Reisebericht 4, Gjesvaer 2011

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Mittsommernachtstour 2011
Gjesvær, 20.06. - 30.06.2011

Operation Heilbutt oder, fischen bis die Angelhörner abfallen.
Ich möchte euch mitnehmen auf eine Reise nach Nordnorwegen an das legendäre Nordkap.
Der Bericht gibt meine persönlichen Eindrücke wieder.
Dabei lege ich Wert auf die Gesamtheit des Erlebten und nicht so unbedingt auf Fangbilder.
An seine Fänge kann sich jeder Angler erinnern, aber die vielen prägenden Details einer
Reise sind oft schnell vergessen.
Aus diesem Grund berichte ich teilweise sehr detailliert, weniger für die Mehrheit der Leser,
sondern für diejenigen, die dabei waren.
Bevor ich mit dem Bericht richtig los geht, einige Worte zur Entstehung dieser Reise.
Angefangen hat alles im Sommer 2010. Eines Nachmittags klingelt Björni bei mir durch
und fragt mich, ob ich Lust und Zeit hätte, im Juni 2011 ans Nordkap zu fahren.
In seiner Reisegruppe gäbe es noch zwei freie Plätze.
Nach meinen vielen Problemen der letzten Jahre und den daraus resultierenden Ausfällen meiner Norwegenreisen, ist dies eine mehr als willkommende Gelegenheit,
endlich mal wieder hoch zu fahren.
Ein Anruf bei meiner lieben Frau, kurz drüber geschnackt und die Sache ist geritzt.
Ich kann es noch gar nicht glauben, wo nochmal geht's genau hin ?? Gjesvær was ??
Also erst mal ins Internet und nachgeschaut, was so zu finden ist. Und siehe da, es gibt
schon einiges. Unter anderem finde ich einen sehr schönen Bericht von Klotzfisch.
Er war 2009 mit Björni vor Ort und hat sehr anschaulich beschrieben, was einen dort oben
erwartet.
Fort an bricht die Norwegeninfektion bei mir wieder aus.
Den ersten nicht bekannten Teilnehmer der Reise lerne ich dann im November 2010
auf den Magdeburger Meeresangeltagen kennen. Saalefischer. Das hat auf Anhieb
gepasst. Netter Bursche, der genau wie ich, von Zeit zu Zeit mal alle Regler der
Musikanlage nach rechts dreht und es ordentlich krachen lässt.
(Wir sind beide AC/DC Fans). Ansonsten ein ruhiger, angenehmer Zeitgenosse.
Die nächsten Monate gehen ins Land und die Vorbereitungen werden vorangetrieben.
Das nächste Mal wird es auf dem Norddeutschen Treffen in Albersdorf konkret.
Björni und Saalefischer sind vor Ort und Weltenreisender, Björni’s Freund.
Ein ( fast- ) Norwegenneuling, der sich, typisch norddeutsch, zunächst etwas zurückhält.
Ebenso vor Ort ist Thomas Zylstra von Zylle Fishingtours. Bei Zylle haben wir die Reise
gebucht, die Organisation hat Björni übernommen. Die Grobplanung ist darauf ausgelegt,
dass 2 von uns mit einem Transporter hochfahren und Tackle sowie ein paar Lebensmittel transportieren. Der Rest der Truppe möchte fliegen.
Die Fahrer sind schnell ermittelt. Sie übernehmen die Tour freiwillig. Dafür schon jetzt meinen herzlichsten Dank Jungs. Ich werde es euch nicht vergessen.
Da ich eine Seekarte vom Zielgebiet besorgt hatte, nutzen wir die Gunst der Stunde
und schauen in Albersdorf gemeinsam schon mal ein paar vermeintliche "Hot Spots" an.
Das macht richtig Spaß, treibt die Amplitude der Fieberkurve aber enorm in die Höhe.
Bei einem Telefonat mit Björni im zeitigen Frühjahr dieses Jahres erfahre ich dann,
dass ein alter Bekannter aus dem Forum ebenfalls mit von der Partie ist.
Bis dato war mir eigentlich egal, wer mitkommt. Ich habe mich voll auf Björni verlassen.
Er wird schon wissen, wer zusammen passt.
Mein alter Bekannter ist, Überraschung, unser Ur-Bayer aus dem Oberallgäu, Bene.
Diesen Naturburschen habe ich 2006 beim ersten Bajuwarentreffen des damals noch gemeinsamen Forums im Altmühltal kennengelernt. Wir konnten uns von Anfang an gut leiden. Also erst mal gleich mit Bene telefoniert und lange gequatscht.
Auch Bene war bis dahin nicht so richtig klar, dass ich mit dabei sein werde.
Na, das konnte ja noch was werden. Wir freuen uns auf unser Wiedersehen.
Kurz danach telefoniere ich erstmals mit Chris Ostsee, einem weiteren Teilnehmer der Tour.
Auch der älteste der Mannschaft scheint in Ordnung zu sein.
Auf die restlichen beiden Teilnehmer Rohrhof und Paule freue ich mich auch schon.
Die verbleibende Zeit vergeht wie im Flug und heute beginnt die Tour für unsere Fahrer.

Freitag, 17.06.2011 08:30 Uhr

Endlich, es ist soweit. Für mich geht's zwar noch nicht los, aber heute Abend treffen,
nach einer langenTour durch die Republik, Bene und Saalefischer bei mir ein. Bene ist in der Früh im Oberallgäu gestartet und zu Rohrhof nach Mannheim gedüst, um Rohrhofs Sachen mitzunehmen.
Anschließend ist er weiter nach Kleve zu Zylle Fishingtours. Dort übernimmt er den Transporter und den Anhänger, den wir mit hochnehmen, lädt die Sachen um und fährt weiter zu Saalefischer nach Wolfsburg.
Von dort aus geht es weiter zu mir nach Quickborn, wo Björni, Weltenwanderer und ich
mit unseren Sachen warten werden.
Letzte Station ist eine kleine Stadt im Kreis Plön, wo Chris Ostsee zuhause ist.
Danach führt die Route über Dänemark, Schweden und Finnland nach Nordnorwegen an das Nordkap.
Die heutige Ankunftszeit der beiden bei mir ist ca. 19:00 Uhr
Da ich bis dahin noch etwas Zeit habe, stelle ich Euch kurz das Team vor.

Björni33, Björn

Initiator und Organisator der Tour.
Allen bekannt als ein Norwegenfahrer und Polarkreisbezwinger erster Güte,
der das Revier bereits bestens kennt.
Obwohl er stets so drein schaut, als wolle er dem nächstbesten die Halsschlagader
durchbeißen, ein netter und hilfsbereiter Kerl, mit dem man bestens auskommt.
Außerdem ein gelernter Koch, was die Lebensqualität unserer Tour erheblich steigern wird.

