17.6.2017; Victoria
Letztes Wochenende war angelmaessig sehr vollgepackt. Fuer Samstag musste ich Charter-Guide spielen, hatte ich doch fuer eine Eishockeyclubspendenaktion im Winter einen Angeltrip auf meinem Boot gespendet und ausgerechnet Ricardo’s Trainer James hatte die Versteigerung dafuer gewonnen. Da hatte ich nicht nur Erfolgsdruck weil er ordentlich Geld bezahlt hatte, sondern auch weil Ricardo es sich nicht mit seinem Coach verscherzen wollte. Und dann wollten Ricardo und ich sofort nach Port Renfrew an die Westkueste aufbrechen, weil uns dort mein Freund Carl zu einem Lachsderby eingeladen hatte. Er fischte den Samstag schon mit unserem gemeinsamen Freund Dave, der aber Samstag Abend wieder abreisen musste. So wollten wir Carl’s Crew sein fuer den einen Tag. Ein volles Vaterstag-Wochenendprogramm!
Ricardo und ich packten alle unsere Sachen schon am Freitag Abend ein und schleppten Max-Waldi zur Pedder Bay Marina. Da dort am Samstag auch ein kleineres Derby stattfinden sollte, wollte ich den morgentlichen Andrang an der Bootsrampe vermeiden und dass Boot schon im Wasser haben wenn James, seine Frau Debbie und sein Sohn Carter um 4:45 Uhr morgens kamen. Ricardo musste am Samstag an der Marina zurueckbleiben – 4 Angler waren genug fuer mein Boot. Er hatte noch Hausaufgaben und wollte sich mit der Krabbenfalle in der Marina beschaeftigen. Er hatte auch sein Barschangelzeug eingepackt – ein kleiner See war in Wanderdistanz zur Marina.
Es hatte zwei Tage lang ordentlich geblasen und ich betete, dass sich der Wind wie angesagt ueber Nacht legen wuerde. Ich war um 4:00 Uhr auf und machte das Boot und Geraet startklar bis meine Gaeste eintrafen. James wollte am liebsten Heilbuttangeln; etwas was er von seinem eigenem Kleinboot nicht konnte. Wenn wir schnell Erfolg haetten, koennten wir vielleicht sogar noch Lachsangeln dazupacken – aber Fokus war auf Butt. Wir hatten den 17.6. extra herausgesucht, weil die Gezeiten bis mindestens 14:00 Uhr fuers Buttangeln hervorragend waren. Die drei Gaeste kamen gut vorbereitet an; alle hatten einen Regenanzug dabei, Rettungswesten und James brachte sogar zwei seiner eigenen Ruten/Rollen mit. Ich hatte ihn wohl verschreckt, als ich andeutete, dass ich Linkshandkurbeler bin. Ganz ungewoehnlich fuer die Pazifikkueste!
James schnueffelte ganz begeistert ueberall in meinem Boot herum – er hatte sich wohl im Winter selber ein 6 m Aluboot geholt, dass er nun fuer sich selber ausruesten und aufbauen wollte. Nun, auf Max-Waldi mit seinen ganzen Modifikationen konnte er sich eine Menge Ideen holen. Selbst wenn es mit Fischen nichts werden sollte, ganz ohne Erfolg wuerde die Tour nicht werden fuer ihn!
Der Wind hatte nachgelassen aber doch etwas Wellen hinterlassen. Ich wollte zu meiner neuesten und bisher sehr erfolgreichen Buttstelle nahe der US Grenze fahren. Von Pedder Bay ganz schoen weit, aber ich hatte Pedder Bay gewaehlt, weil wir von dort auch die Lachsgruende vor East Sooke erreichen konnten und ausserdem das Mud Hole fuer Heilbutte ziemlich nahe lag, falls Wind und Wellen die weite Fahrt zur Grenze verbieten sollten. Die 3 schienen allerdings einer etwas kabbeligen Fahrt nicht abgeneigt und so wollte ich die Strecke versuchen. Nach etwa 25 Minuten kamen wir an und der Wellengang war dort eigentlich ganz angenehm.
