Quallen

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Nordlicht
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Utvorda/Flatanger (N-Trøndelag)
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www.nord-flatanger.no
Fast nur Wasser

Dicht unter der Wasseroberfläche bewegt sich die Ohrenqualle mit kräftigen Pumpbewegungen fort. Sie besteht fast ausnahmslos aus Wasser und erscheint gleichzeitig doch so kraftvoll und elegant.
Das Quallen mehr als nur ekeliges Strandgut sind zeigt Sven Gust.


Mit dem Begriff Qualle verbinden wir auf Anhieb erst einmal wenig Positives. Mancher wird schon schmerzhafte Erfahrungen mit dem Nesselgift einer so genannten Feuerqualle gehabt haben. Wir haben gar schon von zahlreichen tödlichen Unfällen in Australien und in anderen Teilen der Erde gehört.
Unter Qualle verstehen wir etwas Ekeliges, an den Strand gespülte schleimige Massen, leblos und alles andere als elegant und beeindruckend.
Doch wechselt man die Perspektive, so wird aus diesen vermeintlich abstoßenden Wesen schnell faszinierende Geschöpfe. Im Wasser betrachtet sind sie formschön, farbig und kunstvoll gemasert, kraftvoll und ästhetisch, sie strahlen eine tiefe Ruhe aus und sind in ihrem Auftreten so verschiedenartig. Kurz gesagt ist es ein Erlebnis sie in ihrer eigenen Welt beobachtet!

Wie bereits erwähnt töten Quallen weit mehr Menschen als Haie. Glücklicherweise sind unsere heimischen und auch die nordischen Meere nicht von solchen „Killerquallen“ bewohnt, weshalb wir bei Kontakt mit einer gelben, oder blauen Haarqualle maximal schmerzhaft brennende Vernesselungen zuziehen können. Als kleinen Tipp lässt sich anfügen, dass in solchen Fällen die Wirkung des Nesselgifts mit gewöhnlichem Haushaltsessig minimiert werden kann, während das Spülen mit Wasser, sowie das Verreiben der Nesselzellen auf der Haut nur zu einer Verschlimmerung führen. In seltenen Fällen können allergische Reaktionen zu schlimmeren Folgen führen. Die meisten Spezies sind jedoch völlig harmlos für den Menschen und sie zu berühren hat überhaupt keine spürbaren Folgen.
Quallen sind äußerst simpel konstruiert und meistens den Meeresströmungen weitestgehend ausgeliefert, weshalb es auch an bestimmten Plätzen zu entsprechenden Massenauftreten kommen kann. Sie ernähren sich von Plankton, welches sie mit den Tentakeln erbeuten. Sie sind widerstandsfähig, verzehren Teile ihres eigenen Körpers wenn keine Nahrung zur Verfügung steht und können in ihrem Gewebe Sauerstoff auf Vorrat speichern um auch lebensfeindliche Gewässer und Zonen durchschwimmen zu können. Wie auch bei vielen anderen Lebewesen, die wir im Wasser finden ist das Grundkonzept der Qualle uralt und bewährt.

Schauen wir uns einmal die Vielfalt der unterschiedlichen Quallenarten unserer Nord- und Ostsee an. Allen voran zu nennen sind sicherlich die Ohrenqualle und die gelbe Haarqualle. Beide treten im Sommer sowohl in der Nordsee, als auch in der Ostsee massenhaft auf. Jeder der schon öfter vom Boot oder Kutter geangelt hat wird vermutlich diese beiden Spezies schon gesehen haben.
In der Nordsee sind zudem die Kompass-, die Blumenkohlqualle und die blaue Haarqualle nicht ungewöhnlich. Doch es gibt auch noch ein ganze Reihe weitaus ungewöhnlicherer Arten zu entdecken.
So beispielsweise Becherquallen. Sie haben das Schwimmen aufgegeben und lauern lieber zwischen Tang und Steinen fest verankert auf Beute. Hier verschlingen sie Garnelen und Schnecken. Es gibt verschiedene Spezies entlang unserer Küsten und entlang der norwegischen Küste.
Ein wahrlich beeindruckendes Licht- und Farbspiel zeigen die verschiedenen Rippenquallen. Seit kurzer Zeit befindet sich hierunter in der westlichen Ostsee bis hinauf nach Südnorwegen auch eine eingeschleppte Art, die vor gut 20 Jahren durch massenhaftes Auftreten Fischpopulationen im Schwarzen Meer fast ausrottete, da sie die Jungfischlarven ganzer Jahrgänge verschlangen.
Aber immerhin drei Rippenquallenarten sind bis in die Kieler Förde und entlang der gesamten norwegischen Küste heimisch und häufig anzutreffen. Sie lassen sich vornehmlich im Winterhalbjahr beobachten.
Periphylla periphylla ist der anmutig klingende Name einer Tiefseequalle die in Südwestnorwegen durch ihr plötzliches Massenauftreten vor einigen Jahren Schlagzeilen machte. Man sah die Fischbestände durch sie bedroht, eigentlich ist es jedoch eine recht gewöhnliche Art. Beobachtet wurden sie auch schon in geringen Wassertiefen an bestimmten Plätzen, hauptsächlich in tiefen Fjorden.