Saalefischer, Thomas

Einer der beiden Fahrer und norwegenerfahren. Kennt bereits, wie Björni, das Revier.
Ein ruhiger und umgänglicher Angelkamerad, auf den man sich voll verlassen kann.
Hat auf dem Boot immer ein Auge für seine Mitangler.
Bringt die legendäre VW Currywurst + Ketchup mit und trägt somit ebenfalls zur
Erhöhung des allgemeinen Wohlbefindens bei.

Bene, Bernd

Der harte Hund aus dem Süden, genauer aus dem Oberallgäu, Bayrisches Urgestein.
Der zweite Fahrer der Tour.
Ebenfalls norwegenerfahren, ist er das erste Mal am Nordkap.
Wer seine originalen Allgäuer Kasspatzen nicht probiert hat, hat etwas verpasst.

Chris Ostsee, Christian

Ältester der Gruppe, ein sehr norwegenerfahrener Haudegen.
Ein lustiger Zeitgenosse, der als Internetfreak stets für das aktuelle Wetter sorgen wird
und sich mit Echoloten/Kartenplottern bestens auskennt. Hat einen sehr subtilen Humor.

Paule, Michael

Der Malocher unter den Meeresanglern.
Ein ruhiger Vertreter aus dem Bielefelder Raum, der beim Fischen alles gibt.
Norwegen- und islanderfahren. Zertifizierter Grillmeister.

Rohrhof, Volker

Der jüngste der Truppe.
Ist im Mannheimer Raum zuhause und ebenfalls schon sehr norwegenerfahren.
Er kennt das Revier ebenfalls bestens.
Immer gut drauf und sehr kameradschaftlich. Weiß recht viel über Tackle.

Weltenwanderer, Thorsten

Ein ruhiger Vertreter aus dem Norden der Republik.
Hat von uns am wenigsten Norwegenerfahrung und möchte sich die Sache mal genauer ansehen.
Stets bereit eine helfende Hand anzubieten.

Meine Wenigkeit, Rollo

Ich habe Norwegenerfahrung, war aber noch nie am Nordkap.
Wie auf meinen anderen Reisen auch, bin ich Beauftragter für Catering & Wellness,
außerdem Experte für isotonische Erfrischungsgetränke. J



Freitag, 17.06.2011 19:15 Uhr

Bene und Saalefischer treffen bei mir ein. Weltenwanderer ist schon seit 18:30 Uhr da,
Björni ist unterwegs und will so gegen 19:45 Uhr bei mir sein.
Ich freue mich, Bene und Saalefischer wiederzusehen und es gibt erst mal Kaffee bei mir auf der Terrasse.
Nachdem Björni eingetroffen ist, beladen wir Transporter und Anhänger mit unseren Sachen und den Lebensmitteln.
Anschließend essen wir zusammen und gegen 21:15 Uhr machen sich Saalefischer und Bene auf den Weg zu Chris Ostsee, der letzten Station, bevor es auf die lange Reise
ans Nordkap geht.
Gegen 22:30 Uhr geht's für die beiden von Chris dann endgültig los.
Die erste Etappe verläuft über Puttgarden mit der Fähre nach Rødby in Dänemark und weiter nach Helsingør.
Dann geht es mit der Fähre rüber nach Helsingborg in Schweden. Anschließend fahren die Jungs noch bis Umea in Nordschweden, bevor in einer Hütte auf einem Campingplatz übernachtet wird.

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Das Gespann

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Gemütliche Hütte in Umea / Nordschweden. ( Scheinbar gerade Reinschiff gemacht ) J

Sonntag, 19.06.2011

Weiter geht es durch Finnland in Richtung Nordkap.
Um 22:15 Uhr erreichen die beiden Gjesvær, einen Tag früher als geplant.
Da unser Haus noch nicht frei ist, wird für die beiden eine Übernachtung bei
Björn Dag, einem weiteren Vermieter in Gjesvær, organisiert.

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Sie haben ‘‘ Vorfahrt ‘‘ ( Fahrt ihr eins um, seid ihr mit 10.000 Kronaten dabei )

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Endlich in Gjesvær, im Hintergrund Gjesværstappan in der Mitternachtssonne

Montag, 20.06.2011, die Anreise

Auch für mich geht’s heute endlich los.
Nach einer kurzen Nacht ist um 04:00 Uhr Aufstehen angesagt.
Um 05.00 Uhr sind Björni, Weltenwanderer und Paule bei mir.
Wir parken die Autos auf meiner Auffahrt und fahren wir mit dem Taxi
zum Flughafen nach Hamburg-Fuhlsbüttel.
Hier treffen wir Chris Ostsee, der gut gelaunt auf uns wartet.
Wir checken ein, besuchen noch kurz den Duty Free Shop und heben um 07.00 Uhr
mit einer Boeing 737/800 Richtung Oslo ab.
Dort kommen wir gegen 08.20 Uhr an, bekommen für den Weiterflug nach Alta unser Gepäck zurück und müssen über 7 Stunden auf den Weiterflug nach Alta warten.
Wir vertreiben uns die Zeit mit Quatschen, Kaffee trinken und Eis essen.
Unser diesjähriges Motto: Für ein Cornetto Erdbeer, geb ich sogar mein Pferd her. J

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Paule, Rollo, Björni und Chris Ostsee ( beäugt missmutig einen äußerst lästigen Dudelsackspieler hinter dem Fotografen )

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Björni und Weltenwanderer

Um 15.00 Uhr trifft Rohrhof, der mit dem Flieger aus Frankfurt kommt, bei uns ein. Der jüngste von ist ebenfalls in Ordnung, ein lustiger Zeitgenosse.
Die ‘‘Flieger‘‘ sind jetzt komplett.
Wir telefonieren mit Saalefischer und erfahren, dass die beiden eine erste Fischwaid gestartet haben und Bene einen Dorsch von 1,14 m auf die Schuppen gelegt hat.
Petri Heil mein Bester, Du legst ja ganz ordentlich los.
Pünktlich geht es um 16:00 Uhr per Inlandsflug in einer 737/800 weiter nach Alta.
Dort angekommen finden wir sehr schnell den Vito von Zylle Fishingtours,
der auf dem Parkplatz für uns abgestellt ist. Etwas überrascht stellen wir fest,
dass der Wagen nicht wie verabredet vollgetankt ist, sondern nur 1/4 voll von der vorherigen Angelgruppe abgestellt wurde.
Ich kann es einfach nicht begreifen, wieso hält man sich nicht an Absprachen ??
Macht der Hunni für's Tanken, bei den ganzen anderen Kosten für die Reise,
den Bock wirklich fett ?
Wir eiern also erst mal zur Tanke und tanken den Wagen voll.
Dann geht es entlang des wunderschönen Porsangen Fjordes Richtung Gjesvær.
Wir erreichen das Städtchen Honningsvåg mit knapp 2.400 Einwohnern. Durch seine Nähe zum Nordkap ist es im Sommer Anlaufhafen für viele Kreuzfahrtschiffe.