Schnell war der Anker raus, die Ruten bekoedert und versenkt und der Duftsack im Wasser. Na dann mal los. Ich zeigte James wie ich einen ganzen Hering an dem Vorfach mit zwei Einzelhaken befestigte und von da an versorgte er seine eigene Buttrute auf der linken Bootsseite. In jungen Jahren hatte er mal ein paar Saisons auf einer Fishing Lodge in den Queen Charlotte’s als Guide gearbeitet. Netter Typ. Vollkommen hockeyverrueckt aber auch ein begeisterter Angler. Und er beruhigte mich auch gleich – er wuesste was Erfolgsdruck beim Guiding bedeutete und er und seine Familie wuerden den Tag auf meinem Boots so oder so geniessen, Fisch oder nicht, sie waren einfach mal froh auf das weite Meer hinauszukommen und am Vatertagwochenende ein bisschen extra Zeit als Familie zu verbringen. Er versicherte mir, er saehe den Auktionspreis fuer diesen Trip als eine Spende an das Hockeyteam und jeglicher Fisch der daraus resultieren moege als eine suesse Verzinsung. Das erleichterte mich doch etwas!
Sobald die Koeder den Boden erreicht hatten, ruckelten die Rutenspitzen los. Carter, der Sohn, war begeistert. “Sehr kurzweiliges Angeln!”, meinte er, als er die ersten Dornhaie heraufkurbelte. Ich dachte nur zu mir selbst “Ich hoffe Deine Begeisterung dauert an falls diese Plagegeister uns den ganzen Tag belaestigen sollten!”. Nach einer halben Stunde hatten wir bestimmt schon ueber 10 Haie gefangen und wieder losgelassen. Unablaessig waren sie ueber unsere Koeder her. Gott sei Dank hatte ich viele Koeder besorgt, es war ja nicht unbekannt, dass die Haie im Sommer dick auftreten konnten. Aber das war schon ein bisschen viel heute.
Da, jetzt riss es mal ein bisschen heftiger an der rechten Rute und ich nickte Carter aufmunternd zu. Er legte sich ins Zeug und war nun mit einem besseren Fisch beschaeftigt. Ich sah die Rutenspitze mehrfach kraeftig nicken und Carter hatte ganz schoen zu tun um einige Meter Schnur zu gewinnen. Das koennte Butt sein! James beobachtete das Echolot wo man das Etwas hochkommen sehen konnte. Noch 50 m, 30, 10 – ich stand mit dem Gaff bereit und starrte in die Tiefe. Da! Jetzt tauchte ein weisser Umriss auf – laenglich – nicht butttypisch. Oh nein! Wieder ein Dornhai aber diesmal ein Ausgewachsener! Der war etwa 1.2 m lang und bestimmt 20 Pfund schwer. Aber eben nichts verwertbares. Carter staunte ueber diesen schon ansehnlichen Hai als ich ihn abhakte. Ich war weniger begeistert.
Und es wurde immer schlimmer. James brachte nun nicht nur einen Hai auf den anderen hoch sondern regelmaessig 2 gleichzeitig. Auch Carter hatte einige Doubletten und es war schwere Arbeit die aus 80 m hochzukurbeln. Und ich hatte dann die Vorfaecher wieder zu entwirren. Wir hatten wirklich keine 5 Minuten mal Zeit uns hinzusetzen und was zu knabbern oder trinken. Carter brauchte eine Pause und ich brachte nun auch ein paar Haie ans Tagesslicht. Nach 2 Stunden schlug ich vor die Stelle zu wechseln. Alle waren einverstanden. Als ich den Duftsack hochholte, klaffte ein grosses Loch in dem groben Nylongeflecht – die Biester hatten sich doch tatsaechlich da durchgenagt! Unglaublich!
