Grundlagen des Pökelns

Rollo

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5 Januar 2006
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Quickborn-Heide
Hallo Leute,
wie angekündigt, möchte ich etwas über díe Grundlagen des Pökelns schreiben.
Ich wurde wiederholt angesprochen, wie ich pökel und warum ich ein gewisses Verfahren einhalte.
Das soll hier kein Oberlehrer-Forumsbeitrag sein, sondern dem Interessierten die Vorgänge beim Pökeln
etwas verständlicher machen.

Betrachten wir zunächst den Pökelprozeß
Ich gehe hier auf das Trockenpökeln und das Nasspökeln ein, die Schnellpökelung lasse ich aussen vor,
weil ich davon keine Ahnung habe, genauso wie von einer Sonderform des Nasspökelns, der Spritzpökelung.

Man kann den Pökelprozeß in zwei Phasen einteilen.
In der ersten Phase, der Pökelphase, ist das Fleisch entweder direkt vom Salz umgeben (Trockenpökelung)
oder das Salz ist in Wasser gelöst und das Pökelgut liegt in der Lake (Naßpökelung).
Dabei ist die Salzkonzentration im Pökelgut zunächst außen höher, als im Inneren.
Es erfolgt ein Austausch von Salz von außen nach innen, Fleischsaft diffundiert von innen nach aussen.
Diese erste Phase dauert in aller Regel 1-3 Wochen, abhängig von der Größe des Pökelgutes.
Die zweite Phase wird auch "Durchbrennen" genannt.
Dabei wird das Pökelgut entweder vom Salz befreit, oder aus der Lake genommen.
Das Pökelgut wird bei Kühlschranktemperatur auf einem Gitter oder in einer Edelstahlschale gelagert.
Jetzt gleicht sich die unterschiedliche Salzkonzentration innerhalb das Pokelgutes vom Rand zum Kern aus.
Das Durchbrennen stabilisiert die Pökelfarbe und lässt das Fleisch durch Reifungs- und Fermentationsvorgänge
mürbe und zart werden.
Je nach Größe des Pökelgutes dauert diese Phase 1-2 Wochen.

Schauen wir uns jetzt die Pökelstoffe, Pökelhilfsstoffe und ihre Wirkung an.
Grundsätzlich wird zwischen Salzung und Pökelung unterschieden.
Zum Salzen wird Koch- oder Meersalz verwendet, während beim Pökeln neben Salz
auch noch Pökelstoffe zum Einsatz kommen.
Bei der Salzung beruht die Wirkung des Salzes unter anderem auf die Senkung der Wasseraktivität (aw-Wert )
Diese Wasseraktivität ist eine Funktion des im Pökelgutes vorhandenen Wassers.
Durch das Salzen wird Wasser gebunden, bzw. dem Pökelgut entzogen.
Somit steht es bestimmten Mikroorganismen nicht mehr zum Wachstum zur Verfügung.
Wird Fleisch nur mit Kochsalz gepökelt, findet keine Stabilisierung des Muskelfarbstoffes Myoglobin statt.
Diese Produkte weisen nicht das typische Pökelrot auf und vergrauen an der Luft durch Oxidationsprozesse sehr schnell.
Außerdem sind solche Produkte mikrobiologisch weniger stabil,
da die Pökelstoffe auch eine gewisse keimhemmende Wirkung aufweisen.,
besonders gegenüber dem gefährlichen Keim Clostridium botulinum.
Wir Hobbywurster setzen als Pökelstoff fast ausschließlich Natriumnitrit ein. Es wird Kochsalz in einer Konzentration
von 0,4%-0,6% beigemischt, welches dann im Handel als Nitritpökelsalz angeboten wird.
Während durch eine ausreichende Salzung eine gewisse Konservierung erreicht wird,
sind Pökelstoffe vor allem für den Umrötungsprozeß verantwortlich, damit die gewünschte stabile Pökelfarbe erreicht wird.
Die chemischen Abläufe während es Umrötungsprozesses erspare ich mir hier im Wesentlichen.
Zusammengefasst kann man sagen, das der Muskelfarbstoff Myoglobin in Stickoxidmyoglobin umgewandelt wird.
Das hat einen Farbwechsel des Fleisches von purpurrot nach leuchtend rot (Pökelrot) zur Folge.
Werden richtig gepökelte Produkte aufgeschnitten, muss die Pökelfarbe auch unter Einfluss von Sauerstoff und Licht
eine bestimmte Zeit erhalten bleiben. Produkte, die ohne Pökelstoffe hergestellt wurden, weisen keine schöne Farbe auf
und vergrauen unter dem Einfluss von Licht und Sauerstoff sofort.