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Die Costa Pacifica aus Genua. 290m lang, 3780 Passagiere, 1110 Besatzungsmitglieder
Hinten die MSC Lirica aus Panama, 251m lang, 2069 Passagiere, 750 Besatzungsmitglieder


Etwas geschlaucht kommen wir in Gjesvær um 22:15 Uhr an.
Kurz darauf herrscht erste Aufregung. Björnis Te’havs ist verschwunden. Er hatte ihn am Ende seiner letzten Reise im Geräteschuppen unserer Unterkunft verstaut. Auch von anderen Anglern steht hier eine Menge Zeugs rum. Also nicht ungewöhnlich, dass hier oben Tackle für die nächste Tour stehen bleibt.
Björnis Anzug aber ist beim besten Willen nicht zu finden. Total genervt fährt Björni rüber zu Björn Dag, auch dort ist der Anzug unauffindbar (und wird es auch bleiben ).
Was nun machen ??
Die Situation rettet Chris Ostsee. Er leiht Björni seinen nagelneuen Te'havs, allerdings in XXL. Sieht schon etwas komisch aus, als Björni das Ding anzieht,
aber mein " Na also, das Ding passt doch wie angegossen "
bringt ein Lächeln in Björnis Gesicht zurück. Ich muss innerlich auch lachen, sieht wirklich lustig aus. Ein Foto verkneife ich mir, könnte missverstanden werden. J
Unsere Unterkunft
Oben: Küche, Dusche/WC, Wohnzimmer, 3 Einzelschlafräume, 1 Doppelschlafraum
Unten: Küche/Wohnraum kombiniert, Dusche/WC, 3 Einzelschlafräume,
1 extra Raum für Anzüge und Gefriertruhen.

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Wir beziehen unsere Zimmer und machen das Tackle fertig.
Anschließend gibt es ein Überraschungsabendessen von Bene und Saalefischer,
und zwar vom Feinsten. Saalefischer hat sich beim Norddeutschentreffen
in Albersdorf einige Gläser Wildschweinwurst von Köhlerzupfer gesichert.
Dazu gibt es warme Brötchen, Gewürzgurken und Senf. Oberlecker !!
Derart gestärkt beschließen wir, trotz der Müdigkeit, eine Ausfahrt zu starten.
Die Bootsbesatzungen werden wie folgt zusammen gestellt :
Björni, Rohrhof und Weltenwanderer auf einer Quicksilver 640 mit 90 PS.
Bene und Chris Ostsee auf einem 17 Fuß Kaasboll mit 40 PS
Saalefischer, Paule und Rollo auf einem 19 Fuß Kaasboll mit 60 PS.
Gegen 01:00 Uhr sitzen wir in den Booten und es geht für mich zum ersten Mal hinaus auf die Barentssee.
Eigenartiges Gefühl mitten in der Nacht bei Sonnenschein zum Fischen zu fahren. Ich genieße die Kulisse.
Im Hintergrund die Felsformationen Gampollaksla, Gammpolltuvan und Oarjjit.

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Aus dem Meer erhebt sich der mächtige Vogelfelsen, bestehend aus Stauren, Storstappen, Kjerkestappen und, rechts knapp im Bild, dem Bukkstappen.
Zusammen genommen werden diese vier Felsen auch Gjesværstappan genannt.

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Während die Kreuzfahrttouristen der Schiffe aus dem nahen Honningsvåg viel Geld für eine Vogelsafari bezahlen müssen, haben wir die Sache kostenlos.
Unzählige Papageitaucher, Basstölpel, Trottellummen, Tordalke und vieles mehr besiedelt die Felsen.

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Eine Kolonie Basstölpel auf dem Stauren……

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hier aus der Nähe

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Papageitaucher, wirken irgendwie immer gut gelaunt.

Über allen kreisen häufig mächtige Seeadler auf der Jagd nach Beute.
Es dauert nicht lange, da wollen einige schöne Schellfische und Küchendorsche kurz mal an die frische Luft, um unmittelbar danach wieder ihrem Element übergeben zu werden.
Wir fischen verschiedene Kanten ab und tasten uns an unser Revier für die nächsten 9 Tage langsam ran. Ich fange noch einen Babybutt von ca. 40cm,
der selbstverständlich sofort wieder frei geht.
Auf der Quicksilver fängt Weltenwanderer einen Seewolf von 3,5 kg. Für diese
Gegend ist das schon ein ganz ordentlicher Brocken.
Gegen 05:00 Uhr fahren wir zurück, versorgen einige Fische, die wir Mittags essen wollen und fallen müde in unsere Kojen.
Kurze Anmerkung für diejenigen die noch hochfahren und bei Tageslicht nicht so gut schlafen können:
Ich habe mir für mein Zimmer ein Stück lichtundurchlässigen Vorhangstoff
mitgenommen und mit Tape vor mein Fenster geklebt. Das war der Bringer.
Meine Bude war schön dunkel und ich konnte pennen wie ein Otter.

Dienstag, 21.06.2011, 14:00 Uhr

Draußen fetzt es mit 18 m/s. Wir haben hohen Wellengang im Hafen,
an eine Ausfahrt ist nicht zu denken.
Nachmittags nimmt der Sturm derart zu, dass sogar die Norweger runter zum Hafen müssen, um ihre Boote zu sichern.
Wir machen es uns auf Stube gemütlich, weil wir von Chris wissen, dass dieses Wetter nur einen Tag anhalten wird und wir anschließend gute bis sehr gute Bedingungen erwarten können.
Bene hat einen ganzen Schweinenacken aufgetaut und macht im Bratrohr daraus einen oberamtlichen Schweinebraten. Dabei geht er so routiniert mit Werkzeug
und den Zutaten um, dass ich mich frage, woher er das kann.
Ich denke, der Bursche arbeitet an einer Koordinaten-Messmaschine ?
Es stellt sich heraus dass Bene, genau wie Björni, gelernter Koch ist.
Wir haben eine Luxus-Situation, Männer. Möglicherweise werden wir frieren
oder nass werden, aber Hunger und Durst werden wir nicht leiden.
Zu Mittag essen wir in Folie gedünstete Dorschfilets, die Weltenwanderer
für uns zubereitet.
Danach widmen wir uns unserem Tackle und ich verbinde mit Hilfe meines Bobbin an einigen Ruten die geflochtenen Schnüre mit monofiler Vorfachschnur.
Ein paar von uns finden die Prozedur umständlich oder kompliziert.
Einzig Paule hat sich schnellstens mit der Methode angefreundet und wird mich während des gesamten Urlaubs wiederholt bitten, ihm neue Vorfächer anzustricken,
wenn er etwas verloren hat. Mir macht das Spaß und freue mich, zu helfen.

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So sieht der Bobbin aus…..

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Und so die Verbindung zwischen geflochtener Hauptschnur und monofilem Vorfach.
Das Ding zischt durch die Rutenringe wie ein Bob durch den Eiskanal.

