Jugend auf Reisen

plantamin

plantamin
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22 Mai 2018
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Moin, ich will jetzt hier kein Thema eröffnen nach dem Motto " immer drauf auf die Jugendlichen ". Ich betrachte einfach ein wenig unsere Tour und das mit einem eher lächelndem Auge. Ich bitte diejenigen die die Jugend eh für faul halten sich einen anderen Tröt für ihre verbalen Ergüsse zu suchen.

Wer eine Reise mit den Neffen absolvieren möchte ( 4 Stück zwischen 15 und 20 ) sollte neben viel Nerven auch möglichst viel Gerödel einpacken. Nachdem ich viele Jahre als Jugendfußballtrainer tätig war fühlte ich mich stark und vorbereitet genug meine Neffen nach Norwegen einzuladen - welch ein Irrtum.
Ich sah morgens zur Abfahrt um halb 6 in Gesichter, die mir klar machten, daß das eine Zeit ist zu der man nach Hause kommt, sich in seinen Sarg legt bevor man von der Sonne verbrannt wird Was war ich froh getönte Scheiben zu haben. Als wir abends in Rena ankamen schälten sich 4 Gestalten unter Kissen und Decken hervor von denen man bis dahin nur die Worte "Hunger - Durst" gehört hatte, gesehen habe ich sie nicht.

Um regelmäßig zu überprüfen ob denn noch Leben in den Gestalten steckte habe ich meine alten Benjamin Blümchen Kassetten angeschmissen, die Wirkung war tatsächlich mit Weihwasser zu vergleichen die man auf eine Horde Untoter schüttet und schon hörte man erste Stimmen, die zur Meuterei aufriefen - egal irgendwie mußte ich ja die Vitalzeichen überprüfen und dafür sorgen, daß sie sich nicht wund liegen.

Rena bedeutete nur den Wechsel von einer liegenden Haltung in die andere. Verlust 1 ein nagelneues Kissen.
Die Fahrt bis Utvorda war ein Abbild des Vortages aber nun mußten sie ja Mittags bei Tageslicht aus ihren Särgen und wie durch ein Wunder lösten sie sich nicht gleich in Staub auf. Ausladen war nun angesagt und die Blicke wanderten suchend nach Hauspersonal oder nach Mutti, schließlich trägt die doch immer das Essen ins Haus. Nun hatten sie endlich begriffen, das ist hier kein Urlaub sondern eine Art Arbeitslager - je früher desto besser.
Die Verluste an Pilker möchte ich nicht benennen, da ich gar nicht weiß wie man zu einer 1 mit unendliche vielen Nullen sagt, habe dann bei allen den unteren Drilling abgebaut und war oft geneigt auf sämtliche Haken zu verzichten. Verlust 3 eine meiner neugebauten Ruten - wie konnte man auch ahnen, daß die Rute keinen Dorsch von knapp 1m über die Bordwand hebt, Verlust 4 der andere Neffe glaubt es nicht und probierte es mit der neuen Inliner seines Vaters - ne geht auch nicht. Dann wird an der Bremse rum gefummelt und so fest eingestellt, daß sich der Bügel beim Hänger nicht mehr öffnen läßt - knack Verlust 5.

In meinen Tagesphantasien hatte ich das Gaff in der Hand und schlug pausenlos auf die Bande ein, da fühlte ich mich gleich etwas besser
Oh die Powerbank hat etwas Wasser abbekommen, also erst mal an der Steckdose und probieren ob sie noch geht - Verlust 6. Habe darauf hin alles was mir lieb und teuer ist tief im Wald vergraben.

Um mit dem Gaff bereit zu sein weil die Anzahl unserer Ruten rapide abgenommen hatte sollte jeder "Kontakt" sagen wenn etwas Schweres an der Rute hing und Neffe Nr.1 schaffte es innerhalb von 3 min 10 mal zu sagen "Kontakt - nein wieder weg" bis Neffe Nr.2 völlig genervt aufsprang und ihn anbrüllte "Du sagst erst wieder Kontakt wenn der Fisch im Boot ist" Na bitte nun erziehen die sich schon gegenseitig.

Frühs raus, Angeln, filetieren und die Jungs sahen Nachmittags aus wie Zombis die wir sicherheitshalber sofort ins Bett schickten damit sie zum Abendessen wieder halb fit sind und wir alten Säcke, richteten das Gerödel machten Ordnung und bereiteten das Essen da freute man sich doch daß man noch locker mit der Jugend mithalten konnte und umgekehrt bekamen wir etwas Respekt dafür, daß wir trotz unseres Alters noch recht rüstig sind.
Als unsere Kinder noch klein waren, glaubten sie alles, heute überprüfen sie alles was man erzählt via Internet. So musste ich erfahren, daß der Steinbeißer lt. Wiki ein Süßwasserfisch Europas und Asiens ist und unser Fang von vor drei Jahren wohl nur Anglerlatein ist. Und nachdem ich allen erklärt habe, daß man nasse elektrische Geräte nicht an die Dose hängt, wollte ich es deutlich mit meinen Handy vormachen und benutzte mein feuchtes Handy zwei Tage nicht und legte es auf die Heizung bis einer der Neffen sagt "du weiß schon, daß dein Handy wasserdicht ist und sogar unter Wasser funktioniert".

Fazit, nein die Jugend ist in meinen Augen bestimmt nicht fauler als wir es waren, ebenso chaotisch wie ich es war und in keinem Fall respektlos, sie machen Fehler aber wer hat die nicht gemacht, Hauptsache sie lernen daraus und in zwei bis drei Jahren werden wir diese Tour wiederholen und ich freue mich drauf aber nächstes Jahr sind die alten Männer dran.
 
:a055::a055::a055: irgendwie muss doch auch die Jugend auch Ihre Erfahrung für die spätere
„Profikarriere“ in Norwegen sammeln.
Keine Ahnung wie oft mich mein Vater bei meinen jugendlich naiven Wurfkünsten
ins Gemüse mit anschließendem Abriss „gelobt“ hat :32:.
Deinen Nerven weiterhin viel Kraft :a020:
 
Ist doch alles gut! Ohne einen kleinen Generationskonflikt hättest du nix zum nörgeln und die Neffen nix zum rebellieren :biglaugh:

Gruß
Michi
 
Genau, so einen im Rentenalter hatte ich auch mal mit.
Nach der Anreise brauchte der erst mal 3 Tage Schlaf, was ich aber verstehen konnte. Und wie der mit seinem Angelzeug umgegangen ist....:eek1:
Rettungsweste anziehen wollte er nicht, auch nicht als wir wegen aufkommendem Starkwind reingefahren sind. Und nach dem Angeln auch noch filetieren, hatte er auch oft keine Lust. Also, sowas gibts in jedem Alter.
Aber super geschrieben:a020:
 
Habe 10 Jahre Jugendarbeit bei uns im Angelverein hinter mir............Schön war es trotzdem
 
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