Petermännchen

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Nordlicht
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Kleiner Fiesling​

In tropischen Regionen findet man häufig so allerhand giftige Tierarten im Meer. In Mittel- und Nordeuropa müssen wir uns glücklicherweise kaum Gedanken über Meeresbewohner machen, die uns ernsthaft gefährlich werden könnten.
Neben manchem Fisch, der schmerzhafte Bisse verteilen mag, piksenden Seeigeln und nesselnden Quallen finden wir letztlich kaum ein wirklich giftiges Tier. Eine Ausnahme bildet das Petermännchen, welches für Angler und Badende durchaus zu einem äußerst unangenehmen Zeitgenossen werden kann. Sven Gust hat dem kleinen Fiesling in der Nordsee nachgespürt.


Das Petermännchen (Trachinus draco) liebt warmes Wasser, wobei „warm“ in diesem Zusammenhang als relativ anzusehen ist. Er ist von Nordafrika bis Mittelnorwegen, einschließlich des Mittelmeeres, entlang der europäischen Küsten verbreitet und wird gerade mal 40 Zentimeter lang. In manchen Regionen finden die Fische dabei offenbar so gute Lebensbedingungen, dass sie in großer Stückzahl anzutreffen sind. Auch wenn die kleinen und immer etwas mürrisch dreinblickenden Bodenfische nicht unbedingt in Schwärmen leben, so sind manche Sandbänke als auch flache, sandige und kiesige Buchten doch häufig dicht von ihnen bevölkert. Hier verbringen sie eingegraben viel Zeit und warten darauf, dass sich ein unvorsichtiger Beutefisch oder eine Garnele nähert. Mit dem stark oberständigem Maul ist es ein Leichtes, das arglose Beutetier in einer Blitzattacke aus dem Hinterhalt einfach wegzusaugen. Und noch während der aufgewirbelte Sand wieder langsam zu Boden sinkt, liegt das Petermännchen erneut auf der Lauer.
So lässt es sich der kleine Faulenzer gut gehen und würde für niemanden eine Gefahr darstellen, ausgenommen vielleicht für die Grundeln und anderen Kleinfische, die ständig um ihr Leben bangen müssen. Doch während sich das Petermännchen im Winter gewöhnlich tiefer als 20 oder 25 Meter aufhält, sucht es im Sommer gezielt flache Sandstrände auf. Somit sind leider auch gelegentliche Begegnungen mit Badenden nicht zu vermeiden. Unangenehm verläuft das Zusammentreffen von Mensch und Fisch in solchen Fällen zweifellos für beide Seiten. Das Petermännchen reagiert auf den „angreifenden“ Fuß indem es die Rückenflosse aufstellt. Die Flosse vermag nicht besonders durch Größe oder grelle Farbe Angreifer abzuschrecken, sondern dem vermeintlichen Angreifer eine wirksame Giftinjektion zu verpassen. Ebenso wie ein hungriger Dorsch oder Seeteufel den kleinen Pikser sofort wieder ausspucken würden, wird sicherlich auch die Person, welche unwissentlich auf ihn getreten ist, schnell einen Rückzieher machen. Doch dann ist es meistens schon zu spät, denn das Petermännchen verfügt über ein unangenehm effektives Nervengift, ähnlich dem der Kreuzotter. Dieses befindet sich in den Giftdrüsen, welche mit den ersten beiden Strahlen der Rückenflosse und den Dornen auf den Kiemendeckeln verbunden sind.
Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass nach einem Stich unbedingt dazu geraten werden muss, schnellstmöglich ein Krankenhaus aufzusuchen. Zwar kann das Ganze recht harmlos sein, jedoch sind auch schwere Entzündungen, Lähmungen sowie langwierige und äußerst schmerzhafte Verläufe möglich.
Angler geraten noch häufiger als Badende mit dem giftigen Fiesling (in Norwegen nennt man ihn übrigens „Fjesing“) in Kontakt. In Teilen der westlichen Ostsee, besonders aber in Kattegat und Skagerrak, können die Fische zu einer echten Plage werden und attackieren sowohl Pilker und Beifänger als auch jegliche Form von Naturködern, die ihnen von der Größe her passend erscheinen.
Die meisten Angler in den „verseuchten“ Gebieten sind dabei mit dicken Lederhandschuhen recht gut gerüstet. Hierbei mag erwähnt sein, dass Petermännchen bei uns als Speisefisch praktisch unbekannt sind, in der Mittelmeerregion jedoch durchaus geschätzt werden. Aufgrund der geringen Größe und der recht schlanken Körperform ist der Fisch jedenfalls zweifellos ungeeignet für diejenigen, die in der Pfanne lieber einen ordentlichen Filetlappen bruzzeln sehen wollen.
Doch noch einmal zurück zu den Folgen eines Stiches und wie man darauf reagieren sollte. Angler sind Badegästen gegenüber natürlich ein wenig im Vorteil; immerhin wissen sie, dass die Verletzung und ihre Folgen von einem Fisch herrühren, während man bei einem unglücklichen Tritt auf ein Petermännchen möglicherweise eher einen Seeigel in Verdacht haben mag.
Die in den entsprechenden Regionen ansässigen Ärzte und Krankenhäuser werden jedoch im Normalfall die Situation bzw. den Übeltäter erkennen und eine entsprechende Behandlung in die Wege leiten. Hierbei ist es wichtig, sicherzustellen, dass keine abgebrochenen Stacheln in der Wunde verbleiben; dies kann nämlich zu schweren Entzündungen führen. Die Folgen können durchaus nach Jahren noch spürbar sein. Gewöhnlich wird nach der Verabreichung eines Gegengifts die Wunde desinfiziert und versorgt.