Später kommt noch Willi vorbei, der Berufsfischer von nebenan. Er erzählt uns, dass die örtliche Fischfabrik momentan Betriebsferien hat.
Das hat weitreichende Folgen für uns, weil wir eigentlich die Fische, die wir selbst nicht verwerten wollen oder können, in Willis Fischkiste werfen wollen und Willi den Fisch an die Fabrik verkauft.
Wir werden also versuchen, selektiv auf große Fische zu angeln.
Mal sehen, wie sich die Situation auf unsere Angelei auswirken wird.
Bene‘s Schweinebraten macht es erforderlich, einige Verteiler draufzukippen.
Zufrieden und bettschwer hauen wir uns früh morgens in die Kojen.

Mittwoch, 22.06.2011, 13:00 Uhr

Der Wind ist wie erwartet weniger geworden und wir können fischen.
Wir fischen in Wassertiefen von 30 - 40 Metern, hauptsächlich auf Heilbutt.
Als Köder fischen wir Royber Jigs, Dead Baits mit Kleinköhlern als Köderfische, Cutbaits und Storm WildEye Jigs, kurz Stormies.
Saalefischer fischt einen Jig in den Farben eines Papageitauchers kombiniert mit einem schwarz-weißen Gummifisch. Genauer, den Cutbait Puffin von Savage Gear.
Das Ding sollte noch zur Killerwaffe werden, dazu später mehr.
Fischmäßig geht es wie am Montag weiter.
Wirklich schöne Küchenfische aber nichts dolles, zumindest für dieses Revier nicht.
Aus diesem Grund mache ich auch keine Fischfotos.
Wenn außergewöhnliche Fische ins Boot kommen, gibt es natürlich auch Fotos.
Gegen 19:00 Uhr fahren wir rein, versorgen die Fische und machen Mittagessen.
Auf dem Programm heute die VW-Currywurst mit VW-Ketchup von Saalefischer. Dazu aufgebackene Brötchen und eine schöne kühle Pilsette.
Gut gestärkt fahren wir gegen 22:30 Uhr wieder raus.
Wieder auf Heilbutt, wieder mit großen Ködern. Gegen 23:00 Uhr erhalten wir einen Anruf vom 17 Fuß Kaasboll. Der erste Butt liegt im Boot.
Chris Ostsee hat unser Zielobjekt überlistet und mit Bene ins Boot gebracht.
Saalefischer, unser Käpt'n und Navigator angelt im Heck unseres Bootes.
Wie schon gesagt, mit seinem bunten Clownsköder.

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Plötzlich gibt es einen Schlag in seiner Rute und ein Fisch nimmt erstmals ernsthaft Schnur. Das typische Nicken der Rutenspitze deutet auf einen Butt hin.
Paule und ich holen unsere Köder ein und bereiten uns auf die Landung vor.
Vorher hat Saalefischer noch gut zu tun, den Fisch an die Oberfläche zu kriegen.
Noch immer nimmt der Fisch Schnur.
Da ich weiß, dass Saalefischer beim Buttfischen bisher stets leer ausging,
fiebere ich mit ihm. Hoffentlich ist es ihm diesmal vergönnt, einen Butt zu landen.
Er selbst ist die Ruhe in Person und drillt den Fisch souverän aus.
Nach endlos erscheinenden Minuten können wir den Fisch das erste Mal sehen.
Ein schönes Exemplar hat sich den Köder genommen. Etwas aufgeregt versuchen wir den Fisch zunächst mit einer Heilbuttschlinge zu sichern, was jedoch misslingt.
Der Fisch geht wieder auf Tauchstation.
Kurze Zeit später erscheint er erneut an der Wasseroberfläche und Paule setzt beherzt das Gaff.
Gemeinsam mit Saalefischer wird der Butt über die Bordwand ins Boot gezogen.
Erleichterung bei allen, vor allem bei Saalefischer.
Petri Heil mein Guter, den gönnen wir Dir alle von Herzen.
Wenn einer einen Heilbutt verdient hat, dann Du.
Danach ruft Saalefischer bei Chris an. Nie vergesse seine ersten Worte….
O-Ton Saalefischer : " Der Saalefischer meldet einen Butt "
Die Zufriedenheit und Erleichterung in seinem Gesicht hättet ihr sehen sollen.
Für mich einer der schönsten Momente der Tour.
Später in der Nacht macht er auch noch einen guten Dorsch klar.
Das war eindeutig sein Tag.
Paule und ich landen ebenfalls ein paar schöne Dorsche, die in der Kiste Platz nehmen müssen.
Gegen 05.00 Uhr fahren wir wieder rein und treffen Chris und Bene am Filetierplatz.
Gemessen und gewogen ergibt der Butt von Saalefischer 1,33 Meter bei 18,8 kg. Ein schöner Fisch.
Der Butt von Chris war mit 15,5 kg etwas kleiner.
Nach einem Whisky auf Saalefischers Butt geht's zufrieden ins Bett.
Und hier ist der glückliche, er hat’s wirklich verdient !!!!

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Beide Butte auf dem Filetiertisch. Im Hintergrund Chris Ostsee und Rohrhof.

