Heilbuttangeln Vancouver Island, BC

2.7. 2023; Victoria to East Sooke

Endlich bin ich mal wieder auf’s Meer rausgekommen letztes Wochenende! Zwischen Arbeit, Hausrenos und endlos Wind an den Wochenenden ergab sich einfach keine Moeglichkeit. Was ist nur mit dem Wind los dieses Jahr? Es hoert einfach nicht auf zu blasen! In Juni war hier vor Victoria Heilbutt-Derby und die Gezeiten waren spitze fuer’s Buttangeln aber es war sauwindig. Ich hatte zwar keine Tickets gekauft, wollte aber trotzdem die guten Gezeiten ausnutzen – der Familien-Heilbuttvorrat in der Tiefkuehltruhe war fast aufgebraucht. Ricardo und ich versuchten es und kaempften uns zur bevorzugten Angelstelle ca. 5 km vor Victoria raus. Dort angekommen, herrschten 1,5 bis 2 m Wellengang und wir erachteten es als unmoeglich hier zu ankern und zu fischen. So fuhren wir dicht unter Land an eine Stelle von der ich zwar nicht wusste ob sich Heilbutte hier herumtreiben wuerden, aber wenigstens konnte man es versuchen. Wir hatten in 5h zwei Bisse, zweimal Butt; der erste nahm gleich Schnur und war wohl eine gute Groesse aber er stieg nach 10 oder 20 Sekunden aus und kam nicht wieder zurueck. Kurz vor Ende unseres rauhen Trips stieg noch ein kleinerer Butt ein den ich schon fast bis an die Oberflaeche gedrillt hatte, der dann aber auch noch irgendwie den Haken abgeschuettelt bekam. War sehr enttaeuschend und bezeichnend fuer meine bisherige 2023 Heilbuttsaison.

Nun, letztes Wochenende war endlich Windstille. Leider waren die Gezeiten sehr unguenstig zum Ankern auf Butt. Aber es gibt auch an Tagen mit grossen Gezeitenhueben und Stroemungen immer ein oder zwei Gezeiten-bzw. Stroemungswechsel, die ein, wenn auch kurzes, Angelfenster erlauben. Das kann dann aber manchmal auch nur eine Stunde lang sein in der die Stroemung weniger als 3 km/h ist. Das ist so der Grenzwert bei dem man mit einem Kiloblei gerade noch in 100m Tiefe Grund halten kann, wenn verankert. Ich schaute mir fuer Sonntag die Stroemungskarte genau an und fand da eine Stelle, unweit der Stelle an der ich mit Ricardo die 2 Butte verloren hatte, an der sich am spaeten Morgen eine Kehrstroemung bildete und damit keine so grossen Stroemungsgeschwindigkeiten aufbauten. Das sollte mir 3-4h Angelzeit bieten, dachte ich. Der Stroemungswechsel war kurz nach Mittag. Leider war keiner meiner Soehne oder Angelkumpels verfuegbar und so fuhr ich alleine los. Nicht ideal weil es beim dem ganzen Ankergedoens aber auch bei der Landung eines Buttes immer besser ist einen Assistent zu haben.

Als ich so gegen 9:00 Uhr an der Victoria Bootsrampe ankam, staunte ich nicht schlecht. Da war absolut kein Wasser in der Slipanlage – beide Docks lagen trocken! Wow! Ich habe noch nie so eine niedrige Ebbe erlebt. Keine Chance hier zu slippen. Was nun? Wenn ich mehrere Stunden warten musste, verpasste ich das Angelfenster. Pedder Bay in East Sooke hat eine steile Rampe in ziemlich tiefes Wasser – das war wahrscheinlich meine einzige Chance jetzt das Boot ins Wasser zu kriegen. So fuhr ich die halbe Stunde nach Pedder Bay und wenn auch muehseelig, aber ich bekam das Boot vom Haenger und an den Dock. Der Wasserstand war weit unterhalb der Betonrampe! Dann dueste ich endlich raus auf’s Meer. Um an meine geplante Stelle zu kommen, musste ich 10 Minuten wieder Richtung Victoria zurueckfahren. Aber bei glattem Wasser und fast 30 Grad Lufttemperatur ueber Land war die schnelle Fahrt ein Genuss. Der Motor lief auch klasse!