Was aber kann man im ersten Moment nach dem Stich selbst tun? Am Häufigsten wird empfohlen, den Wundbereich moderat zu erwärmen. Das Gift des Petermännchens besteht aus Proteinen, welche nicht besonders resistent gegen Hitzeeinwirkung sind. Diese Maßnahme wird gewöhnlich durchgeführt, indem die Einstichstelle (welche sich ja fast ausnahmslos an der Hand oder am Fuß befindet) in möglichst warmem Wasser gebadet wird. Ferner wird manchmal auch das Reinigen der Wunde mit Salmiak empfohlen. Diese Maßnahme scheint jedoch eher die Kür zur Pflicht, nämlich dem Erhitzen der Einstichstelle, zu sein.
Die Reaktion auf das Gift ist von Person zu Person verschieden. Besonders Kinder und Menschen mit Allergien sind in höherem Maße gefährdet. Die Reaktion kann in diesem Fall bis hin zu einem anaphylaktischen Schock reichen.
Folgende Beschreibung eines unangenehmen Verlaufes lieferte ein deutscher Angler, der ein Petermännchen in Südnorwegen fing und sich aus Unwissenheit an dessen Rückflosse stach:
“…..nachdem ich in die Fingerkuppe des rechten Zeigfingers gestochen worden war, setzten umgehend Schmerzen ein. Sie waren jedoch zunächst nicht schlimm, und ich machte mir keine Sorgen. In den nächsten Stunden jedoch, nahmen die Schmerzen zu und der Finger schwoll mehr und mehr an. Die Schmerzen wurden unerträglich und ich beschloss, mich von einem Nachbarn auf dem Campingplatz ins Krankenhaus fahren zu lassen. Als wir das Krankenhaus erreichten war die ganze Hand geschwollen und die Schmerzen wirklich grausam. Auch der Arm begann bereits anzuschwellen. Ich bekam ein Gegengift verabreicht, und der Arzt entfernte ein Stück Stachel aus der Wunde. Mir wurde aufgetragen, mich unbedingt nochmals im Krankenhaus vorzustellen, sollte in den nächsten Stunden keine deutliche Besserung eintreten.
Am nächsten Morgen war der Finger, in den ich gestochen worden war, noch immer stark geschwollen und schmerzte. Zusätzlich zeigten sich nun deutliche Entzündungszeichen. Also ging es erneut ins Krankenhaus, wo die Wunde aufgeschnitten und noch ein winziges Stück Stachel daraus entfernt wurde. Die Besserung trat erst nach und nach ein, und noch Wochen später hatte ich in der Hand noch nicht wieder das volle Gefühl erlangt.“
Die wenigen versöhnlichen oder gar positiven Worte, die man über das Petermännchen verlieren kann, habe ich mir mit Bedacht bis zum Schluss aufgehoben. Ich muss nämlich zugeben, dass ich das Petermännchen eigentlich recht interessant und hübsch finde. Die leuchtend blaue Maserung an den Flanken, die überproportional großen, hoch liegenden Augen und seine spezielle Körperform, die auf mich wirkt, als hätte man vorn einfach ein Stück abgeschnitten, machen ihn für mich zu einem der außergewöhnlichsten Fische in Nord- und Ostsee.
Aber egal ob man das Petermännchen als lästigen Quälgeist, leckere Delikatesse oder Bereicherung für die Fauna betrachtet - ein kleiner Fiesling bleibt es doch immer … Also Vorsicht!