Donnerstag, 23.06.2011, 12.00 Uhr

Was ist denn hier los ? Heute ist der Sommer am Nordkap angekommen.
Strahlend blauer Himmel, 16°C und ein laues Lüftchen. Nix wie raus zum Fisch.
Aber wie so häufig, kommt es meistens anders als man denkt. Björni ist krank.
Irgendwie hat er sich einen Magen-Darm Virus eingefangen und pendelt in kurzen Intervallen zwischen seiner Bude und dem WC.
Ich übernehme von Björni den Küchendienst und verzichte auf die erste Ausfahrt.
Zu Sicherheit fahren Weltenwanderer und ich ins 35 km entfernte Honningsvåg
und besorgen Desinfektionsmittel. Außerdem frischen wir Getränke und Lebensmittel auf.
Zurück in Gjesvær beginne ich alsbald mit der Zubereitung des Mittagessens.
Meine Bootsbesatzung ist heute raus zum Schollen stippen. Dazu nutzen Saalefischer und Paule meine Buttlöffel.
Die Dinger funktionieren wirklich gut und bringen einige schöne Plattfische an Bord.
Die größte Scholle misst mehr als 50 cm. Was für ein Lappen….
Gegen 21.00 Uhr haben wir zu Mittag gebratenen Heilbutt mit Kartoffelpüree und Dillsosse. Dazu gibt es noch einen frischen Gurkensalat.
Von Björni ist nichts zu sehen, ihm geht’s wirklich dreckig.
Wir reden kurz mit ihm um zu klären, ob jemand im Haus bleiben soll.
Er schickt uns alle zum Fischen. Er will anrufen, falls er Hilfe braucht.
Wir machen uns fertig und fahren gegen 23:00 Uhr wieder raus.
Das Wetter hätte ich so nicht erwartet. Immer wieder treffen uns lauwarme Winde, die von den Bergen runterwehen.
Momentan fühlt sich das an, wie Angeln im Sommer auf der Ostsee.
Scheinbar hat der Wetterumschwung negativen Einfluss auf die Beisslust der Fische. Wir tun uns schwer und fangen zunächst nichts anständiges.
Irgendwann ist Paules Stock doch noch richtig krumm.
Weil wir nicht viel Drift haben, fischt Paule zu anderen Bootsseite raus
und wir bekommen es zunächst gar nicht richtig mit.
Paule drillt den Fisch sauber aus und nach oben kommt…. richtig, ein Heilbutt.
Der Fisch ist zwar maßig, aber Paule setzt ihn in Erwartung größerer Butte zurück.
Das verdient meinen größten Respekt !!
Von dieser Ausfahrt kommen wir mit leeren Fischkisten zurück. Fisch haben wir zwar gefangen, aber was richtig gutes war diesmal nicht dabei.
Allerdings habe ich heute eine anglerische Glanzleistung gebracht, die ich Euch nicht vorenthalten möchte.
Ich bin das erste Mal wieder in Norwegen, seitdem ich eine Brille trage.
Weil mich das angetrocknete Salz auf den Brillengläsern nervt,
fische ich ohne Brille, habe sie aber mit an Bord.
Rollo-Pups kommt also während der Nacht auf die Idee, einen Speedpilker mit Einzelhaken auszuprobieren. Flugs das Teil aus der Tacklebox raus,
ran ans Vorfach und ab nach unten. Bis zu den ersten Attacken dauert es nicht lange, ich kann aber keinen Biss verwerten. Ständig ruckt es an der Rute,
aber ich kriege keinen Fisch nach oben. Irgendwann kommt mir das spanisch vor und ich kurbel den Pilker ein, um mir die Sache anzusehen.
Und was entdecke ich bei genauerem Hinsehen ????
Kennt ihr die kleinen durchsichtigen Plastikschläuche, die über die Hakenspitze gezogen werden, damit man sich nicht verletzt ?
Der war noch dran !!
Weltklasse Rollo, glatte 1 mit Sternchen. JJ
Meine Mitangler haben davon nichts mitbekommen und ich habe die Sache flink gerichtet. Mit Schonhaken am Nordkap, nicht schlecht, oder ?
Einen Absacker noch, dann geht's in die Federn.

Freitag, 24.06.2011, 12:30 Uhr

Mittsommer am Nordkap.
Ich dachte, die feiern hier wie die Teufel die Mittsommernacht.
Weit gefehlt, außer einem Grillfest im Gemeindehaus nichts spektakuläres.
Auch gut. Ich stehe sowieso mehr auf Ruhe.
Björni hat sich Medikamente besorgt und versucht, sich wieder in die Spur zu bringen. Das scheint im Laufe des Tages auch zu gelingen.
Ich treffe Willi und frage ihn, warum die wirklich spektakulären Fänge ausbleiben.
Er selbst ist Angelfischer und hat eine Quote von 20 Tonnen Dorsch für 2011.
Auch er fängt keine wirklich kapitalen Fische.
Willi erklärt mir, dass es für die Jahreszeit zu kühl ist, und dass noch kein Futterfisch in die küstennahen Bereiche gekommen ist.
Zu dieser Jahreszeit ist es der Havsil, eine Sandaalart.
Momentan sind die noch weiter draußen und damit auch der Großfisch.
OK, das wäre eine Erklärung.
Ich werde heute also konsequent auf Heilbutt angeln. Zunächst mit Gummifisch,
später bei der Nachtausfahrt mit Kleinköhlern als Köderfisch am Giant Deadbait.
Neben schönen Filetdorschen und fetten Schellis kommt während der ersten Ausfahrt heute nichts in die Kiste.
Gegen 19:00 Uhr fahren wir rein, versorgen kurz die Fische und bereiten uns aufs Grillen vor. Heute gibt es leckere Bratwurst Thüringer Art. Dazu Baguettes und die
obligatorische Pilsette. Paule ist der Zeremonienmeister am Grill

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Akribisch bringt Paule die leckeren Schlümpfe auf Temperatur.

Danach geht’s wieder raus vor den Vogelfelsen.
Björni ist Gott sei Dank auch wieder mit von der Partie.
Ich fange mir einen Kleinköhler, montiere ihn am Balzer Dead Bait und lass das Ganze runter. Nach ca. 15 Minuten merke ich, wie sich jemand dort unten
für meinen Köder interessiert. Immer wieder wird der Köhler attackiert.
Ich bin elektrisiert bis in die Fingerspitzen. Zupft dort unten mein erster richtiger
Heilbutt am Köder? Endlich werden die Attacken vehementer bis der Köhler schließlich gepackt wird.
Ich setze den Anhieb und der Fisch ist gehakt. Sofort läuft Schnur von meiner Rolle.
Nicht so rabiat wie bei Saalefischer, aber immerhin. Auch ich spüre die typischen Nickbewegungen in der Rutenspitze. Endlich darf ich das auch mal fühlen.
Für mich ist schnell klar, dass ich keinen Riesen dran habe.
Dazu gibt sich der Bursche zu leicht geschlagen.
Bald kommt der Fisch hoch und jawoll… es ist ein Butt. Mein erster.
Nachdem der Fisch im Boot ist, überprüfe ich kurz, ob der Fisch maßig ist.
Mit etwas über 90 cm Länge ist der Fisch groß genug und er muss in die Kiste,
allerdings nur, weil's mein erster ist.
Der nächste dieser Kategorie geht garantiert wieder schwimmen.
Ich freue mich innerlich wie Bolle. Mein erster Butt, Operation gelungen.
Der Kleinköhler sieht noch ganz passabel aus und geht wieder runter.
Nach 10 Minuten ruckt es erneut an der Rute.
Sollte schon wieder eine Platte neugierig geworden sein ?
Die Intensität der Bisse bleibt jedoch beständig gering.
Nach 5 Minuten schaue ich mir die Sache besser mal an. Diesmal kurbel ich einen Seewolf nach oben, der sich in meinem Fisch verbissen hat. Kurz unter
Wasseroberfläche lässt er mit einem provozierenden Schmatzen los
und verabschiedet sich dankend zurück in die Tiefe. Mistpilz, elender.
Mein Köderfisch ist danach unbrauchbar.
Ich wechsel die Rute und angel wieder mit dem großen Royber Jig.
Kurz darauf hat Saalefischer erneut eine massive Attacke auf seinen Köder.
Die Rute ist sofort krumm, Schnur fliegt von der Rolle.
So langsam reicht's mir mit Deinem bunten Fuchs. Wenn der Fisch oben ist,
nehme ich Dir das Ding weg. Das ist ja nicht auszuhalten. J
Paule und ich kurbeln unsere Köder ein und bereiten die Landung vor.
Auch dieser Fisch wehrt sich heftig und nimmt mehrmals richtig Schnur.
Wir tippen erneut auf einen Butt. Nach 10 Minuten kommt allerdings ein Kawenzmann von Dorsch nach oben. Der Fisch landet im Boot,
das Messen ergibt 117 cm. Saalefischers bester Dorsch bisher.
Erneut ein herzliches Petri Heil von Paule und mir. Auch dieser Fisch sei Dir von Herzen gegönnt.
Besatzungsintern heißt Saalefischer ab sofort Käpt'n Hook.
2 persönliche Rekorde bisher, Respekt !!
Gegen 04:00 Uhr machen wir Schluss, fahren zurück und versorgen die Fische.
Während es Filetierens erfahren wir, das Chris Ostsee heute für die anglerische
Leistung des Tages verantwortlich war. Er hat es hier im Forum ja schon an anderer Stelle gepostet.
Chris hat einen Stormi versemmelt. Leider hingen am Stormi noch eine
Havsei Challenge und eine Jigging Master PE4 mit 500 Monster Line. L Erstaunlicherweise lässt er sich dadurch nicht aus der Fassung bringen
und findet schnell zu seinem Humor zurück.
Nach einem Bierchen geht’s in die Kojen, wir wollen fit für unsere morgige Kuttertour sein.
Hier ist Käpt’n Hook mit seinem bisher größten Dorsch. Petri Heil !!

