierten) und ausreichend vorhandenen (markierten) Lachsen unterscheiden und duerfen weiterangeln. Im Prinzip sind die Chinooks zwischen November und Mai hier vor Victoria zu 95% markierte US Chinooks.
Ich wollte urspruenglich am Samstag zur Constance Bank um es Larry eventuell nachzumachen. Als ich mich mit meinen Freunden Dave und Jerrod besprach, die auch raus wollten, bekam ich mit das grosses Heilbuttderby angesagt war fuer den Tag. Da ausserdem warmes und windstilles Wetter vorausgesagt war, konnte man einige hundert Boote vor Victoria auf dem Wasser vermuten und besonders auf einer guten Heilbuttstelle wie Constance Bank. Nee, das wollte ich mir nicht antun an meinem ersten Angeltag des Jahres. Auch wuerden die Marinas und Bootsrampen frueh morgens einem Autobahnvollstau aehneln und da ich mir mit meinem neuen Anhaenger noch nicht so sicher war, wollte ich mich keinesfalls in solch ein Getuemmel werfen. Ich entschloss daher noch am Freitag Abend mit Alexander zur Pedder Bay Marina zu fahren, das Boot dort in Ruhe schon einzulassen und mir einen Liegeplatz in der Marina fuer die Nacht zu besorgen. Wir konnten ja auf dem Boot schlafen! Eine neue Option die auf meinem alten Red Hot nie moeglich war. Alexander war einverstanden – Bootcamping, wem wuerde das nicht gefallen! Ging alles wie geschmiert und wir verbrachten die Nacht halbwegs bequem im Boot in der Marina. Weckerstellen brauchte man nicht da der Laerm der Heilbuttjaeger beim ersten Licht sowieso alles aufweckte in der Marina. Bloss gut, dass ich mich da nicht an der Rampe eingliedern musste. Waehrend Alexander noch weiterschlief, schipperte ich uns auf’s Meer und fuhr nach Whirl Bay. Ein wunderschoener Sonnenaufgang mit sommerlichen Temperaturen belohnten mich fuer die Entscheidungen. Ich setzte 2 Ruten an den Downrigger ein; eine mit einem glow Coho Killerblinker bestueckt und die andere mit dem verlaesslichen Nootkablinker. Beide hart am Grund gefischt.
Ich musste mich erst wieder an die ganzen Handgriffe gewoehnen und ich war ein bisschen rostig im ganzen Ablauf. Aber so nach und nach kam die Routine wieder. Leider tat sich erstmal gar nichts. Ich suchte die Bucht erst im Flachen dann im Tiefen ab. Es war auch kaum ein Anzeichen von Futterfisch zu sehen. Die Stroemung war wie an einem typischen Heilbuttag sehr gemaechlich und machte das Angeln etwas einfacher, aber liess den Futterfischen auch alle Moeglichkeiten hierhin oder dahin zu schwimmen. Dann ruckte ploetzlich der rechte Downrigger los und…. hing fest am Grund. “Sch……!” Ich rief Alexander aus dem Bett und waehrend ich sofort auf rueckwaerts schaltete und die Rute am festgesetzten Rigger ausloeste, holte Alexander den anderen Downrigger hoch und zog die zweite Rute ein. Wir bekamen alles zurueck ausser den einen Rigger; der hing felsenfest am Grund. Ich konnte nichts am Echolot erkennen, kannte die Stelle eigentlich gut und war mir auch keines Riffs oder felsigen Grundes bewusst. Es war eigentlich alles kiessig, sandig hier mit ein paar groesseren Steinen hereingestreut. Ich drehte eine ganze Runde um die Stelle wo das Kabel senkrecht nach unten zeigte aber konnte damit nicht verhindern, dass ploetzlich das Kabel direkt am Boot zerriss. So ein Mist! Ich fluchte noch eine Weile und Alexander verzog sich schnell wieder in die Kabine – in der Stimmung hatte er keine Lust mit mir umzugehen – total verstaendlich!