Kommen wir zu den Pökelhilfsstoffen
Die Pökelhilfsstoffe werden auch als Umrötehilfsmittel bezeichnet.
Für uns sind in erster Linie Ascorbinsäure (Vitamin C) und Natriumascorbat ( das Natriumsalz der Ascorbinsäre) zu nennen.
Beide Stoffe dienen zur Beschleunigung der Umrötung, der Stabilisierung der Pökelfarbe,
sowie der Verhinderung einer etwaigen Nitrosaminbildung. Nitrosamine gelten als stark krebserzeugend.
Bei der Pökelung beschleunigen Ascorbinsäure und Natriumascorbat die Freisetzung von Stickoxid,
das mit dem Myoglobin reagiert und somit zur gewünschten Umrötung führt.

Bei meinen Recherchen zu diesem Aufsatz habe ich etwas herausgefunden, das hier nicht unerwähnt bleiben darf.
Gibt man reine Ascorbinsäure in wässriger Lösung zu Nitritpökelsalz, zerfällt dieses sofort.
Somit ist der Einsatz von Ascorbinsäure beim Nasspökeln eher kontraproduktiv und es ist Natriumascorbat einzusetzen.
Meine Schlussfolgerung aus dieser Erkenntnis:
Beim Gebrauch von Nitritpökelsalz ist Natriumascorbat ein Muss, beim Trockenpökeln wird zusätzlich Ascorbinsäure verwendet.
Aus diesem Grund werde ich mich an einen Moderator wenden, der mein Rezept für die geräucherten Hähnchenkeulen
entsprechend ändert.

Weiterhin setzen wir beim Pökeln Zuckerstoffe ein ( Dextrose und Rohrzucker )
Zucker beeinflusst den ph-Wert des Pökelgutes, weil er durch Mikroorganismen zu Milchsäure abgebaut wird.
Auch dieser Vorgang unterstützt die Umrötung.

Ich hoffe, ich konnte dem interessierten Laien die Vorgänge beim Pökeln etwas verständlich machen.
Vom Beruf her bin ich Maschinenschlosser und betreibe das Räuchern und Wursten nur hobbymäßig.
Sollte ein Fachmann, trotz meiner sorfältigen Recherche, Fehler entdecken, bitte ich um einen kurzen Hinweis.

Meine Quellen zu diesem Aufsatz:
Räuchern, Pökeln und Wursten von Franz S. Wagner, Leopold Stocker Verlag
Wikipedia
www.Lebensmittellexikon.de
Mein Freund Thomas, studierter Lebensmittelchemiker

Schöne Grüße
Rollo
 
AW: Grundlagen des Pökelns

Rollo,schon außergewöhnlich Perfekt beschrieben.Spitzenklasse.
Was macht eigendlich die Leberwurst???????
 
AW: Grundlagen des Pökelns

In der ersten Phase, der Pökelphase, ist das Fleisch entweder direkt vom Salz umgeben (Trockenpökelung)



Das hat einen Farbwechsel des Fleisches von purpurrot nach leuchtend rot (Pökelrot) zur Folge.
Werden richtig gepökelte Produkte aufgeschnitten, muss die Pökelfarbe auch unter Einfluss von Sauerstoff und Licht
eine bestimmte Zeit erhalten bleiben. Produkte, die ohne Pökelstoffe hergestellt wurden, weisen keine schöne Farbe auf
und vergrauen unter dem Einfluss von Licht und Sauerstoff sofort.

Erstmal Danke für das Einstellen:daumen:.

Ich hätte noch 2 Fragen und hoffe das Du die bantworten kannst.

1. Trockenpöckelung: Wie lange lässt man das Fleisch im Salz liegen. Ich hatte das mal probiert (ca. 1 Woche) und das war danach ungenießbar(trocken, zäh, und hat wie das blanke Salz geschmeckt)

2. Ist das Pökeln nur für die Farbe im Fleisch zuständig, oder gibt es auch eine geschmackliche Veränderung gegenüber der einfachen normalen Anwendung mit nur Salz?

Ich selber räuchere auch. Bin gerade wieder beim Fleisch räuchern, aber ich nutze nur das ganz normale Salz. Die Rezepte stammen von meiner Frau aus Estland wo Pökeln im klassischen Sinn früher eigentlich nicht bekannt war. Die graue Farbe stört mir eigentlich nicht, und alle die probiert haben lecken sich die Finger danach. Deshalb die Frage ob es auch geschmackliche Unterschiede gibt.