Soweit haben sich bisher vermutlich eher Meeresangler und (Hobby-)Nordlichter angesprochen gefühlt. Wie wir ja aber schon festgestellt haben sind Quallen anpassungsfähig und können fast jeden Lebensraum erobern. So auch geschehen in Mitteleuropa, wo Süßwasserquallen heute im Sommer in vielen Steinbrüchen und Baggerseen auftauchen wenn die Temperaturen Höchststände erreichen. Ich konnte diese Süßwassermedusen bereits in Sachsen in verschiedenen Gewässern beobachten, während sie weiter nördlich nur sehr selten aufzutreten scheinen. Wenn sie jedoch einen See bevölkern, dann gewöhnlich zu Hunderttausenden.
Mit einem Schirmdurchmesser von rund 20 Millimetern sind sie dabei völlig ungefährlich für den Menschen.
Auch diese Art wurde bei uns eingeschleppt. Sie stammt ursprünglich aus dem asiatischen Raum, wurde aber bereits vor über 100 Jahren erstmalig in Gartenteichen in Parkanlagen beobachtet.

Aber es gibt nicht nur einzelne Quallen. Auch Kolonien von ihnen kann man beobachten. Hierbei ist nicht das Auftreten mehrere Individuen als eine Art Schwarm gemeint. Die Kolonie erscheint als fest miteinander verbundenes Exemplar, dass sogar arbeitsteilig agiert. Jedes Mitglied der Kolonie hat eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Dazu zählen Fortbewegungen, Nahrungsaufnahme, Vermehrung und Steuerung der Tiefe in welcher sich das Tier bewegt durch gezielte Tarierung.
Tut man also Quallen als nutzlose und ekelige und leblose Masse ab, so macht man es sich zu leicht und versäumt es sich mit einem der gewöhnlichsten und gleichzeitig auch faszinierendsten Lebewesen, dass wir bei unseren Angeltouren gelegentlich beobachten können einmal näher zu befassen.
Die Meere sind voller Überraschungen, voller Geheimnisse und voller Fabelwesen. Schließlich befindet sich weit mehr als nur Fisch befindet sich unter dem Boot während wir auf den großen Fang hoffen und auf dem Meer Flucht suchen vor Stress und Alltag!
 

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AW: Quallen

Finde ich super, dass einige von uns Anglern auch noch mehr sehen als Fisch........!!!!
Danke für den ultraschönen Artikel!!!
 
AW: Quallen

Einfach faszinierend......;)

Ich stand Ende November vor den Scheiben des Meeres-Aquariums in Stralsund
und schaute den Quallen gefühlte stundenlang zu. So ein anmutiges beruhigendes und
zu gleich faszienierendes Geschöpf - und dann diese Artenvielfalt - und doch so "zerbrechlich"

Danke!!!
 
AW: Quallen

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich auch mal bei Dir zu bedanken, Sven.
Ich finde Deine Artikel super interessant, die Bilder sind ohnehin eine Klasse für sich.
Zusammen tausendmal besser, als damals im Biologieunterricht.
Es würde mich freuen, wenn Du uns weiterhin mit so lehrreichen Postings unterhältst.

Nochmals vielen Dank und bleib gesund bei Deinen/Euren Aktivitäten
Rollo
 
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