Na das fing ja gut an. Es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis ich Kabel, Stoppmechanismus, Gummizug und Bleikugel wieder ersetzt hatte und der Rigger wieder einsatzfaehig war. Mittlerweile waren auch Dave und Jerrod auf dem Wasser und schleppten in der Becher Bay in Jerrods Boot nur um die Ecke herum. Ich zog noch eine Bahn in Whirl Bay und war dann auf dem Weg zur Nachbarbucht, wo meine Freunde wenigstens eine Menge Sachen auf dem Echolot sahen. Mein Boot wurde gerade in die Ebbstroemung um die Church Rock Insel ins tiefere Wasser gezogen als die linke Rute leicht zuckte. Nanu? Sieht so etwa ein Biss aus? Nach so langer Zeit war ich mir dessen gar nicht mehr sicher. Ich nahm die Rute aus dem Halter und fuehlte kurz mit gespannter Schnur. Tatsaechlich, irgendetwas ruckelte daran und es war definitiv nicht Boden denn der fiel hier steil ab.
Ich setzte einen Anschlag, loeste dadurch die Schnur vom Clip und nahm Fuehlung auf. Ja, Fish on! Ich fuehlte einen maessigen Widerstand und ein widerwilliges Rucken als ich mit dem Einholen began. Das war sicher nichts Grosses aber es war mein erster Lachs im Jahr 2016. Kurz darauf hatte ich den ca. 45 cm Chinook am Boot und hakte ihn schnell ab. Er huschte sofort in die Tiefe und rief hoffentlich seine groesseren Kumpels zum Stelldichein. Ich drehte das Boot und fuhr zur Bisstelle zurueck. Es war direkt an der Stroemungskante wo das Wasser von 40 m auf fast 70 m Tiefe abfiel. Nur paar Minuten spaeter hoerte ich erst ein knarrendes Geraeusch und als ich die linke Rute ins Blickfeld bekam, sah ich diese tief wippen. Fish on! Ich sprang hinzu und brauchte gar nicht mehr anschlagen da der Fisch schon abzog. Das war ein Besserer! Ich rief Alexander und beim dritten Ruf wachte er endlich auf und kam verschlafen heraus und staunte. Ich hiess ihm die zweite Rute und Rigger hochholen und den Kescher fertigmachen. Er dachte wohl fuer einen Moment, dass ich ihm die Rute aushaendigen wuerde aber diesmal blieb ich egoistisch – ICH wollte meinen ersten Keeper Lachs 2016 landen!
Der Fisch kaempfte maessig; nahm mal kurz Schnur aber liess sich sonst langsam aber stetig Richtung Boot kurbeln. Dann kam er in Sicht: kein Riese aber ein ca. 70 cm typischer Winterlachs. Nun tobte er noch an der Oberflaeche herum und ich hoffte nur, dass der Haken gut hing. Alexander hatte den Kescher fertig und wartete auf seinen Einsatz. Da ich zum Winterlachsangeln immer etwas feinere Rute benutze als im Sommer wenn man immer mit einem Monsterlachs rechnen muss, wurde das Finale eines Drills immer etwas heikel weil man mit den duenneren Rute die Fische nicht ganz so schnell und zuegig zum Kescher hinziehen kann. So buechste der Lachs ein paar Male immer wieder knapp vor dem Kescher aus und trieb Alexander zur Verzweiflung. Er stiess paar Male mit dem Kescher zu aber der Fisch bekam im letzten Augenblick die Kurve und konnte dem Kescher entweichen.