Wir hievten Anker und ich fuhr eine Strecke zurueck bis zur Constance Bank. Dort war Hochbetrieb und wir fanden kaum Platz zwischen den Booten um zu ankern. Als wir dann endlich festsassen und weiterangelten, ging die Dornhaishow ohne Unterlass weiter. Wie viele mussten davon da unten hausen und ueber die gesamte Strasse verteilt sein? Unfassbar! Nach weiteren 1-2 Stunden und jetzt mit Sicherheit einer Ausbeute von 70 Haien und nichts in der Fischkiste schlug ich vor einen letzten verzweifelten Versuch zu machen: zurueck bis vor Pedder Bay im Mud Hole. Ich war mir nicht ganz sicher, ob die Stroemung dort noch befischbar war denn die naheliegenden Race Rock Inseln erzeugten zu bestimmten Gezeitenkonstellationen lokale Starkstroemungen; aber versuchen konnte man es ja mal. Wir hatte nicht mehr viele Koeder und es ging jetzt um Alles.
Auch da lagen schon ein paar Boote vor Anker aber das Mud Hole war weitlaeufig und man fand immer noch Platz. Als wir verankert waren, gingen die jetzt etwas sparsamer bekoederten Ruten in die ueber 100 m Tiefe. “Bitte lass uns hier von den Haien verschont bleiben!” Es blieb tatsaechlich ein paar Minuten ruhig. Und dann ruckelte es doch wieder an meiner rechten Rute. Ich uebernahm und kurbelte den Hai herauf. Waehrenddessen riss es ein paar Male etwas heftiger an James Rute. Geduldig wartete er noch ein bisschen und ruckte dann an. Etwas Schweres war dran, auch wenn sein steifer Knueppel nicht viel Aktion verriet. James hievte seine Beute Meter um Meter hoch. Ich hatte inzwischen meinen Hai oben und abgehakt und beobachtete James aus dem Augenwinkel. Der hatte zu tun aber meldete keine Buttkopfstoesse oder Fluchten. Entweder wieder 2 Haie von einer groesseren Sorte oder vielleicht ein Rochen? Ich wollte gerade meine Rute einlassen als James ausrief: “Hali, hali!”. Tatsaechlich, da brachte er doch einen Butt herauf und der lag nun schon neben dem Boot. Auch kein Winzling! Ich hatte die Harpune nicht fertig und so musste das Gaff herhalten. Ich schlug mit dem Gaff zu und zerrte den etwa 25 pfuendigen Butt ins Boot.
Na das hatten wir uns verdient und wir klatschten uns alle erfreut und begeistert ab. Ich hatte ja schon fast die Hoffnung verloren. Mit erfrischtem Eifer versorgten wir schnell den Butt und liessen frische Koeder ein. Wo einer ist, sind meist noch mehr! Ich liess die rechte Rute ein und ploetzlich hielt die Schnur inne obwohl ich noch locker 30 m vom Boden weg sein musste. Das muss ein Fisch sein. Aber bis ich das geschnallt hatte, die Rolle zugezogen und Schnur straff gezogen hatte, war nichts mehr zu spueren. Als ich den Koeder kontrollierte, zeigte der eindeutig Bissspuren. Was kann das bloss gewesen sein? Lachs? Ein Butt weit ueber Grund? Haie im Mittelwasser?
Kurze Zeit spaeter ruckte es wieder an meiner Rute und ich winkte Carter. Der wartete bis der Fisch abziehen wollte und kurbelte dann hinein. Der hing wie die stark gebogene Rute verriet. Carter meinte, der waere etwas schwerer oder kraeftiger aber ich dachte nur ein groesserer Hai vielleicht oder wieder Doublette. Ich kannte meine Rute genau – das war kein Butt. Als er seinen Gegner dann endlich oben hatte, tauchte zuerst ein riessiger Kopf auf. Was? Ein Dorsch! Und kein schlechter! Schnell holte ich das Gaff und brachte auch diesen Kerl an Bord. Na das war ja mal eine interessante Ueberraschung! Das passierte schon mal, dass man einen Dorsch beim Heilbuttansitz fing, war aber doch recht selten. Und Carter’s war mit knapp 15 Pfund schon ein stattliches Exemplar. Debbie und James waren stolz auf den Faenger! Das wuerde auch ein paar leckere Filets abgeben. Vielleicht war ja eine ganze Dorschtruppe da unten am Werk und vielleicht war das auch die Erklaerung meines Mittelwasserbisses. Der Dorsch wuergte auch ein paar 20 cm lange Hake aus – das sind wohl die Schwaerme die wir regelmaessig auf dem Echolot durchziehen sahen.