Steckbrief

Klasse: Knochenfische (Osteichthyes)
Unterklasse: Actinopterygia
Ordnung: Barschartige (Perciformes)
Familie: Drachenfische (Trachinidae)
Art: Petermännchen Trachinus draco LINNAEUS 1758
Bis zu 50 Zentimeter lang. In Nord- und Ostsee gewöhnlich jedoch kleiner. Durchschnittliche Länge etwa 25 bis 30 Zentimeter.
Neben dem Petermännchen gibt es eine zweite Art, die Viperqueise (Echiichthys vipera), die in Aussehen und Verhalten dem Petermännchen sehr ähnlich jedoch etwas kleiner ist. Ihr Gift ist ebenfalls für den Menschen gefährlich. Die Viperqueise hat aber ein etwas südlicheres Verbreitungsgebiet und ist in der Deutschen Bucht und entlang der dänischen Küste nur selten zu finden.
Das Petermännchen ist von geringer wirtschaftlicher Bedeutung und wird nur gelegentlich im Mittelmeer gezielt befischt.
 
AW: Petermännchen

ich machte als jugendlicher auch erfahrung mit diesem kleinen fischlein. kann das durchaus so bestätigen ............
ich hatte noch nieh solche schmerzen .ich wurde in den handballen gestochen .............
 
AW: Petermännchen

Klasse Bericht und wieder tolle Bilder :daumen::daumen:

Bitte noch mehr davon.
 
AW: Petermännchen

Ich habe hier auch zwei Fieslinge, auf die man/Angler achten muss.

Die Beschwerden sind genau wie beim Petermännchen, aber sie klingen nach ca. 1 Stunde ab.
Das Reinigen der Wunde mit Salmiak/Ammoniak hilft, oder die Einstichstelle mit warmem Wasser waschen – identische Behandlung wie beim Petermännchen.

Persönliche Bekannschaft ja, es tut höllisch weh...
Gefährdet sind nur Angler .
Sehr schmackhafter Fisch, vor allem gegrillt.
Dieser Fisch ist nach der Öffnung des Suezkanales aus Rotem Meer ins gesamte Mittelmeer gewandert und hat sich verbreitet. Ich weiß aber nicht ob er mittlerweile in Norwegen angekommen ist. Ich habe mit Norwegen keine Ahnung, noch nicht.

Wissenschaftlich: Siganus Rivulatus und Siganus Luridis
Deutsch: Kaninchenfisch
 
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AW: Petermännchen

Den Kaninchenfisch kennen ich aus dem Roten Meer. Mir war nicht so klar das er so unangenehm sein kann!

Aber ich muss gestehen das ich im Warmwasser eigentlich immer arglos unterwegs bin (war).
Einmal hatte ich ein Schneckengehäuse gefunden das ich zwecks Detailfotos mit an Land genommen habe (ja, ich weiß...Taucher fassen nichts an, usw. :rolleyes:). Der lokale Guide hat fast einen Herzkasper bekommen und mir erzählt das die Schecke Giftpfeile verschießen kann.

Würde ich in Australien leben, wäre ich vermutlich schon mehr fast von Giftviechern erlegt worden!

Gruß Sven
 
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