Ich war auf der ganz anderen Seite des Bootes um Alexander allen Raum zum Keschern zu geben und konnte gar nicht verstehen warum der Fisch nie im Kescher war nachdem Alexander zulangte. Wir wurden beide nervoes und das verschlimmerte die Situation denn Alex verlor nun langsam die Geduld und den Kopf. So sah ich ihn wiedermal zulangen als der Fisch gerade in Kescherentfernung ankam aber er liess das Netz nicht rechtzeitig los und so waelzte sich der Fisch wie von einer Bratpfanne wieder ueber den Kescherbuegel heraus. Alex schrie vor Wut und Verzweiflung. Das naechste Mal langte er zu frueh zu und er stubste den Fisch nur an der nun wie von der Tarantel gestochen unter das Boot raste und sich beinahe am Downriggerkabel verfing. Nun fluchte ich und dirigierte den Fisch wieder neben das Boot. So ging das noch paar Male und eine gefuehlte Unendlichkeit weiter bis dann endlich der Lachs im Keschernetz lag. Mein Gott, was fuer ein Spektakel fuer so einen halbstarken Chinook!
Alexander war den Traenen nahe aber ich beruhigte ihn und sagte, dass das den Besten mal passiert und ja alles gutgegangen waere. Wie der Einzel-Schonhaken so lange gehalten hatte, war mir allerdings ein Raetsel. Im Kescher war der Haken jedenfalls schon nicht mehr im Fischmaul. So gleicht sich das eben aus; erst hatten wir so ein Pech mit dem Haenger und Abriss und nun war uns das Glueck hold gewesen! Nun freuten wir uns beide, dass wir endlich mal wieder einen Lachs erlegt hatten und gleichzeitig war auch die Grundlage fuer den naechsten Heilbuttrip geschaffen!
Ich kreiste noch 2-3 Runden ueber die selbe Stelle, konnte aber keinen Lachs mehr zum Biss verleiten. Wir liessen Dave und Jerrod von unserem Fang wissen. Dann zog uns die Ebbstroemung endlich komplett um Church Rock herum. Hier ging der Boden rauf und runter und wir hatten zu tun die Koeder in Grundnaehe aber vom Felsboden wegzuhalten. Als eine der Ruten mal wieder dicht am Grund vorbeizog, meinte Alex einen Ruck gesehen zu haben. Er riss die Rute heraus und schlug an. Und tatsaechlich hatte er was dran. Er zog einen halbwuechsigen Felsenbarsch herauf. Ein stolzes Foto und der wurde wieder freigelassen, war aber vom Druckunterschied mitgenommen und paddelte eine Weile an der Oberflaeche herum. Sofort stiegen zwei Adler vom Church Rock auf und nahmen Kurs auf den armen Barsch. Etwa 10 m hinter dem Boot stuerze der eine Adler hinab und griff sich den Barsch. Immer wieder bezaubernd diese majestaetischen Voegel in Aktion zu sehen. Wie die so einen kleinen Fisch nur von mehreren hundert Metern Entfernung sehen koennen!?
Das machte nun Alexander Spass und er fischte seine Rute weiter aggressiv am Grund und konnte tatsaechlich noch 2 oder 3 weitere Felsenbarsche erwischen. Wie so oft; Kindern ist die Groesse oder die Art der Fische meist egal; die wollen einfach nur Action und sind auch ueber kleine Fische begeistert. Wir liessen die Barsche aber alle wieder frei.
Dave und Jerrod hatten genug von ihrer unproduktiven Stelle und kamen in unsere Richtung. Ich zog aber wieder gen Osten in die Whirl Bay Bucht und als sich da immer noch nichts tat, weiter Richtung Heimatmarina durch die Race Passage zur Muendung der Pedder Bay. Dort sahen wir ein Mietboot das wohl im Drill war. Leider verloren die ihren Fisch nach einigen Minuten aufregendem Drill. Da sprang Alexander ploetzlich auf und schnappte sich die rechte Rute die den Coyote Blinker in ca. 47 m Tiefe laufen hatte. Ich hatte leider nichts gesehen aber Alex meinte sicher, das die Rute sich tief verneigt haette und ausgeloest hatte.