Dann mischten sich wieder ein oder zwei Dornhaie dazwischen aber insgesamt schienen diese Plagegeister hier nicht so dicht zu stehen. Dann wippte James’ Rute auf einmal verdaechtig los – das war Butt, keine Frage. Jetzt wurde es hektisch! James nahm seine Rute auf und nahm Fuehlung. Da! Wieder riss es an der Rute und James gab etwas nach und setzte dann ploetzlich einen Anschlag. Leider kam der nicht richtig durch weil seine Rollenbremse zu lose war und er nicht fest genug die Trommel abgebremst hatte, an seiner grossen Penn Senator Rolle. Dennoch ging seine Rute nach diesem Ruck in die Knie und James musste sie mit beiden Haenden festhalten.
Unwiderstehlich zog der Fisch ab! Oha, das ist ein Grosser! Die Bremse knarrte bedenklich und es dauerte ein paar Sekunden bis James mal an die Rollenkurbel kam. Ich holte rasend schnell meine Rute ein – fuer den Fisch wollte ich kein Risiko eingehen. Dann machte ich die Harpune fertig und jubilierte innerlich – das waere eine tolle spaete Belohnung fuer all die Arbeit heute. James hatte immer noch kaum Schnur zurueckgewonnen – man konnte selbst an seiner steifen Rute die harten Kopfstoesse des Buttes sehen. James wollte nun die Rute an Carter uebergeben, so dass der auch mal den Genuss einen Grossbuttdrills erleben konnte. Die Uebergabe war etwas langwierig und bis Carter richtig an der Rolle war, war die Schnur wohl ein paar Sekunden nicht sehr straff gewesen. Der Fisch war aber noch dran wie ein- zwei ploetzliche Rucke andeuteten. Dann kurbelte Carter stetig. Oft kamen Heilbutte im Mittelwasser dann faul mit dem Zug mit bis zum Boot.
Nach einer Weile stetigem Kurbeln fragt ich Carter ob er denn noch Widerstand fuehlte. Er zuckte nur die Schultern. James uebernahm wieder und legte sich rein ins Geschirr aber auch er konnte keinen Fischkontakt mehr finden. Irgendwo unterwegs war der Butt wohl ausgestiegen. Schade, schade! Wir troesteten Carter – das passiert schon mal, nicht Deine Schuld. James nahm es sehr sportlich – er freute sich schon, dass er mal wieder das Ziehen eines Grossbuttes gespuert hatte – seit vielen Jahren mal wieder! Er nahm es als Ansporn es bald mal wieder auf Butt versuchen zu wollen – entweder von seinem eigenen Boot oder vielleicht mal wieder mit mir. Ich sagte, er waere herzlich willkommen mal wieder mit mir mitzufahren.
Die Stroemung nahm jetzt merklich zu und auch die Dornhaidichte. Wir verangelten unsere letzten Koederfetzen und gegen 14:00 Uhr machten wir erschoepft aber zufrieden Schluss. Wir hatten ungelogen an die 100 Haie gefangen! Das war mit Abstand die groesste Anzahl die ich je beim Buttangeln erlebt hatte. Den 25 pfuendigen Butt hatten wir uns mehr als verdient. Gluecklicherweise hatte der Wind auch mitgespielt, wenn es auch nicht ganz glatt war. James war noch gut im Filetieren und so ueberliess ich diese Aufgabe ihm. Nach ein paar Fotos an der Waage verabschiedeten wir uns herzlich und ich machte das Boot fest, was bis Sonntag in der Marina blieb, waehrend Ricardo und ich zu einem neuen Abenteuer nach Port Renfrew aufbrachen.