AF
 
AW: Grundlagen des Pökelns

Erstmal Danke für das Einstellen:daumen:.

Ich hätte noch 2 Fragen und hoffe das Du die bantworten kannst.

1. Trockenpöckelung: Wie lange lässt man das Fleisch im Salz liegen. Ich hatte das mal probiert (ca. 1 Woche) und das war danach ungenießbar(trocken, zäh, und hat wie das blanke Salz geschmeckt)

2. Ist das Pökeln nur für die Farbe im Fleisch zuständig, oder gibt es auch eine geschmackliche Veränderung gegenüber der einfachen normalen Anwendung mit nur Salz?

Ich selber räuchere auch. Bin gerade wieder beim Fleisch räuchern, aber ich nutze nur das ganz normale Salz. Die Rezepte stammen von meiner Frau aus Estland wo Pökeln im klassischen Sinn früher eigentlich nicht bekannt war. Die graue Farbe stört mir eigentlich nicht, und alle die probiert haben lecken sich die Finger danach. Deshalb die Frage ob es auch geschmackliche Unterschiede gibt.

AF

Zu Deiner ersten Frage....
Die Pökelzeit richtet sich nach der Stärke des Fleischstückes.
Je dicker, desto länger.
Trockenpökeln findet in einem Behälter statt, z.B. in einer Wanne oder einem großen Tontopf.
Im Laufe der Zeit bildet sich durch das austretende Wasser eine Lake.
Wichtig ist das regelmäßige Wenden, bzw. Umschichten des Pökelgutes.
Was für Fleisch hast Du gepökelt und hast Du das Fleisch nach den Durchbrennen gewässert ?

Deine zweite Frage
Das Pökeln ist nicht nur für die Farbe des Fleisches notwendig, sondern sorgt auch für eine gewisse mikrobiologische Stabilität.
D.h. durch die Pökelstoffe wird die Bildung gefährlicher Keime gehemmt.
Außerdem ensteht ein typischer Pökelgeschmack.
Das ist nicht der Riesenunterschied, aber im direkten Vergleich kann man es schmecken.
Wenn Die Fleischqualität stimmt, spricht nichts gegen eine Salzung, wenn Dich die graue Farbe nicht stört.
Ich bin, wie schon erwähnt, kein Profi und möchte mir nicht anmaßen, abschließend über die reine Salzung zu urteilen.
Ich weiß, daß es beispielsweise Schinkenhersteller gibt, die salzen ihre Katenschinken ausschließlich mit Meersalz.
Trotzdem sind deren Produkte appetitlich rot.
Ob und was die für Pökelhilfsstoffe benutzen, vermag ich nicht zu sagen, weil ich deren Rezepte nicht kenne.

Ich hoffe, ich konnte Deine Fragen beantworten.

Gruß
Rollo

p.s. Danke für Daumen :}
hat mich gefreut !!
 
AW: Grundlagen des Pökelns

Zu Deiner ersten Frage....
Die Pökelzeit richtet sich nach der Stärke des Fleischstückes.
Je dicker, desto länger.
Trockenpökeln findet in einem Behälter statt, z.B. in einer Wanne oder einem großen Tontopf.
Im Laufe der Zeit bildet sich durch das austretende Wasser eine Lake.
Wichtig ist das regelmäßige Wenden, bzw. Umschichten des Pökelgutes.
Was für Fleisch hast Du gepökelt und hast Du das Fleisch nach den Durchbrennen gewässert ?

Deine zweite Frage
Das Pökeln ist nicht nur für die Farbe des Fleisches notwendig, sondern sorgt auch für eine gewisse mikrobiologische Stabilität.
D.h. durch die Pökelstoffe wird die Bildung gefährlicher Keime gehemmt.
Außerdem ensteht ein typischer Pökelgeschmack.
Das ist nicht der Riesenunterschied, aber im direkten Vergleich kann man es schmecken.
Wenn Die Fleischqualität stimmt, spricht nichts gegen eine Salzung, wenn Dich die graue Farbe nicht stört.
Ich bin, wie schon erwähnt, kein Profi und möchte mir nicht anmaßen, abschließend über die reine Salzung zu urteilen.
Ich weiß, daß es beispielsweise Schinkenhersteller gibt, die salzen ihre Katenschinken ausschließlich mit Meersalz.
Trotzdem sind deren Produkte appetitlich rot.
Ob und was die für Pökelhilfsstoffe benutzen, vermag ich nicht zu sagen, weil ich deren Rezepte nicht kenne.