Kein anderes Boot war in der Naehe meiner Stelle und so dauerte es nur paar Minuten und ich hing am Anker. Als ich gerade die Ruten montierte und eine schon abliess bemerkte ich eine Gezeitenlinie die vom Meer auf mich zukam. Eine Menge Treibholz und Kelp und abgerissenes Seegras trieb da auf mich zu. Als ich mitten drinnen steckte, drehte ploetzlich die vorher gemaechliche Stroemung und legte unheimlich zu. Im Nu drehte sich mein Boot und bald war mein Downriggerkabel, fuer den Duftsack am Boden, mit der Ankerschnur verwickelt. So ein Mist! Ich bekam gerade nochmal so alles wieder befreit ohne Geraet zu verlieren. Aber das Karussell ging munter weiter. Ich liess die zweite Rute gar nicht erst ein. Das hatte keinen Zweck. Paar hundert Meter um mich herum war alles frei und glatt und ich sass hier buchstaeblich im Strudel mit dem ganzen Treibgut! Klasse, das war also die Kehrstroemung die ich bewusst herausgesucht hatte! Unmoeglich zu beangeln. So beschloss ich den Anker wieder zu ziehen und dichter unter das Ufer zu fahren um dort wenigstens die 1 oder 1,5h des kommenden Stroemungswechsel zu befischen. Das war jetzt meine noch einzige Chance auf Butt. Das Ankerholen und die neue Stellensuche dauerte auch so 20-30 Minuten. Als ich endlich wieder so in 80m Tiefe festhang, gingen nun flott beide Koederfischruten ins Wasser; eine mit Hering, eine mit Lachsresten. Die Stroemung war noch maessig, aber 1kg Blei war schon Pflicht. Aber ich mag wenn es etwas stroemt; dann verteilt sich die Duftfahne des Duftsackes und der Koeder schnell und die Butte finden die Spur schneller. Leider die Dornhaie auch.

Ich wollte die Rutenspitzen rucken sehen, jedes Mal wenn das Blei im leichten Wellengang am Boden aufschlug. Das scheint fuer mich immer die beste Grundangelstrategie zu sein. Vielleicht hoeren die Butte auch das Bleiklopfen oder finden die Sedimentwolke beim Aufschlagen interessant – jedenfalls kriege ich an den Ruten meist die Bisse, wo die Rute dementsprechend ruckt. Die rechte Rute brauchte ein bisschen mehr Nachspannung und als ich 2,3 Kurbelumdrehungen anzog, zog es ploetzlich hart zurueck. Jaaawollllll! Es ruckte schwer an der Rute und ich kurbelte entgegen und die Rute blieb krumm. Der haengt! Leider hatte ich gerade meine Gimbal abgenommen weil ich die lange Hose ausgezogen hatten. So konnte ich mir die schwer pumpende Rute nur fest unter den linken Arm klemmen und dagegenkurbeln. Ich wollte den Fisch erst einmal so schnell wie moeglich vom Grund wegkriegen. Dort kaempfen Butt am meisten – sind sie erstmal halbhoch, verfallen sie oft bis weit nach oben in eine Ruhephase wo man einfach nur das Gewicht hochpumpen muss. Erst wenn das Tageslicht grell wird, nahe der Oberflaeche, wachen viele Butte wieder auf.