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Samstag, 25.06.2011, 11:00 Uhr

Heute haben wir Regenwetter und Wind. So habe ich mir die Kuttertour nicht vorgestellt, aber egal. Ist halt so.
Gegen 12:30 Uhr nimmt der Regen weiter zu und der Wind wird stärker.
Johnny ruft bei Björni an und schlägt vor, die Tour auf morgen zu verschieben.
Auch wir halten es für das Beste.
Bleibt also reichlich Zeit, sich um die leckeren Schollen und Klieschen zu kümmern.
Den Rieseneumel muss ich erstmal für Björnis große Pfanne passend machen, geht aber gerade noch so.
Die anderen passen gut in unsere große Pfannen. Wir haben somit Finkenwerder Scholle satt, dazu gibt es Reis, Sauce Hollandaise und Reker.
Ich muss sagen, ich habe schon schlechter gegessen.
In den nächsten Stunden geht es mir zunehmend schlechter. Mich hat's erwischt.
Erst sitze ich noch auf der Schüssel, später knie ich davor. Verfluchter Mist, das kann ich jetzt gar nicht brauchen.
Danach die nächste schlechte Nachricht. Auch Rohrhof plagt sich mit Magenkrämpfen und reihert die Schüssel voll.
Was ist hier bloß los ? Es scheint nur eine Frage zu sein, wann wir alle flach liegen.
Rohrhof ruft seine Mutter an. Sie ist Ärztin und rät, Kochsalzlösung zum Ausgleich von Elektrolytverlusten zu trinken und eine Wärmflasche gegen die Krämpfe
auf den Bauch zu legen. Außerdem beruhigt sie uns und schließt
eine Salmonellenvergiftung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus.
Wenigstens etwas.
Die abendliche Ausfahrt lasse ich ausfallen, ich will morgen unbedingt mit zur Kuttertour.
Käpt'n Hook und Paule fahren raus und versuchen ein paar Seewölfe zu erwischen.
Ich hau mich in die Kiste, um mich auszuruhen.

Sonntag, 26.06.2011, 12:30 Uhr

Nach einer anständigen Mütze Schlaf erst mal ein wenig gefrühstückt.
Es scheint wieder zu gehen. Ich pfeife mir noch eine Immodium rein und freue mich auf die Kuttertour. Der Regen ist verschwunden, der Wind hat sich auf erträgliche
4 - 6 m/s eingependelt. Heute soll es mit dem Fischkutter von Johnny Ingebrigtsen auf die ganz großen Löwen gehen.
Rohrhof ist noch nicht wirklich wieder fit, ist aber dabei. Dafür bleibt Weltenwanderer an Land. Er klagt seit einem Sturz auf der Quicksilver über heftige Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich.
Voller Erwartungen treffen wir uns um 14:00 Uhr und verlassen um 14:30 Uhr den Hafen Richtung Solen. Mit an Bord ist Willi, der das Gaffen und das Versorgen
der Fische übernehmen soll. Allerdings ist Willi zunächst übel gelaunt,
weil er unseretwegen den großen Preis von Valencia verpasst.
Er kündigt an, keine Rücksicht auf unser Tackle zu nehmen, falls etwas im Weg stehen sollte. Eine ziemlich unprofessionelle Einstellung für einen Profi.
Etwas überrascht bin ich, als 25 Minuten später das erste Mal aufgestoppt wird. Hier kann ich bei gutem Wetter auch mit dem Kleinboot hinfahren.
Was soll's, wir lassen runter und fangen nur kleine Köhler und Dörschlinge.
Nach 10 Minuten verholen wir an eine andere Stelle. Dort wird es etwas besser. Wir fangen einige schöne Schellisten, Dorsche und einen Seewolf.
Aber der wahre Jakob ist das hier auch nicht. Das hatten wir uns wahrlich anders vorgestellt.
Irgendwann fängt Rohrhof noch einen richtig guten Dorsch von 16,3 kg.
Dann gurken wir wieder und fischen weitere Stellen ab. Alles mit mäßigem Erfolg.
Als Johnny nach 2 Stunden und 55 Minuten noch eine Restzeit von 5 Minuten ankündigt, glaube ich zunächst, ich habe mich verhört.
Aber tatsächlich, nach genau 3 Stunden ist der Törn vorbei und wir fahren mit etwas mehr als 100 KG Fisch zurück in den Hafen. Was für eine Enttäuschung.
Ich hatte gedacht, wir fischen an Stellen, die mit den Kleinbooten nicht zu erreichen sind. Dort, wo wir heute gefischt haben, komme ich mit dem Boot selbst hin.
Wir haken die Tour gedanklich schnell ab und lassen uns unseren Urlaub nicht vermiesen. Spaß hatten wir trotzdem und waren immerhin an der frischen Luft.
So kommen wir wenigstens nicht auf dumme Gedanken. J
Bilder von der Kuttertour

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In froher Erwartungshaltung…..

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Rohrhof, noch nicht wieder ganz fit……..