Er ruckte hart an und sofort darauf sang die Rolle los. Auweiha, das ist etwas Groesseres! Der Fisch raste wie ein Berserker Richtung Ufer, dass aber gluecklicherweise recht weit weg war. Ich raeumte das Deck und bereitete alles zur Landung vor. Alexander machte das klasse; er liess sich vom Schnurverlust nicht aus der Ruhe bringen und nutzte jede Verschnaufpause des Fisches um ein paar Meter zurueckzugewinnen. Ich schaltete den Motor in Leerlauf, war aber augenblicklich bereit ihn wieder hochzudrehen falls der Fisch auf’s Boot zuschiessen sollte und Alexander nicht mithalten konnte. Alexander hatte sichtlich Spass und die Spannung war in sein Gesicht geschrieben. Nun konnte er oefter wieder einholen aber ab und an sauste der Fisch wieder in die Tiefe – nicht mehr so viel Ferne, was ein gutes Zeichen war, dass der Fisch langsam muede wurde. Ich schaetzte den Fisch nach dieser Kraft zu urteilen auf mindestens 15 Pfund. Alexander war aus dem Haeuschen!
Als der Fisch dann doch mal auf’s Boot zuschwamm und er wie ein Verrueckter kurbeln musste, aechzte er und ueberlegt kurz ob er die Rute an mich abgab aber ich ermunterte ihn, dass er das schon schaffen wuerde. Wie stolz wuerde er spaeter sein, wenn er den Fisch ganz allein bezwungen haette! Dann tauchte ein Schatten hinter dem Boot auf. Ich war erst etwas enttaeuscht, hatte ich einen deutlich groesseren Fisch erwartet. Ich zog meine Kescherstange voll aus, die ebenfalls modifiziert jetzt mindestens 2 m lang war, und sah meine Chance und langte zu als der Fisch sich das erste Mal faul am Boot entlang ziehen liess. Gewonnen! Wir jubelten auf und klatschten uns begeistert ab als der Fisch ins Boot kam. Diese Landung war ja im Gegensatz zu der vorherigen total unspektakulaer gewesen obwohl der Fisch um einiges groesser war. So kann’s gehen.
11 Pfund zeigte die Waage und Alex praesentierte den Fisch stolz fuer ein Foto. Der ging voll auf sein Konto – er hatte die Rute eingesetzt und bedient, hatte den Biss gesehen und von da an bis auf’s Keschern alles alleine gemacht. Mein Sohn!
Schnell machten wir beide Ruten wieder startklar und drehten weite Runden um die erfolgreiche Stelle. Wir gaben auch Dave and Jerrod ueber Funk die Meldung durch und die beiden tauchten 10 Minuten spaeter auch in der Naehe auf. Da, es ruckte an der rechten Rute und wir beide sprangen auf und rammten uns fast gegenseitig um zur Rute zu kommen. Ich liess Alexander den Vortritt und er riss die Rute aus dem Halter. Als er anruckte und Fuehlung aufnahm war leider nichts mehr zu spueren. Fehlbiss. Nun gut, zumindest wussten wir doch das da unten noch was auf Futtersuche war. Nicht lange danach sahen wir das gleiche Nachbarboot wieder einen Fisch drillen. Sie hollerten uns noch freudig zu, etwas spaeter an der Marina lernten wir, dass sie auch diesen Fisch wieder verloren hatten.
Wir sahen Dave und Jerrod seltsame Runden vor der Bucht in der Stroemung drehen. Kurze Zeit spaeter hoerten wir ueber Funk, dass Dave einen 10 Pfuender gelandet hatte und Jerrod einen groesseren verloren. Doppelbisse sind immer heikel und besonders an stroemungsreichen Stellen.
Es war nun schon voller Mittag und uns knurrte langsam der Magen. Wir hatten 2 gute Fische, einen ordentlichen Sonnentan und packten zufrieden ein. War nicht ein epischer Fangtag und wir mussten unsere Beute auch mit ordentlichem Materialverlust bezahlen, aber es war ein wunderschoener Tag, wie Sommer, und ein schoenes Vater-Sohn Erlebnis. Auch gut zu wissen, dass Boot, Anhaenger und das Angelgeraet alles gut funktioniert und bereit ist fuer weitere, hoffentlich baldige, Einsaetze.