Aber der hier liess sich nicht wirklich vom Grund hochkriegen. Hatte ich 3 -5 m gewonnen, riss er sie flux wieder ab. Das war ein guter Fisch – und es war eindeutig ein Butt; die Hammerschlaege in der Rute waren eindeutig. Ich liess erstmal den Downrigger hochkommen um ein Vertueddeln mit der Angelschnur zu vermeiden. Dann hielt ich die Rute kurz zwischen den Beinen und legte mir den Gimbal wieder an. Ahh, jetzt konnte ich entspannt und ueber den Ruecken den Fisch hochhebeln. Stueck fuer Stueck kam er und wie erwartet war er ruhig als ich ihn erstmal vom Grund weghatte. Er hatte auch ein paar Fluchten gemacht und war wohl auch erstmal muede. Gut so! Ich durfte den nicht verlieren!

Waehrend ich so pumpte, ueberlegte ich mir den Plan fuer die Landung. Normalerweise harpuniere ich Butte ueber 25 Pfund. Fuer Kleinere gab’s das Gaff. Der Vorteil des Harpunieren ist, dass man den Fisch so nicht ins Boot reinbringen muss sondern schon fest an der Harpunenleine aussen am Boot hat und dann leicht mit einer Schnur durch Kiemen und Maul am Boot aussen festmachen kann. Das spart den oft gefaehrlichen und auch schleim-und blutspritzenden Heilbutttanz im Boot, der schon Boote zerstoert und menschliche Knochen gebrochen hat. Allerdings ist das Harpunieren beim Solofischen super-tricky weil man die Rute auch nicht so einfach hinlegen kann, da man jederzeit wieder auf eine Flucht des nun wieder munteren Buttes gefasst sein muss. Schwierige Entscheidung. Ich wollte erstmal sehen wie er gehakt war und dann eine Blitzentscheidung treffen.

Als ich ihn endlich in Sicht hatte – ein feiner Butt – sah ich auch bald das er nur an einem der beiden Einzelhaken sass; direkt vorm im Maul, das sehr knochig ist. Ok, keine Harpune, das wuerde zu lange und kompliziert werden, der hier musste so schnell wie moeglich ins Boot! Noch hielt er ganz still, aber das wuerde sich vermutlich sehr bald aendern wenn er Luft und Waerme und Helligkeit spuerte. So nahm ich das Handgaff, schlug ihm die Stahlspitze in den Kopf und hievte ihn ueber die Bordwand. Zu meiner Verwunderung machte der Butt keine Bewegung dabei. Es hatten sich schon viele Butte beim Hochhieven vom Gaffhaken wieder losgewunden – nicht bei mir, aber ich habe die Stories gehoert und gelesen. Ging alles glatt und so lag er nun zu meinen Fuessen. Ein fetter Kerl; ungefaehr einen Meter lang. Ich war zum Sprung rueckwaerts bereit falls er nun nuclear werden wollte. Schnell zog ich das Gaff heraus so das er das schon mal nicht wild umherschleudern konnte. Kein Zucken. Schnell griff ich zur Zange und hebelte schnell den Haken aus dem Maul – die Schwanzflosse spannte sich und ich dachte jetzt fliegt mir gleich alles um die Ohren. Aber nein, Haken kam raus und so war schon mal die Gefahr gebannt, das das Kiloblei herumgeschleudert wuerde. So weit alles gut! Aber jetzt kam der grosse Eingriff – ich musste ihm die Polyschnur vom Maul aus durch den Kiemendeckel ziehen. Und wie erwartet presste der Butt entweder sein Maul geschlossen oder den Kiemendeckel. So musste ich paar mal mit der drahtverstaerkten Schnur herumstochern aber bald hatte ich es und nun konnte ich ihn vertaeut wieder ueber Bord schmeissen. Und die ganze Zeit hatte der Butt sich nicht bewegt – ein kleines Wunder! Vielleicht hatte ich ihm das Gaff genau in sein kleines Hirn genagelt. Diesmal hatte ich eben das Glueck auf meiner Seite. Naja fast, als ich den Butt dann neben dem Boot ein paar ordentliche Kopfschlaege mit dem Gaff versetzte um ihn dann auszubluten, brach mein Holzgriff am Gaff und ich behielt nur einen kurzen Holzknueppel in der Hand waehrend der Stahlteil auf Tauchfahrt ging.