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später mit seinem 16,3 kg Dorschbrummer

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Ich hatte ihn fast, soooo breit war seine Schwanzflosse…. J

An dieser Stelle mein Tipp an alle, die noch hochfahren wollen.
Spart euch die Tour mit dem Kutter. Der Preis hat sich seit 2009 von 50 € auf 100 € pro Person verdoppelt. Meiner Meinung nach ist das durch nichts zu rechtfertigen,
auch nicht wenn, wie bei Rohrhof im letzten Jahr, von 5 Leuten in 4 Stunden
über eine Tonne Fisch gefangen wurde. ( Um einer Diskussion vorzubeugen :
Den Fisch behält Willi und verkauft ihn in der Fischfabrik. Er wird also sinnvoll verwertet. )
Kauft euch für das Geld lieber eine Seite geräucherten Wildlachs und eurer Süßen einen schönen Duft. Dann habt ihr wenigstens etwas von eurem Geld.
Die abendliche Ausfahrt lasse ich erneut ausfallen, es geht mir wieder schlechter.


Montag, 27.06.2011, 11.00 Uhr

Die nächste Hiobsbotschaft. Auch Bene hat es jetzt schwer mit dem Rücken.
Die ewigen Schläge vorn im Boot bei Chris machen sich bemerkbar.
Er kann sich kaum rühren und versucht es zunächst mit einem ABC-Pflaster.
Auch Weltenwanderer klagt noch über starke Schmerzen. Seine Verletzung sollte
sich später in Deutschland als Wirbelprellung herausstellen und er wird sofort krank geschrieben. Kein Wunder, dass der Bursche nicht mehr angeln kann.
Mir geht es auch noch nicht so, wie es einem jungen Mann gehen sollte und setze
weiter mit der Angelei aus. Unser Krankenlager umfasst jetzt also schon 3 Leute.
Der Rest fährt zum Fischen, hat neben den üblichen schönen Küchenfischen nichts
in den Kisten, was erwähnenswert wäre. Auffällig ist, dass wir keine Heilbuttbisse mehr haben. Ich schaue mir die Mondphase an und stelle fest, dass wir abnehmenden Mond haben. Das hat eine Abnahme der Stärke des Gezeitenstroms zur Folge. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass die Beisslust bei den Butten nachlässt. Ein Bekannter, der vor einiger Zeit hier in Gjesvær war,
hat die gleiche Beobachtung gemacht. Sollte ich noch einmal hier hoch kommen,
werde ich versuchen, die Reise in die zunehmende Mondphase zu legen.
Bene hat den zweiten Schweinenacken aufgetaut und macht einen weiteren
Schweinebraten. Diesmal schaue ich ganz genau zu. Die Dinger sind warm wie kalt total lecker. Das will ich auch können.
Als Hauptmahlzeit soll es heute Königskrabben geben. Mit dem Krabbenfischer ist ausgemacht, dass wir die Krabben gegen Mittag bekommen. Als wir um 19:00 Uhr noch immer nichts vom Fischer gehört haben, gehen wir kurzentschlossen zu seinem Haus. Dort erfahren wir von seiner Frau, dass er momentan die Körbe leer macht und wir gegen 20.00 Uhr unsere Krabben bekommen. Frischer geht’s nicht.
Wir bereiten eine Knoblauchsoße, eine Sauce Choron und einen Salat vor. Wie versprochen bekommen wir 12 Kilo frische Krabbenbeine, die Björni für uns zubereitet.
Alle hauen ordentlich rein.
Ich für mich muss sagen, die Dinger schmecken nicht schlecht, andere Meeresfrüchte schmecken mir aber besser. Ich sterbe für frische Nordseegarnelen
direkt vom Kutter, an zweiter Stelle stehen für mich französische Crevetten.
Die Gesunden fahren nach dem Essen wieder raus zum Fischen und angeln auf Seewölfe und Heilbutt, ohne nennenswerten Erfolg.
Saalefischer kommt blass wie ein Leichentuch vom Fischen zurück.
Jetzt hat es auch ihn erwischt. Vor dem Hintergrund, dass er am Donnerstag den Vito mit Bene nach Deutschland zurück bringen muss, haut er sich gleich hin.
Unspektakulär geht der Montag zu Ende und ich haue mich rechtzeitig in die Koje.
Nachts reiher ich mir die Seele aus dem Leib. Entweder war es zu früh für die Königskrabben, oder ich hatte einen Eiweisschock J

Dienstag, 28.06.2011, 10:00 Uhr

Unser möglicherweise letzter Angeltag. Morgen soll der Wind wieder auffrischen.
Saalefischer geht es richtig schlecht. Kaum Stimme, verbringt er die meiste Zeit im Bett.
Auch Weltenwanderer bleibt weiterhin an Land. Heute fährt nur noch eine Besatzung raus, der Rest ist durch mit der Bereifung.
Chris, Paule und Rohrhof nehmen das 19Fuß Kaasboll und angeln noch ein wenig für die Fischkisten. Gegen 19:00 Uhr sind sie pünktlich zum Grillen zurück. Der letzte Schweinenacken ist aufgetaut, in Scheiben geschnitten und wird vom Grillbeauftragten Paule fachgerecht zubereitet. Wir sind so satt und zufrieden, dass für die Nachtausfahrt nur noch Björni und Paule übrigbleiben. Sie geben noch einmal alles und fischen bis morgens um 07:00 Uhr. Bis auf eine heftige Attacke auf den Dead Bait von Björni ist nichts nennenswertes zu berichten.
Rohrhof klönt noch bis 04:00 Uhr mit Willi und haut sich dann hin.
Der Rest ist vorher schon in den Kojen verschwunden.

Mittwoch, 29.06.2011, 10:00 Uhr

Bene will es einfach nicht besser gehen und er entschließt sich, in Honningsvåg zum Arzt zu gehen. Johnny ruft für uns in Honningsvåg an und vereinbart einen Termin für 14:45 Uhr. Rohrhof kommt als Dolmetscher mit und wir sind pünktlich in der Praxis.
Statt der erhofften Spritze bekommt Bene aber nur Tabletten, die wir in der Apotheke abholen. Wir statten dem örtlichen Angelgeschäft noch einen Besuch ab
und schauen nach Schnäppchen. Was man in Norwegen sehr günstig kaufen kann
ist monofile Vorfachschnur. Bene deckt sich ein, ich habe noch reichlich von meinem letzten Hitrabesuch. Anschließend schauen wir im neu eröffneten
REMA 1000 vorbei. Wir brauchen noch Reker für zuhause ( 2,50 € pro Kilo ) und die leckere Blaubeermarmelade von Lerums. Davon muss immer ein Glas mit nach Deutschland.
Zurück in Gjesvær beginnt Bene mit den Vorbereitungen für seine original Allgäuer Kasspatzen. Auch hier passe ich ganz genau auf ( Order von meiner Frau ).
Gegen 18:00 Uhr sind sie fertig und wir hauen alle kräftig rein. Auch Saalefischer nimmt wieder feste Nahrung zu sich, die Stimme ist allerdings noch weg. Herrschaftszeiten sind die Dinger lecker, machen allerdings auch pappensatt.
Nach dem Essen wird gepackt, der Vito beladen und die Bude aufgeklart.