Ich hoffe, ich konnte Deine Fragen beantworten.

Gruß
Rollo

p.s. Danke für Daumen :}
hat mich gefreut !!

zu erstens: Das hört sich vielleicht lustig an, aber so ist das Leben. Was genau für Fleisch das war, weiß ich nicht mehr, aber Schweinefleisch. Wir hatten gerade geheiratet und meine Frau beherschte nur Schuldeutsch(Deutsch war aber die einzigste Möglichkeit der Verständigung weil ich absolut nichs anderes kann). Ich räucherte immer Fisch, aber sie wollte immer Fleisch. Naja und mit ihrem schlechten Deutsch kam dann das erste Rezept aus der Erinnerung wie ihre Oma das immer gemacht hat zustande.
Nein, ich hatte es nicht gewässert. Hätte ich das machen müssen? Ich hatte diese Art der sogenannten Trockenpöckelung nie mehr probiert.

Das da geschmacklich kein Riesenunterschied besteht überrascht mich. Ich hätte gedacht das dadurch auch geschmacklich ein vollkommen anderes Produkt entsteht.

Im Moment räuchere ich Eisbeine. Das Rezept habe ich nach vielen Ausprobieren aus einer Zeit wo es noch kein Internet gab wo man sich belesen konnte. Salzlake anrichten- die Salzlake ist perfekt wenn eine Kartoffel schwimmt-dann die Eisbeine für 24 Stunden rein- dann "Durchbrennen" aber nur ein paar Stunden-dann mindestens 24 Stunden räuchern bei max. 70-80 Grad. Wie gesagt das ist durch alleiniges probieren ohne Internet oder jemanden den ich fragen konnte entstanden.
Jetzt würde ich es gerne professioneller und vor allen auch was anderes machen und da war dein "Aufsatz" hier schonmal sehr hilfreich.

AF

PS: hatte Gott sei Dank noch ein Danke übrig:D
 
AW: Grundlagen des Pökelns

:]

Eine wirklich schöne , ausführliche und vor allem idiotensichere Beschreibung , ohne viel Fachchinesisch.
Danke dafür.

Ich habe aber trotzdem noch eine klitzekleine Frage.
Nach dem ich heute meine Lachsschinken aus dem Pökelschlaf (trocken,im Vakuum) geholt habe, wurden sie gründlich abgespühlt und trockengetupft.
Muss ich sie jetzt zum durchbrennen im Kühlschrank abdecken, in einem geschlossenen Gefäß lagern, oder mit Folie abdecken? Oder einfach offen , in einer Stahlschüssel so liegen lassen?

LG Frank
 
AW: Grundlagen des Pökelns

:]

Eine wirklich schöne , ausführliche und vor allem idiotensichere Beschreibung , ohne viel Fachchinesisch.
Danke dafür.

Ich habe aber trotzdem noch eine klitzekleine Frage.
Nach dem ich heute meine Lachsschinken aus dem Pökelschlaf (trocken,im Vakuum) geholt habe, wurden sie gründlich abgespühlt und trockengetupft.
Muss ich sie jetzt zum durchbrennen im Kühlschrank abdecken, in einem geschlossenen Gefäß lagern, oder mit Folie abdecken? Oder einfach offen , in einer Stahlschüssel so liegen lassen?

LG Frank

Hallo Frank,
ich würde den Lachsschinken ca. 7-8 Stunden wässern.
Und zwar um die Oberste Salzschicht aus dem Fleisch zu spülen.
Da hast du später keine Salzaustritte auf dem Fleisch was sehr unschön aussieht.
Vom Geschmack macht das nichts, das Aroma zieht von innen nach.
Zu deiner Frage, überhaupt nicht durchbrennen lassen.
Ich bin da kein Freund mehr von.
Das Fleisch in den Räucherschrank hängen und 2 Tage trocknen. Bei den jetzigen Temperaturen geht das schon. Wenn das Räuchern fertig ist, den Schinken wieder Vakuum ziehen und für 3Tage pro Kg im Kühlschrankziehen lassen ( dabei entwickeln und verteilen sich die Aromen)

PS. wenn du dennoch durbrennen möchtest, im Kühlschrank offen in einer Schüssel liegen lassen

Viel Spaß und gut Rauch
 
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AW: Grundlagen des Pökelns

Super, Danke!:a015:

Das kommt mir sehr gelegen. :bindafuer: Ich habs sowieso sau eilig die Teile in den Rauch zu bekommen. :lach

Es sind ja meine Prototypen , und es kribbelt in den Fingern.

LG Frank
 
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