Schon voll zufrieden angelte ich weiter. Aber jetzt hatten auch die Dornhaie Lunte gerochen und ich brachte einen nach dem Anderen hoch. Was war Schwerstarbeit bei der Angeltiefe. Manchmal hingen sogar zwei gleichzeitig dran. Aber bald nahm die Stroemung ordentlich zu und ich musste immer mehr Schnur rauslassen, bis ich letztlich Bodenkontakt verlor. Das war’s fuer’s Buttangeln. Es war gegen 13:00 Uhr, kein Wind und ich hatte gute Laune. Es sollten sich schon ein paar Buckellachse vor East Sooke herumtreiben. Der grosse Run stand erst gegen Ende July und durch den August durch an. East Sooke war 20 Minuten Bootsfahrt von hier bei diesen Bedingungen. Klar, warum nicht!? Anker wieder einholen und den Butt in die Kiste packen. Ich bekam die Bodenluke nicht ganz geschlossen weil die Schwanzflosse ein Stueck herausguckte. Damit wusste ich das der Butt weit ueber 30 Pfund war. 41 Pfund stellte sich spaeter heraus. Feine Sache; und die Familie hatte wieder Futter!

Dann fuhr ich bei praechtiger Bergsicht am Race Rocks Leuchtturm vorbei, durch die manchmal gefaehrliche Race Passage und kam bald am Beechey Head in East Sooke an. Dort schleppten schon dutzende Lachsangler. Als ich mich langsam durch die Armada durchschlaengelte sah ich ploetzlich 2 Boote mit krummen Ruten. Sofort stoppte ich und sah nach dem Echolot. Jupp, hier war Fisch. Schnell hatte ich den Schleppmotor an und setzte 2 Lachruten an den Downriggern ein. Eine bei 15m und eine bei 25m. Nach 5 Minuten rappelte die 15er Rute los. Fisch on! Ein wild um sich schlagender Pink (Buckellachs) kam ans Boot. Jetzt bemerkte ich mit Schrecken, dass ich gar keinen Kescher eingepackt hatte – hatte gar nicht richtig mit Lachsangeln gerechnet heute. Und nun war auch noch mein Gaff weg – ich hatte keinerlei Landungshilfe und die Pinks sind so quirrlig und haben weiche Maeuler so das eine Handlandung wenig Erfolgschancen hat. Den ersten brachte ich also ans Boot und nach dem ersten Schreck packte ich beherzt das Vorfach und wuppte ihn ins Boot. Jawoll! Ein Stueck Silber kam neben den Butt. Keine 5 Minuten spaeter ruckte die selbe Rute wieder los. Am Boot sah ich den silbrigen Schein auf der Schwanzflosse – Coho (Silberlachs) – also nur markierte durften davon behalten werden.

Der Fisch tobte neben dem Boot als ich ihm am Vorfach hielt und versuchte die Fettflosse zu sichten. Endlich klare Sicht – keine Fettflosse! Wow, ein Keeper! Schwupp und wieder gluecklich im Boot gelandet. Das geht ja wie das Plaetzchenbacken! Aber dann kam die Statistik durch und ich verlor die naechsten 5 Fische im Drill oder bei der Landung. Als ich schon Richtung Heimat schleppte, fing ich noch einen kleinen Chinook und verlor nochmal 2 oder 3 wahrscheinlich Pinks oder kleinere Cohos ohne noch einen guten Blick auf sie zu bekommen. Aber mit einem Butt und 2 Lachsen war ich sehr zufrieden. Und an der Marina war auch endlich wieder Wasser an der Rampe.

Herrlicher Tag auf dem Wasser! Und endlich mal wieder ordentlich Erfolg. Da freut man sich jetzt noch mehr auf die Sommersaison mit hoffentlich noch mehr tollen Erlebnissen am Wasser.

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