Dann trinken wir noch die restlichen Bierchen, bevor Saalefischer und Bene in die Koje gehen. Sie wollen sich wie gesagt morgen früh auf den langen Weg zurück nach Deutschland machen. Auch Björni haut sich noch hin. Er wird uns zurück nach Alta fahren. Der Rest bleibt auf und genießt die verbleibenden Stunden.

Donnerstag, 30.06.2011, 02:00 Uhr

Wir haben durchgemacht und treten unsere Heimreise an.
Bene und Saalefischer wollen sich um 08:00 auf den Heimweg machen.
Geplant sind 2 Übernachtungen, so dass ich sie am Samstagabend
bei mir in Quickborn zurück erwarte.
Wir genießen auf der Autofahrt noch einmal den großartigen Porsangen
und sind kurz vor 06.00 Uhr in Alta am Flughafen.
Wir tanken den Vito voll und stellen ihn auf dem Flughafenparkplatz ab.
Zu Björnis Bedauern sind die Hot Dog Würstchen an der Statoil Tanke noch kalt und das Traditionsessen muss leider ausfallen.
Pünktlich geht’s mit einer Boeing 737/800 über Tromsö zurück nach Oslo.
Unsere Fischkisten haben wir aufgegeben, sie sind bis Hamburg durchgecheckt.
Rohrhof steigt in Tromsö aus und nimmt einen anderen Flieger nach Oslo.
Anschließend geht's für ihn weiter zurück nach Frankfurt.
Wir kommen pünktlich in Oslo an und fliegen ca. 1 1/2 Stunden später weiter nach Kopenhagen. Nach dem Umsteigen fliegen wir mit einer Bombardier CRJ 900 nach Hamburg, wo wir um 16:10 Uhr eintreffen.
Schon im Flugzeug beschleicht uns eine böse Ahnung. Wir können das Entladen des Gepäcks beobachten und vermissen unsere Kisten.
Einige Minuten später wird die Ahnung zur bitteren Wirklichkeit.
Unsere Fischkisten sind nicht mitgekommen. Frustriert latschen wir zum Lufthansaschalter. Dort teilt uns eine hilfsbereite Dame mit, dass unsere Kisten
noch in Kopenhagen stehen und mit der 19:00 Uhr Maschine nach Hamburg kommen. Wir würden die Kisten dann im Laufe des nächsten Tages nach Hause
geliefert bekommen. Für uns Norddeutsche ist das eigentlich kein Problem,
aber für Paule ist das ätzend. Er muss nach Bielefeld weiter und wann sein Fisch morgen an ihn ausgeliefert wird, ist fraglich.
Bleibt also nichts anderes übrig, als erst mal zu mir zu fahren.
Chris Ostsee wird von seinem Kumpel abgeholt und fährt heim.
Der Rest macht sich auf den Weg zu mir.
Zurück in Quickborn setzen sich Björni und Thorsten in ihre Autos und fahren nach Hause. Ich warte bei mir mit Paule 2 Stunden und wir fahren erneut zum Flughafen. Immerhin treffen unsere Kisten tatsächlich mit der 19:00 Uhr Maschine aus Kopenhagen ein.
Ich ordne, gemeinsam mit der Dame von vorhin, Björnis, Thorstens und Chris'
Fischkiste zu, damit jedem auch die richtige Kiste zugestellt wird.
Paule und ich nehmen unsere Kisten und schleichen noch geschwind in das Flughafenrestaurant, wo Paule die erhaltenen Restaurantgutscheine in Rumpsteaks, Gemüse und Kaffee eintauscht.
Außerdem hat die Dame von der Lufthansa noch 50 € in bar für eingesparte Zustellgebühren nach Bielefeld für Paule locker gemacht.
Paule macht sich um 21:15 Uhr auf die Weiterreise nach Bielefeld und ist noch
vor Mitternacht wieder zuhause. Ich bin um 21:45 Uhr zurück in Quickborn.
Die Mittsommernachtstour 2011 ist (fast) Geschichte

Freitag, 01.07.2011, 13:30 Uhr

Ausgeschlafen stehe ich auf, checke das Forum und lese erstaunt, daß Bene
und Saalefischer bereits in Dänemark sind. Wie um alles in der Welt haben die das denn hin bekommen ? Mensch Jungs, gegen euch sind Häkkinen und Alonso Go-Kart Fahrer. Bestens gelaunt, Saalefischer wieder mit Stimme,
treffen die beiden am frühen Abend bei mir ein. Wir laden den Kram von Weltenwanderer, Björni und mir aus und nach einer Selter wollen die beiden weiter. Nächste Station ist Wolfsburg, danach düst Bene nach Kleve und anschließend nach Mannheim zu Rohrhof.
Saalefischer ist um 22:30 Uhr wieder daheim, Bene am Samstag in der Früh.
Somit sind alle gesund und wohlbehalten von dieser Reise zurückgekehrt.
Auch die verschollenen Fischkisten ( die von Rohrhof war übrigens auch weg )
sind schließlich doch noch angekommen und der Fisch konnte ohne Verluste in die heimischen Tiefkühltruhen umgepackt werden.

Hier sind noch Bilder, die innerhalb des Berichts nicht unterzubringen waren:

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Abendstimmung in Gjesvær

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Mitternachtssonne auf der Barentssee

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Im Flossensaum gehakt und noch im Wasser wieder abgehakt.

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Auch dieser Butt schwimmt wieder

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Paule mit schönem Dorsch

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Auch Bene kann es….

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Der Autor hofft weiter…..


Fazit

Trotz manchmal widriger Umstände war es für mich eine absolut gelungene Tour. Ihr wart ein Top-Team, auf das ich mich jederzeit verlassen konnte.

Dankeschön an Björn für die Organisation.
Ein ebenso großes Dankeschön an Thomas und Bernd für den Transport unseres Tackles und der Lebensmittel. Respekt Männer !!
Danke auch an Christian für das stets aktuelle Wetter.
Vielen Dank an euch alle für die tolle Kameradschaft.

Wir haben ganz gut gefangen, jedoch nicht außergewöhnlich. Darauf kommt es mir aber auch nicht an. Mir ist ein entspannter Urlaub mit einer lustigen und vertrauenswürdigen Mannschaft allemal lieber, als Rekordfische und Stress.
Unsere 15 Kilos haben wir schließlich mit Leichtigkeit zusammen bekommen,
die Kulisse, vor der wir geangelt haben, war grandios und wir haben uns amüsiert.
Was will man also mehr.
Mir hat es riesen Spaß gemacht Jungs. Würde mich freuen, wenn ich das mit dem einen oder anderen von Euch wiederholen könnte.
Die Angelhörner sind zwar abgefallen, aber sie wachsen nach. J

Bleibt gesund & weiterhin viel Petri Heil
Rollo

Für die restliche Leserschaft wünsche ich mir, dass es mir gelungen ist,
Euch einen Eindruck von dieser Reise zu vermitteln und dass ihr Spaß beim Lesen hattet.
Auch für euch alles Gute !!
 
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